Bethausverein Obere Landstraße

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Huldigungsadresse anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Rudolf von Österreich und Kronprinzessin Stephanie 1881
Daten zur Organisation
Art der Organisation Verein
Datum von 1933
Datum bis 1938
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 67339
GND
WikidataID
Objektbezug Jüdisches Bethaus, Jüdische Stiftung, Jüdische Geschichte
Quelle
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Letzte Änderung am 18.12.2023 durch WIEN1.lanm08gat
Bildname Bethausverein Obere Landstraße.jpg
Bildunterschrift Huldigungsadresse anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Rudolf von Österreich und Kronprinzessin Stephanie 1881
  • 3., Steingasse 18

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48° 11' 38.24" N, 16° 23' 40.21" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Vereinsgeschichte

Der „Bethausverein Obere Landstraße“ wurde 1933 in Wien gegründet und unterhielt in 3., Steingasse 18 ein Jüdisches Bethaus und Vereinslokal. Die Proponenten Adolf Flaster, 1933 wohnhaft in 3., Rennweg 77, Ignaz Rossmann, 3., Hauptstraße (3) 123 und Albert Bauer, 3., Steingasse 23 reichten die Statuten im Februar 1933 bei der Vereinsbehörde ein. Der Vereinszweck bestand in der “Einrichtung und Erhaltung eines israelitischen Bethauses (…) und in der ordnungsgemäßen Abhaltung des israelitischen Gottesdienstes daselbst und aller religiösen Zeremonien” (Statut 1933, § 1). Mitglied konnte jeder „Jude“ ohne Unterschied des Alters und Geschlechtes“ werden (Statut 1933, § 4). [1] Der Verein wurde nach 1945 nicht wieder begründet.

Beschlagnahme des Bethauses, Novemberpogrom, Arisierung des Vereinsvermögens und Vereinsauflösung 1938/1939

Das Bethaus wurde im Sommer 1938 von Nationalsozialistischen Parteistellen beschlagnahmt. Am 11. August 1938 schrieb der letzte Obmann Wilhelm Rittermann an den „Herrn Stillhaltekommissar…“, da an diesem Datum der „mündliche Bescheid" der Auflösung bereits ausgesprochen war: „Im ganzen Umkreis besteht kein jüdischer Tempel oder ein jüdisches Bethaus. Die anderen im III. Gemeindebezirk befindlich gewesenen jüdischen Bethäuser (…) wurden bereits rechtskräftig aufgelöst (…). Wir bitten nicht um Weiterbelassung unseres Bethausvereines, sondern erlauben uns die ergebene Bitte zu stellen, uns zu gestatten, vom 15. August bis Mitte Oktober unsere Andacht in den Räumen des bestandenen Bethausvereines verrichten zu dürfen“. Weiters stellt er in Aussicht, dass das Bethaus nach den Feiertagen geschlossen und die Schlüssel hinterlegt werden würden. Ob das gestattet wurde, geht aus den Quellen nicht hervor. Am 30. August 1938 wurde der Verein amtlich aufgelöst. Das Vermögen von 16,46 Reichsmark wurde vom Stilhaltekommissar eingezogen.[2] Während des Novemberpogroms am 10. November 1938 war in dem Bethaus, das hier als „Tempel“ bezeichnet wurde, „Feuer ausgebrochen“.[3]

