Josefine Stross

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Daten zur Person
Personenname Stross, Josefine
Abweichende Namensform Stroß, Josefine Rosa
Titel Dr. med.
Geschlecht weiblich
PageID 367753
GND 1308539819
Wikidata Q101112702
Geburtsdatum 1. Juni 1901
Geburtsort Wien
Sterbedatum 18. August 1995
Sterbeort London
Beruf Kinderärztin, Psychoanalytikerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Sigmund Freud
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09mur
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Josefine Stross, * 1. Juni 1901 Wien, † 18. August 1995 in London, Kinderärztin und Psychoanalytikerin.

Biografie

Josefine Stross wurde in Wien als Tochter des Rechtsanwalts Emanuel Stroß und seiner Frau Marie geboren. Ihre Schulzeit verbrachte sie in der Schwarzwaldschule. Über Marianne Rie, mit der Josefine Stross über die gemeinsame Schulzeit bei Eugenie Schwarzwald hinausgehend befreundet blieb, entstand der Kontakt zu Sigmund Freud, da Marianne Ries Vater Oskar, ein Kinderarzt, mit Freud gut bekannt war, zudem hatte Mariannes Tante Ida Bondy den in Berlin lebenden Arzt Wilhelm Fließ geheiratet, der zu den engsten und ältesten Freunden Sigmund Freuds zählte. Auch Anna Freud zählte zu diesem engen freundschaftlichen Netzwerk von Josefine Stross.

Nach dem 1925 mit der Promotion abgeschlossenen Medizinstudium an der Universität Wien ließ sie sich bei Wilhelm Knöpfelmacher am Karolinen-Kinderspital zur Kinderärztin ausbilden. Sie eröffnete ihre eigene Praxis und betreute als Schulärztin die Schwarzwaldschule.

Von 1931 bis 1932 begleitete sie die Marienthal-Studie von Marie Jahoda, Felix Lazarsfeld und Hans Zeisel als Medizinerin und nahm medizinische Untersuchungen bzw. Erhebungen an den Arbeitslosen von Marienthal vor.

Als Kinderärztin betreute sie von Anna Freud geleitete Jackson-Kinderkrippe, die im Gebäude der Montessorischule (Rudolfsplatz 5B) untergebracht war. 1933 ließ sie sich bei Richard Sterba zur Psychoanalytikerin ausbilden und war seit 1937 Mitglied der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung.

Als Sigmund Freud nach dem Anschluss 1938 über Paris nach London emigrierte, begleitete sie an Stelle von Freuds Hausarzt Max Schur, der kurzfristig wegen einer Blinddarmentzündung verhindert war, den 82 jährigen Begründer der Psychoanalyse ins Exil, um diesen bis zu Schurs Genesung medizinisch zu betreuen.

Als Medizinerin spielte Josefine Stross eine lange Zeit durch die Freud-Biografen Ernest Jones und Max Schur bewusst verzerrt dargestellte Rolle in Zusammenhang mit dem Tod von Sigmund Freud. Freud hatte Max Schur im Laufe der fortschreitenden Krebserkrankung das Versprechen abgenommen, ihm als Arzt beim Sterben behilflich zu sein, wenn die Qualen zu groß würden. Schur löste dieses Versprechen nur teilweise ein, da die Morphindosis, die Schur Freud am 21. September 1939 verabreichte, unterhalb der letalen Dosis lag. Schur hatte zu diesem Zeitpunkt ein zeitlich befristetes Einreisevisum in die USA, wohin er mit seiner Familie vor einer befürchteten Naziinvasion in England floh. Zurück blieb Josefine Stross, die den Sterbenden begleitete. In den frühen 1990er Jahren sprach Josefine Stross mit Michael Molnar, dem damaligen Leiter des Freud Museums London über Freuds letzte Stunden. In diesem Gespräch gab sie an, dass sie nach der Abreise von Max Schur dem zwar bewusstlosen aber offenbar leidenden Freud noch eine weiterte Dosis Morphin injiziert habe, die dessen Tod in den frühen Morgenstunden des 23. September zur Folge hatte. Max Schurs Freud-Biografie ist erst nach seinem Ableben erschienen, eine mutmaßliche Mitwirkung an Freuds Tod hatte ihm als Arzt nicht mehr verfänglich werden können, wohingegen Josefine Stross als Kinderärztin an einer Klink arbeitete und wohl wegen ihrer ärztlichen Zulassung geschützt werden sollte.

Nach Freuds Tod blieb Josefine Stross in Großbritannien, musste jedoch, um weiter als Ärztin tätig sein zu können, ein englisches Medizinexamen ablegen. Nach den deutschen Luftangriffen auf London baute Sie gemeinsam mit Anna Freud und deren Lebensgefährtin Dorothy Burlingham in Hampstead ein Waisenhaus für Kriegswaisen auf.

Nach dem Krieg wurde Josefine Stross Mitglied in der British Psychoanalytical Society, obwohl sie in England nicht mehr als Psychoanalytikerin tätig war, sondern vielmehr versuchte, die Erkenntnisse Freuds in ihre Arbeit als Pädiaterin an der Hampstead Clinic einzubringen.

Josephine Stross war in Maresfield Gardens auch die Hausärztin von Anna Freud und der langjährigen Haushälterin Paula Fichtl, die mit den Freuds aus Wien emigriert war.

Im Garten des Londoner Freud-Museums wurde ihr zu Ehren ein Gedenkstein errichtet.


Literatur

  • Elke Mühlleitner: Stross, Josefine. In: Brigitta Keintzel, Ilse Korotin (Hrsg.): Wissenschafterinnen in und aus Österreich. Leben – Werk – Wirken. Wien: Böhlau, S. 721f.
  • Roy B. Lacoursiere: Freud’s Death. Historical Truth and Biographical Fictions. In: American Imago. The Baltimore: John Hopkins University Press 2008, Vol. 65, No. 1, pp. 107-128
  • Detlef Berthelsen: Alltag bei Familie Freud. Die Erinnerungen der Paula Fichtl. Hamburg: Hoffman & Campe 1987, S. 97 ff.


Weblinks