Allgemeines Krankenhaus: Unterschied zwischen den Versionen

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Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrthunderts bestand zwischen Gesundheits- und Armenpflege keine räumliche und institutionelle Trennung. Daher standen die Anfänge des Allgemeinen Krankenhauses auch mit der Armenpflege in enger Verbindung. Das ab 1693 errichtete Großarmenhaus diente neben der Versorgung "würdiger Armer" auch jener von chronisch Kranken und invaliden ehemaligen Soldaten. Die Hauptlast der Krankenversorgung trugen jedoch das Marxerspital, [[Bäckenhäusel|Bäckenhäusl]] und der Contumazhof. Unter dem Einfluß und der Leitung von [[Gerhard van Swieten|Gerard van Swieten]] erlebte das Gesundheits- und Wohlfahrtswesen unter [[Maria Theresia]] einen großen Aufschwung. In dieser Periode wurden erste Schritte einer funktionellen Trennung von Aufgaben vorangetrieben. Erst unter der Alleinherrschaft von Kaiser [[Joseph II.]] jedoch legten die "Direktivregeln" vom 16. April 1781 die Basis für eine tiefgreifende Reform. In den im Jahr 1783 festgelegten Hauptgrundsätzen für die Errichtung eines Allgemeinen Spitals, wurde dem auf dem Gelände des Großen Armenhauses zu errichtenden [[Altes Allgemeines Krankenhaus|Allgemeinen Krankenhaus]] die Funktion der Behandlung und Betreuung von Akutpatienten zugeordnet. Zu den Aufgaben des Krankenhauses zählte nicht zuletzt die medizinisch-praktische Ausbildung, die zur Gründung von Universitätskliniken führte. Während bei der Gründung nur eine medizinische Schule mit 12 Betten zur Verfügung stand, standen später je zwei Krankensäle pro Abteilung zu Unterrichtszwecken zur Verfügung. Um 1870 bestanden zehn Universitätskliniken (Medizinische, Chirurgische, Augen, Gynäkologische, für Syphilis, Hautkrankheiten, Kehlkopfkranke und Otriatische). Diese dienten als Wirkungsstätte nahmhafter Vertreter der ersten und zweiten Wiener Medizinischen Schule. Erster Direktor der Anstalt wurde der kaiserliche Leibarzt [[Joseph Quarin]]. Ihm folgte in dieser Funktion u.a. der Hygieniker [[Johann Peter Frank]] (1795-1804). Der Anstalt wurden auch das Gebärhaus und das Irrenhaus (bis 1861 im "[[Narrenturm]]"), 1806 auch das [[Findelhaus]] angeschlossen. 1851 erfolgte die organisatorische Trennung von Spital, Irrenhaus und Gebär- mit Findelhaus unter jeweils eigenen Direktionen. Der Chirurg [[Hans Finsterer]] und der Internist [[Reinhold Boller]] waren bis 1951 beziehungsweise 1966 die letzten Abteilungsvorstände.
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Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts bestand zwischen [[Gesundheitswesen|Gesundheits-]] und [[Armenfürsorge|Armenpflege]] keine räumliche und institutionelle Trennung. Daher standen die Anfänge des Allgemeinen Krankenhauses auch mit der Armenpflege in enger Verbindung. Das ab 1693 errichtete [[Großarmenhaus]] diente neben der Versorgung "würdiger Armer" auch jener von chronisch Kranken und invaliden ehemaligen Soldaten. Die Hauptlast der Krankenversorgung trugen jedoch das [[Spital St. Marxer]], das [[Bäckenhäusel|Bäckenhäusl]] und der [[Kontumazhof]].  
  
