St.-Josef-Kinderspital
48° 11' 14.14" N, 16° 22' 15.44" E zur Karte im Wien Kulturgut
St.-Josef-Kinderspital (4., Kolschitzkygasse 9-11).
Gründung
Das St.-Josef-Kinderspital geht auf eine Initiative des Armenarztes Vinzenz von Alexovits (als Aleksowicz Wincenty * 9. November 1812 Wysowa-Zdrój, Galizien, † 15. November 1875 Wien), der am 1. September 1840 bei der Landesregierung ansuchte, ein Kinderkrankenhaus eröffnen zu dürfen. Zwar wurde das Vorhaben von der k. k. Polizei-Oberdirektion, die um Stellungnahme gebeten worden war, unterstützt, jedoch sollte es an ein reguläres Krankenhaus als eigene Abteilung angebunden werden. Auch das zur Begutachtung herangezogene Allgemeine Krankenhaus war für den Vorschlag, sprach sich allerdings für die Errichtung eines in Verbindung mit dem Findelhaus stehenden Kinderkrankenhaus aus öffentlichen Mitteln aus.
Die Idee, das Kinderkrankenhaus an das Wiedner Spital anzubinden, wurde rasch verworfen und so kam es nach der Genehmigung des Projektes mit eigener Spitalsapotheke am 13. Oktober 1841 zur Vereinsgründung, der auch sofort Spenden folgten, darunter vom Schwiegervater von Alexovits, Stefan Ladislaus von Rómer (* 26. Dezember 1788 Nagy-Sáros (Ungarn), † 30. Juli 1842 Wien; Erfinder des Zündholzes und Eigentümer des Starhembergischen Belvederes) und der Kaiserinmutter, Carolina Augusta.
Eröffnet wurde das Kinderspital nach der am 12. Jänner 1841 erfolgten Anmietung zweiter Häuser in der Kolschitzkygasse, in dem zwölf Betten zur Verfügung standen. Dieser ehemalige Rosenbaumsche Besitz (Rosenbaumgarten im Eigentum des Teppichfabrikanten Karl Vogt bestand aus einem Haus mit englischem Biedermeiergarten und turmartigen Gartenhäuschen [sogenannter gotischer Turm]) (Konskriptionsnummer Wieden 29/30). Im gotischen Turm wurde die Prosektur untergebracht.
Anfangsjahre
Nachdem das Spital bereits im ersten Jahr seines Bestehens in finanzielle Schwierigkeiten gekommen war, unterstützten zahlungskräftige Wohltäterinnen und Wohltäter, meist aus dem hohen Adel sowie wohlhabenden Bürgertum, das Kinderspital immer wieder durch Spenden, unter anderem indem Bettstiftungen getätigt wurden. Solche Stifterinnen und Stifter, deren Namen am finanzierten Krankenbett angebracht wurden, waren laut den Statuten des Vereins Personen, die entweder einmal 2.500 Gulden oder mindestens 500 Gulden sowie in Raten zu mindestens 50 Gulden zur Gründung eines Spitalsbetts erlegte. Zudem hatten sie wie ordentliche Vereinsmitglieder, die entweder 50 Gulden als Einmalerlag oder in Raten bezahlten, das Recht, arme kranke Kinder zur Aufnahme ins Krankenhaus zu empfehlen. Bettenstifterinnen und Bettenstifter des Kinderspitals waren:
- Kaiserin Carolina Augusta (insgesamt zwei Betten, das erste im Jahr 1842)
- Hermann Freiherr von Todesko (ein Bett im Jahr 1844)
- Gräfin Pauline Herdegg, geborene Choiseul d´Ailcourt (ein Bett im Jahr 1845)
- Direktion des Sankt Josef-Kinderspital (ein Bett im Jahr 1846 im Gedenken an Graf Bombelles und ein weiteres 1853 aus Anlass der Errettung von Kaiser Franz Joseph I. am 18. Februar 1853)
- Freiherr von Sina (ein Bett im Jahr 1856)
- Erste Österreichische Spar-Casse (ein Bett am 29. April 1864)
- Leopold Edler von Lützenau (vier Betten im Jahr 1874)
- Albert Freiherr von Rothschild (ein Bett im Jahr 1885, so genanntes „Charlottenbett“)
- Eduard Trippel (ein Bett im Jahr 1891 zum Gedenken an Joseph Selch)
- Gräfin Ida Hunyady von Kétely, Stellvertreterin der obersten Schutzfrau (ein Bett im Jahr 1894)
Mit Erzherzogin Sophie konnte 1842 zudem eine namhafte Protektorin gefunden werden, während Heinrich Franz Graf von Bombelles das Amt des Kurators übernahm.
