Börse (Gebäude): Unterschied zwischen den Versionen

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Börse, Gebäude (1, Börseplatz 2, Schottenring 16, Börsegasse 11), erbaut 1874-1877 von [[Theophil Hansen]] und [[Carl Tietz]] in klassizistischen Renaissanceformen, eröffnet durch Franz Joseph I. am 14. März 1877 (erste Börsenversammlung am 19. März 1877). Der reich gegliederte Baukörper besitzt einen erhöhten Mittelbau mit zwei großen Säulenordnungen, niedrigere Seitenflügel, erhöhte Eckrisalite und eine reliefierte Attika.  
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1, [[Börseplatz]] 2, identisch mit [[Schottenring]] 16 und [[Wipplingerstraße]] 34 und [[Börsegasse]] 11, erbaut 1874-1877 von [[Theophil Hansen]] und [[Carl Tietz]] in klassizistischen Renaissanceformen, eröffnet durch den Kaiser [[Franz Joseph I.]] am 14. März 1877 (erste Börsenversammlung am 19. März 1877, die Kosten betrugen Acht Millionen [[Kronen]]).  
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==Das Gebäude==
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Der reich gegliederte Baukörper besitzt einen erhöhten Mittelbau mit zwei großen Säulenordnungen, niedrigere Seitenflügel, erhöhte Eckrisalite und eine reliefierte Attika.
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Aus der Hauptfassade des mächtigen, bis auf die Steinverkleidung in rot gehaltenen Gebäudes springt ein hoher Mittelbau vor, der als Hauptcharakteristik einen wuchtigen, das ganze Gebäude umziehenden und mit Reliefbildern und Figuren geschmückten Friesgiebel zeigt.
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Dem Mittelbau sind niedrigere, aber an den Ecken um ein Geschoss erhöhte Flügel angebaut, hier befand sich der prachtvolle Wertpapierbörsesaal, der das Vestibül und den Börsesaal (56,5 Meter lang, 25,5 Meter breit, 22 Meter hoch) enthielt. Im Untergeschoss umgaben ihn dorische, im Obergeschoss korinthische Säulen, beide als Träger hoher Rundbögen und einer reich kassetierten Decke, welche der prunkvollen polychromen Marmorausstattung der Wände entsprach. Der plastische Schmuck des Gebäudes stammt von [[Vincenz Pilz]] ("Neptun im Triumphbogen") und [[Alois Franz Xaver Düll|Alois Düll]] ("Zeus und Neptun").  
  
 
[[Datei:Wertpapierbörsesaal.jpg|right|Der große Saal der neuen Börse in Wien. Zeitschrift "Über Land und Meer", 1877]]
 
