Louise Eisler-Fischer

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Daten zur Person
Personenname Eisler-Fischer, Louise
Abweichende Namensform Gosztonyi, Anna Luise
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 359964
GND 116435410
Wikidata
Geburtsdatum 6. März 1906
Geburtsort Nítra
Sterbedatum 4. Juli 1998
Sterbeort Wien
Beruf Schriftstellerin, Übersetzerin, Publizistin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Literaturarchiv der Österreichischen Nationalbibliothek, Archiv der Akademie der Künste Berlin
Objektbezug
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 4.07.2023 durch WIEN1.lanm09pra
Begräbnisdatum
Friedhof Döblinger Friedhof
Grabstelle Gruppe 11, Reihe 5, Nummer 6
Ehrengrab ehrenhalber gewidmetes Grab

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Louise Eisler-Fischer, * 6. März 1906 Nitra, † 4. Juli 1998 Wien, Schriftstellerin, Übersetzerin, Publizistin.

Biografie

Anna Luise Gosztonyi ist das einzige Kind des Großgrundbesitzers Gyula Gosztonyi von Abalehota (Gerstl, 1865–1938) und seiner Frau Louise (1867–1921), der Tochter des in Wien tätigen jüdischen Papierfabrikanten Adolf Ruhmann (1832–1920). Nachdem die Familie 1917 vom väterlichen Gut in Nítra, wo Anna Luise aufwuchs, nach Wien übersiedelt ist, wird sie Schülerin des von Eugenie Schwarzwald geführten Mädchenlyzeums. Dem Abbruch der schulischen Ausbildung folgt am 10. August 1924 die Heirat mit György Anton Boschan (1895–1944), der offenbar weitläufig mit seiner Frau verwandt ist. Die Trennung erfolgt aber bereits nach zwei Monaten, die Scheidung wird im November 1925 vollzogen.

Am 7. Jänner 1927 heiratet Anna Luise, die sich „Lou“ nennt, in zweiter Ehe Franz Jolesch (1898–1961), den Sohn eines Textilfabrikanten aus Wiese an der Igel (Luka nad Jihlavou, Tschechien). Dieser zweite Mann von Lou Eisler-Fischer trägt einen für die Wiener Literaturgeschichte nicht ganz unbedeutenden Nachnamen, denn schließlich handelt es sich bei ihm um den leiblichen Neffen der titelgebenden „Tante Jolesch“ aus dem berühmten Bestseller von Friedrich Torberg, in dem übrigens auch die hier Biografierte als deren „Lieblingsnichte Louise“ auftaucht. Das Sommerhaus der Familie Jolesch ist in diesen Jahren ein beliebter Treffpunkt von Schriftstellerinnen und Schriftstellern, zu Gast war neben Friedrich Torberg auch Egon Erwin Kisch, der Lou zu Beginn der 1930er Jahre häufig nach Berlin mitnimmt und in seinen Kreis im Romanischen Café einführt. Hier lernte sie etwa Bert Brecht, Erich Mühsam oder Georg Lukacs kennen. Und dort begegnet sie auch erstmals ihrem nächsten Mann: Hanns Eisler (1898–1962). Nachdem sie den Komponisten 1933 bei einem Aufenthalt in der Hohen Tatra wiedertrifft, beginnt die Beziehung beider, die zunächst Paris zu ihrem Lebensmittelpunkt im Exil machen. Es folgen zahlreiche Reisen, zu Brecht nach Dänemark, in die USA oder nach Moskau.