Am 24. Juni 1844 konnte der Verein, der ein eigenes Haus für sein Spital besitzen wollte, die bisher gemieteten Gebäude erwerben. Zeitweise standen 50 Betten zur Behandlung kranker Kinder zur Verfügung, die aber aufgrund finanzieller Probleme Ende der 1940er Jahre bereits wieder auf 24 reduziert werden musste. Die angedachte Vereinigung mit dem Wiedner Krankenhaus wurde vom Verein abgelehnt und es gelang, das Spital eigenständig weiterzuführen und im Mai 1857 die Gattin von Erzherzog Rainer Ferdinand von Österreich, Erzherzogin Maria Carolina, als Protektorin zu gewinnen (nachdem sich Erzherzogin Sophie im Zuge der Revolution 1848 zurückgezogen hatte).
Darüber hinaus gelang es nach Verhandlungen mit der "Doktor Biehler'schen Stiftung zur Heranbildung von Kinderwärterinnen" ab 1844 in einer sechsmonatigen Ausbildung jeweils zwei Kinderwärterinnen auszubilden.
Konsolidierung
In der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts konnte sich das St.-Josef-Kinderspital durch einige großzügige Spenden (unter anderem im März 1868 durch die Erste Österreichische Spar-Casse und 1888 durch Nathaniel von Rothschild) konsolidieren und wurde auf 100 Betten erweitert.
Zudem wurden dem Spital seit Erlass der Niederösterreichischen Statthalterei vom 27. August 1857 vom Wiedner Krankenhaus Kinder zwischen vier und zwölf Jahren gegen Verpflegskostenersatz überstellt.
Zwischen seiner Eröffnung im Jahr 1842 bis zu seinem 50-jährigen Bestand (im eigenen Haus) 1894 konnten im St.-Josef-Kinderspital 33.000 Kinder stationär und 280.000 Kinder ambulant behandelt werden sowie 9.931 Kinder geimpft werden. Von den 1894 827 stationär aufgenommenen Kindern wurden 706 auf Kosten des Wiener Krankenanstaltenfonds, 24 auf Kosten der kommunalen Waisenhäuser und Asyle, eines auf Kosten der niederösterreichischen Findelanstalt, sieben auf Kosten ihrer Angehörigen und 79 auf Kosten des Vereins behandelt.
NS-Zeit und Zerstörung
Nach dem "Anschluss" wurde es der Stadt Wien "eingewiesen" und vom 1. April 1941 bis 1945 als "Theodor-Escherich-Krankenhaus" geführt. Leiter war ab 11. Dezember 1941 Karl Dietl. Das im Zweiten Weltkrieg völlig zerstörte Kinderspital wurde nicht wiedererrichtet.
Ärzte
Als Ärzte waren im St.-Josef-Kinderspital unter anderem tätig:
- Vincenz von Alexovits (Armenarzt)
- Viktor Dlauny (Chirurg)
- Willibald Gunz
- Adolf Jarisch (Dermatologe)
- Josef Heim (Leibarzt von Erzherzog Karl Salvator)
- Franz Hrubesch (Ohrenarzt)
- Friedrich Wilhelm Lorinser (Chirurg)
- Emil Pernitza
- Gustav Riehl (Dermatologe)
- Ludwig Seeger (Neurologe und Elektrotherapeuth)
- Johann Seybert (Chirurg)
- Philipp Steinberger (Zahnarzt)
- Eduard Wiesinger (Zahnarzt)
Nachnutzung
Seit 1949/1950 befindet sich hier eine nach Plänen von Otto Nadel errichtete städtische Wohnhausanlage (Nummer 9-13).
