Grundbuchsherren

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Anordnung Rudolfs IV. zur Fertigung von Rechtsgeschäften des Liegenschaftswesens durch Bürgermeister und Rat der Stadt Wien
Daten zur Organisation
Art der Organisation Behörde
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Datum bis
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PageID 28624
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Objektbezug Mittelalter, Grundbuchswesen, Grundherrschaft, Frühe Neuzeit, Langes 19. Jahrhundert, Rudolf IV.
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Letzte Änderung am 1.02.2021 durch WIEN1.lanm08swa
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Bildunterschrift Anordnung Rudolfs IV. zur Fertigung von Rechtsgeschäften des Liegenschaftswesens durch Bürgermeister und Rat der Stadt Wien

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Wiener Grundsiegel von 1360

Für die Grundbuchsführung der Stadt zeichneten im Mittelalter zwei Grundbuchsherren verantwortlich. Von den beiden gehörte einer dem Rat, der andere dem Genanntenkollegium an. Sie hatten die Grundbücher über jene Häuser und Grundstücke zu führen, die der Grundherrschaft der Bürgergemeinde unterstanden. Ihr Aufgabengebiet weitete sich deutlich aus, als Rudolf IV. die Aufhebung der grundherrlichen Rechte in der Stadt und den Vorstädten sowie die Ablöse und Übertragung von Grundrechten anordnete und die Fertigung von Rechtsgeschäften in Liegenschaftsangelegenheiten dem Bürgermeister und Rat der Stadt übertrug.[1] Die Grundbuchsherren, auch Grundbuchshandler genannt, prüften und verwahrten die vorgelegten Nachweise (Urkunden) über Käufe, Erbgänge und Verpfändungen, berechneten und kassierten die Eintragungsgebühren und bedienten sich für Schreibarbeiten der ihnen zugeteilten Grundbuchsschreiber. Seit dem Jahr 1360 siegelten sie die ihnen vorgelegten Verkaufsurkunden mit dem Grundsiegel.

Entwicklung zur Behörde in der Frühen Neuzeit

Das sich in der frühen Neuzeit konstituierende Grundbuchsamt verwaltete auch treuhändig die Vermögenswerte von Waisen und Abwesenden. Ab 1504 gab es hierfür gesondert vier Ratsherren, von denen zwei aus dem Rat, zwei aus dem Genanntenkollegium kamen. Erbenloses Gut wurde von den Grundbuchsherren zugunsten der Stadt eingezogen. Die Stadtordnung von 1526 legte fest, dass die Grundbuchshandler aus dem Kreis der Mitglieder des Äußeren Rates und der Bürgerschaft bestellt werden mussten. Daneben gab es Grundbuchsschreiber. Eine Grundbuchsordnung wurde nie erlassen. Für die der Stadt zugeordneten Grundbücher existierte existierte kein topografisch geordnetes Hauptbuch. Obwohl der Stadtrat mehrmals die Anlage eines solchen angeregt hatte (1720, 1739), wurde erst 1740 ein solches angelegt, welches die Gewährbücher (auch Gewerbücher) und die 1711/12 angelegten Viertelbücher zusammenführte.[2]

Das Grundbuchsamt und seine Struktur ab 1800

Um 1800 bestand das Grundbuchsamtpersonal aus einem Obergrundbuchshandler (im genannten Jahr Joseph Rötzer), drei Grundbuchshändlern und zwei Akzessisten (Anwärter für Gerichts- oder Verwaltungsdienst). Ab 1845 wurde der Grundbuchsamtsvorsteher (demnach der Obergrundbuchshandler) Direktor genannt; dieser wurde von einem Adjunkten unterstützt. Zusätzlich waren im Grundbuchsamt 1845 sechs Grundbuchsführer beschäftigt. Aufgabe des Direktors war die Journal- und Kasseführung hinsichtlich Einnahmen. Das Bargeld, das eingegangen ist, musste wöchentlich an das Oberkammeramt übergeben werden, außerdem war die Jahresrechnung der Buchhaltung vorzulegen. Diese übernahm schließlich auch die geführten Journale.

