Curt Herzstark

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Daten zur Person
Personenname Herzstark, Curt
Abweichende Namensform
Titel Ing.
Geschlecht männlich
PageID 369373
GND
Wikidata
Geburtsdatum 26. Jänner 1902
Geburtsort WIen
Sterbedatum 27. Oktober 1988
Sterbeort Nendeln
Beruf Büromaschinenmechaniker, Erfinder, Fabrikant
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle
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Recherche
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Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • 6., Kopernikusgasse 10 (Geburtsadresse)
  • 5., Sankt-Johann-Gasse 16 (Wohnadresse)
  • 15., Linke Wienzeile 274 (Wohnadresse)
  • 5., Sankt-Johann-Gasse 18 (Wirkungsadresse)
  • 15., Linke Wienzeile 274 (Wirkungsadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

  • Ehrenbürgerschaft von Luxemburg
  • Ehrenmitglied des Internationalen Forum Historische Bürowelt (Verleihung: 1994)


Curt Herzstark, * 26. Jänner 1902 in Wien; † 27. Oktober 1988 in Nendeln (Liechtenstein), österreichischer Erfinder, Büromaschinenmechaniker und Fabrikant.

Biografie

Curt Herzstark war der ältere Sohn von Samuel Jakob Herzstark (1867–1937, mosaisches Bekenntnis), eines Cousins des Violinisten und Komponisten Fritz Kreisler, und seiner Frau Marie Amalie Herzstark, geb. Toman (evang. Bekenntnis). 1905 gründete der Vater die Firma Rechenmaschinenwerk Austria, Herzstark & Co., die ihren Sitz ab 1912 in der Linken Wienzeile 274 hatte. 1931 kaufte der Vater den Prater-Kristallpalast, der für seinen Sohn Ernst (geb. 1906) gedacht war, der das Kino ab 1932 auch leitete. Die Firma Herzstark sollte sein Sohn Curt bekommen.

Curt Herzstark war sehr musikalisch, spielte ab 5 Jahren Geige und Klavier und besaß ein absolutes Gehör, weshalb Fritz Kreisler eine musikalische Ausbildung vorschlug, jedoch setzte sich der Vater durch, der Curt in seiner Firma sah. So durfte er schon als Volksschüler unter Aufsicht eines Arbeiters in der elterlichen Firma "basteln". Als Achtjähriger führte er auf der Internationalen Büroausstellung 1910 in Wien die Rechenmaschine Austria Modell III vor.

Nach dem Realgymnasium (1912-1916) machte Curt eine Lehre im elterlichen Betrieb, 1917-1921 besuchte er die höhere Staatsgewerbeschule in der Schellinggasse, die er mit der Matura abschloss. Nach Praktikas bei den Astrawerken und Wandererwerken in Chemnitz/Sachsen, trat er 1924 in den elterlichen Betrieb ein und war dort unter anderem auch als Konstrukteur tätig. Nach dem Tod seines Vaters 1937 sollte er die Geschäftsführung der Firma übernehmen, was jedoch 1938 nicht mehr möglich wurde, da er nach den Nürnberger Rassengesetzen als "Halbjude" galt. Stattdessen führte seine Mutter als Alleinerbin die Firma weiter, um sie vor einer "Arisierung" zu schützen.

1928 erfand Curt Herzstark den Multimator, berühmt wurde er jedoch vor allem durch die Erfindung der (nach ihm benannten) Curta, der kleinsten mechanischen Vier-Spezies-Rechenmaschine der Welt, die von 1948 bis 1972 produziert wurde und vor allem in technischen Berufen Verwendung fand. Nach Vorarbeiten ab 1934 meldete er 1938 dafür das Patent an, jedoch mit ungenauen Angaben, damit sie niemand nachbauen konnte.

1943 wurden zwei seiner Arbeiter verhaftet, weil sie englische Sender gehört und die Nachrichten vervielfältigt hatten. Curt Herzstark intervenierte deshalb bei der Gestapo, wurde aber selber verhaftet und ins KZ Buchenwald deportiert. Aufgrund seiner technischen Spezialkenntnisse kam er in das dem Lager angeschlossene Gustloff-Werk, wo er die Herstellung feinmechanischer Präzisionsteile für die Rüstungsmaschinerie beaufsichtigen musste. Curt Herzstark rettete vielen das Leben, indem er sie für die Fabrik als Arbeitskraft anforderte. Deshalb erhielt er später auch die Ehrenbürgerschaft von Luxemburg. Neben dieser Tätigkeit im Gustloff-Werk sollte er aber an der Umsetzung seiner Erfindung arbeiten, damit diese neue Rechenmaschine zu Kriegsende dem Führer als Geschenk überreicht werden könne. Curt Herzstark arbeitete daran aber lange genug, um erst zu Kriegsende damit fertig zu sein, was ihm vermutlich das Leben rettete.

Nach der Befreiung des Lagers am 1. April 1945 arbeitete Herzstark zunächst in den Rheinmetallwerken in Sömmerda, wo er die ersten drei Prototypen der Curta fertigte. Nachdem jedoch Anfang Juli 1945 das Gebiet russische Zone wurde, flüchtete er im November 1945 nach Wien aus Angst, er könnte aufgrund seiner fachlichen Expertise nach Russland deportiert werden.

Nach Familienstreitigkeiten und der erfolglosen Suche nach Sponsoren für seine Erfindung landete Herzstark schließlich 1946 in Liechtenstein, wohin ihn Fürst Franz Joseph II. von Liechtenstein eingeladen hatte. Dort wurde für die Produktion der Curta die Firma Contina Bureaux und Rechenmaschinenfabrik in Mauren gegründet, Herzstark sollte Direktor werden. Nachdem er aber wegen einer Lungenentzündung im Juli 1946 für längere Zeit ausfiel, änderten sich die Verhandlungsbedingungen. Es wurde eine AG gegründet mit einer 35%-Beteiligung für Herzstark. Herzstark wurde technischer Direktor, was aber nur ein Titel ohne Kompetenzen war, wie sich herausstellte.

Im Herbst 1948 begann die Serienproduktion der Curta. Nachdem die AG mit zu wenig Kapital gegründet worden war, ging sie 1950 in den Besitz der Bank Liechtenstein über und Herzstark verlor das gesamte Vermögen seiner Anteile. Allerdings liefen die Patente immer noch auf seinen Namen, deshalb bekam er die ursprünglich vereinbarten 350.000 Franken ausbezahlt, die Firma betrat Herzstark ab da jedoch nie mehr, er blieb lediglich als freier Berater tätig und hielt Vorträge in Firmen und an Hochschulen.

1946 heiratete Curt Herzstark Hertha Spindler, 29. Dezember kam deren Sohn Curt Albert zur Welt. 1948 zogen Frau und Sohn von Wien zu Curt Herzstark nach Mauren. Dort wurde die Tochter Christa Viktoria am 15. September 1948 geboren. 1954 zog seine Frau mit den beiden Kindern aber wieder zurück nach Wien, er selbst blieb in Liechtenstein, wo er 1988 auch starb.

1965 wurde Contina an die Firma Hilti verkauft, die die Curta als einziges Produkt der Firma Contina weiter produzierte bis sie 1972 von elektronischen Taschenrechnern eingeholt wurde.

Curt Herzstark wurde 1994 posthum Ehrenmitglied des 1981 in Essen gegründeten Internationalen Forum Historische Bürowelt.


Literatur

  • Christine Holub (HG): Kein Geschenk für den Führer: Schicksal eines begnadeten Erfinders, München 2005