Quellen
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 209 - St.-Josef-Kinderspital (1942-1945)
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 119, A32: 7060/1921 - St. Josef Kinderspitalverein
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 212, A26: 3/5 - St. Josef-Kinderspital Wien 4, Statut, Instruktion, Stiftsbrief 1865-1918
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv - Akten, A1: 649/46 - Margareten 2482, Wieden 404-406: Tauschvertrag mit dem St. Josef Kinderspital in Wien, 7. September 1925
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv - Akten, A1: 697/56 - Wieden 404-406: Bescheid bezüglich Einweisung des St. Josef Kinderspitalvereines zur Gemeinde Wien, 21. Februar 1939
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv - Akten, A1: 705/4 - Wieden 81, 82: Kaufvertrag mit dem St. Josef Kinderspitalsverein, 15. April 1936
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handschriften, A: 270 - Gästebuch des St. Josef-Kinderspitals auf der Wieden, 1842-1918
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Stiftungen, A1: 337 - Josefa Mittermayer St. Josef Kinderspital Stiftung, 16. Jänner 1967
- Wiener Stadt- und Landesarchiv, Patrimoniale Verwaltung und Justiz, 105 - Herrschaft Schaumburgerhof, A3(1): Fasz. 8/44/27 - Plan: Schaumburgergrund 46, 1844: Grundriß (1. und 2. Stock) des Hauses Nr. 46. Provisorische Adaptierung der gewesenen Werkstätte des früheren Hauseigentümers Vogl zur Versetzung der Kranken aus dem dazugehörenden ebenerdigen aber ungewölbten Nebenhause Nr. 28. Hausbesitzer: St. Josef Kinderspital-Verein. Kolorierte Handzeichnung von Baumeister Anton Hoppe. Maßstab 1:150
Literatur
- Vincenz Alexovits: Ueber das Lebensglück. Zum Besten der kranken armen Kinder der Vorstadt Wieden. Auf Kosten des Verfassers. Wien: Eigenverlag 1840
- Josef Heim: Geschichte des St. Josef-Kinderspitales in Wien von 1842 bis 1892, aus Anlass seines fünfzigjährigen Bestandes. Wien: Selbstverlag der Anstalt 1892
- Eugen Hofmokl: Wiener Heilanstalten: Darstellung der baulichen Anlagen und Einrichtungen. Wien: A. Hölder 1910
- Franz Ullmann: Chronologische Darstellung der Errichtung und Entwicklung des St. Annen-, St. Joseph-, Leopoldstädter-, Kronprinz Rudolf- und Karolinen-Kinderspitales in Wien sowie des Verhältnisses dieser Anstalten zum Wiener k.k. Krankenanstaltenfonde. Wien: W. Braumüller 1896
- Karl Heinz Tragl: Chronik der Wiener Krankenanstalten. Wien: Böhlau Verlag 2007
Wiener Gesundheitsarchitekturen:
- A. Geschichte der Kinderspitäler in Wien, in welchen kranke Kinder für Rechnung der Wiener k. k. Krankenanstalten verpflegt werden, nebst deren Beschreibung und Plänen. In: Jahrbuch der Wiener k. k. Kranken-Anstalten 3. Jahrgang. Hg. von: K. K. Nieder-Österreichische Statthalterei. Wien 1896, S. 1-216
- Chronik. In: Siebenundvierzigster Jahres-Bericht des unter dem hohen Schutze Ihrer k. k. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Maria Carolina stehenden St. Josef unentgeltlichen Kinderspitales. Hg. vom St. Josef Kinderspital. Wien 1888, S. 1-2
- Chronik. In: Achtundvierzigster Jahres-Bericht des unter dem hohen Schutze Ihrer k. k. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Maria Carolina stehenden St. Josef unentgeltlichen Kinderspitales. Hg. vom St. Josef Kinderspital. Wien 1889, S. 68-69
- Chronik. In: Achtundvierzigster Jahres-Bericht des unter dem hohen Schutze Ihrer k. k. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Maria Carolina stehenden St. Josef unentgeltlichen Kinderspitales. Hg. vom St. Josef Kinderspital. Wien 1897, S. 68
- Chronik. In: Vierundsechzigster Jahres-Bericht des unter dem hohen Schutze Ihrer k. k. Hoheit der durchlauchtigsten Frau Erzherzogin Maria Carolina stehenden St. Josef unentgeltlichen Kinderspitales. Hg. vom St. Josef Kinderspital. Wien 1905, S. 69-70