Frauenarbeit

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Wiener Frauen-Erwerbsverein
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 10.11.2023 durch DYN.krabina
Bildname Wiener Frauen-Erwerbs Verein.jpg
Bildunterschrift Wiener Frauen-Erwerbsverein

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Zentralwäscherei / Waschraum der Wohnungsanlage Sandleiten (1928).

Vorindustrielle Zeit

Die Erwerbstätigkeit der Frauen war in diesem Zeitraum relativ hoch. Grundsätzlich waren Frauen fast alle gewerblichen Erwerbsbereiche zugänglich. Einige Berufe wurden (fast) ausschließlich von Frauen ausgeübt (Amme, Hebamme, Badefrau, Dienstmädchen; Textilbranche [Sticken, Stricken, Weben, Wirken und so weiter]); die überwiegende Zahl städtischer Arbeitsverrichtungen wurde sowohl von Frauen wie von Männern ausgeübt (biologische Faktoren für eine geschlechtsspezifische Arbeitsteilung waren noch nicht vorrangig). Der höchste Frauenanteil ist im Bereich der häuslichen Dienste anzutreffen (Hausgehilfin). Im vorindustriellen städtischen Handwerk beruhte die Frau vor allem auf der Mitarbeit im Familienbetrieb, die durch Handwerksordnungen und Zunftvorschriften reglementiert und durch diese oft auf minderqualifizierte Tätigkeiten (Hilfsdienste) eingeschränkt wurde. Die Mitarbeit von Frauen war insbesondere in jenen Gewerben ausgeprägt, die ursprünglich weibliche Arbeitssphären gewesen waren und sich zu männlichen Gewerben entwickelten (Weber, Tucher, Bäcker, Schneider, Bader); im Früh- und Hochmittelalter erfolgte auch die Umwandlung von Tätigkeitsbereichen der ursprünglich bäuerlichen Familienwirtschaft (Herstellung von Lebensmitteln, Textilien und Bekleidung). Nach dem Tod ihres Mannes konnten Frauen für einige Zeit das Gewerbe selbständig weiterführen, allerdings herrschte vielfach ein Rollenergänzungszwang (die Frauen heirateten einen Gesellen, der den Betrieb weiterführte). Eine Frauendomäne war Verkauf und Kleinhandel (Laden, Marktstand). Zahlreiche Frauen verrichteten aber auch gewerbliche Tätigkeiten, die unabhängig vom Handwerk des Mannes waren (etwa Leinenweberinnen); hierher gehören auch Zusatzarbeiten (wie Waschen und Bügeln für fremde Haushalte). Die selbständige Erwerbsarbeit von Frauen hatte im Spätmittelalter eine Hochblüte. Infolge des höheren Anteils von Frauen an der städtischen Bevölkerung mussten viele Frauen selbst ihren Lebensunterhalt bestreiten; selbständige Frauen durften jedoch oft nicht die gleichen Arbeiten verrichten wie zünftige Meister. Wenn Handwerksgesellen neben Frauen in einer Werkstatt tätig waren, wurden sie vielfach von den Zünften diskriminiert. Im außerzünftischen Gewerbe und im Kleinhandel wurde diese Trennung jedoch kaum praktiziert. Die Fernhandels- und Geldgeschäfte blieben im Mittelalter den Männern vorbehalten (ausgenommen Geschäftsleitung bei Abwesenheit der Männer); die Haupttätigkeit beschränkte sich auf das Arbeiten im Kontor. Als Witwen wurden sie meist von Handelsfaktoren unterstützt. Eine klare Trennung zwischen Haushalt und Betrieb gab es nicht.