Nach einem Dekret von 1789 mussten im Grundbuchsamt bezüglich aller Tätigkeiten so genannte "Aufschreibbögen" erscheinen, die sieben Rubriken umfassten:

  1. Datum der Einlaufseinlangung
  2. Aktenprotokollnummer
  3. Name der Partei und Betreff
  4. Name des Grundbuchhändlers, der den Fall bearbeitet
  5. Taxprotokollseite mit Vermerk der von der Partei bezahlten Gefällstaxe
  6. Ausfertigungsdatum
  7. Zahl des Grundbuch-Registraturfaszikels mit betreffenden Akten

Zu allen "Aufschreibbögen" mit den aufgelisteten Rubriken wurde ein Index geführt, sowie auch ein Protokoll neben dem genannten Journal zur Taxeneintragung; ein Protokollverzeichnis musste hierbei dem Magistrat und tägliche Auszüge der Buchhaltung übermittelt werden. Nachdem das Grundbuchsamt für längere Zeit das gänzliche Stiftungswesen betreut hatte, wurde die Verwaltung von Stiftungen, die keine Realitäten waren, 1798 der Buchhaltung übertragen, was einen starken Einfluss der Buchhaltung auf magistratische Ämter zeigt. Im Februar 1797 wurde unter Strafandrohung festgelegt, dass alle Grundan- und verkäufe innerhalb von drei Monaten dem Grundbuchs- und Steueramt sowie der Buchhaltung bekanntgegeben werden müssen.

Einnahmen erhielt das Grundbuchsamt also besonders aus unterschiedlichen Taxen und Zinsen. Diese sind: Zinsen von Redimierungskapitalien (in Zusammenhang mit Renovationstaxen), Grunddienstgebühren (eine Art Grundsteuer), Gewährstaxen, Satztaxen, Kameraltaxen, Taxen für Grundbuchsextrakte, Bürgerrechtstaxen, Leinwandhandlungstaxen und so genannte "vergliechene jährliche Gebühren" (eigentlich "vergliechene Renovationstaxen"). Ausgaben entstanden im Grundbuchsamt primär durch diese Posten: Kanzleierfordernisse, Zehent und Amtsauslagen.

Siehe auch:

Quellen

Literatur

  • Richard Perger: Die Wiener Ratsbürger 1396 – 1526. Wien: Deuticke 1988 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 18), S. 24
  • Josef Pauser: Verfassung und Verwaltung der Stadt Wien, in: Karl Vocelka / Anita Traninger [Hg.]: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert) (Peter Csendes / Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 2), Wien/Köln/Weimar: 2003, S. 68
  • Gerlinde Sanford: Wörterbuch von Berufsbezeichnungen aus dem siebzehnten Jahrhundert. Gesammelt aus den Wiener Totenprotokollen der Jahre 1648-1668 und einigen weiteren Quellen. Bern / Frankfurt am Main: Lang 1975 (Europäische Hochschulschriften. Reihe 1: Deutsche Sprache und Literatur, 136), S. 40 f. (Grundbuchhandler, Grundbuchschreiber)
  • Elfriede Sheriff: Die Ämter der Stadt Wien von 1783-1848 in verwaltungsgeschichtlicher und personeller Hinsicht. Diss. Univ. Wien. Wien 1977, S. 50-55

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, Hauptarchiv-Urkunden, U1: 555 (= Privileg 13)
  2. Josef Pauser: Verfassung und Verwaltung der Stadt Wien, in: Karl Vocelka / Anita Traninger [Hg.]: Die frühneuzeitliche Residenz (16. bis 18. Jahrhundert) (Peter Csendes / Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 2), Wien/Köln/Weimar: 2003, S. 68.