Die Ehe mit Franz Jolesch wird am 24. Juni 1935 geschieden und jene mit Hanns Eisler am 7. Dezember 1937 in Prag geschlossen. Schon im Januar 1938 kommen beide in New York an. Doch wiederholt sind Ausreisen nach Mexiko nötig, da sich das Ehepaar Eisler lediglich im Besitz von befristeten Besuchervisa befindet. Erst im August 1942, als der erste Filmvertrag für Hanns Eisler abgeschlossen ist, lassen sich beide in Los Angeles nieder, wo sie als unmittelbare Nachbarn von Thomas Mann in Pacific Palisades leben, aber ebenso Kontakte zu Adorno, Brecht, Chaplin, Feuchtwanger und Viertel pflegen. Auch ihrem Freund Torberg begegnet Eisler-Fischer in Hollywood wieder. Er bricht aber die Verbindung prompt ab, als die Bekanntschaft mit potentiellen Kommunisten im Amerika Trumans nicht mehr en vogue ist. Die Zeit im einst geschätzten Exilland neigt sich dem Ende zu, als Eisler im September 1947 vor McCarthys „Ausschuss für unamerikanische Umtriebe“ aussagen muss, seine Frau begleitet ihn vor das Tribunal. Der Wunsch, die USA zu verlassen, geht einher mit den Bemühungen der Einwanderungsbehörde, die unliebsamen Emigranten auszuweisen.

Am 1. April 1948 treffen Lou und Hanns Eisler in Wien ein, das sie bereits im Jahr darauf mit Ost-Berlin vertauschen, wo sich die Arbeitsmöglichkeiten für sie jedoch äußerst schwierig gestalten. Nach einem gemeinsamen Wienaufenthalt im Frühjahr 1953 zieht es Lou Eisler vor, nicht mehr mit ihrem Mann nach Ost-Berlin zurückzukehren. Noch im selben Jahr trifft sie sich regelmäßig mit Ernst Fischer (1899–1972), um gemeinsam an einem Projekt über Prinz Eugen zu arbeiten. 1955 sollte nicht nur der „Roman in Dialogen“ erscheinen, sondern am 15. März wird auch die Ehe von Hanns Eisler geschieden. Und am 22. September heiratet sie mit Ernst Fischer ihren vierten Mann. Diese Verbindung wird bis zu Fischers Tod am 31. Juli 1972 bestehen.

In Wien ist Lou Eisler-Fischer fortan vor allem als Publizistin und Übersetzerin aus dem Englischen und Französischen tätig. Am bekanntesten dürften ihre Übertragungen der Romane „Die Handschrift von Saragossa“ des polnischen Autors Jan Potocki (Insel-Verlag 1961) und „Der Wohltäter“ der jungen Susan Sontag (Rowohlt 1966) sein. Obwohl sie die DDR verlassen hat, bleiben ostdeutsche Periodika und Verlage die Hauptabnehmer ihrer Texte. Dies ändert sich abrupt, als Ernst Fischer gegen die Niederschlagung des „Prager Frühlings“ durch Truppen des Warschauer Pakts protestiert. Er wird nicht nur aus der KPÖ entfernt, sondern auch in der DDR zur persona non grata erklärt – was genauso für seine Frau gilt.

Die 1970er Jahre standen für Lou Eisler-Fischer ganz im Zeichen der Aufarbeitung und Verwaltung von Ernst Fischers Nachlass sowie der Betreuung mehrerer Publikationsprojekte. Zudem gelang es ihr, ihren Freund, den Linguisten und Turkologen Karl Menges (1908–1999) zur Übersiedlung nach Wien zu bewegen. Beide hatten sich 1941 in New York kennengelernt, wo Menges bis zu seiner Emeritierung 1976 an der Columbia University wirkte. Beide lebten bis zu Lou Eisler-Fischers Tod 1998 zusammen. Sie und der im Jahr darauf verstorbene Menges, ein Sprachgenie, das bis ins hohe Alter an der Universität Wien lehrte, liegen im selben Grab auf dem Döblinger Friedhof.

Werke

  • Prinz Eugen. Roman in Dialogen. Wien: Schönbrunn-Verlag 1955 [mit Ernst Fischer]
  • Es war nicht immer Liebe. Texte und Briefe. Hg. von Maren Köster, Jürgen Schebera und Friederike Wißmann. Wien: Sonderzahl 2006

Literatur

  • Fischer, Ernst: Das Ende einer Illusion. Erinnerungen 1945–1955. Wien, München, Zürich: Molden 1973
  • Sedlaczek, Robert: Die Tante Jolesch und ihre Zeit. Eine Recherche. Innsbruck, Wien: Haymon 2013
  • Torberg, Friedrich: Die Tante Jolesch oder der Untergang des Abendlands in Anekdoten. München: Langen-Müller 1975