Julius Meinl II.

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Daten zur Person
Personenname Meinl, Julius
Abweichende Namensform
Titel Kommerzialrat
Geschlecht männlich
PageID 29289
GND 130218650
Wikidata Q1712829
Geburtsdatum 18. Jänner 1869
Geburtsort Wien
Sterbedatum 16. Mai 1944
Sterbeort Gut Alt-Prerau
Beruf Kaufmann, Industrieller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 7.02.2024 durch WIEN1.lanm09was
Begräbnisdatum 22. Mai 1944
Friedhof Friedhof Dornbach
Grabstelle Gruppe 16, Nummer G 1

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Dänischer Generalkonsul
  • Präsident der Meinl-AG
  • Präsident des Österreichischen Klubs

Julius Meinl, * 18. Jänner 1869 Wien, † 16. Mai 1944 Gut Alt-Prerau (Gemeinde Wildendürnbach, Niederösterreich), Großkaufmann, Großindustrieller.

Biografie

Julius Meinl (II.) wurde als Sohn des aus Graslitz in Böhmen stammenden Kaufmanns Julius Meinl (I.) und der Theresia Meinl in Wien geboren. Nach Besuch des Untergymnasiums in Brünn, dem Abschluss der Handelsakademie in Wien und der Absolvierung des Wehrdienstes als Einjährig-Freiwilliger bei der reitenden Artillerie machte Julius Meinl II. ein Praktikum in der Londoner Mincing Lane als Volontär im Zuckergroßhandel. Ab 1889 arbeitete er wieder im Lebensmittelgeschäft seines Vaters auf dem Fleischmarkt, das seit dem 5. April 1862 bestand. 1892, im Alter von 23 Jahren, heiratete er seine erste Gattin, die Prager Hotelierstochter Emmy Schörner; der Sohn des Paares, Julius Meinl (III.), sollte später das Unternehmen des Vaters übernehmen.

Die erste Meinl-Filiale wurde 1894 in der Neustiftgasse eröffnet. Hier wurde auch eine Kaffeerösterei, eine Feigenkaffee- und Malzkaffeefabrik eingerichtet. Diese trug besonders zum Erfolg der Firma Meinl bei, da bis dahin Kaffeebohnen zumeist noch grün verkauft wurden und von den Konsumenten selbst geröstet werden mussten. Der Vater anerkannte das kaufmännische Geschick des Sohns und machte ihn zum Gesellschafter; ab 1913 war Julius Meinl II. dann Alleininhaber des Unternehmens.

Meinl ging an einen raschen Ausbau der Firma: 1901 existierten 16, 1909 bereits 48 Filialen in den wichtigsten Zentren der Habsburgermonarchie; bis 1937 sollte die Zahl der Zweigstellen auf 493 angewachsen sein. Durch die Anwendung neuer Werbemethoden (1890 wurde das erste Meinl-Kaffee-Plakat affichiert) konnte der Umsatz wesentlich gesteigert werden. Auch im Umgang mit seinen Mitarbeitern beschritt Julius Meinl neue Wege: 1907 richtete er eine firmeneigene Fortbildungsschule zur einheitlichen Ausbildung der Lehrlinge ein und führte die Sonntagsruhe in seinem Betrieb ein; mit der Einführung der Fünftagewoche 1931 war er Vorreiter. Im Annental bei Ramsau (Niederösterreich) ließ er ein Urlaubsheim für seine Angestellten errichten.

Ab September 1900 importierte Julius Meinl selbst aus Übersee und errichtete 1912 an der Weltbörse für Kaffee ein ständiges Importbüro. Ebenfalls 1912 wurde ein 20.000 m2 großes Areal in der heutigen Julius-Meinl-Gasse in Wien-Ottakring angekauft und ein Großbetrieb errichtet, in dem auch erstmals in Österreich Marmelade und Orangenjam fabriksmäßig hergestellt wurden. Der Betrieb verfügte weiters über Wein- und Ölkeller sowie große Lagerräume. Die günstige Verkehrslage an der Vorortelinie ermöglichte die direkte Lieferung der Waren auf das Fabriksgelände. Für den Lokaltransport setzte Meinl als einer der ersten Lastkraftwagen ein.

