Wolfgang Bauer: Unterschied zwischen den Versionen

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Bauer knüpfte schon zu Beginn seiner Studienzeit Kontakte zur progressiven Grazer Kulturszene um Alfred Kolleritsch, was ihn direkt in den Kreis des 1960 eröffneten Forum Stadtpark brachte. Freundschaften mit AutorInnen wie [[Barbara Frischmuth]], [[Helmut Eisendle]] oder Gunter Falk entstanden. Bauer, der sich zunächst in der Malerei versuchte, arbeitete ab 1961 konsequent an literarischen Texten. Ein Erweckungserlebnis soll eine Aufführung von Eugene Ionescos „Die Nashörner“ im Grazer Rittersaal gewesen sein. Ein wichtiger Schritt in Richtung Öffentlichkeit war die Teilnahme am „Studio der Werkstatt für neue Dramatik“, das [[Emil Breisach]] im Forum Stadtpark initiierte. Schon 1962 wurden auf der dortigen Bühne die Stücke „Maler und Farbe“ und „Der Schweinetransport“ inszeniert, Bauer trat erstmals vor Publikum auf und konnte in der Zeitschrift „manuskripte“ seine ersten Texte veröffentlichen. Im gleichen Jahr war derJungdramatiker zu einer Lesung in die Wiener Secession eingeladen, wo er erstmals den Protagonisten der Wiener Gruppe [[Hans Carl Artmann]], [[Konrad Bayer]] und [[Gerhard Rühm]] begegnete.
 
Bauer knüpfte schon zu Beginn seiner Studienzeit Kontakte zur progressiven Grazer Kulturszene um Alfred Kolleritsch, was ihn direkt in den Kreis des 1960 eröffneten Forum Stadtpark brachte. Freundschaften mit AutorInnen wie [[Barbara Frischmuth]], [[Helmut Eisendle]] oder Gunter Falk entstanden. Bauer, der sich zunächst in der Malerei versuchte, arbeitete ab 1961 konsequent an literarischen Texten. Ein Erweckungserlebnis soll eine Aufführung von Eugene Ionescos „Die Nashörner“ im Grazer Rittersaal gewesen sein. Ein wichtiger Schritt in Richtung Öffentlichkeit war die Teilnahme am „Studio der Werkstatt für neue Dramatik“, das [[Emil Breisach]] im Forum Stadtpark initiierte. Schon 1962 wurden auf der dortigen Bühne die Stücke „Maler und Farbe“ und „Der Schweinetransport“ inszeniert, Bauer trat erstmals vor Publikum auf und konnte in der Zeitschrift „manuskripte“ seine ersten Texte veröffentlichen. Im gleichen Jahr war derJungdramatiker zu einer Lesung in die Wiener Secession eingeladen, wo er erstmals den Protagonisten der Wiener Gruppe [[Hans Carl Artmann]], [[Konrad Bayer]] und [[Gerhard Rühm]] begegnete.
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In Wien, wo er von 1962 bis 1964 lebte, wohnte Bauer in der Berggasse 18, anfangs gemeinsam mit seinem Freund und späteren Regisseur [[Horst Zankl]]. An der Universität zogen ihn die Lehrveranstaltungen von [[Margret Dietrich]] an, die sich trotz NS-Prägung mit Gegenwartsdramatik und avantgardistischen Strömungen beschäftigte. In dieser Zeit verfasste Bauer die sogenannten Mikrodramen, deren Titel zumeist auf die klassische (Kultur-)Geschichte rekurrieren (z. B. „Cleopatra“, „Wilhelm Tell“, „Richard Wagner“); mit einer Auswahl dieser Texte debütierte er 1964 auf dem Buchmarkt. Es folgten jene Werke, mit denen sich Bauer in den Kanon der deutschsprachigen Literatur nach 1945 katapultierte: 1967 legte er mit „Der Fieberkopf“ einen Roman vor, der unter Rückgriff auf die traditionsreiche Form des Briefromans das Misslingen menschlicher Kommunikation vorführt. Vom Zerfall der Kommunikation sind auch die folgenden Stücke geprägt. „Party for Six“ (uraufgeführt am Landestheater Innsbruck, 1969), „Magic Afternoon“ (Landestheater Hannover, 1968) und „Change“ (Wiener Volkstheater, 1969) machten Bauer als anarchischen-avantgardistischen Bürgerschreck berühmt und zu einem Liebling der Medien („Magic Wolfi“).
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Nach diesen Erfolgen leistete sich Bauer mit der Gedichtsammlung „Das stille Schilf“ einen Ausflug in die Ästhetik des Banalen und Schlechten („Ein schlechtes Meisterwerk: schlechte Texte mit schlechten Zeichnungen“) und wurde auf der dazugehörigen Lesetournee durch Deutschland, auf der er von Herbert Feuerstein musikalisch begleitet wurde, erst recht gefeiert. Bauer erhielt mit dem Peter-Rosegger-Literaturpreis und dem Thedor-Csokor-Preis 1970 schließlich auch seine ersten Würdigungen von Seiten des offziellen Literaturbetriebs. 1970 war Bauer außerdem DAAD-Stipendiat in Berlin, wo er mit Peter Handke und Oswald Wiener zusammentraf und sich wieder konzentriert dem literarischen Schreiben widmte. Es entstanden mehrere Arbeiten fürs Fernsehen („Die Edegger-Familie“, „Poker in Paris“) und – zurück in Graz – die Stücke „Film und Frau“ sowie „Silvester oder Das Massaker im Hotel Sacher“.
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==Werke (Auswahl)==
 
