Gerhard Baumgartner

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Daten zur Person
Personenname Baumgartner, Gerhard
Abweichende Namensform
Titel Mag. Dr.
Geschlecht männlich
PageID 49612
GND 129420301
Wikidata Q19958926
Geburtsdatum 1957
Geburtsort Oberwart
Sterbedatum
Sterbeort
Beruf Historiker, Journalist
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage
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Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Leiter des Dokumentationsarchivs des Österreichischen Widerstandes (2014)
  • Dauerndes Mitglied der österreichischen Delegation zur IHRA-International Holocaust Remembrance Alliance (2010)

  • Großes Ehrenzeichen des Landes Burgenland (Verleihung: 2008)
  • Comenius Euromedia Medaille für exemplarische Bildungsmedien (Verleihung: 2003)
  • Kulturpreis des Landes Burgenland (Verleihung: 1993)


Gerhard Baumgartner, *1957 Oberwart, Historiker, Journalist, Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes (DÖW).

Biographie

Von 1977 bis 1984 studierte Gerhard Baumgartner an der Universität Wien Geschichte, Anglistik (Lehramt) und Uralistik. Seine Sprachkenntnisse und sein Interesse für Minderheitenrechte bzw. die Geschichte der nationalen Minderheiten des Burgenlands führten ihn gleich nach dem Studium zum ORF, wo er bis 1989 die Redaktion der ungarischsprachigen Radiosendungen für das Landesstudio Burgenland übernahm. Während dieser Zeit absolvierte er als Abschluss seiner Lehramts-Ausbildung von 1985 bis 1986 ein Probejahr am BG und BRG Klostergasse in Wien Währing.

Der journalistischen Auseinandersetzung mit dem Thema Minderheiten folgte rasch eine wissenschaftliche als Mitarbeiter des vom Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung beauftragten Forschungsprojektes "Austria Ethnica-Minderheiten in Österreich" von 1985 bis 1987. Parallel arbeitete er von 1986 bis 1988 am European Science Foundation Projekt "Government and Non-Dominant Ethnic Societies" von Andeas Moritsch mit. Dem steten Anliegen, diesen Bereich zu professionalisieren, folgte Baumgartner 1988 gemeinsam mit Rainer Bauböck und Andreas Moritsch, um eine Vorstudie über die Errichtung eines Forschungsinstitutes zu "Migration, Deportation und Minderheiten" im Auftrag des Bundesministeriums für Wissenschaft und Kunst zu erstellen. Sein Engagement drückte sich auch in der Organisation internationaler Konferenzen und in seiner seit 1987 bekleideten Funktion als dauernder Delegierter des Landes Burgenland zum Internationalen pannonischen kulturhistorischen "Symposion Mogersdorf" aus.

1989 wechselte er aus der Lokal- in die Auslandsredaktion des Aktuellen Dienstes des ORF, fokussierte seine journalistische Tätigkeit jedoch rasch wieder auf sein Leitthema und war ab 1991 bis 2011 der programmverantwortliche Redakteur des ORF Burgenland für ungarischsprachige Fernsehsendungen. Nebst der Mitbegründung der 1990 unter dem Motto und Titel "Geschichte neu schreiben" erstmals erschienenen Österreichischen Zeitschrift für Geschichtswissenschaft rückte die Vermittlung verstärkt ins Zentrum von Baumgartners wissenschaftlicher Tätigkeit. So war er 1991 Lektor an der Universität Klagenfurt, 1992 Lektor an der Universität Salzburg, 1992 bis 1993 Research Fellow an der University of Tel Aviv, 1993 bis 1994 Lektor an der ELTE-Universität Budapest und der University of Economics Budapest, sowie von 1994 bis 1995 Lektor an der Universität Wien. Diese Vermittlungspraxis bildete den Hintergrund für mehrere einschlägige Leitungspositionen. Von 1994 bis 1997 war er Direktor des Institutes für vergleichende Bildungs- und Hochschulforschung, seit 1996 Präsident des Wiener Ungarischen Schulvereines (Bécsi Magyar Kulturegyesület) und von 1997 bis 1998 leitete und gestaltete er die Lehrerfortbildungstagungen für die Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung. Als Internationaler Projektbegutachter der European Training Foundation (ETF) bzw. der DG XII der Europäischen Union für Bildungskooperationen im Hochschulbereich für Mittel- und Osteuropa, Russland und andere Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion ist er seit 1995 auch international maßgeblich tätig.

