Haydngrab

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 20.08.2019 durch DYN.michaelorenz

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Haydngrab. Am 4. Juni 1809 (drei Tage nach dem Begräbnis am Hundsturmer Friedhof) stahlen der Verwalter des k. k. niederösterreichischen Provinzialstrafhauses in der Leopoldstadt und Leiter der fiskalen Unschlittschmelze, Johann Nepomuk Peter, und der ehemalige Esterházysche Sekretär Josef Karl Rosenbaum in Begleitung der beiden Magistratsbeamten Michael Jungmann und Ignatz Ullmann sowie des Totengräbers Jakob Demut den Kopf des Leichnams, damit nicht bei einer etwaigen Grabauflassung „Halbmenschen, Afterphilosophen oder lose Buben damit Gespött trieben". Außerdem waren Peter und Rosenbaum Anhänger der Phrenologie und Kranioskopie des Franz Joseph Gall, der behauptete, Geistesgröße an der Schädelform erkennen zu können. Rosenbaum wollte Haydns „schätzbarste Reliquie" nach der Skelettierung in einem Mausoleum seines Gartens auf der Wieden aufbewahren.

Ahnungslos ließ der mit Haydn verschwägerte Schüler Sigismund Ritter von Neukomm 1814 einen Grabstein in Form eines griechischen Weihealtars aufstellen. Als bei der Graböffnung (31. Oktober 1820) im Zuge der geplanten Überführung nach Eisenstadt der Diebstahl bemerkt wurde, sandte Rosenbaum aus seiner Sammlung zuerst einen Jünglingskopf und dann einen altersmäßig passenden Schädel. Haydns Cranium vererbte Rosenbaum Peter, dessen Witwe es 1839 dem Hausarzt Karl Haller übergab. 1842 ließ Graf Stockhammer den Grabstein erneuern und mit einer weiteren Inschrift ergänzen. 1852 gelangte der Kopf Haydns an den Anatomen Carl von Rokitansky und durch dessen Söhne am 13. Juli 1895 „zur unwiderruflichen und immerwährenden Aufbewahrung" an die Gesellschaft der Musikfreunde. Diese weigerte sich noch 1909 (als Julius Tandler die Echtheit prüfte) und ebenso 1932 (nach Fertigstellung des Mausoleums in der Eisenstädter Bergkirche), ihre Stiftungsverpflichtung zu brechen. Bei der Umwandlung des 1874 gesperrten Hundsturmer Friedhofs in eine Parkanlage (1925/1926; Haydnpark) wurde Haydns Grabstein 120 Meter vom geplanten Spielplatz abgerückt und blieb als einziger erhalten. Am 5. Juni 1954 erfolgte die Überführung des Haydn-Kopfes nach Eisenstadt, wo ihn Gustinus Ambrosi unter den Klängen der Kaiserhymne zu den übrigen sterblichen Überresten legte. Am 4. April 1990 wurde die Inschrift des ehemaligen Grabsteins im Haydnpark erneuert.


Literatur

Joseph Haydn

  • Günther Berger: Joseph Franz Haydns unruhiger Ruheort am Hundsturmer Friedhof. In: Wiener Geschichtsblätter. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien, Band 46,1991, S. 183 ff.
  • Siegfried Weyr: Wien. Zauber der Vorstadt. Wien [u.a.]: Zsolnay 1968, S. 187 ff.
  • Georg A. Weth: Da-Sein wie nie zuvor. Heitere und makabre, seltsame und kriminelle Friedhofgeschichten. Bern [u.a.]: Edition Erpf 1984
  • Meidling. Blätter des Bezirksmuseums. Wien: Verein zur Erhaltung und Förderung des Meidlinger Heimatmuseums Heft 13,1982, S. 12 f.
  • Walter Roller: Meidlinger Spaziergänge. Band 2: Um 1800 bis 1900. Mit einer geschichtlichen Übersicht und 66 alten Ansichten. Wien: W. Roller 1985, S. 8, 10