Obwohl der Erste Weltkrieg für das Unternehmen, das als Lieferant der k.u.k. Armee auftrat, zunächst einen Aufschwung bedeutete, stellten sich durch die Blockade der alliierten Mächte zunehmend auch Probleme ein. Meinl, der die Versorgungslage der Monarchie gut kannte und wie viele andere am Sieg der Achsenmächte zweifeln musste, forderte schon 1916, dass die Friedensinitiative von Wien ausgehen müsse, und gewann den Völkerrechtler Heinrich Lammasch zum Mitarbeiter.

Kaiser Karl I. wollte im Juni 1917 ein Ministerium Lammasch-Meinl-Redlich ernennen, das unter Mitarbeit des jungen Juristen Hans Kelsen eine föderalistische Verfassung für die Monarchie ausarbeiten und den Krieg beenden sollte. Meinls Friedensaktion (er traf einen Vertrauensmann Wilsons) scheiterte jedoch an der ablehnenden Haltung der Mittelmächte. Auch in der neutralen Schweiz entfaltete Meinl seine pazifistischen Aktivitäten: Er rief eine Hilfsorganisation für österreichische Kinder ins Leben und verhandelte 1918 mit Briten und Amerikanern über Lebensmittellieferungen nach Österreich.

Nach dem Friedensschluss errichtete Julius Meinl, um die schwer zu überwindenden Zollmauern zu den in den Nachfolgestaaten gelegenen Filialen zu umgehen, in diesen eigene Produktionsstätten und Zentralen, die jedoch unter seiner Oberleitung standen (Konzerngesellschaften). 1923 begründete er mit dem "Spar- und Kreditverein der Freunde und Angestellten der Julius Meinl AG" das Vorgängerinstitut der heutigen Meinl-Bank und konnte so sein Unternehmen durch die Wirtschaftskrise bringen, ohne auf Fremdmittel angewiesen zu sein. 1925 schuf der Grafiker Josef Binder das Markensymbol "Meinl-Mohr", das Otto Exinger später neu gestaltete und das bis heute als offizielles Firmenlogo fungiert.

1931 heiratete Meinl in zweiter Ehe die um 40 Jahre jüngere Schauspielerin und Sängerin Michiko Tanaka (1909−1988), die Ehe wurde jedoch 1941 geschieden. Der Ausbruch des Zweiten Weltkriegs stürzte das Unternehmen in große Probleme. Der Sohn Julius Meinl III. ging 1938 mit seiner Familie nach London und konnte von seinem Firmensitz in Großbritannien aus in die österreichischen Geschäfte nicht mehr eingreifen; er kehrte erst nach Kriegsende 1947 nach Österreich zurück. Julius Meinl II. zog sich nun immer öfter auf seinen Landsitz auf Gut Alt-Prerau zurück, wo er seiner Leidenschaft aus Militärszeiten, dem Reiten, nachging und am 16. Mai 1944 verstarb.

Nach dem Unternehmer wurde 1954 die Julius-Meinl-Gasse benannt.

Literatur

  • Wolfgang Kühnelt: Berühmte Dynastien. Wien: Holzhausen 2005, S. 53-66.
  • Birgitt Morgenbrod: Wiener Großbürgertum im Ersten Weltkrieg. Die Geschichte der "Österreichischen Politischen Gesellschaft" 1916−1918. Wien u. a.: Böhlau 1994.
  • Rendezvous Wien. Vierteljahreszeitschrift für Freunde Wiens in aller Welt. Heft 1/1989. Wien: Wiener Tourismusverband 1989.
  • Rudolf von Granichstaedten-Cerva / Josef Mentschl / Gustav Otruba: Altösterreichische Unternehmer. 110 Lebensbilder. Wien: Bergland-Verlag 1969 (Österreich-Reihe, 365/367), S. 76-77.
  • Neue österreichische Biographie. 1815−1918. Band 16. Wien [u. a.]: Amalthea-Verlag 1965, S. 140-152.
  • Josef Mentschl: Österreichische Wirtschaftspioniere. Wien: Birken-Verlag 1959, S. 144-150.
  • Franz Planer [Hg.]: Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Wien: F. Planer 1929.
  • Österreichisches Biographisches Lexikon: Julius Meinl

Weblinks