Gerda Corvin

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Daten zur Person
Personenname Corvin, Gerda
Abweichende Namensform Benedikt, Gerda; Benedikt, Gertrud Adele; Corvin, Gertrud; Grünwald, Gerda,
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 367691
GND 127360026
Wikidata
Geburtsdatum 20. Juni 1915
Geburtsort Wien
Sterbedatum 4. Oktober 1970
Sterbeort New York
Beruf Übersetzerin, Sozialarbeiterin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 7.12.2023 durch WIEN1.lanm09lue
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • 19., Himmelstraße 55 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Gerda Corvin, * 20. Juni 1915 Wien, 4. Oktober 1970 New York, Übersetzerin, Sozialarbeiterin.

Biografie

Gerda Corvin, geborene Benedikt, war die älteste der vier Töchter des Ehepaars Irma und Ernst Benedikt. Gemeinsam mit ihren Schwestern Frieda, Ilse und Susanne wuchs sie in einer wohlhabenden, sehr einflussreichen und in Wien bekannten Familie auf. Sie besuchte die Volksschule in der Mannagettagasse, anschließend die Mädchenmittelschule in der Gymnasiumstraße 79. 16-jährig brach sie die Schule ab, um einen künstlerischen Weg einzuschlagen. Sie versuchte sich als Schriftstellerin und Malerin, arbeitete aber auch an Buchprojekten ihres Vaters, etwa zu Joseph II. oder den Fürsten von Ligne, mit.

Gerda Benedikt ging eine heimliche Beziehung mit dem späteren Journalisten Paul Steiner (1913–1996) ein, der ab 1934 als Privatsekretär für Ernst Benedikt arbeitete. Als Steiner die Verbindung beenden wollte, nahm sie eine Überdosis Schlafmittel. Zwar erholte sie sich schnell und blieb Paul Steiner sogar freundschaftlich verbunden – sie vermittelte ihm, der im Hause Benedikt gekündigt worden war, sogar eine neue Anstellung –, allerdings war nach diesem Vorfall das Verhältnis zwischen Mutter und Tochter sehr angespannt. Irma Benedikt zeigte für Gerdas unsteten Lebenswandel wenig Verständnis und Gerda wurde nach London geschickt. Was als temporäre Auszeit gedacht war, markierte den Beginn ihres Exils, denn nach dem März 1938 war an eine Rückkehr nicht mehr zu denken. Tatsächlich sollte sie später nur noch als Gast nach Wien zurückkehren.

In London wohnte Gerda Benedikt im Stadtteil Hampstead in unmittelbarer Nähe von Anna Freud und besuchte Vorlesungen an der Londoner School of Economics, Englischkurse und Kurse für Büromanagement. Ihren Lebensunterhalt verdiente sie als Sekretärin, unter anderem in der Pass- und Visa-Abteilung des british Foreign Office, wo sie – so erinnert sich Paul Steiner – Papiere fälscht und so zahlreichen Menschen zur Flucht aus Europa verhilft.[1] Am 25. April 1939 heiratete Gerda Benedikt in Hampstead den ebenfalls aus Wien stammenden Arzt Alfred Grünwald und Ende des Jahres verließ das Ehepaar Europa in Richtung USA und fand in New York eine neue Heimat. Gerda und Alfred Grünwald änderten ihren Nachnamen auf Corvin und passten sich den neuen Gegebenheiten an. Alfred Corvin gelang es rasch, seine in Europa gemachten Ausbildungen anerkennen zu lassen. Er fand Arbeit in einem Krankenhaus, später konnte er sich als Psychoanalytiker mit eigener Praxis etablieren. Gerda Corvin verdiente Geld mit Übersetzungsarbeiten und brachte zwei Kinder zur Welt, Sohn Michael wurde 1944 geboren, Steven folgte 1947. Im Jahr darauf reiste sie erstmals nach dem Krieg wieder nach Europa, um in Schweden die Eltern und ihre Schwestern Friedl und Susanne wiederzusehen.

Ab Mitte der 1950er Jahre war Gerda Corvin ehrenamtliche Mitarbeiterin der Association for the Help of Retarded Children (AHRC), weiterhin fand sie Rückhalt in der Malerei. Ab den frühen 1960er Jahren war sie bei der AHRC offiziell angestellt und betreute Kinder und Jugendliche sozialarbeiterisch, später stieg sie zur Leiterin der Sozialabteilung, zum Chief of Social Service, auf. Die Ehe mit Alfred Corvin – schon lange von Krisen gezeichnet – endete 1963, nachdem sie eine Beziehung mit einem ebenfalls verheirateten Arbeitskollegen beginnt. Gerda Corvin verstarb am 4. Oktober 1970 an einem Herzschlag.

Anhand überlieferter Briefe skizzierte der Autor und Publizist Ernst Strouhal im Dokumentarroman "Vier Schwestern" (2022) die Geschichte seiner Familie im Spiegel der geschichtlichen Entwicklungen des 20. Jahrhunderts. Gerda Corvin, Strouhals Tante, war eine dieser "Vier Schwestern".

Literatur

Referenzen

  1. Strouhal beruft sich auf die Memoiren Paul Steiners (Typoskript im Nachlass Susanne Ovadia, H, S. 190 f.), vgl.: "Vier Schwestern", S. 142