Margarethe Trautenegg

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Daten zur Person
Personenname Trautenegg, Margarethe
Abweichende Namensform Csonka, Gretl; Csonka, Margarete; Trautenegg, Margarete; Csonka-Trautenegg, Margarethe; Csillag, Sidonie; Csillag-Weitenegg, Sidonie; Csillag-Weitenegg, Sidi
Titel
Geschlecht weiblich
PageID 369107
GND
Wikidata
Geburtsdatum 26. April 1900
Geburtsort Lemberg (Galizien) 4035304-7
Sterbedatum 14. August 1999
Sterbeort Wien 4066009-6
Beruf Gesellschaftsdame, Malerin
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Sigmund Freud Museum
Objektbezug Karl Kraus (Portal)
Quelle
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Recherche
Letzte Änderung am 25.03.2024 durch WIEN1.lanm09kka
Begräbnisdatum 1. September 1999
Friedhof Feuerhalle Simmering
Grabstelle Abteilung 3, Ring 3, Gruppe 6, Nummer 15
  • 4., Wiedner Hauptstraße 14 (Wohnadresse)
  • 3., Strohgasse 16 (Wohnadresse)
  • 3., Arenbergring (3) 19 (Wohnadresse)
  • 3., Neulinggasse 11 (Wohnadresse)
  • 3., Neulinggasse 10 (Wohnadresse)
  • 3., Weyrgasse 6 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Margarethe Trautenegg, * 26. April 1900 Lemberg, † 14. August 1999 Wien, Gesellschaftsdame, Malerin.

Biografie

Margarethe Trautenegg, geborene Csonka, war die Tochter des Großindustriellen Arpad (unbekannt–1931) und seiner Ehefrau Irma Csonka (unbekannt–1966) und wurde 1900 in Lemberg, der damaligen Hauptstadt des österreichischen Kronlandes Galizien, geboren. Als sie zwei Jahre alt war übersiedelte die Familie 1902 in die Haupt- und Residenzstadt Wien. Ihre drei Brüder – Hans (1899–1977/1978), Paul und Walter (1917–unbekannt) – kamen bereits dort zur Welt. Die Mutter Irma Csonka führte den großbürgerlichen Haushalt mit Hausangestellten, Dienstboten und Köchinnen. Der Vater war der größte Ölimporteur der Monarchie und Partner der Bankiersdynastie Rothschild. Ursprünglich jüdisch, lebte die Familie Csonka assimiliert und konvertierte schließlich zum römisch-katholischen Glauben. Als wohlhabende Industriellenfamilie verkehrte sie außerdem in einflussreichen Kreisen, etwa mit den Ferstels, Mautner-Markhofs, Schallenbergs oder Wittgensteins. Margarethe Trautenegg war eng befreundet mit Marianne Forster (1869–1935) – eine Tochter des Architekten Heinrich Ferstel – und mit Marianne Winterberg – geborene Kraus und Nichte des Satirikers Karl Kraus, den sie während Besuchen bei ihrer Freundin auch kennen lernte.

1917 machte die 17-jährige Margarethe Trautenegg Bekanntschaft mit der Baronin Leonie von Puttkamer (1891–1935) und es entstand eine intime Beziehung zwischen den beiden. Nachdem Puttkamer die Beziehung zwischenzeitlich beendet hatte, war besonders Trauteneggs Vater von der Heftigkeit des Liebeskummers seiner Tochter erschrocken. Homosexuelle Handlungen waren zum damaligen Zeitpunkt sowohl zwischen Männern, als auch zwischen Frauen verboten und strafbar. Eine Anzeige oder gar Verurteilung von Margarethe Trautenegg nach Paragraf 129 Ib, der bis 1971 in Kraft war, hätte – neben der Strafe und ihren eventuellen Folgen – auch ihre gesellschaftliche Reputation zerstört. Trautenegg musste daraufhin eine von ihrem Vater auferlegte Psychoanalyse bei Sigmund Freud durchlaufen. Freud beendete diese schließlich nach vier Monaten wegen des fehlenden Erfolgs. Er verarbeitete die Sitzungen jedoch anonymisiert und publizierte sie 1920 in seinem Aufsatz "Über die Psychogenese eines Falles von weiblicher Homosexualität". Auf Trautenegg selbst scheint die Behandlung wenig nachhaltigen Einfluss gehabt zu haben. Puttkamer traf sie parallel zu Freuds Psychoanalyse weiterhin und sie hatte bis zu ihrem Lebensende lesbische Beziehungen. Von Sigmund Freud und seiner Psychoanalyse hielt Trautenegg wenig.

