Pharmazeutische Zeitschriften

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 8.11.2022 durch WIEN1.lanm08uns

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Pharmazeutische Zeitschriften. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts entwickelte sich bei den Apothekern ein reges Interesse an wissenschaftlicher Information. War bis dahin die Kenntnis der Pharmakopöen und Dispensatorien, der Apothekerordnung und der Arzneitaxe für den Apotheker ausreichend, so führte die rasante Entwicklung der Naturwissenschaften in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts durch wichtige Erkenntnisse auf den für die Pharmazie so wichtigen Gebieten der Botanik, Chemie und Physik dazu, dass sich die Apotheker mit den theoretischen und praktischen Neuerungen auseinandersetzen mussten. Zu diesem Zweck erschienen ab 1780 in Deutschland und ab 1794 in Frankreich periodisch Fachzeitschriften; gegenüber anderen Wissenszweigen liegt der Erscheinungsbeginn pharmazeutischer Periodika relativ spät. Da in Österreich zunächst keine Zeitschrift begründet wurde, kam es zur Bildung von Lesegesellschaften, deren Mitgliedern ausländische wissenschaftliche Zeitschriften zur Verfügung gestellt wurden (in Wien 1802).

Da die ausländischen Erkenntnisse nicht bedingungslos auf die österreichischen (Wiener) Verhältnisse anwendbar waren, veranlasste dies Martin Ehrmann um 1825, die Gründung einer österreichischen pharmazeutischen Zeitschrift in Erwägung zu ziehen; die Realisierung scheiterte am Widerstand der Vorstände des Wiener Apotheker-Hauptgremiums (damals Joseph Moser und Joseph Scharinger, doch schloss sich Ehrmann 1834, Hefte unter dem Titel „Das Neueste und Wissenswertheste aus dem ganzen Umfang der Pharmacie und ihrer Grundwissenschaften* im Selbstverlag herauszugeben. 1846 unternahm er mit dem Apotheker Wien F. Sedlaczek einen neuen Versuch und erhielt schließlich von der Polizeibehörde die Genehmigung, ab Jänner 1847 die „Österreichische Zeitschrift für Pharmacie" zu veröffentlichen; sie ging 1863 in den Besitz des 1861 gegründeten „Allgemeinen österreichischen Apotheker-Vereins" über (nunmehr „Zeitschrift des allgemeinen österreichischen Apotheker-Vereines").

Ab 1. Jänner 1868 erschien in Opposition dazu die von Alois Philipp Hellmann herausgegebene „Pharmazeutische Post" (ab 1869 kam auch sein „Pharmazeutischer Almanach" heraus); 1873 gehörte Hellmann zu den Mitbegründern der „Österreichischen pharmazeutischen Gesellschaft". Erst 1891 kam es zur Gründung des „Allgemeinen österreichischen Apotheker-Assistenten Vereins" (später „Pharmazeutischer Reichsverband für Österreiche"), der 1896 die bestehende Zeitschrift „Pharmaceutischer Reformer" erwarb und zum eigenen Organ der pharmazeutischen Assistentenschaft gestaltete (Redakteur A. Brestowski, der 1891 die Herausgabe der Wochenzeitschrift „Pharmazeutische Presse" versucht hatte); nach erfolgtem Besitzerwechsel wurde das Vereinsorgan der Angestelltenschaft ab 1907 unter dem Titel „Pharmazeutische Presse" herausgegeben. In der Folge erschienen auch in anderen Teilen der Monarchie einschlägige Zeitschriften, sodass 1914 insgesamt fünf deutschsprachige und 17 anderssprachige pharmazeutische Zeitschriften erschienen; Kundenzeitschriften gab es zu diesem Zeitpunkt noch keine, lediglich zwei deutschsprachige Zeitschriften pharmazeutischer Firmen sind bekannt.

In der Ersten Republik erschienen in Österreich bis 1938 fünf Periodika, zwei wissenschaftliche Beilagen sowie mehrere Kunden- und Firmenzeitschriften; in der Monarchie hatten nur die „Pharmazeutische Post" (mit der 1921 die den finanziellen Schwierigkeiten nicht gewachsene „Zeitschrift des allgemeinen österreichischen Apotheker-Vereins" vereinigt wurde; Hans Heger hatte sie 1883 von Hellmann erworben) und die „Pharmazeutische Presse" (als Organ der Angestelltenschaft; Redakteur Franz Dittrich, ab 1924 Richard Kurtics) ihre Wurzeln. 1920 erschien kurzzeitig die Zeitschrift „Der Pharmazeut", die in radikaler Schreibweise eine Sozialisierung der Apotheken nach russischem Vorbild forderte. Ab 1925 erschien die gemäßigte „Pharmazeutische Rundschau" (Unabhängige Zeitschrift für wissenschaftliche, praktische und Standesinteressen der Pharmazie und verwandter Gebiete), ab 1929 „Die Freien Apotheker-Stimmen" (Organ des Bundes Österreichischer Apotheker). In der nationalsozialistischen Ära wurden die bestehenden pharmazeutischen Zeitschriften nach und nach eingestellt; die „Pharmazeutische Post" und die „Pharmazeutische Presse" wurden vom Berliner „Deutschen Apotheker-Verlag" angekauft, der in Wien eine Zweigniederlassung gründete.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde 1946 der Österreichische Apotheker-Verlag begründet, der mit der Herausgabe der „Österreichischen Apotheker-Zeitung. Zeitschrift für die wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen der Pharmazie" betraut wurde (die seit 15. Jänner 1947 erscheint und deren bedeutendste Chefredakteure Hans Brauner und Gottfried Zimmermann sind).

Ein besonderes Kapitel bilden die rein wissenschaftlichen Zeitschriften, beginnend mit den ab 1847 von Heinrich Schweinsberg herausgegebenen „Collectaneen für Pharmacie und verwandte Fächer". 1902 folgte die „Pharmaceutische Praxis. Zeitschrift für die wissenschaftliche und praktische Pharmacie der Gegenwart und die verwandten Fächer" (Herausgeber Josef Longinovits), die bis 1914 erschienen. Manche Zeitschriften der Standesvertretung folgten mit Beiheften, in denen wissenschaftliche Beiträge veröffentlicht wurden, so (als Beiblatt der „Pharmazeutischen Post", herausgegeben von Hans Heger und Otto Zekert) ab 1920 die „Pharmazeutischen Monatshefte" (die auch der „Österreichischen Pharmazeutischen Gesellschaft" als Organ ihrer Veröffentlichungen dienten), oder die ab 1930 (als monatliche Beilage der „Pharmazeutischen Presse") erscheinenden „Wissenschaftliche Beihefte (1934-1943 unter dem Titel „Scientia Pharmaceutica"), die 1947 als monatliche Beilage der Österreichischen Apotheker-Zeitung erschienen (ab 1949 als eigene Zeitschrift). Verschiedene pharmazeutische Zeitschriften wurden beziehungsweise werden von der Arzneimittelindustrie herausgegeben (Firmenzeitschriften, Kundenzeitschriften, Jahrbücher, Kalender); hervorzuheben sind die Jahrbücher der Heilmittelwerke (HMW), die 1952-1961 unter der Redaktion von Zekert erschienen und wertvolle medizinische und pharmaziehistorische Beiträge enthalten.

Literatur

  • Otto Nowotny: Die österreichischen pharmazeutischen Zeitschriften in Vergangenheit und Gegenwart. In: Österreichische Apotheker-Zeitung (ÖAZ) 35 (1981), S. 1004 ff.
  • Gesellschaft für Geschichte der Pharmazie. In: Wiener Geschichtsblätter 27 (1972), S. V.