[[Datei:Wertpapierbörsesaal.jpg|right|Der große Saal der neuen Börse in Wien. Zeitschrift "Über Land und Meer", 1877]]
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==Nutzung==
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Der Saal und die meisten Nebenräume dienten der 1770 unter [[Maria Theresia]] gegründeten Effektenbörse, die früher zumeist in privaten Lokalen, von 1860 aber im Börsengebäude auf der [[Freyung]] (Freyung 2) und seit 1869 in einem provisorischen Bau am [[Schottenring]] untergebracht war.
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Im ersten Stock des Gebäudes, in dem auch ein Casino und die [[Handelskammer]] untergebracht waren, etablierte sich vor 1880 auch das Orientalische Museum. Am 31. Jänner 1897 wurde im Börsengebäude das Museum für österreichische Volkskunde eröffnet.
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Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der große Saal (durch Kojen unterteilt) als Ausstellungshalle genutzt.
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==Der Standort der heutigen Börse==
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Die heutige Börse steht zum Teil auf den ehemaligen Gründen der [[Elendbastei (1)|Elendbastei]], zum Teil auf den dieser Bastei vorgelagerten [[Glacis|Glacisgründen]]. Diese Bastei war eines der letzten neuen Verteidigungswerke, die während der Regierung des Kaisers [[Ferdinand I. (Heiliges Römisches Reich)|Ferdinand I.]] entstanden sind. 1561 war die [[Elendbastei (1)|Elendbastei]], vollendet. Sie bestand fast genau zweihundert Jahre. In der Zeit vom 7. Mai bis 9. Oktober 1860 wurden deren Reste abgetragen.
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Nach Abbruch des kaiserlichen [[Kaiserliches Zeughaus (Oberes Arsenal)|Zeughauses]] im Jahr 1858 war der Durchbruch der [[Wipplingerstraße]] zudem damals in Planung bestehenden [[Schottenring]] möglich geworden. Etwa zur gleichen Zeit wurde auch mit der Abtragung der alten Festungswerke begonnen. Im Zuge dessen und der Ausfüllung des mächtigen Festungsgrabens, sowie einer umfassenden Planierung, fiel auch die [[Schottenbastei]]. Obwohl die Arbeiten im Großen und Ganzen im Jahr 1864 vollendet warben bestand der [[Schottenring]] bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Erst mit der Vollendung der Ringstaße bekam der [[Börseplatz]] sein charakteristisches Hauptgebäude in diesem Börsegebäude.
  
Im Mitteltrakt befand sich der prachtvolle Wertpapierbörsesaal (56,5 Meter lang, 25,5 Meter breit, 22 Meter hoch, kassettierte Holzdecke). Der plastische Schmuck des Gebäudes stammt von [[Vincenz Pilz]] ("Neptun im Triumphbogen") und [[Alois Franz Xaver Düll|Alois Düll]] ("Zeus und Neptun"). Im ersten Stock des Gebäudes, in dem auch ein Casino und die Handelskammer untergebracht waren, etablierte sich vor 1880 auch das Orientalische Museum. Am 31. Jänner 1897 wurde im Börsengebäude das Museum für österreichische Volkskunde eröffnet. Das Gebäude, dessen großer Saal nach dem Zweiten Weltkrieg (durch Kojen unterteilt) als Ausstellungshalle Verwendung gefunden hatte, wurde am 13. April 1956 durch einen Großbrand schwer beschädigt, wobei der zentrale Börsensaal und das Innere des Eingangstrakts völlig vernichtet wurden. 1956-1959 wurde das Innere nach Plänen von Erich Boltenstern und Erich Schlöss erneuert. Der Saal wurde nicht mehr wiederhergestellt, sondern in einen Innenhof umgestaltet. Der Börsenbetrieb wurde am 7. Dezember 1959 wiederaufgenommen.
 
  
 
==Kriegsschäden==
 
==Kriegsschäden==
 
Ein Bombentreffer vom 12. März 1945 riss die ganze Nordostecke ([[Börseplatz]]/[[Börsegasse]]) des Börsengebäudes in einer Ausdehnung von etwa 60 bis 70 m² nieder, wobei Büroräume im ersten und zweiten Stockwerk zerstört und der Sitzungssaal im Erdgeschoss verwüstet wurde.
 
Ein Bombentreffer vom 12. März 1945 riss die ganze Nordostecke ([[Börseplatz]]/[[Börsegasse]]) des Börsengebäudes in einer Ausdehnung von etwa 60 bis 70 m² nieder, wobei Büroräume im ersten und zweiten Stockwerk zerstört und der Sitzungssaal im Erdgeschoss verwüstet wurde.
  
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==Der Großbrand 1956==
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Das Gebäude wurde am 13. April 1956 durch einen [[Brände|Großbrand]] schwer beschädigt, wobei der zentrale Börsensaal und das Innere des Eingangstrakts völlig vernichtet wurden. 1956-1959 wurde das Innere nach Plänen von Erich Boltenstern und Erich Schlöss erneuert. Der Saal wurde nicht mehr wiederhergestellt, sondern in einen Innenhof umgestaltet. Der Börsenbetrieb wurde am 7. Dezember 1959 wiederaufgenommen.
  
