Arbeiterbildungsvereine

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Daten zum Eintrag
Datum von 24. Juni 1848
Datum bis
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 18.03.2014 durch WIEN1.lanm09mer

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Arbeiterbildungsvereine. Bereits am 24. Juni 1848 gründete der Schuhmachergeselle Friedrich Sander (wohnhaft 4, Wiedner Hauptstraße 60b) den „Ersten Allgemeinen Arbeiterverein" (Sitz 3, Beatrixgasse 19-19a), der mit der Revolution unterging. Die von Arbeitern und Handwerkern aus Deutschland nach Wien verpflanzten Ideen von Lassalle führten später dazu, daß sich die Arbeiterschaft in den 60er Jahren des 19. Jahrhunderts verstärkt bemühte, durch Bildung ihre Lage zu verbessern. Die rechtlichen Grundlagen für die Bildung von Arbeitervereinen wurden 1867 gelegt (Staatsgrundgesetz von 15. November 1867). Bei der Gründungsversammlung in Rudolfsheim traten dem Arbeiterbildungsverein sofort 1.000 Mitglieder bei; 1868 zählte man in Wien 5.500, 1869 rund 10.000 Mitglieder. Zentren der Arbeiterbildungsvereine lagen in Wien in Gumpendorf und in Ottakring (wo sich Franz Schuhmeier zu deren Wortführer machte), doch wurden auch in anderen Bezirken Aktivitäten gesetzt. Die Staatsgewalt beobachtete die Arbeiterbildungsvereine mit Mißtrauen. Nach dem „Wiener Hochverratsprozeß" gegen Heinrich Oberwinder und Andreas Scheu (1870) wurden die meisten Arbeiterbildungsvereine aufgelöst; Demonstrationen erreichten zwar im Herbst 1870 eine Wiederzulassung (der Reichsrat hatte das Koalitionsrecht beschlossen), aber der vorläufige Niedergang war nicht aufzuhalten. 1871 gab es im cisleithanischen Österreich 238 Arbeiterbildungsvereine mit mehr als 80.000 Mitglieder. Die Aufgabe der alten Arbeiterbildungsvereine erlosch mit dem Hainburger Parteitag 1888/1889, der eine Zentralisierung der Bildungs- und Kulturarbeit einleitete. Die Freidenkerbewegung, die auf die Zeit vor Hainfeld zurückgeht, geriet ins Umfeld der Sozialdemokratie; sie steht in engem Zusammenhang mit der Feuerbestattung und wirkte bei der Gründung des pädagogischen Reformvereins „Freie Schule" (1905) mit. 1894 entstand mit dem „Verein jugendliche Arbeiter" eine stark kulturell orientierte politische Jugendbewegung (Vorläufer der „Roten Falken", der „sozialistischen Arbeiterjugend" und der gewerkschaftlichen Jugendbewegung), 1890 entstand der Arbeiterinnen-Bildungsverein, in den 1890er Jahren der Verein der Arbeiterabstinenten, 1893 der Arbeiterradsport (Arbeitersport), außerdem die Naturfreunde. Die Volksbildung trat 1901 mit dem Verein „Volksheim" ins Leben. 1909 wurde eine Zentralstelle für das Bildungswesen gegründet (Zeitschrift „Bildungsarbeit", Parteischule, Arbeiterhochschule). In der Ersten Republik kam es zu einer Hochblüte der bestehenden und zur Neugründung von Freizeit- und Kulturvereinigungen sowie zur Ausbreitung der Siedler- und Kleingärtnerbewegung. Vergleiche Arbeiterkultur, Arbeiterbildungsvereine (einzelner Bezirke). Lesezimmer von Arbeiterbildungsvereinen befanden sich auch 7, Zieglergasse 18 (seit 1868), 9, Mariannengasse 2 (1868, Gasthaus „Zum Adler"), 11, Simmeringer Hauptstraße 31, 12, Schönbrunner Straße 239 (1871), 13, Auhofstraße 34 (Sitz des Ober-St.-Veiter Arbeiterbildungsverein „Einigkeit"), 16, Gansterergasse 5 (1868), 16, Maderspergerstraße 2 (Kultur- und Bildungsverein „Wohlfahrt"), 19, Bachofengasse 5 (Arbeiterbildungsverein Nußdorf), 19, Krottenbachstraße 18 (Arbeiterbildungsverein „Lassalle"). Aus den Arbeiterbildungsvereinen beziehungsweise aus dem 1891 gegründet „Unterrichtsverband der Arbeiterbildungs- und Fachvereinen Wiens" entstanden später die „Sozialistische Bildungszentrale" (eine Organisation für politische Schulung, Information und Kulturpolitik; in der Ersten Republik: 5, Schönbrunner Straße 56) sowie die Wiener Parteischule; eine besondere Einrichtung war die Arbeiterhochschule.

Literatur

  • Hugo Pepper: Bildungs- und Kulturarbeit. In: Kurt Stimmer [Hg.]: Die Arbeiter von Wien. Ein sozialdemokratischer Stadtführer. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1988, S. 113, 140 ff.
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 349 f.