1. Meidlinger Kinotheater

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Kino
Datum von 1908
Datum bis 1964
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 57952
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Letzte Änderung am 18.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri
  • 12., Meidlinger Hauptstraße 20-22

Frühere Adressierung

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst.

Es wurden noch keine Personen erfasst.

Das 1. Meidlinger Kinotheater (12., Meidlinger Hauptstraße 20-22) wurde 1908 als Meidlinger Kinematographentheater in der Meidlinger Hauptstraße 26 gegründet und hatte dort einen Fassungsraum für 108 Personen, 1909 für 128 Personen. 1911 wurde es an diesem Standort geschlossen und in der Meidlinger Hauptstraße 20-22 neu eröffnet. 1964 wurde es geschlossen.

Gründungsjahre 1908–1913

Das 1. Meidlinger Kinotheater wurde 1908 als „Meidlinger Kinematographentheater“ von Raimund Stiedl eröffnet, der auch Inhaber der Kinematographenlizenz war. Eine polizeiliche Kollaudierung anlässlich der Kinoeröffnung hielt fest, dass das Gebäude nicht groß genug war, der Kinozugang „unzulänglich“ und die Sicherheit des Operateurs und des Publikums nicht gewährleistet waren. Stiedl bemühte sich, die geforderten Änderungen rasch umzusetzen. Der mehrmonatige Umbau ergab 1909 einen Kinosaal mit einem Fassungsvermögen von 108 Sitzen (zwölf Reihen à acht Sitze, zwei Reihen à sechs Sitze). Ein Fenster, das zur Meidlinger Hauptstraße gewandt war, wurde als Tür umfunktioniert, sodass sich das kleine Schlauchkino zu einem Eckkino wandelte, dessen Ein- und Ausgänge sowohl in die Meidlinger Hauptstraße als auch in die Füchselhofgasse führten.

1911 wurde das Kino am ersten Standort geschlossen und die Lizenz an einen neuen Werber übertragen. Josef Cebe entwickelte im Zuge der Lizenzübernahme einen Plan für ein größeres Kino in der Meidlinger Hauptstraße 20−22. Das Kino lag gegenüber dem alten Standort und war ebenfalls ein ebenerdiges Schlauch- und Eckkino an der Ecke Füchselhofgasse mit mehreren „Gassenausgängen“. Dieses neue Kino hatte zudem einen Innenhof, der sich als nützlich für zusätzliche Notausgänge erwies. Der Fassungsraum vergrößerte sich auf 211 Sitzplätze, die in drei „Klassen“ eingeteilt waren. 1913 wurde von Cebe angesucht, die angrenzenden, leerstehenden Wohnungen mitbenützen zu können.

Direktion Wilhelm Ritter von Luschinsky, 1914−1917

1914 erhielt Wilhelm Ritter von Luschinsky die Lizenz für das „Kinematographentheater“. Auch er führte eine Reihe von Adaptierungen im Kino durch, wobei das Gebäude selbst zu diesem Zeitpunkt im Besitz von Hermine Kaiser und Irma Handl war, mit der Luschinsky per Gesellschaftsvertrag von 1914 auch als Geschäftsführer an der Film-Verleih- und Vertriebsgesellschaft J. Handl m.b.H., 15., Mariahilfer Straße 160, beteiligt war. Neben den beiden war zudem der Wiener Privatbeamte Eduard Szirch, ebenfalls als Geschäftsführer beteiligt, eher er selbst das 1. Meidlinger Kinotheater übernahm.

Wie ein erhaltener Plan aus dem Jahr 1914 deutlich macht, grenzte der Eingangsbereich des Kinos nicht nur an den Wartebereich und den Kinosaal an, sondern auch direkt an den Operateurraum. Der Wartebereich war so lang wie der gesamte Kinosaal und grenzte an den Innenhof, von dem aus man über eine Einfahrt in die Füchselhofgasse gelangte. Luschinsky ließ im Zuge der Umbauarbeiten eine Mauer einziehen und machte aus dem großen Foyer zwei kleinere Räume.

Der Kinosaal selbst war zeittypisch lang und schmal. Die Sitze im Saal, den man vom Wartesaal aus durch zwei Eingänge erreichen konnte, befanden sich durchwegs auf der rechten Seite, während es in Richtung Füchselhofgasse auf der linken Seite des Saals vier Ausgänge gab. An der Außenmauer befanden sich zudem die Ventilatoren. Am vorderen Saalende wurde im Zuge der Umbauarbeiten zudem später ein Orchesterraum vor der Leinwand eingerichtet. Neben dem Kino befanden sich weitere Räume, die in manchen Plänen nur als „Gewölbe“ bezeichnet wurden und auf anderen als „Lokal“ ausgewiesen sind. Im vorderen Bereich gab es zudem zwei Vorzimmer sowie ein „Hoflokal“. In den Räumen im hinteren Bereich befanden sich vermutlich Wohnungen.

Luschinsky führte das Kino noch während des Ersten Weltkriegs, legte die Lizenz jedoch noch vor Kriegsende zurück.