Eigentumsverhältnisse: Arisierung und Restitution der Liegenschaft

Die jüdische Philanthropin Fanny Jeitteles[4] war die Tochter des Hirsch Barach († 19. März 1845) und die Ehegattin des Ignaz Jeitteles (Verfasser des ästhetischen Lexikons, * 1783, † 19.Juni 1845), sie verstarb am 21. Mai 1854 in Wien. In ihrem Testament setzte sie die Israelitische Kultusgemeinde Wien als Erbin ein. Ihre Stiftung sah vor, verarmte angehende Mediziner, Bildhauer und Juristen zu unterstützen und ein „Versorgungshaus für arme Witwen“ zu errichten. Das zunächst nur zweistöckige Haus in 3., Steingasse 18, KG Landstraße, EZ 1620 wurde von der Israelitischen Kultusgemeinde 1857 gekauft. 1881 brachte die Israelitische Kultusgemeinde eine „Huldigungsadresse“ anlässlich der Hochzeit von Kronprinz Rudolf mit Kronprinzessin Stephanie 1881 heraus.[5]. Das Haus wurde später umgebaut und besteht auch heute noch aus vier Stockwerken, einem Hof, einem kleineren Haus und einem Garten und beherbergte bis 1938 das Bethaus und einen zionistischen Verein und bildete das Zentrum jüdischen Lebens in dieser Gegend des 3. Bezirkes. Die Liegenschaft stand zur Zeit der Arisierung im Eigentum der Fanny Jeitteles´schen Armenhausstiftung. Am 29. Juni 1939 kam es aufgrund eines Bescheides des Stillhaltekommissars zum erzwungenen Kaufvertrag. Marie Homolka, „Haushalt“, 1938 wohnhaft 8., Skodagasse 15 fand Gefallen an dem Haus und erwarb es mit Kaufvertrag vom dem Stillhaltekommissar um 42.000 Reichsmark. Der Kaufpreis kam auf das Treuhandkonto des Rechtsanwaltes und Unterbevollmächtigen für jüdische Stiftungen und verantwortlich für die „Entjudung der Häuser von jüdischen Stiftungen", Dr. Ludwig Mattausch.[6] Im Jahr 1948 stellte die Israelitische Kultusgemeinde Wien als Rechtsnachfolgerin der nicht mehr wieder begründeten Stiftung bei der Rückstellungskommission Wien beim Landesgericht für Zivilrechtssachen einen Antrag auf Rückstellung der Liegenschaft (Zl. 59 Rk 88/49 Akt nicht mehr existent) ein. Marie Homolka nahm sich bereits vorher vorsichtshalber einen Rechtsanwalt, der am 15. Jänner 1946 an das Staatsamt für Vermögenssicherung und Wiederaufbau ein Schreiben richtete. Darin schilderte er die hohen Aufwendungen, die seine Mandantin hatte: „Die Liegenschaft war infolge Brandstiftung durch die Nazi zum großen Teil ausgebrannt und wurde auf Kosten der Frau Homolka wieder in gebrauchsfähigen Zustand versetzt. Die Aufwendungskosten betrugen ungefähr 30.000 Reichsmark . Sollte die Israelitische Kultusgemeinde etwa auf die Rückstellung des Hauses Wert legen, so ist meine Klientin unter der Voraussetzung hiezu bereit, so ist ihr für die besagte Liegenschaft ein entsprechender Ersatz in Form einer Realität beschafft wird (sic!).“ Die Rückstellungskommission beim Landesgericht für Zivilrechtssachen beschied am 9. Dezember 1949 in einem Teilerkenntnis, diese sofort zurückzustellen sei. Das aber wollte die Ariseurin nicht akzeptieren und legte Berufung ein, das Verfahren dauerte noch neun Monate länger und endete in einem Vergleich: Da Marie Homolka großzügige Aufwendungen nach den Brandschäden des Novemberpogroms erfolgreich geltend machen konnte, hatte die Israelitische Kultusgemeinde zustimmen müssen, 60.000 Schilling zu bezahlen, um die Liegenschaft überhaupt 1950 zurückzuerhalten. [7]

Bedeutende Rabbiner

Rabbiner des Bethausvereins Obere Landstraße war Hanoch Taube.[8]

Vereinsvorstand 1938

  • Der letzte Obmann war Wilhelm Rittermann, Rechtsanwalt, 1938 wohnhaft 3., Schrottgasse 9. [9].

Quellen

Literatur

  • David Jüdische Kulturzeitschrift
  • Krakauer Kalender vom Jahre 1937.
  • Alison Rose: Jewish Women in Fin de Siecle Vienna. Texas. University of Texas Press, 2018, S.46.
  • Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. Vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5 Österreich), S. 99

Einzelnachweise

  1. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 32: 2052/1933.
  2. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien: IV Ac 31 A 3/4, Schachtel 556.
  3. Central Archives for the History of the Jewish people A/W 279,7 Meldung der IKG Wien an „Der Anker“ Allgemeine Versicherungs A.G. vom 13. November 1938
  4. Alison Rose: Jewish Women in Fin de Siecle Vienna. Texas. University of Texas Press, 2018, S.46.
  5. Bildarchiv Austria.
  6. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien: Referat König (77), Schachtel 991: J-St/4.
  7. Wiener Stadt- und Landesarchiv, M. Abt. 119, A 41: 3. Bezirk, Zl. 756 .
  8. Elisheva Shirion: Gedenkbuch der Synagogen und Jüdischen Gemeinden Österreichs. Hg. Vom Synagogen Memorial, Jerusalem. Wien: Berger-Horn 2012 (Synagogen Gedenkbücher Deutschland und Deutschsprachige Gebiete, 5 Österreich), S. 99.
  9. Österreichisches Staatsarchiv, Archiv der Republik, Stillhaltekommissar Wien IV Ac 31: A 3/4, Schachtel 556 und Adolph Lehmann's allgemeiner Wohnungs-Anzeiger : nebst Handels- u. Gewerbe-Adressbuch für d. k.k. Reichshaupt- u. Residenzstadt [... 1938].