Hans Karl Zeßner-Spitzenberg

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Daten zur Person
Personenname Zeßner-Spitzenberg, Hans Karl
Abweichende Namensform Zessner-Spitzenberg, Hans von
Titel Freiherr, Dr. iur., Dr. phil.
Geschlecht männlich
PageID 43449
GND 101079702
Wikidata Q1580681
Geburtsdatum 4. Februar 1885
Geburtsort Dobritschan
Sterbedatum 1. August 1938
Sterbeort Dachau
Beruf Jurist
Parteizugehörigkeit Christlichsoziale Partei
Ereignis
Nachlass/Vorlass Karl-von-Vogelsang-Institut
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 3.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Begräbnisdatum 6. August 1938
Friedhof Friedhof Grinzing
Grabstelle Gruppe 12, Reihe 3, Grab 12

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Professor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht an der Hochschule für Bodenkultur (1931 bis 1938)
  • Mitglied des Bundeskulturrats (1934 bis 1938)

Hans Karl Zeßner-Spitzenberg, * 4. Februar 1885 Dobritschan (Dobřičany, Tschechische Republik), † 1. August 1938 KZ Dachau, Jurist.

Biografie

Hans Karl (bis 1918 Freiherr von) Zeßner-Spitzenberg kam als Sohn des Gutsbesitzers Heinrich Freiherr Zeßner von Spitzenberg und dessen Frau, einer geborenen Gräfin Nostiz-Rieneck, zur Welt. Der Vater war zeitweise Abgeordneter des katholisch-konservativen Großgrundbesitzes im Landtag von Böhmen, galt als religiös und habsburgisch-österreichisch geprägt.

Vorerst von einem Privatlehrer unterrichtet, besuchte Hans Karl Zeßner das humanistische Gymnasium in Saaz (Žatec), an dem er 1903 maturierte. Anschließend nahm er das Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Prag auf, das er − unterbrochen von Studien in Freiburg (Schweiz) − im Jahr 1909 mit der Promotion zum Dr. iuris abschloss. Er wurde Mitglied einer katholischen Studentenverbindung und schon früh Gegner großdeutscher und deutschnationaler Tendenzen. Darüber hinaus beschäftigte ihn die "soziale Frage", die er im Sinne der Katholischen Soziallehre lösen wollte. So gründete er in seiner Heimatgemeinde einen Leseverein zu Volksbildungszwecken.

Nach der Absolvierung des rechtswissenschaftlichen Studiums studierte Zeßner Kameralistik und Nationalökonomie an der Universität Berlin, wo er das Doktorat der Philosophie erwarb. Danach trat er in den Dienst der k. k. Statthalterei in Prag und wechselte 1913 in die Abteilung Agrarstatistik der Statistischen Zentralkommission in Wien. Von 1914 bis 1918 wirkte er als Jurist in der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn.

Im Mai 1918 wechselte Zeßner in das Ackerbauministerium, von wo er Anfang 1919 in den Verfassungsdienst der Staatskanzlei (später: Bundeskanzleramt) der jungen Republik berufen wurde. Als Mitarbeiter von Hans Kelsen arbeitete er auch an der Entstehung der österreichischen Bundesverfassung mit. Hier avancierte er schließlich zum stellvertretenden Leiter des Verfassungsdienstes im Rang eines Sektionsrats, bevor man ihn 1931 an die Hochschule für Bodenkultur berief. Dort hatte er sich bereits 1920 im Fach Allgemeines und Österreichisches Verwaltungsrecht habilitiert.

Als außerordentlicher, dann ordentlicher Hochschulprofessor für Verfassungs- und Verwaltungsrecht lehrte er insbesondere die in der Land- und Forstwirtschaft benötigten Rechtsmaterien. Im betont deutschnationalen bis nationalsozialistischen Milieu der Hochschule für Bodenkultur galt Zeßner, entschiedener Gegner der Anschlussbewegung, als Außenseiter; seine Vorlesungen wurden gestört und die Tür zu seinem Dienstzimmer mit Hakenkreuzen beschmiert.

Politisch fühlte sich Zeßner auch nach dem Zerfall des Habsburgerreiches der Monarchie verbunden. Er entwickelte früh den Gedanken einer eigenen österreichischen Nation auf der Basis einer "sozialen Monarchie" und enger Kooperation der Staaten in Mitteleuropa. Gemeinsam mit ähnlich denkenden Persönlichkeiten wie Ernst Karl Winter, August Maria Knoll und Alfred Missong gründete er 1926 die "Österreichische Aktion", die in scharfer Gegnerschaft zur lagerübergreifenden "Anschluss"-Begeisterung stand, allerdings nie auf große Resonanz stieß.

Der Jurist war Mitglied der Christlichsozialen Partei und übernahm auch im autoritären "Ständestaat" politische Funktionen. Er leitete das "Traditionsreferat" der Vaterländischen Front, das als Gegenpol zum "Volkspolitischen Referat" (Brückenorganisation zu "nationalen" Kreisen) dienen sollte. Er fungierte außerdem als Kontaktmann zwischen Kurt von Schuschnigg und Otto von Habsburg und gehörte dem sogenannten Bundeskulturrat ab November 1934 an.

Aufgrund seiner betont antinationalsozialistischen Haltung gehörte Zeßner-Spitzenberg zu den ersten vom NS-Regime nach dem "Anschluss" Verhafteten. Er wurde am 18. März 1938 während eines Gottesdienstes in der Kaasgrabenkirche abgeführt und in Gestapo-Haft genommen. Am 15. Juli wurde er in das KZ Dachau überstellt, wo er während des Transports schweren Misshandlungen durch die SS-Wachmannschaft ausgesetzt war. Er konnte sich von den schweren inneren Verletzungen nicht erholen und erlag diesen am 1. August 1938. Hans Karl Zeßner-Spitzenberg war damit eines der ersten österreichischen KZ-Opfer. Über französische Vermittlung überstellte man seinen Leichnam − für im KZ Umgekommene völlig unüblich − nach Wien und bestattete ihn auf dem Grinzinger Friedhof.

Zu den Werken des Juristen zählen vor allem Publikationen auf dem Gebiet des Agrarrechts, aber auch das posthum herausgegebene Werk "Kaiser Karl" (Salzburg 1953).

Im Andenken an den Agrarrechtswissenschaftler vergibt die Österreichische Gesellschaft für Agrar- und Umweltrecht zur Förderung von Arbeiten zum österreichischen Agrar- und Umweltrecht in unregelmäßigen Abständen den Hans-Karl-Zeßner-Spitzenberg-Preis. Eine Genossenschaftswohnhausanlage in der Satzberggasse wurde ihm zu Ehren "Zessner-Spitzenberg-Haus" benannt. Ein Seligsprechungsprozess der Katholischen Kirche ist im Gange.

Werke

  • Hans Karl Zeßner-Spitzenberg: Einführung in die Landarbeiterfrage. Wien: Volksbund-Verlag 1920 (Landarbeiterfrage und Landarbeitsrecht, 1)
  • Hans Karl Zeßner-Spitzenberg: Unsere landwirtschaftlichen Genossenschaften. Wien: Volksbund-Verlag 1920
  • Hans Karl Zeßner-Spitzenberg: Das österreichische Agrarrecht. Für Studium und Praxis im Grundriß systematisch dargestellt samt Rechtsquellenverzeichnis. Wien: Agrarverlag 1930
  • Hans Karl Zeßner-Spitzenberg: Kaiser Karl. Aus dem Nachlass herausgegeben von Erich Thanner. Salzburg: Salzburger Verlag für Wirtschaft und Kultur 1953

Quellen

Literatur

Weblinks