Wilhelm Kurtz

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Wilhelm "Willy" Kurtz (1922)
Daten zur Person
Personenname Kurtz, Wilhelm
Abweichende Namensform Kurtz, Willy
Titel
Geschlecht männlich
PageID 57245
GND
Wikidata
Geburtsdatum 20. August 1897
Geburtsort Linz
Sterbedatum 9. Dezember 1942
Sterbeort Auschwitz
Beruf Kunsthändler, Boxer, Sportfunktionär, Heimwehr-Funktionär
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage
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Recherche
Letzte Änderung am 22.10.2019 durch WIEN1.lanm08tau
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname wilhelmkurtz.jpg
Bildunterschrift Wilhelm "Willy" Kurtz (1922)
  • Kellermanngasse 8 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Wilhelm Kurtz, * 20. August 1897 Linz, † 9. Dezember 1942 Auschwitz, Kunsthändler, Boxer, Sportfunktionär, Heimwehr-Funktionär.

Biografie

Wilhelm "Willy" Kurtz wurde in Linz geboren. Er wuchs aber in Wien auf, wo sein Vater Isidor die Juwelierstochter Berta Herzl geheiratet hatte. Im Jahr 1921 erwarb Berta Kurtz das Haus in der Kellermanngasse 8 im 7. Bezirk, in dem auch Willy Kurtz wohnte. Im Jahr 1922 konvertierte der aus Linz stammende Kurtz gleichzeitig mit seinen Eltern und Geschwistern vom Judentum zum Protestantismus. Willy Kurtz betrieb eine Kunsthandlung in der Weihburggasse im 1. Wiener Bezirk, 1935 wurde er zum Kommerzialrat ernannt. Politisch stand Kurtz weit rechts, er gehörte der Heimwehr an.

Als Boxer gewann Kurtz mehrmals den österreichischen Staatsmeistertitel, daneben nahm er an Schwimmwettkämpfen teil. Wie viele andere Boxer war er schon während seiner sportlichen Karriere auch als Ringrichter und Funktionär tätig. Willy Kurtz gehörte in mehreren der mitunter kurzlebigen Boxverbände zu den Vorstandsmitgliedern, war unter anderem im Jahr 1920 Gründungspräsident des österreichischen Boxverbandes. Nach einer Auseinandersetzung im Amateurverband wechselte er zu den Professionals, von denen er sich im Jänner 1924 aber wieder zurückzog. Parallel dazu war Kurtz auch im Fußball − beim FK Austria und im Wiener Fußballverband − sowie im Motorradrennsport als Funktionär tätig. Im Austrofaschismus agierte Kurtz für einige Zeit als vom "Obersten Sportführer" Starhemberg eingesetzter Verwalter des Berufsboxverbandes. Noch im Jänner 1938 leitete Willy Kurtz die Neuwahl des Vorstandes der "Österreichischen Motorennfahrvereinigung".

Wilhelm Kurtz war eine beeindruckende Erscheinung: Über einen Meter neunzig groß, brachte der muskelbepackte Schwergewichtsboxer knapp 100 Kilogramm auf die Waage. Zur Zeit seiner aktiven Karriere von Zeitungen als "Kritzendorfer Riese[1]" oder "unser riesiger Amateur-Schwergewichtler[2]" bezeichnet, bildete er eine offensichtliche Antithese zum antisemitischen Stereotyp des körperlich schwachen Juden. Das schütze ihn nicht vor der Verfolgung durch den Nationalsozialismus. Wenige Tage nach dem "Anschluss" wurde er festgenommen und mit dem "Prominententransport" am 2. April in das KZ Dachau eingewiesen, Häftlingskategorie "Schutzhaft − Jude". Sein Mithäftling Maximilian Reich, der mit Kurtz gut befreundet gewesen war, schreibt, dass er in Dachau kaum mehr Kontakt zu ihm hatte, weil dieser fast ausschließlich mit seinen Heimwehrfreunden kommunizierte. Später wurde Kurtz von Dachau in das KZ Buchenwald verlegt und von dort am 16. Oktober 1942 nach Auschwitz überstellt, wo er knapp zwei Monate später ums Leben kam.

Quellen

  • WStLA, BPD Wien: Historische Meldeunterlagen, K 3: Wilhelm Kurtz
  • OeStA/AdR HBbBuT BMfHuV Präs Auszeichanträge Kurtz Wilhelm Zl. 16236/1935 Kt. 344 Kurtz, Wilhelm, 1935
  • OeStA/AdR E-uReang VVSt VA Buchstabe K 66438 Kurtz, Willi, 20.8.1897, 1938-1945. Verzeichnis über das Vermögen von Juden
  • Bundespolizeidirektion Wien, Vereinspolizei, Vereinsakt Fußball-Klub Austria, Bekanntgabe der bei der Hauptversammlung des Wiener Fußball-Verbandes am 25. Februar 1928 gewählten Vorstandsmitglieder

Literatur

  • Bernhard Hachleitner / Matthias Marschik / Georg Spitaler [Hg.]: Sportfunktionäre und jüdische Differenz. Zwischen Anerkennung und Antisemitismus − Wien 1918 bis 1938. Berlin 2018
  • Lucinda Schmatz-Rieger: Haus Kellermanngasse 8. Vom Verschwinden der BewohnerInnen. In: Gerhard Botz / Peter Dusek / Martina Lajczak [Hg.]: "Opfer"-/"Täter"-Familiengeschichten. Erkundungen zu Nationalsozialismus, Verfolgung, Krieg und Nachkrieg in Österreich und seinem europäischen Umfeld. Wien 2014, S. 107−144.
  • Ignaz Hermann Körner: Lexikon jüdischer Sportler in Wien 1900−1938. Herausgegeben von Marcus G. Patka. Wien: Mandelbaum Verlag 2008, S. 124
  • Maximilian Reich / Emilie Reich: Zweier Zeugen Mund. Verschollene Manuskripte aus 1938. Wien − Dachau − Buchenwald. Wien: Theodor Kramer Gesellschaft 2007

Link

Einzelnachweise

  1. Sport-Tagblatt, 18.01.1922, S. 5
  2. Sport-Tagblatt, 18.01.1922, S. 6