St.-Josef-Kinder-Asyl

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Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Gebäude
Datum von 1879
Datum bis 1984
Andere Bezeichnung
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 42831
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
  • 14., Breitenseer Straße 104

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St.-Josef-Kinder-Asyl (Vorläufer des Josefinums), später Pompiliusheim (14., Breitenseer Straße 104), Waisenhaus, Volks- und Arbeitsschule, Kindergarten in Wien , später Noviziatshaus und Knabeninternat, Erziehungsstätte, zuletzt Männerheim zur Betreuung von Strafentlassenen; um 1984 abgerissen.

St.-Josefs-Kinderheim

1879 gründete der so genannte "Asylverein" das "St. Josefs-Kinderheim" in der Nussallee in Breitensee. (Die Nussallee war die ursprüngliche Bezeichnung der "oberen" Breitenseer Straße, 1875 wurde sie zur Erinnerung an den reichen Bestand an Nussbäumen in dieser Gegend so benannt.) Das Haus, zeitweilig Waisenhaus, wurde zunächst von Laien, vermutlich bereits ab 1893, sicher nach seiner Erweiterung ab 1895 von Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz geführt und hatte auch eine dem heiligen Josef geweihte Hauskapelle, die neben der Laurentiuskapelle die zweite Gottesdienststätte in Breitensee war und die 1895 so verlegt wurde, dass sie auch von der Straße her zugänglich war. Im selben Jahr wurden unter Vereinspräsident Wenzel Binder, dem späteren Pfarrer von Breitensee (die Pfarre wurde erst 1899 errichtet), eine Arbeitsschule, ein Kindergarten und für die ersten drei Schuljahre eine (!) Klasse errichtet; ein Jahr später entstand aus dieser eine zweiklassige Privatvolksschule, die bereits am 13. März 1897 das Öffentlichkeitsrecht erhielt. Der Zuspruch war so rege, dass man sich bald zu einer Erweiterung entschloss: 1902 wurde ein Grundstück gegenüber der Breitenseer Pfarrkirche (14., Breitenseer Straße 31), das Areal des ehemaligen Schlosses des Karl Edler von Kendler, als Bauplatz angekauft, noch im selben Jahr, am 18. Oktober, der Grundstein zum Josefinum gelegt, das damals "Lehr- und Erziehungs-Anstalt ‚St. Josefinum‘" des St. Josef-Kinder-Asyl-Vereines hieß; der Vereinspräsident war Pfarrer Binder, der Baumeister des Hauses Ludwig Zatzka, der kurz zuvor die Breitenseer Pfarrkirche fertiggestellt hatte. Schon im September 1903 konnte das Gebäude bezogen werden. Das St. Josef-Kinderasyl übersiedelte von der Breitenseer Straße 104 in den Neubau Breitenseer Straße 31 und wurde hier als Volks- und Bürgerschule samt Pensionat weitergeführt.

Anton Maria Schwartz’ Ideen

Binder war auch mit Pater Anton Maria Schwartz, dem Gründer und General der Kalasantinerkongregation, gut befreundet. Schwartz, der 1998 von Papst Johannes Paul II. selig gesprochen wurde, hatte im Jahr 1882 gemeinsam mit einigen Gesellen und Meistern einen "Katholischen Lehrlingsverein" in Fünfhaus und vier Jahre später das Lehrlingsinstitut "Calasantinum" (aus dem 1889 der Orden "Kongregation der frommen Arbeiter vom heiligen Joseph Calasanz" hervorging) gegründet. Betroffen von der sozialen Not seiner Zeit wollte Schwartz aus katholischem Engagement die Arbeiter und Lehrlinge nicht ihrem Schicksal überlassen. So wie sein großes Vorbild, der heilige Joseph von Calasanz (daher der Name Kalasantiner), wurde Schwartz nicht nur zum Ordensgründer, sondern auch zum Sozialrevolutionär. Er träumte vom arbeitsfreien Sonntag, dem 8-Stunden-Tag, von Lehrlingsurlaub, Gewerkschaften und Sozialversicherung. Er nahm – ungewöhnlich für einen katholischen Priester – an Tramway-, Tischler- und Kellnerstreiks teil und gründete in verschiedenen Wiener Bezirken Tagesheimstätten, die er "Knaben-Oratorien" nannte. Er wollte damit den Wiener Lehrlingen seelsorgerische, sozialrechtliche und wirtschaftliche Hilfe angedeihen lassen. – Trotz der Tatsache, dass Schwartz schon vor dem Erscheinen der Enzyklika "Rerum Novarum" (1891) die Probleme der arbeitenden Bevölkerung erkannte, bleibt das kalasantinische Wirken nur von relativ geringer Effizienz.

Pompiliusheim

Zurück nach Breitensee: Binder machte im Juni 1903 Schwartz auf das frei werdende Haus Breitenseer Straße 104 aufmerksam. Dieser griff die Anregung freudig auf, erwarb die Realität und errichtete hier – in unmittelbarer Nachbarschaft zu der eben fertig gestellten Breitenseer Kaserne – seine vierte Ordensniederlassung. Nach entsprechenden Adaptierungsarbeiten wurde das neue Kollegium "Zur Heiligen Familie" am 10. Oktober 1903 eingeweiht. Das Noviziatshaus und Knabeninternat erhält nach dem Heiligen aus dem Piaristenorden den Namen "Pompiliusheim". Für die kleine Hauskapelle schafft der Wiener Maler Josef Kastner das Altarbild "Heilige Familie"; rechts und links davon werden zwei kleinere Gemälde ("Der heilige Josef Calasanz zeigt den Novizen die Ordensregel", "Heiliger Pompilius unterrichtet Kinder") angebracht.