Manufaktur und Industrie

Die Wirtschaftspolitik des 17. und 18. Jahrhunderts war auf die Hebung des ökonomischen Standards ausgerichtet. Durch großzügige Förderungsmaßnahmen wurde die Etablierung gewerblicher Betriebe unterstützt (insbesondere im Bereich der Fertigung von Mode- und Luxusgegenständen); Zentrum dieser klein- bis großbetrieblichen "Luxus-Manufakturen" (Seiden-, Samt-, Porzellanproduktion) war Wien (Textilproduktionsstätten am "Brillantengrund" [7], Porzellanmanufaktur Augarten). Der weiblichen Erwerbstätigkeit kam in diesen Bereichen eine bedeutende Rolle zu, wobei das niedrige Lohnniveau für Frauenarbeit und disziplinäre Absichten (Verhinderung "liederlichen" Lebenswandels) ausschlaggebend waren. Von den 1772 in Wien und Umgebung in den Samt-, Seiden-, Spitzen- und Schweizerbandfabriken Beschäftigten (5.252) waren 2.853 Frauen. In den Manufakturen waren die Frauen überwiegend in Vor- und Nachbereitungsprozessen tätig (Seidenwinderinnen, Spulerinnen), nur in größeren Betrieben auch an Webstühlen. Die Textilerzeugung blieb bis Mitte des 19. Jahrhunderts die wichtigste Produktionssparte in Wien. Von den unselbständigen Erwerbstätigen in dieser Sparte waren 1837 30,7%, 1869 bereits 61,7% (in den Vorstädten 50,4%) Frauen; erst der durch die Auslagerung von textilen Produktionsstätten in billigere Produktionsgebiete ausgelöste Niedergang drückte den Anteil auf 42,9%, der bis 1910 stabil blieb. Neben den Textilbetrieben etablierten sich weitere Manufakturbetriebe in Wien, die hauptsächlich auf Frauenarbeit beruhten (beispielsweise die Apollo-Kerzenfabrik (7)). Eine besonders starke Expansion erfuhr im 19. Jahrhundert auch das Kleingewerbe, dessen Arbeitsorganisation überwiegend traditionell handwerklichen Charakter hatte. Von der Beschäftigtenzahl her war die Bekleidungsindustrie im 19. Jahrhundert der führende Produktionszweig Wiens, der auch wichtige Konkurrenten (Pest, Pressburg) überrundete. 1837 waren 18,5% der Erwerbstätigen in dieser Sparte beschäftigt (der Frauenanteil knapp 13% [Selbständige] beziehungsweise 21% [Unselbständige]), 1869 in Wien 28% und in den Vororten 21,5% (der Frauenanteil stieg bis 1890 auf 54%). Die Bekleidungsindustrie wurde eine weibliche Erwerbsdomäne (großteils Handarbeiterinnen). Hatte bis in die 40er Jahre des 19. Jahrhunderts die Kundenarbeit nach Maß vorgeherrscht, so erfolgte danach eine verlagsmäßige Organisierung; die Verbreitung der Nähmaschine (Ende der 50er Jahre) führte zu dezentraler Produktion und zu einer neuen Sparte der Frauenheimarbeit ( Heimarbeit); um die Jahrhundertwende war rund die Hälfte aller in Industrie, Gewerbe, Handel und Verkehr beschäftigten Frauen in der Bekleidungsindustrie tätig; auch die Zahl der selbständig tätigen Frauen stieg enorm (1837 rund 10 %, 1869 rund 20%, um 1900 rund 50%). Der Anteil aller selbständigen Frauen in Wien stieg von 18% (1869) auf 33% (1900) an. In anderen Branchen war der Anteil der beschäftigten Frauen im 19. Jahrhundert geringer (Maschinenbau um 1900 6,7%, Metallverarbeitung 1837 4,4%, 1869 10,3%, 1900 18,3%, 20er Jahre des 20. Jahrhunderts allerdings bereits über 50%). Steigend war auch der Anteil der in der Elektroindustrie beschäftigten Frauen, weil sich rasch Fließbandarbeit (unqualifizierte Anlernarbeit) durchsetzte (1902 12,6%, 1913 25,2%, 1926 rund 40% Frauen). Fast die Hälfte aller Fabriksarbeiterinnen war um die Jahrhundertwende jünger als 20 Jahre. Auf dem Bausektor waren die "Maurerweiber" ("Mäulterweiber" von Malter, so viel wie Mörtel, genannt; Hilfsarbeiterinnen, die Mörtel mischten und Ziegel zutrugen) eine bekannte Erscheinung.

Dienstleistung

Der einzige Wirtschaftssektor, in dem Frauen bis ins 20. Jahrhundert stets mehr als die Hälfte der Erwerbstätigen stellten, war der Dienstleistungssektor und hier besonders der Bereich der persönlichen und häuslichen Dienste ("Dienstbotin", Hausgehilfin).

Angestellte

Trotz der allgemeinen Stagnation beziehungsweise des Rückgangs der allgemeinen weiblichen Erwerbstätigkeit in der Zeit zwischen Erstem und Zweitem Weltkrieg stieg der Frauenanteil (beginnend mit der Jahrhundertwende) im Angestelltenbereich deutlich an. Die Entwicklung und Einführung der Stenographie, der Schreibmaschine und des Telefons sowie neue Formen der Betriebsorganisation (vom Produktionsprozess abgekoppelter Bürobetrieb) führten zu einer erweiterten Einbeziehung der Frauen in diese Arbeitsbereiche. Im Bereich Handel und Verkehr erfolgte 1910-1923 in Wien ein Anstieg um 43,3%, im öffentlichen Dienst 1890-1934 stieg der Anteil der Frauen von 3,2 auf 10,7%; beim Wiener Magistrat gab es vor dem Ersten Weltkrieg rund 10% Frauen, die vorwiegend als Krankenschwestern (1881 schuf Theodor Billroth im Rudolfinerhaus die erste Krankenpflegeschule, der 1913 jene im Allgemeinen Krankenhaus Wien und beim Roten Kreuz folgten), Kindergärtnerinnen und Lehrerinnen arbeiteten (letztere verloren allerdings mit der Eheschließung den Posten und jeden Pensionsanspruch ["Lehrerinnenzölibat"], eine Bestimmung, die in Wien erst nach dem Ersten Weltkrieg aufgehoben wurde); dennoch waren 1929 in Wien noch 21% der Leiterstellen an Mädchenschulen mit Männern besetzt. 1924/1925 waren in Österreich insgesamt 8.555 Lehrer und 6.083 Lehrerinnen beschäftigt (davon ein Drittel in Wien). Dass Frauen im öffentlichen Dienst keine höheren Positionen erreichen konnten, hing auch damit zusammen, dass sie lange Zeit keine Universitätsstudien absolvieren durften (Frauenstudium). Auch in der Industrie (Erhebung des Wiener Industriellenverbands) befanden sich 1929 92% der weiblichen Angestellten in untergeordneten Positionen.

