Germaine Goblot

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Unterschrift von Germaine Goblot, 1929
Daten zur Person
Personenname Goblot, Germaine
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 367623
GND 1011662213
Wikidata
Geburtsdatum 15. April 1892
Geburtsort Angers, Frankreich 4002024-1
Sterbedatum 21. Februar 1948
Sterbeort Lyon, Frankreich 4036770-8
Beruf Deutschlehrerin, Germanistin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 10.11.2023 durch DYN.krabina
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname Unterschrift Germaine Goblot.jpg
Bildunterschrift Unterschrift von Germaine Goblot, 1929

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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Brief von Germaine Goblot an Karl Kraus, 1929

Germaine Goblot, * 15. April 1892 Angers (Frankreich), † 21. Februar 1948 Lyon, Deutschlehrerin, Germanistin.

Biografie

Germaine Goblot war die Tochter von Edmond Laurent Léonce Goblot, der ein berühmter Wissenschaftsphilosoph, ein Jugendfreund von Jean Jaurés und zudem Dreyfusard (Dreyfus-Affäre) war. Ihre Mutter Cornélie Martet war die Schwester des Schriftstellers Jean Martet, dem Sekretär von Georges Clémenceau. Germaine Goblot hatte eine jüngere Schwester, Héléne Goblot, die im Alter von 25 Jahren starb und einen jüngeren Bruder, François Goblot, der später Professor für Philosophie wurde. 1917 wurde Goblot zu einer Agrégée (Gymnasiallehrerin) der deutschen Sprache und unterrichtete zunächst am Lycée des Pontonniers in Straßburg und anschließend am Lycée des Jeunes Filles de Lyon-St. Just in Lyon.

Im Sommer 1929 traf Germaine Goblot mit Karl Kraus zusammen, über den sie den Text "Les parents de Karl Kraus. Études Germaniques, 5/1" verfasst hatte und es entwickelte sich eine Freundschaft zwischen den beiden. Sie besuchten einander in Wien und Lyon und Goblot unterhielt auch regen Briefkontakt zu Helene Kann. Insgesamt 89 Briefe der beiden Frauen haben sich erhalten und dokumentieren eine langjährige und herzliche Verbindung. 1933 ließ Goblot ihr Dissertations-Vorhaben "La vie et le verbe dans l'œuvre de Karl Kraus" an der Universität in Paris eintragen. Helene Kann half ihr bei der Beantwortung von Fragen zur Person und dem Werk Karl Kraus, umgekehrt erwies sich Goblot als Ratgeberin bei der Errichtung des Karl-Kraus-Gedenkzimmers und war später behilflich bei der Rettung des Karl-Kraus-Archivs aus Österreich in die Schweiz und nach Schweden.

1931 korrespondiert Germaine Goblot mit Adolf Loos über ein Übersetzungsprojekt: Sein Aufsatz "Regeln für den, der in den Bergen baut", erstveröffentlicht 1913 von Eugenie Schwarzwald im Jahrbuch ihrer Schwarzwaldschule, wurde 1931 unter dem Titel "Régles pour celui qui construit dans la montagne" in Goblots Übersetzung in der "Revue d’Allemagne et des pays de langue allemande" erstmals in französischer Sprache publiziert. Zuvor hatte Loos vergeblich versucht, eine Publikation der Übersetzung bei dem französischen Schriftsteller Georges Avril (1874-1952), der zu seinem Pariser Bekanntenkreis gehörte, zu lancieren.


Am 30. November 1936 nahm Goblot an der Trauerfeier für Karl Kraus teil und besuchte auch danach noch Wien, um Helene Kann zu treffen. Während des Krieges unterstützte Goblot Helene Kann sogar bei der Beantragung eines französischen Visums, für das zunächst eine Reise nach Lyon und eine Scheinheirat mit einem Franzosen geplant war. Nach dem Scheitern des Vorhabens und einem weiteren, diesmal erfolgreichen Versuch, ein Visum zu erlangen, blieb Kann jedoch nach dem Tod ihrer Schwester in der Schweiz, anstatt nach Lyon weiter zu ziehen.

Zwischen 1935 und 1948 führte Germaine Goblot eine rege Korrespondenz mit dem französischen Soziologen österreichischer Herkunft Maximilien Rubel (1905-1996). Rubel lernte durch die Vermittlung Goblots die Werke Karl Kraus' kennen und legte eine umfangreiche Sammlung von Dokumenten zu Karl Kraus an. In seiner Sammlung befinden sich zahlreiche Notizen aus der Hand von Germaine Goblots zu Leben und Werk von Karl Kraus. Rubel publizierte mit einer von ihm verfassten Vorrede das erste Kapitel aus Goblots Buch "Les parents de Karl Kraus". 1948 veranstaltete Maximilien Rubel eine öffentliche Hommage für Germaine Goblot in Paris.

In den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs half Goblot auch Antoinette Feuerwerker und David Feuerwerker, dem Rabbiner und Mitglied der französischen Résistance, auf der Flucht vor der Gestapo, indem sie das Ehepaar gemeinsam mit deren Baby Atara (später Atara Marmor) und seine Eltern bei sich unterbrachte - trotz hoher Risiken für sich selbst, ihre Mutter und ihren Bruder, mit denen sie bis zuletzt zusammenwohnte. Goblot blieb zeitlebens unverheiratet. Sie starb am 21. Februar 1948 in Lyon im Alter von 55 Jahren, noch bevor ihre Übersetzungen von Karl Kraus oder Goblots Dissertation erscheinen konnten. David Feuerwerker hielt die Totenrede auf Goblot.

Quellen

Literatur

  • Friedrich Pfäfflin [Hg.]: Von Karla und den roten Bücherln. Die Rettung des Karl Kraus-Archivs in den Jahren 1936–1939; Helene Kann schreibt an Germaine Goblot. Marbach am Neckar: Gulde 2010
  • Friedrich Pfäfflin [Hg.]: Aus großer Nähe. Karl Kraus in Berichten von Weggefährten und Widersachern. Göttingen: Wallstein Verlag 2008
  • Friedrich Pfäfflin [Hg.]: Briefe an Sidonie Nádhérny von Borutin, 1913-1936: Göttingen Wallstein 2005, Bd.1, S.554
  • Cécile Poulot: Adolf Loos à Vienne, Paris et Prague : habiter l’Europe de l’entre-deux-guerres. (Dissertation). Paris: Université Sorbonne Nouvelle 2020, S. 71 ff.


Germaine Goblot im Katalog der Wienbibliothek im Rathaus.

Weblinks