Wiener Tableau

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
Johann Pezzl: Skizze von Wien, 1. Heft (1786)
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug
Quelle
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 7.01.2020 durch DYN.tantner
Bildname Pezzl Skizze.jpg
Bildunterschrift Johann Pezzl: Skizze von Wien, 1. Heft (1786)

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!


Wiener Tableau. Nach der Darstellung von Kai Kauffmann ein Typus der Stadtbeschreibung, der in Wien ab den 1780er Jahren die Topographie in dieser Funktion ablöste. Während die Topographie als nüchternes und auf Deutung verzichtendes Mittel der Beschreibung höfischer Residenzstädte betrachtet wurde, galt das Tableau als angemessener, die Dynamik und das Durcheinander großer Städte zur Zeit der Aufklärung und des beginnenden bürgerlichen Zeitalters darzustellen; es erhob keinen Anspruch mehr auf Geschlossenheit, sondern stellte das Leben der Städte offen und beweglich dar, als ein Panorama, dessen Schilderungen zum Teil als Vorläufer der Arbeiten der empirischen Soziologie betrachtet werden können.

Vorbild des Wiener Tableau ist Louis Sébastien Merciers "Tableau de Paris" (1766ff, erste deutsche Übersetzung 1783/1784), eine erste Ausprägung davon sind Johann Rautenstrauchs "Schwachheiten der Wiener" (1784), am vollkommensten ausgeprägt ist dieser Typus in Johann Pezzls "Skizze von Wien" (1786-1790).

Tableau mouvant

Auch unter dem Eindruck der französischen Revolution galt das Tableau immer noch als zu statisch, um mit den permanenten Veränderungen in großen Städten Schritt zu halten und wurden Schilderungen in Zeitschriftenform als dafür zunehmend geeigneter betrachtet. Wurde bereits in den Moralischen Wochenschriften der 1760er Jahre wie Joseph von Sonnenfels' "Mann ohne Vorurteil" zuweilen die Forderung erhoben, ein Wochenblatt solle "ein bewegliches Bild der Stadt" sein, [1] löste erst eine Zeitschrift wie "London und Paris" (1798-1815) diesen Anspruch, ein "Tableau mouvant" zu liefern, ein. Manche spätere Jahrgänge dieser Zeitschrift behandeln auch Wien ("Paris, Wien und London" 1811, "Paris und Wien" 1812, 1813, "London, Paris und Wien" 1815), Bezug darauf nahm aber bereits das 1801 anonym erschienene "Neueste Sittengemählde von Wien",[2] eine Mischform von Tableau und Chronik, die allerdings nicht periodisch erschien, sondern als abgeschlossener Briefband veröffentlicht wurde.

Als lokalspezifisches "Tableau mouvant" können die Eipeldauer-Briefe bezeichnet werden, "das wichtigste Organ (…) der Stadt- und Gesellschaftsbeschreibung von Wien"[3]. Sie wurden in dieser Funktion um 1820 von Unterhaltungszeitungen wie der "Wiener Theaterzeitung" abgelöst, in denen fortan fiktive, erzählende Textsorten ("Wiener Lebensbilder") stärker von nonfiktionalen, berichtenden und kommentierenden Beiträgen über lokale Geschehnisse ("Wiener Korrespondenz") getrennt wurden.

Literatur

  • Kai Kauffmann: "Es ist nur ein Wien!" Stadtbeschreibungen von Wien 1700 bis 1873. Geschichte eines literarischen Genres der Wiener Publizistik. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1994, S. 95 f., 143–147, 210–300

Einzelnachweise

  1. Kai Kauffmann: "Es ist nur ein Wien!" Stadtbeschreibungen von Wien 1700 bis 1873. Geschichte eines literarischen Genres der Wiener Publizistik. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1994, S. 143-147, Zitat 143.
  2. Wienbibliothek: Neuestes Sittengemählde von Wien. Wien: Anton Pichler 1801.
  3. Kai Kauffmann: "Es ist nur ein Wien!" Stadtbeschreibungen von Wien 1700 bis 1873. Geschichte eines literarischen Genres der Wiener Publizistik. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 1994, S. 246.