1930 heiratete sie den ehemaligen Kampfpiloten Baron Eduard Rzemenowsky von Trautenegg (1886–1959). Für Margarethe Trautenegg war die Verbindung wohl eher die Erfüllung einer gesellschaftlichen Pflicht. Ihr Ehemann scheint wiederum mehr am Vermögen der Familie Csonka als an seiner Ehefrau interessiert gewesen zu sein. Während Eduard Trautenegg sich von Nostalgie gegenüber der untergegangenen Monarchie dem Nationalsozialismus zuwandte, zeigte sich Margarethe Trautenegg zunächst an den politischen Veränderungen wenig interessiert. Die nationalsozialistische Machtübernahme in Österreich 1938 führte ihr jedoch schnell das Gegenteil vor Augen. Aufgrund eines neuen Gesetzes wurde ihre Ehe annulliert, das Vermögen fiel Eduard Trautenegg zu. Ihre Mutter und ihr Bruder Walter flohen nach Paris, die beiden anderen Brüder wanderten nach Kuba aus. Margarethe Trautenegg blieb zunächst in Wien und flüchtete erst 1940 über Deutschland mit einem der letzten Züge nach Moskau. Von dort führte sie ihre fünfmonatige Reise weiter über die Mandschurei, Japan, Honolulu und San Franciso nach Havanna zu ihrem Bruder Paul.

Da das Vermögen der Familie Csonka durch die politischen Umbrüche verloren gegangen war, begann Margarethe Trautenegg im kubanischen Exil als Begleiterin und Gouvernante für wohlhabende Familien zu arbeiten sowie Porträts zu malen. Sieben Jahre nach ihrer Ankunft verließ sie 1947 Kuba und kehrte mit Zwischenstopp in den Vereinigten Staaten 1949 nach Europa zurück. Hier lernte sie Wjera Fechheimer (1897–unbekannt), geborene Rothballer, kennen. Die beiden verband eine Beziehung, die Fechheimer schließlich beendete.

Ab 1960 unternahm Margarethe Trautenegg als Begleiterin ausgedehnte Reisen, etwa nach Thailand, Spanien, Brasilien und erneut in die Vereinigten Staaten. 1973 kehrte sie nach Wien zurück, wo sie bis zu ihrem Tod 1999 blieb. Sie wurde in Simmering in einem Grab mit ihrem Vater und ihrem Bruder Paul bestattet.

Der Nachlass von Margarethe Trautenegg befindet sich seit 2004 im Sigmund Freud Museum. Er beinhaltet unter anderem die Gesprächsaufzeichnungen von Ines Rieder und Diana Voigt mit Margarethe Trautenegg, aus denen die Biografie "Heimliches Begehren" entstand. In der 2000 erschienenen Erstausgabe wählten die Autorinnen für Margarethe Trautenegg das Pseudonym Sidonie Csillag. In der Neuauflage von 2012 wird die Identität der Protagonistin im Epilog aufgelöst. Auch der ORF widmete sich in der Universum-History-Dokumentation "Verbotenes Begehren – Meilensteine queerer Geschichte" dem Leben Margarethe Trauteneggs.

Quellen

Literatur

Weblinks