Am 1. November 1860 wurde das System der Innungspauschalien aufgelassen. Um diese Zeit kamen auch neue Formen der sozialen Krankenversicherung auf: die freiwilligen, gewerkschaftlich ausgerichteten Arbeiterkrankenvereine der Fabriksarbeiter, der Gewerbegehilfen sowie die Betriebskrankenkassen der Fabriken. 1865 kam die Gebär- und Irrenanstalt in die Verwaltung des Kronlandes Niederösterreich (bis 1922 das Bundesland Wien geschaffen wurde). Der Narrenturm diente ab diesem Zeitpunkt als Magazin und teils als Wohnung für Diener. Der einstöckigen Seitenfront des Allgemeinen Krankenhauses, die von der [[Spitalgasse]] bis zur [[Sensengasse]] reicht, ist seit 1860 das Anatomisch-Pathologische Institut vorgebaut. 1898 wurde zur Unterbringung der geistlichen Wärterinnen in nächster Nähe des Spitals ein Haus erbaut, das für 100 Pflegerinnen Schlafsäle enthält (Schwesternhaus Spitalgasse 1). Vom Keller dieses Hauses führt unter der Spitalgasse ein unterirdischer Gang in den ersten Hof des Allgemeinen Krankenhauses.  
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Unter dem Einfluss und der Leitung von [[Gerhard van Swieten|Gerard van Swieten]] erlebte das Gesundheits- und Wohlfahrtswesen unter [[Maria Theresia]] einen großen Aufschwung. In dieser Periode wurden erste Schritte einer funktionellen Trennung von Aufgaben vorangetrieben. Erst unter der Alleinherrschaft von Kaiser [[Joseph II.]] jedoch legten die "Direktivregeln" vom 16. April 1781 die Basis für eine tiefgreifende Reform. In den im Jahr 1783 festgelegten Hauptgrundsätzen für die Errichtung eines Allgemeinen Spitals, wurde dem auf dem Gelände des Großarmenhauses zu errichtenden [[Altes Allgemeines Krankenhaus|Allgemeinen Krankenhaus]] die Funktion der Behandlung und Betreuung von Akutpatientinnen und Akutpatienten zugeordnet. Zu den Aufgaben des Krankenhauses zählte nicht zuletzt die medizinisch-praktische Ausbildung, die zur Gründung von [[Universitätsklinikum AKH Wien|Universitätskliniken]] führte. Während bei der Gründung nur eine medizinische Schule mit zwölf Betten zur Verfügung stand, standen später je zwei Krankensäle pro Abteilung zu Unterrichtszwecken zur Verfügung. Um 1870 bestanden zehn Universitätskliniken (Medizinische, Chirurgische, Augen, Gynäkologische, für Syphilis, Hautkrankheiten, Kehlkopfkranke und Otriatische). Diese dienten als Wirkungsstätte nahmhafter Vertreter der [[Erste Wiener Medizinische Schule|Ersten]] und [[Zweite Wiener Medizinische Schule|Zweiten Wiener Medizinischen Schule]]. Erster Direktor der Anstalt wurde der kaiserliche Leibarzt [[Joseph Quarin]]. Ihm folgte in dieser Funktion unter anderem der Hygieniker [[Johann Peter Frank]] (1795-1804). Der Anstalt wurden auch das [[Gebärhaus]] und das [[Narrenturm|Irrenhaus]] (bis 1861 im "[[Narrenturm]]") sowie 1806 auch das [[Findelhaus]] angeschlossen. 1851 erfolgte die organisatorische Trennung von Spital, Irrenhaus und Gebär- mit Findelhaus unter jeweils eigenen Direktionen. Der Chirurg [[Hans Finsterer]] und der Internist [[Reinhold Boller]] waren bis 1951 beziehungsweise 1966 die letzten Abteilungsvorstände.
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Am 1. November 1860 wurde das System der Innungspauschalien aufgelassen. Um diese Zeit kamen auch neue Formen der sozialen Krankenversicherung auf: die freiwilligen, gewerkschaftlich ausgerichteten Arbeiterkrankenvereine der Fabriksarbeiter, der Gewerbegehilfen sowie die Betriebskrankenkassen der Fabriken. 1865 kam die Gebär- und Irrenanstalt in die Verwaltung des Kronlandes [[Niederösterreich]] (bis 1922 mit dem [[Trennungsgesetz]] das Bundesland Wien geschaffen wurde). Der Narrenturm diente ab diesem Zeitpunkt als Magazin und teils als Wohnung für Diener. Der einstöckigen Seitenfront des Allgemeinen Krankenhauses, die von der [[Spitalgasse]] bis zur [[Sensengasse]] reicht, ist seit 1860 das [[Anatomisches Institut|Anatomisch-Pathologische Institut]] vorgebaut. 1898 wurde zur Unterbringung der geistlichen Wärterinnen in nächster Nähe des Spitals ein Haus erbaut, das für 100 Pflegerinnen Schlafsäle enthielt (Schwesternhaus Spitalgasse 1). Vom Keller dieses Hauses führt unter der Spitalgasse ein unterirdischer Gang in den ersten Hof des Allgemeinen Krankenhauses.  
  
 
[[Datei:Neues_AKH.jpg|390px|thumb|right|Schrägluftaufnahme des neuen AKHs vom 12. Juli 1994.]]
 
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Siehe auch: [[Altes Allgemeines Krankenhaus]], [[Neues Allgemeines Krankenhaus]]
*[[Altes Allgemeines Krankenhaus]]
 
*[[Neues Allgemeines Krankenhaus]]
 
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==

Version vom 8. Januar 2021, 13:16 Uhr

Haupttor zum allgemeinen Spital (8. August 1910)
Daten zur Organisation
Art der Organisation Spital
Datum von
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 20531
GND
WikidataID
Objektbezug Altes Allgemeines Krankenhaus, Neues Allgemeines Krankenhaus, Spitäler
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 8.01.2021 durch WIEN1.lanm08pil
Bildname AllgemeinesSpital1910.jpg
Bildunterschrift Haupttor zum allgemeinen Spital (8. August 1910)

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Bis in die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts bestand zwischen Gesundheits- und Armenpflege keine räumliche und institutionelle Trennung. Daher standen die Anfänge des Allgemeinen Krankenhauses auch mit der Armenpflege in enger Verbindung. Das ab 1693 errichtete Großarmenhaus diente neben der Versorgung "würdiger Armer" auch jener von chronisch Kranken und invaliden ehemaligen Soldaten. Die Hauptlast der Krankenversorgung trugen jedoch das Spital St. Marxer, das Bäckenhäusl und der Kontumazhof.

