Wiener Schnitzel: Unterschied zwischen den Versionen

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|Objektbezug=Wiener Küche
 
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|Bildunterschrift=Plakat "Für Ihr Wiener Schnitzel nur Austria Semmelbrösel" (1933)
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Ein abgeschnittenes, flaches Fleischstück von der Kalbsnuss, der Kalbsschulter oder dem Fricandeau wird geklopft, gesalzen, auf beiden Seiten in Mehl, verklopftem Ei und Semmelbröseln gewälzt und in heißem Fett gebacken (meist mit Kartoffelsalat serviert).
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Ein abgeschnittenes, flaches Fleischstück von der Kalbsnuss, der Kalbsschulter oder dem Fricandeau wird geklopft, gesalzen, auf beiden Seiten in Mehl, verklopftem Ei und Semmelbröseln gewälzt und in heißem Fett gebacken. Als Beilagen werden meistens grüner Salat oder Erdäpfelsalat bzw. Petersilerdäpfel serviert.  
  
Über die Herkunft (als jüdische Speise aus Byzanz, die mit den Mauren nach Spanien und von dort über Italien nach Österreich kam) wird in der Belletristik ohne seriöse (und auch nicht auffindbare) Quelle berichtet. Es wird behauptet, dass das Wiener Schnitzel eine Variante der "costoletta alle milanese" sei, die Feldmarschall Radetzky 1848 in Mailand kennengelernt habe. Da er dem Hof begeistert berichtete, habe er, 1849 nach Wien zurückgekehrt, dem Hofkoch das Rezept mitteilen müssen.  
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Über die Herkunft (als jüdische Speise aus Byzanz, die mit den Mauren nach Spanien und von dort über Italien nach Österreich kam) wird in der Belletristik ohne seriöse (und auch nicht auffindbare) Quelle berichtet. Es wird behauptet, dass das Wiener Schnitzel eine Variante der "cotoletta alle milanese" sei, die Feldmarschall [[Johann Joseph Wenzel Radetzky von Radetz|Radetzky]] 1848 in Mailand kennengelernt habe. Da er dem Hof begeistert davon berichtete, habe er, 1849 nach Wien zurückgekehrt, dem Hofkoch das Rezept mitteilen müssen. Diese Anekdote steht im Widerspruch zum Tagebucheintrag des damals 12jährigen Erzherzog [[Maximilian I. (Mexiko)|Ferdinand Max]] vom 26. September 1844: "Auf dem Weg nach Linz hielten wir uns in Lambach auf, um Schnitzel mit Erdäpfeln und Bouillon zu uns zu nehmen". <ref>Zitiert bei Ingrid Haslinger: Entwicklungsstationen einiger typischer Gerichte der Wiener Küche. In: Julia Danielczyk / Isabella Wasner-Peter: "Heut muß der Tisch sich völlig bieg'n". Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag / Wienbibiothek im Rathaus 2017, S. 28</ref>
  
Tatsache ist: Ein Kotelett ist kein Schnitzel, und das Rezept des Wiener Schnitzels findet sich als "Gebackene Kälberschnitzeln" bereits in Magdalena D. Rettig: "Die Haus-Köchin. .." (²1831, S. 88), die von einer "guten Aushilfsspeise" spricht (also einer einfachen, keineswegs "hoffähigen" Speise). Etwas Neues war das Panieren für die Wiener nicht, kannte man doch schon längst das Backhendl sowie panierte Kälberfüße und -ohren.  
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Etwas Neues war das Panieren für die Wiener jedenfalls nicht. Man kannte längst das Backhendl sowie panierte Kälberfüße und -ohren, war doch die Verarbeitung von Semmelbrösel eine sinnvolle Verwertung von Gebäcksresten aus teurem Weizenmehl. Im 18. Jahrhundert war die Zubereitung von Kalbsschnitzel mit Mehl und Semmelbrösel, die dann goldgelb in Schmalz gebacken wurden, üblich. Angerichtet wurden sie meistens mit Zitronensaft und/oder verschiedenen Gewürzen, Sardellen und Milchrahm.  
  