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Version vom 20. September 2021, 14:41 Uhr

Daten zur Person
Personenname Bauer, Wolfgang
Abweichende Namensform
Titel
Geschlecht männlich
PageID 36329
GND 118507397
Wikidata Q86991
Geburtsdatum 18. März 1941
Geburtsort Graz
Sterbedatum 26. August 2005
Sterbeort Graz
Beruf Dramatiker, Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Wienbibliothek im Rathaus / Handschriftensammlung, Franz-Nabl-Institut für Literaturforschung der Universität Graz
Objektbezug 1945 bis heute
Quelle Gedenktage
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 20.09.2021 durch WIEN1.lanm09hug
Begräbnisdatum
Friedhof Grazer Zentralfriedhof
Grabstelle
  • 9., Berggasse 18 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Peter-Rosegger-Literaturpreis des Landes Steiermark (Verleihung: 1970)
  • Franz-Theodor-Csokor-Preis (Verleihung: 1970)
  • Würdigungspreis zum Österreichischen Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1979)
  • manuskripte-Preis (Verleihung: 1988)
  • Goldenes Ehrenzeichen der Stadt Graz (Verleihung: 1991)
  • Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt Wien in Gold (Verleihung: 1991)
  • Großer Österreichischer Staatspreis für Literatur (Verleihung: 1994)


Wolfgang Bauer, * 18. März 1941 Graz, † 26. August 2005 Graz, Schriftsteller, Dramatiker, Regisseur.

Wolfgang Bauer wurde als einziges Kind der Gymnasiallehrer Edith und Rolf Bauer am 18. März 1941 in Graz geboren. Nach der Volksschule besuchte er das Grazer Lichtenfelsgymnasium, wo seine Mutter unterrichtete. 1959 begann Bauer ein Jusstudium in Graz, wechselte zu Romanistik (Französisch) und Geographie, und studierte schließlich von 1962 bis 1966 Theaterwissenschaft in Wien, wobei er keines der Studien abschloss. Ab 1962 trat Bauer als Autor von Theaterstücken in Erscheinung und entwickelte sich schnell zu einem der wichtigsten und bekanntesten deutschsprachigen Dramatiker der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts.