Leitung Familie Traunfellner, 1918−1922

1918 wurde die Lizenz an Wilhelm Traunfellner übertragen, der sie vorerst bis 1919 innehatte. In seiner Direktionszeit scheint zum ersten Mal der Name „1. Meidlinger Kinotheater“ in den Akten auf. Der Fassungsraum reduzierte sich von den ursprünglichen 211 Plätzen auf zunächst 203 Plätze, da Stehplätze nicht mehr erlaubt waren, konnte jedoch im zweiten Leitungsjahr erneut auf 209 erhöht werden. Geschäftsführer wurde Max Traunfellner, Operateur des Kinos war Ludwig Jaroschka. 1919 ging die Kinematographenlizenz auf Elisabeth Traunfellner über, die sie bis 1922 innehatte.

Familie Szirch, 1923−1934

Obwohl Traunfellner ihre Lizenz 1922 noch einmal verlängerte, übergab sie das Kino noch im selben Jahr an Eduard Szirch. Szirch war 1885 in Güns, Ungarn, geboren worden und hatte vor dem 1. Meidlinger Kinotheater schon in anderen Kinos gearbeitet sowie als Geschäftsführer der Filmverleihfirma von Irma Handl fungiert. Er wohnte mit seiner Frau Amalia, geborene Sammer, und mit seinen beiden Kindern (Jahrgang 1923 und 1930) in der Füchselhofgasse in nächster Nähe zum Betrieb, den er einem Dokument von 1928 nach bereits 1921 als Geschäftsführer leitete.

Deutlich wird, wie stark sich in den folgenden Jahren der Jugendschutz auf den Tagesbetrieb des Kinos auswirkte: So musste Szirch etwa Plakate vor dem Kino entfernen, die ein „öffentliches Ärgernis“ hervorrufen konnten und durfte ab 1926 per neuem Kinogesetz Jugendlichen unter 16 Jahren den Eintritt nur noch gewähren, wenn die gezeigten Filme behördlich für ihr Alter zugelassen waren. In den folgenden Jahren kam es immer wieder zu behördlichen Abmahnungen in Hinblick auf die Nichteinhaltung der neuen Jugendschutzbestimmungen, aber auch, da sich Szirch nicht durchwegs an die neuen strengeren Filmkontingentierungen hielt.

1930 wurde im 1. Meidlinger Kinotheater der Tonfilm eingeführt und der Betrieb in „1. Meidlinger Tonkino“ umbenannt. Ein besonderes Merkmal war, dass Szirch Hörapparate für Schwerhörige einbauen ließ und von nun an damit warb, das einzige Kino in Wien zu sein, dass dieses Service anbot. Im Zuge der Umbauten wurde der Fassungsraum erneut erweitert, sodass das Kino nun 220 Sitzplätze anbot. So wurde etwa der einstige Mittelgang entfernt, aber auch der Orchesterbereich. Der Operateurraum wurde in den ersten Stock verlegt, im Erdgeschoß verblieben durch den Abriss einer Mauer ein nun wesentlich größerer Bildwerfer- und Motorraum. Bildwurfmeister ab 1931 war Franz Hobanski, der dabei seinem Kollegen Franz Hertl folgte.

Das Programm der kommenden Jahre bot eine durchmischte Auswahl an Komödien über Schlagerfilme bis zu Hollywood-Importen und Erotikfilmen.

1933 ließ Szirch die Konzession für weitere drei Jahre verlängern. Er starb jedoch wenige Monate später, sodass das Kino 1934, im Erbwege an seine Frau Amalia überging, die bis dahin bereits als Kassiererin im Kino tätig gewesen war. Obwohl Amalia Szirch jahrelange Kinoerfahrungen hatte, wurde ihr vorerst die Konzession nur für einen Monat zugesagt. Szirch legte daraufhin Beschwerde ein und hielt darin fest, dass sie als alleinstehende Mutter ihre Kinder zu versorgen hatte und es sich nicht leisten konnte, von nun an jeden Monat um eine neue Konzession anzusuchen, während diese ihrem verstorbenen Mann bis 1936 verliehen worden war. Unterstützungsschreiben des Verbands der Klein- und Mittelkinos und des Bundes der Wiener Lichtspiele halfen dabei, dass Amalie Szirch zuletzt die Konzession ebenfalls bis 1936 erhielt.

Schließung und Nachnutzung

Das Kino, unter dem neuen Namen „Meidlinger Lichtspiele“, hielt sich bis ins Jahr 1964, in dem es im Zuge der ersten Welle des Wiener „Kinosterbens“ geschlossen werde musste.

Heute findet sich an der Adresse, an der sich einst das 1. Meidlinger Kinotheater befand, das Tauber Café und ein Turek-Store. Am alten, ersten Standort befindet sich heute ein Magenta-Store.

Fassungsraum

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Siehe auch: Kino

Quellen

Literatur

  • Werner Michael Schwarz: Kino und Kinos in Wien. Eine Entwicklungsgeschichte bis 1934. Wien: Turia & Kant 1992, S. 250
  • Klaus Christian Vögl, Angeschlossen und gleichgeschaltet: Kino in Österreich 1938−1945. Wien: Böhlau 2018

Weblinks