25-Schilling-Münze (1971), Briefmarke (1971).
 
  
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Das Börsengebäude fand sich auf der 25-Schilling-Münze (1971) und auf einer Briefmarke (1971).
  
  

Version vom 4. Dezember 2014, 11:58 Uhr

Börse (1956)
Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt Theophil Hansen, Carl Tietz
Prominente Bewohner
PageID 2096
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Recherche
Letzte Änderung am 4.12.2014 durch DYN.elwu
Bildname Börse.jpg
Bildunterschrift Börse (1956)
  • 1., Schottenring 16
  • 1., Börsegasse 11
  • 1., Börseplatz 2
  • 1., Wipplingerstraße 34

Derzeit wurden noch keine Konskriptionsnummer zu diesem Bauwerk erfasst!

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48° 12' 53.52" N, 16° 21' 58.50" E  zur Karte im Wien Kulturgut

1, Börseplatz 2, identisch mit Schottenring 16 und Wipplingerstraße 34 und Börsegasse 11, erbaut 1874-1877 von Theophil Hansen und Carl Tietz in klassizistischen Renaissanceformen, eröffnet durch den Kaiser Franz Joseph I. am 14. März 1877 (erste Börsenversammlung am 19. März 1877, die Kosten betrugen Acht Millionen Kronen).

Das Gebäude

Der reich gegliederte Baukörper besitzt einen erhöhten Mittelbau mit zwei großen Säulenordnungen, niedrigere Seitenflügel, erhöhte Eckrisalite und eine reliefierte Attika. Aus der Hauptfassade des mächtigen, bis auf die Steinverkleidung in rot gehaltenen Gebäudes springt ein hoher Mittelbau vor, der als Hauptcharakteristik einen wuchtigen, das ganze Gebäude umziehenden und mit Reliefbildern und Figuren geschmückten Friesgiebel zeigt. Dem Mittelbau sind niedrigere, aber an den Ecken um ein Geschoss erhöhte Flügel angebaut, hier befand sich der prachtvolle Wertpapierbörsesaal, der das Vestibül und den Börsesaal (56,5 Meter lang, 25,5 Meter breit, 22 Meter hoch) enthielt. Im Untergeschoss umgaben ihn dorische, im Obergeschoss korinthische Säulen, beide als Träger hoher Rundbögen und einer reich kassetierten Decke, welche der prunkvollen polychromen Marmorausstattung der Wände entsprach. Der plastische Schmuck des Gebäudes stammt von Vincenz Pilz ("Neptun im Triumphbogen") und Alois Düll ("Zeus und Neptun").

Der große Saal der neuen Börse in Wien. Zeitschrift "Über Land und Meer", 1877

Nutzung

Der Saal und die meisten Nebenräume dienten der 1770 unter Maria Theresia gegründeten Effektenbörse, die früher zumeist in privaten Lokalen, von 1860 aber im Börsengebäude auf der Freyung (Freyung 2) und seit 1869 in einem provisorischen Bau am Schottenring untergebracht war. Im ersten Stock des Gebäudes, in dem auch ein Casino und die Handelskammer untergebracht waren, etablierte sich vor 1880 auch das Orientalische Museum. Am 31. Jänner 1897 wurde im Börsengebäude das Museum für österreichische Volkskunde eröffnet.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde der große Saal (durch Kojen unterteilt) als Ausstellungshalle genutzt.

Der Standort der heutigen Börse

Die heutige Börse steht zum Teil auf den ehemaligen Gründen der Elendbastei, zum Teil auf den dieser Bastei vorgelagerten Glacisgründen. Diese Bastei war eines der letzten neuen Verteidigungswerke, die während der Regierung des Kaisers Ferdinand I. entstanden sind. 1561 war die Elendbastei, vollendet. Sie bestand fast genau zweihundert Jahre. In der Zeit vom 7. Mai bis 9. Oktober 1860 wurden deren Reste abgetragen.