Bauer knüpfte schon zu Beginn seiner Studienzeit Kontakte zur progressiven Grazer Kulturszene um Alfred Kolleritsch, was ihn direkt in den Kreis des 1960 eröffneten Forum Stadtpark brachte. Freundschaften mit AutorInnen wie Barbara Frischmuth, Helmut Eisendle oder Gunter Falk entstanden. Bauer, der sich zunächst in der Malerei versuchte, arbeitete ab 1961 konsequent an literarischen Texten. Ein Erweckungserlebnis soll eine Aufführung von Eugene Ionescos „Die Nashörner“ im Grazer Rittersaal gewesen sein. Ein wichtiger Schritt in Richtung Öffentlichkeit war die Teilnahme am „Studio der Werkstatt für neue Dramatik“, das Emil Breisach im Forum Stadtpark initiierte. Schon 1962 wurden auf der dortigen Bühne die Stücke „Maler und Farbe“ und „Der Schweinetransport“ inszeniert, Bauer trat erstmals vor Publikum auf und konnte in der Zeitschrift „manuskripte“ seine ersten Texte veröffentlichen. Im gleichen Jahr war derJungdramatiker zu einer Lesung in die Wiener Secession eingeladen, wo er erstmals den Protagonisten der Wiener Gruppe Hans Carl Artmann, Konrad Bayer und Gerhard Rühm begegnete.

In Wien, wo er von 1962 bis 1964 lebte, wohnte Bauer in der Berggasse 18, anfangs gemeinsam mit seinem Freund und späteren Regisseur Horst Zankl. An der Universität zogen ihn die Lehrveranstaltungen von Margret Dietrich an, die sich trotz NS-Prägung mit Gegenwartsdramatik und avantgardistischen Strömungen beschäftigte. In dieser Zeit verfasste Bauer die sogenannten Mikrodramen, deren Titel zumeist auf die klassische (Kultur-)Geschichte rekurrieren (z. B. „Cleopatra“, „Wilhelm Tell“, „Richard Wagner“); mit einer Auswahl dieser Texte debütierte er 1964 auf dem Buchmarkt. Es folgten jene Werke, mit denen sich Bauer in den Kanon der deutschsprachigen Literatur nach 1945 katapultierte: 1967 legte er mit „Der Fieberkopf“ einen Roman vor, der unter Rückgriff auf die traditionsreiche Form des Briefromans das Misslingen menschlicher Kommunikation vorführt. Vom Zerfall der Kommunikation sind auch die folgenden Stücke geprägt. „Party for Six“ (uraufgeführt am Landestheater Innsbruck, 1969), „Magic Afternoon“ (Landestheater Hannover, 1968) und „Change“ (Wiener Volkstheater, 1969) machten Bauer als anarchischen-avantgardistischen Bürgerschreck berühmt und zu einem Liebling der Medien („Magic Wolfi“).

Nach diesen Erfolgen leistete sich Bauer mit der Gedichtsammlung „Das stille Schilf“ einen Ausflug in die Ästhetik des Banalen und Schlechten („Ein schlechtes Meisterwerk: schlechte Texte mit schlechten Zeichnungen“) und wurde auf der dazugehörigen Lesetournee durch Deutschland, auf der er von Herbert Feuerstein musikalisch begleitet wurde, erst recht gefeiert. Bauer erhielt mit dem Peter-Rosegger-Literaturpreis und dem Thedor-Csokor-Preis 1970 schließlich auch seine ersten Würdigungen von Seiten des offziellen Literaturbetriebs. 1970 war Bauer außerdem DAAD-Stipendiat in Berlin, wo er mit Peter Handke und Oswald Wiener zusammentraf und sich wieder konzentriert dem literarischen Schreiben widmte. Es entstanden mehrere Arbeiten fürs Fernsehen („Die Edegger-Familie“, „Poker in Paris“) und – zurück in Graz – die Stücke „Film und Frau“ sowie „Silvester oder Das Massaker im Hotel Sacher“.