Unter dem Einfluss und der Leitung von Gerard van Swieten erlebte das Gesundheits- und Wohlfahrtswesen unter Maria Theresia einen großen Aufschwung. In dieser Periode wurden erste Schritte einer funktionellen Trennung von Aufgaben vorangetrieben. Erst unter der Alleinherrschaft von Kaiser Joseph II. jedoch legten die "Direktivregeln" vom 16. April 1781 die Basis für eine tiefgreifende Reform. In den im Jahr 1783 festgelegten Hauptgrundsätzen für die Errichtung eines Allgemeinen Spitals, wurde dem auf dem Gelände des Großarmenhauses zu errichtenden Allgemeinen Krankenhaus die Funktion der Behandlung und Betreuung von Akutpatientinnen und Akutpatienten zugeordnet. Zu den Aufgaben des Krankenhauses zählte nicht zuletzt die medizinisch-praktische Ausbildung, die zur Gründung von Universitätskliniken führte. Während bei der Gründung nur eine medizinische Schule mit zwölf Betten zur Verfügung stand, standen später je zwei Krankensäle pro Abteilung zu Unterrichtszwecken zur Verfügung. Um 1870 bestanden zehn Universitätskliniken (Medizinische, Chirurgische, Augen, Gynäkologische, für Syphilis, Hautkrankheiten, Kehlkopfkranke und Otriatische). Diese dienten als Wirkungsstätte nahmhafter Vertreter der Ersten und Zweiten Wiener Medizinischen Schule. Erster Direktor der Anstalt wurde der kaiserliche Leibarzt Joseph Quarin. Ihm folgte in dieser Funktion unter anderem der Hygieniker Johann Peter Frank (1795-1804). Der Anstalt wurden auch das Gebärhaus und das Irrenhaus (bis 1861 im "Narrenturm") sowie 1806 auch das Findelhaus angeschlossen. 1851 erfolgte die organisatorische Trennung von Spital, Irrenhaus und Gebär- mit Findelhaus unter jeweils eigenen Direktionen. Der Chirurg Hans Finsterer und der Internist Reinhold Boller waren bis 1951 beziehungsweise 1966 die letzten Abteilungsvorstände.

Am 1. November 1860 wurde das System der Innungspauschalien aufgelassen. Um diese Zeit kamen auch neue Formen der sozialen Krankenversicherung auf: die freiwilligen, gewerkschaftlich ausgerichteten Arbeiterkrankenvereine der Fabriksarbeiter, der Gewerbegehilfen sowie die Betriebskrankenkassen der Fabriken. 1865 kam die Gebär- und Irrenanstalt in die Verwaltung des Kronlandes Niederösterreich (bis 1922 mit dem Trennungsgesetz das Bundesland Wien geschaffen wurde). Der Narrenturm diente ab diesem Zeitpunkt als Magazin und teils als Wohnung für Diener. Der einstöckigen Seitenfront des Allgemeinen Krankenhauses, die von der Spitalgasse bis zur Sensengasse reicht, ist seit 1860 das Anatomisch-Pathologische Institut vorgebaut. 1898 wurde zur Unterbringung der geistlichen Wärterinnen in nächster Nähe des Spitals ein Haus erbaut, das für 100 Pflegerinnen Schlafsäle enthielt (Schwesternhaus Spitalgasse 1). Vom Keller dieses Hauses führt unter der Spitalgasse ein unterirdischer Gang in den ersten Hof des Allgemeinen Krankenhauses.

Schrägluftaufnahme des neuen AKHs vom 12. Juli 1994.

Siehe auch: Altes Allgemeines Krankenhaus, Neues Allgemeines Krankenhaus

Literatur

  • Andreas Baryli: Die Wiener Innungen und das AKH. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 37 (1981), S. 88 ff.
  • Bernhard Grois: Das Allgemeine Krankenhaus in Wien und seine Geschichte. Wien: Maudrich 1965
  • Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Graz / Köln: Böhlau 1965 (Studien zur Geschichte der Universität Wien, 6), S. 650 (Register)
  • Max Neuburger: Das allgemeine Krankenhaus und die Wiener medizinische Schule. In: Wiener klinische Woche 20 (1935)
  • Leopold Schönbauer: Das medizinische Wien. Geschichte, Werden, Würdigung. Wien: Urban & Schwarzenberg 1947, S. 155 ff.
  • Helmut Wyklicky / Manfred Skopec [Hg.]: 200 Jahre Allgemeines Krankenhaus in Wien. Wien [u.a.]: Jugend und Volk 1984
  • Helmut Wyklicky: Das Wiener AKH. In: Hippokrates 40 (1969), S. 431 ff.