Zweiter Weltkrieg und Zweite Republik

Während des Zweiten Weltkriegs wurden Frauen verstärkt in den Produktionsbereich einbezogen (insbesondere Rüstungsindustrie), ebenso aber auch (wie bereits im Ersten Weltkrieg) als Schaffnerinnen (Straßenbahn) und in anderen Bereichen. Obwohl nach dem Krieg die Arbeitslosenzahlen anstiegen, hatte Wien im Gegensatz zu den übrigen Bundesländern mit 39% noch einen relativ hohen Prozentanteil an erwerbstätigen Frauen; 1951 wurden in Wien nur rund ein Drittel der Haushalte von nichtberufstätigen Frauen betreut. Als neue Sparte der Erwerbstätigen kam die Beschäftigung bei der Polizei hinzu (1949: 35 Kriminalbeamtinnen); auch in anderen von Männern dominierten Sparten (beispielsweise Straßenbahnfahrer, Busfahrer [erste weibliche Buslenkerin im öffentlichen Dienst 1993]). Bis in die 70er und 80er Jahre verbesserte sich das Ausbildungs- und Stellenangebot für Frauen in Wien. Da in Wien auch die Infrastruktur von Kinderbetreuungseinrichtungen günstig ist, erreicht die Erwerbsbeteiligung von Frauen in den Altersgruppen zwischen 25 und 55 Jahren in Wien mit Abstand das höchste Niveau in Österreich (mehr als zwei Drittel aller Frauen dieser Altersstufen sind berufstätig).

Literatur

  • Erna Appelt: Von Ladenmädchen, Schreibfräulein und Gouvernanten 1900 - 1934. [Die weiblichen Angestellten Wiens zwischen 1900 und 1934]. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1985 (Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik, 22)
  • Karin Berger: Zwischen Eintopf und Fließband. Frauenarbeit und Frauenbild im Faschismus. Österreich 1938 - 1945. Wien: Verlag für Gesellschaftskritik 1984 (Österreichische Texte zur Gesellschaftskritik, 21)
  • Bericht über die Situation der Frau in Österreich. Frauenbericht 1985. Wien: Bundeskanzleramt 1985
  • Heide Dienst: Männerarbeit - Frauenarbeit im Mittelalter. In: Beiträge zur historischen Sozialkunde 11 (1981), Heft 3, S. 88 ff.
  • Josef Ehmer: Familienstruktur und Arbeitsorganisation im frühindustriellen Wien. Wien: Verlag für Geschichte und Politik 1980 (Sozial- und wirtschaftshistorische Studien, 13)
  • Josef Ehmer: Frauenarbeit und Arbeiterfamilie in Wien. Vom Vormärz bis 1934. In: Geschichte und Gesellschaft 7 (1981), S. 438 ff.
  • Sigrid Kretschmer: Wiener Handwerksfrauen. Wirtschafts- und Lebensformen von Frauen im 18. Jahrhundert. Wien: Milena-Verlag 2000 (Feministische Theorie, Band 41)
  • Michael Mitterauer: Geschlechtsspezifische Arbeitsteilung in vorindustrieller Zeit. In: Beiträge zur historischen Sozialkunde 3 (1981), S. 77 ff.
  • Gustav Otruba: Zur Geschichte der Frauen- und Kinderarbeit im Gewerbe und in den Manufakturen Niederösterreichs. In: Jahrbuch Länderkunde Niederösterreich, NF 34. 1960, S. 143 ff.
  • Edith Rigler: Frauenleitbild und Frauenarbeit in Österreich vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis zum Zweiten Weltkrieg. 1976
  • Käthe Sonnleitner: Die Familie im Mittelalter. In: Gertrud Simon u.a. (Hgg.): Die heilige Familie - Vom Sinn und Ansinnen einer Institution. 1990, S. 47 ff.
  • Marina Tichy: Alltag und Traum. Leben und Lektüre der Dienstmädchen im Wien der Jahrhundertwende. 1984
  • Erika Weinzierl: Emanzipation? Österreichische Frauen im 20. Jahrhundert. 1975
  • Gertrude Weitgruber: Das Bild der Frau in der Öffentlichkeit in Österreich, Deutschland und Amerika in den Nachkriegsjahren (1945-1953). Dissertation. Universität Salzburg. 1982
  • Anke Wolf-Graaf: Frauenarbeit im Abseits. Frauenbewegung und weibliche Arbeitsvermögen. München: 1981