Werke (Auswahl)

  • Wolfgang Bauer: Mikrodramen. Berlin: Fietkau 1964 (= schritte, 9)
  • Wolfgang Bauer: Der Fieberkopf. Roman in Briefen. Frankurt am Main: Bärmeier und Nikel 1967
  • Wolfgang Bauer: Das stille Schilf. Ein schlechtes Meisterwerk: schlechte Texte mit schlechten Zeichnungen und einer schlechten Schallplatte. Franktfurt am Main: Bärmeier und Nikel 1969
  • Wolfgang Bauer: Magic Afternoon. Change. Party for Six. Drei Stücke. Nachwort von Ute Nyssen. Köln / Berlin: Kiepenheuer & Witsch 1969 (= pocket, 2)
  • Wolfgang Bauer: Romeo und Julia. Mikrodramen. Ausgestattet mit 21 Holzschnitten und einer bunten Kulisse von U. Bremer, A. Schindehütte, J. Vennekamp, A. Waldschmidt. München: Hanser 1969
  • Wolfgang Bauer: Katharina Doppelkopf und andere Eisenbahnstücke. Illustrationen von Peter Sengl. Dornbirn: Vorarlberger Verlagsanstalt 1973
  • Wolfgang Bauer: Gespenster. Silvester oder Das Massaker im Hotel Sacher. Film und Frau. Drei Stücke. Nachwort von Hubert Fichte. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1974 (= pocket, 54)
  • Wolfgang Bauer: Der Sumpftänzer. Dramen, Prosa, Lyrik aus zwei Jahrzehnten. Köln: Kiepenheuer & Witsch 1978
  • Wolfgang Bauer: Pfnacht. Komödie in 3 Akten. Graz: Droschl 1980
  • Wolfgang Bauer: Das Herz. Gedichte. Salzburg / Wien: Residenz 1981
  • Wolfgang Bauer: In Zeiten wie diesen. Ein Drehbuch. Salzburg / Wien: Residenz 1984
  • Wolfgang Bauer: Werke. Hg. von Gerhard Melzer. Graz / Wien: Droschl 1987–2004
  • Bd. 1: Einakter und frühe Dramen, 1987
  • Bd. 2: Schauspiele 1967–1973, 1986
  • Bd. 3: Schauspiele 1975–1986, 1986
  • Bd. 4: Der Fieberkopf. Roman, 1986
  • Bd. 5: Gedichte, 1992
  • Bd. 6: Kurzprosa, Essays und Kritiken, 1995
  • Bd. 7: Filme und Fernsehspiele, 1995
  • Bd. 8: Schauspiele 1988–1995, 1996
  • Bd. 9: „Foyer“ und andere Stücke, 2004
  • Wolfgang Bauer: Ein schlimmes Kind bin ich. Dramen, Prosa, Lyrik aus vier Jahrzehnten. Hg. von Gehrard Melzer und Andreas Unterweger. Wien: Sonderzahl 2007
  • Wolfgang Bauer: Der Geist von San Francisco. Verstreut publizierte und nachgelassene Texte. Hg. von Thomas Antonic. Klagenfurt / Graz / Wien: Ritter 2011
  • Wolfgang Bauer: Der Rüssel. Szenische Texte aus dem Nachlass. Hg. von Thomas Antonic. Klagenfurt / Graz / Wien: Ritter 2015


Literatur

  • Wolfgang Bauer. In: Kritisches Lexikon zur deutschsprachigen Gegenwartsliteratur (Stand 15.2.2019)
  • Thomas Antonic: Wolfgang Bauer. Werk. Leben. Nachlass. Wirkung. Klagenfurt / Graz: Ritter 2018
  • Wolfgang Bauer. Dossier online. Jg. 1 (2017), H. 1
  • Walter Grond, Gerhard Melzer [Hg.]: Wolfgang Bauer. Graz / Wien: Literaturverlag Droschl 1994 (= Dossier, 7)
  • Wolfgang Bauer. Text+Kritik, H. 59 (Juli 1978)


Links