Da bereits die Araber das Panieren kannten, besteht auch kein Zusammenhang der goldgelben Panier mit der in Mode gewesenen Sitte des Vergoldens von Speisen. Auf Verbindungen zum arabisch-spanischen Raum weisen die österreichischen Bezeichnungen "Spanisches Schnitzel" und "Spanisches Schnitz" hin.
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<onlyinclude>Ein Rezept des Wiener Schnitzels findet sich als "Gebackene Kälberschnitzeln" in [[Magdalena Dobromila Rettigová|Magdalena D. Rettigs]] "Die Haus-Köchin. .." (1827, S. 125), die von einer "guten Aushilfsspeise" spricht (also einer einfachen, keineswegs "hoffähigen" Speise).
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In [[Franz G. Zenker|Zenkers]] "Küche des wohlhabenden Wieners" (1846), in dem jedes Rezept deutsch und französisch überschrieben wird, erscheinen sie als "Kalbs-Schnitzel (De fausses cotelettes)". Zenker seviert sie auf Gemüse als "Zubiß", als [[Gabelfrühstück]] oder zum Nachtmahl. Auch [[Anna Dorn]] bringt in ihrem Musterkochbuch von 1849 ein Rezept für ein Kalbsschnitzel, das unserem Wiener Schnitzel bereits sehr ähnlich ist.</onlyinclude>
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Die Bezeichnung "Wiener Schnitzel" taucht erstmals 1831 im "Allerneuersten allgemeinen Kochbuch" von Maria Anna Neudecker auf, doch dauerte es bis zum Ende des Jahrhunderts bis dieser Name Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat.
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==Quellen==
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*Ignaz Gartler: Wienerisches bewährtes Kochbuch in sechs Absätze vertheilet, in welchem zu finden: wie man verschiedene Speisen von allerhand Wildprät, Fleisch, Geflügelwerk, Fisch und Gartengewächsen, wie auch Torten, Pasteten, und anderes Gebackenes niedlich zurichten könne. Wien: Gerold 1783, S. 163
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*[http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ35574304 Erstes bekanntes Rezept für Wiener Schnitzel. In: Maria Anna Neudecker: Allerneuerstes allgemeines Kochbuch oder gründliche Anweisung... Prag: Kronberger und Weber 1831, S. 48]
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*[http://digital.onb.ac.at/OnbViewer/viewer.faces?doc=ABO_%2BZ35035806 Kalbs-Schnitzel (De fausses cotelettes). In: F. G. Zenker: Die Küche des wohlhabenden Wieners, oder neuestes allgemeines Kochbuch : Enthaltend: eine sorgfältige und vollständige Auswahl der bewährtesten Recepte zur besten und schmackhaftesten Bereitung aller Gattungen Fleisch-, Fisch-, und Mehlspeisen, nebst der Kunstbäckerei, und dem Einsieden der Früchte ... ; mit einem Anhange: die Lehre des Kochens mittelst Dampf. Wien: Jasper 1846]
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
* Felice Cunsolo: Italien tafelt. München 1971, S. 46
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*Ingrid Haslinger: Die Wiener Küche. Eine Kulturgeschichte. Wien: Mandelbaum 2018
* Salcia Landmann: Bittermandel und Rosinen. Frankfurt/Main / Berlin 1988
 
* Peter Heine: Kulinarische Studien, Untersuchungen zur Kochkunst im arabisch-islamischen Mittelalter. Wiesbaden 1988, S. 83
 
* Marie von Rokitansky: Die österreichische Küche. Innsbruck 1897, S. 19
 
 
* Julia Danielczyk, Isabella Wasner-Peter (Hg.): Heut' muß der Tisch sich völlig bieg'n. Die Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag 2007
 
* Julia Danielczyk, Isabella Wasner-Peter (Hg.): Heut' muß der Tisch sich völlig bieg'n. Die Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag 2007
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== Weblinks ==
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*[https://web.archive.org/web/20190716103000/https://www.kulinarisches-erbe.at/geschichte-der-ess-trinkkultur/historische-kuechen/wiener-kueche/abendessen-souper/wiener-schnitzel/ Kulinarisches Erbe Österreich: Wiener Schnitzel]
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==Einzelnachweise==
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<references/>

Aktuelle Version vom 19. Oktober 2023, 13:05 Uhr

Plakat "Für Ihr Wiener Schnitzel nur Austria Semmelbrösel" (1933)
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Wiener Küche
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 19.10.2023 durch WIEN1.lanm09fri
Bildname Schnitzel.jpg
Bildunterschrift Plakat "Für Ihr Wiener Schnitzel nur Austria Semmelbrösel" (1933)

Es wurden noch keine Bezeichnungen erfasst!