Nach Abbruch des kaiserlichen Zeughauses im Jahr 1858 war der Durchbruch der Wipplingerstraße zudem damals in Planung bestehenden Schottenring möglich geworden. Etwa zur gleichen Zeit wurde auch mit der Abtragung der alten Festungswerke begonnen. Im Zuge dessen und der Ausfüllung des mächtigen Festungsgrabens, sowie einer umfassenden Planierung, fiel auch die Schottenbastei. Obwohl die Arbeiten im Großen und Ganzen im Jahr 1864 vollendet warben bestand der Schottenring bis gegen Ende des 19. Jahrhunderts. Erst mit der Vollendung der Ringstaße bekam der Börseplatz sein charakteristisches Hauptgebäude in diesem Börsegebäude.


Kriegsschäden

Ein Bombentreffer vom 12. März 1945 riss die ganze Nordostecke (Börseplatz/Börsegasse) des Börsengebäudes in einer Ausdehnung von etwa 60 bis 70 m² nieder, wobei Büroräume im ersten und zweiten Stockwerk zerstört und der Sitzungssaal im Erdgeschoss verwüstet wurde.

Der Großbrand 1956

Das Gebäude wurde am 13. April 1956 durch einen Großbrand schwer beschädigt, wobei der zentrale Börsensaal und das Innere des Eingangstrakts völlig vernichtet wurden. 1956-1959 wurde das Innere nach Plänen von Erich Boltenstern und Erich Schlöss erneuert. Der Saal wurde nicht mehr wiederhergestellt, sondern in einen Innenhof umgestaltet. Der Börsenbetrieb wurde am 7. Dezember 1959 wiederaufgenommen.


Das Börsengebäude fand sich auf der 25-Schilling-Münze (1971) und auf einer Briefmarke (1971).


Literatur

  • Renate Wagner-Rieger [Hg.]: Die Ringstraße. Bild einer Epoche. Die Erweiterung der Inneren Stadt Wien unter Kaiser Franz Joseph. 11 Bände. Wiesbaden: Steiner 1969-1981. Bd. 4, S. 180 ff. und Register
  • Felix Czeike: I. Innere Stadt. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 1), S. 139
  • Felix Czeike: Wien. Kunst und Kultur-Lexikon. Stadtführer und Handbuch. München: Süddeutscher Verlag 1976, S. 176
  • Hannes Stekl: Das Wiener Börsengebäude. Wirtschaftsgeschichtliche Betrachtungen über die Genesis eines Stadterweiterungsbaues. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 27 (1971), S. 149 ff.
  • Hannes Stekl: Soziologie der Börsebauanleihe. In: Wiener Geschichtsblätter 26 (1971), S. 225 ff.
  • Franz Baltzarek: Die Geschichte der Wiener Börse. 1973
  • Franz Baltzarek: Die Geschichte der Börselokalitäten. In: Wiener Geschichtsblätter 26 (1971), S. 193 ff.
  • Erwin Neumann: Gefährdete Denkmäler. Zum Brande der Wiener Börse. In: Österreichische Zeitschrift für Denkmalpflege 10 (1956), S. 68 ff.
  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 22
  • Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anlässlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken. 1971
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 2: Die Gemeinde, ihre Verwaltung und sozialen Belange, Wirtschaftsleben, Handel, Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft, Volkskunde, Naturwissenschaft, Klimatologie, Meteorologie, Naturereignisse, Varia und Kuriosa. Wien: Jugend & Volk 1955, S. 117 ff.
  • Paul Harrer-Lucienfeld: Wien, seine Häuser, Geschichte und Kultur. Band 2, 3. Teil. Wien ²1953 (Manuskript im WStLA), S. 644-645