Spätestens seit Mitte der 1990er Jahre rückte im Forschen und Wirken Gerhard Baumgartners ein weiterer Themenbereich in den Vordergrund. Widerstand und Verfolgung von 1938 bis 1945, insbesondere die Verfolgungsgeschichte der Roma und Sinti und der Umgang der Republik Österreich mit der NS-Vergangenheit wurden zum Gegenstand intensiver Auseinandersetzung. Gemeinsam mit dem Kulturverein Österreichischer Sinti und Roma, der Universität Wien und der Evangelische Akademie Wien organisierte er 1994 die internationale Konferenz "The Other Holocaust - The Fate of the Eastern European Roma Population During World War II". Er war von 2000 bis 2003 Projektleiter bei der Österreichischen Historikerkommission und leitete zudem zentrale Projekte zur Geschichte der Roma und Sinti bzw. zur Aufarbeitung der NS-Vergangenheit, wie von 1998 bis 2000 "Roma und Sinti im Burgenland 1945 - 2000. Zur aktuellen Situation einer Volksgruppe" oder von 2003 bis 2008 die "Namentliche Erfassung der im Nationalsozialismus ermordeten Österreichischen Roma und Sinti." Diese Grundlagenforschung ermöglichte erstmals, das erschreckende Ausmaß der NS-Verbrechen an den Roma und Sinti mit wissenschaftlich gesicherten Daten in großem Umfang belegen zu können. Eine von der Mehrheit der österreichischen Nachkriegsgesellschaft oftmals bagatellisierte und verharmloste Geschichte von NS-Gewaltverbrechen konnte so authentisch neu geschrieben werden. Dieses fundierte Wissen brachte er ab 2006 als Mitglied der "Roma Genocide Working Group" der International Holocaust Remembrance Alliance (IHRA) und zuletzt als Senior Research Fellow am Wiener Wiesenthal Institut für Holocaust-Studien von 2012 bis 2013 in die internationale Forschung ein.

Seit Mai 2014 ist Gerhard Baumgartner wissenschaftlicher Leiter des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstands (DÖW).

Publikationen (Auswahl)

  • Gem. mit Irmgard Bibermann/Maria Ecker/Robert Sige: The Fate of the European Roma and Sinti during the Holocaust. Wien/Paris: erinnern.at 2013
  • Gem. mit Dieter Szorger: Licht- und Schattenwelten. Amateurfilm im Burgenland. Katalog zur gleichnamigen Ausstellung in der Burgenländischen Landesgalerie. Eisenstadt: Amt der Burgenländischen Landesregierung 2012
  • Vom Rand in die Mitte - From the Margins into the Centre. 20 Jahre Kulturverein Österreichischer Roma - 20 Years Cultural Association of Austrian Roma. Wien: Eigenverlag 2011
  • "Zigeunerlager Lackenbach". Liste der identifizierten Opfer 13. 11. 2010. Im Gedenken an den 70. Jahrestag der Errichtung des "Zigeunerlagers Lackenbach" am 23. 11. 1940. Wien: Kanzlei - Internationaler Verein für Wissenschaft und Kultur 2010
  • Gem. mit Eva Kovacs/Peter Szuhay: "Jetzt zeigen wir es euch!" Zeitgenössische Roma-Kunst aus Ungarn. Wien: Collegium Hungaricum 2008
  • [Hg.]: Roma Genocide Education. Collected Case Studies. Linz: Bundesministerium für Unterricht und Kunst 2008
  • Gem. mit Tayfun Belgin: Roma und Sinti. 'Zigeunerdarstellungen' der Moderne. Krems: Kunstmeile Krems 2007
  • Wagnis Demokratie. 30 Jahre Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung. Wien: Österreichische Gesellschaft für Politische Bildung 2007
  • Gem. mit Florian Freund: Roma Politik in Österreich. Wien: Kulturverein österreichischer Roma 2005
  • Gem. mit Florian Freund: Roma Politik in Österreich, in der EU und im übrigen Europa. Brüssel: Kulturverein Österreichischer Roma/Fraktion der Sozialdemokratischen Partei Europas im Europäischen Parlament 2004
  • Gem. mit Florian Freund/Harald Greifeneder: Vermögensentzug, Restitution und Entschädigung der Roma und Sinti. Wien: Oldenbourg 2004 (Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich, 23/2)
  • Gem. mit Anton Fennes/Harald Greifeneder/Stefan Sinkovits/Gert Tschögl/Harald Wendelin: "Arisierungen", beschlagnahmte Vermögen, Rückstellungen und Entschädigungen im Burgenland. Wien: Oldenbourg 2004 (Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich, 17/3)
  • Gem. mit Stefan Schinkovits: Vermögensentzug bei burgenländischen Kroaten und Ungarn. Nationale Minderheiten im Nationalsozialismus 4. Wien: Oldenbourg 2004 (Veröffentlichungen der Österreichischen Historikerkommission. Vermögensentzug während der NS-Zeit sowie Rückstellungen und Entschädigungen seit 1945 in Österreich, 23/4)
  • Gem. mit Florian Freund: Die Burgenland Roma 1945 - 2000. Eine Darstellung der Volksgruppe anhand qualitativer und quantitativer Daten. Eisenstadt: Amt der Burgenländischen Landesregierung 2004 (Forschungen aus dem Burgenland, 88)
  • The Croatian Language in Austria. Leeuwarden: Mercator 2001 (Mercator Education Regional Dossier, 15)
  • 6 x Österreich. Geschichte und aktuelle Situation der Volksgruppen in Österreich. Klagenfurt: Drava-Verlag 1995
  • Geschichte der jüdischen Gemeinde zu Schlaining. Stadtschlaining: Österreichisches Institut für Friedensforschung und Friedenserziehung 1988

Literatur