Als in den 1930er Jahren die materielle Not immer größer wurde, betreute das Pompiliusheim die Jugend weiter nach besten Kräften. Schulpflichtige Zöglinge wurden weniger, ihre Reihen wurden mit Lehrlingen aufgefüllt, die von hier aus die Arbeitsstätten besuchten.

Mit dem "Anschluss" nahmen die Nationalsozialisten das Pompiliusheim in Beschlag, es wurde als "Jugendheim Breitensee" weitergeführt. Die Kalasantiner verließen das Haus, nur die Kapelle wurde weiter vom Mutterhaus aus betreut.

Der Neubeginn im September 1946 gestaltete sich schwierig, doch weiterhin wurden bis Anfang der 1970er Jahre etwa 30 Zöglinge betreut. Das Haus wurde mit "Studentat" als Institution für den Ordensnachwuchs der Kalasantiner, aber auch weiterhin als Erziehungsstätte für Knaben geführt. Die Hochblüte des Instituts (um 1912) schien aber vorüber zu sein. Berichtet wurde damals von Arbeiten "auf naturwissenschaftlichen Gebiet im Institutsgarten" und von Theater- und Musikaufführungen der "Pompilianer".

Bis Anfang der 1970er Jahre war auf dem Areal südöstlich des Pompiliusheims auch ein Gasthaus (Kettinger) zu finden.

Im Herbst 1971 richtete die Legio Mariae, eine katholische Laienbewegung, das "Männerheim St. Josef" zur Betreuung von Strafentlassenen ein, das noch bis September 1984 geführt wurde. Mit 1. Jänner 1984 wurde das Pompiliusheim von der Kongregation der Kalasantiner an die Republik Österreich verkauft und kurz danach abgerissen. Heute findet sich auf dem Areal das "Wohnheim Breitensee", ein 1999 bis 2001 errichtetes Soldatenwohnheim, das 2005 bis 2007 Richtung Norden (Rudolf-Pöch-Gasse) erweitert wurde.

Quellen

  • Archiv der Pfarre Breitensee, Gedenkbuch der Pfarre
  • Ordensarchiv des Klosters Laxenburg der Kongregation der Barmherzigen Schwestern vom heiligen Kreuz, Chronik St. Josefinum; Bestand Breitensee – Josefinum

Literatur

  • Markus Baier: 100 Jahre Pfarre Breitensee. Versuch eines historischen Rückblicks. In: Festschrift 100 Jahre Pfarrgemeinde Breitensee. 1898/99–1998/99. Wien: Manz’sche Buchdruckerei Stein & Co. 1998, S. 33–59
  • Markus Baier: Vom Kinderasyl zum Soldatenwohnheim. Unveröffentlichtes Manuskript; gekürzt veröffentlicht in: Breitenseer Pfarrzeitung 4 (2005), S. 10 f.
  • Erich Bernhard: Die Geschichte der Kalasantinerkongregation von der Ordensgründung 1889 bis zum Tod des Stifters 1929. Dipl.-arb. Univ. Wien. Wien 1988
  • Bezirksmuseum Penzing, diverse Abbildungen des St.-Josef-Kinder-Asyls (um 1900)
  • Johann Bruckner: Der Arbeiterapostel von Wien P. Anton Maria Schwartz. Ein Vorarbeiter in Gottes Werkstatt. Lebensbild des Stifters der Kongregation f. d. christlichen Arbeiter vom hl. Josef Calasanz. Wien. 1935
  • Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien. 5 Bände. Wien: Kremayr & Scheriau 1992–1997
  • Leopold Franchetti: 50 Jahre Pompiliusheim. In: Kalasantinerblätter 10 (1953), S. 107–109
  • Josef Kerbler: Das jubilierende Pompiliusheim. In: Kalasantinerblätter 11 (1953), S. 120 f.
  • Heinrich May: Breitensee in alter und neuer Zeit. Ein Heimatbuch des Bezirksteiles "Breitensee". Wien: Selbstverlag 1933
  • Chris Salvet: Breitensee 1890–1960. Wien: Album 2002
  • Anton Scheiblin: Die Gassen- und Straßennamen im 14. Bezirk. In: Penzinger Museumsblätter. Hg. vom Museumsverein Penzing, 3 (1964), S. 41–50
  • Anton Scheiblin: Das vergessene Dorf (Zur Geschichte Breitensees). In: Penzinger Museumsblätter. Hg. vom Museumsverein Penzing, 9–11 (1966), S. 149–182
  • Hans Schinner: Breitensee – Vom Dorf zur Großstadtpfarre. Wien: Wiener Dom-Verlag 1976 (Veröf-fentlichungen des Kirchenhistorischen Instituts der Katholisch-theologischen Fakultät der Universität Wien 18)
  • Theresita Swoboda: Das Josefinum in alter und besonders in neuer Zeit. In: Festschrift 75 Jahre Pfarre Wien-Breitensee. 1898–1973. Dienst an den Menschen – Gemeinschaft mit Gott. Hg. von Pfarrgemeinde Breitensee. Wien: Pfarrgemeinde Breitensee 1973, S. 31–37

Weblinks