Ein abgeschnittenes, flaches Fleischstück von der Kalbsnuss, der Kalbsschulter oder dem Fricandeau wird geklopft, gesalzen, auf beiden Seiten in Mehl, verklopftem Ei und Semmelbröseln gewälzt und in heißem Fett gebacken. Als Beilagen werden meistens grüner Salat oder Erdäpfelsalat bzw. Petersilerdäpfel serviert.

Über die Herkunft (als jüdische Speise aus Byzanz, die mit den Mauren nach Spanien und von dort über Italien nach Österreich kam) wird in der Belletristik ohne seriöse (und auch nicht auffindbare) Quelle berichtet. Es wird behauptet, dass das Wiener Schnitzel eine Variante der "cotoletta alle milanese" sei, die Feldmarschall Radetzky 1848 in Mailand kennengelernt habe. Da er dem Hof begeistert davon berichtete, habe er, 1849 nach Wien zurückgekehrt, dem Hofkoch das Rezept mitteilen müssen. Diese Anekdote steht im Widerspruch zum Tagebucheintrag des damals 12jährigen Erzherzog Ferdinand Max vom 26. September 1844: "Auf dem Weg nach Linz hielten wir uns in Lambach auf, um Schnitzel mit Erdäpfeln und Bouillon zu uns zu nehmen". [1]

Etwas Neues war das Panieren für die Wiener jedenfalls nicht. Man kannte längst das Backhendl sowie panierte Kälberfüße und -ohren, war doch die Verarbeitung von Semmelbrösel eine sinnvolle Verwertung von Gebäcksresten aus teurem Weizenmehl. Im 18. Jahrhundert war die Zubereitung von Kalbsschnitzel mit Mehl und Semmelbrösel, die dann goldgelb in Schmalz gebacken wurden, üblich. Angerichtet wurden sie meistens mit Zitronensaft und/oder verschiedenen Gewürzen, Sardellen und Milchrahm.

Ein Rezept des Wiener Schnitzels findet sich als "Gebackene Kälberschnitzeln" in Magdalena D. Rettigs "Die Haus-Köchin. .." (1827, S. 125), die von einer "guten Aushilfsspeise" spricht (also einer einfachen, keineswegs "hoffähigen" Speise).

In Zenkers "Küche des wohlhabenden Wieners" (1846), in dem jedes Rezept deutsch und französisch überschrieben wird, erscheinen sie als "Kalbs-Schnitzel (De fausses cotelettes)". Zenker seviert sie auf Gemüse als "Zubiß", als Gabelfrühstück oder zum Nachtmahl. Auch Anna Dorn bringt in ihrem Musterkochbuch von 1849 ein Rezept für ein Kalbsschnitzel, das unserem Wiener Schnitzel bereits sehr ähnlich ist.

Die Bezeichnung "Wiener Schnitzel" taucht erstmals 1831 im "Allerneuersten allgemeinen Kochbuch" von Maria Anna Neudecker auf, doch dauerte es bis zum Ende des Jahrhunderts bis dieser Name Eingang in den allgemeinen Sprachgebrauch gefunden hat.

Quellen

Literatur

  • Ingrid Haslinger: Die Wiener Küche. Eine Kulturgeschichte. Wien: Mandelbaum 2018
  • Julia Danielczyk, Isabella Wasner-Peter (Hg.): Heut' muß der Tisch sich völlig bieg'n. Die Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag 2007

Weblinks

Einzelnachweise

  1. Zitiert bei Ingrid Haslinger: Entwicklungsstationen einiger typischer Gerichte der Wiener Küche. In: Julia Danielczyk / Isabella Wasner-Peter: "Heut muß der Tisch sich völlig bieg'n". Wiener Küche und ihre Kochbücher. Wien: Mandelbaum Verlag / Wienbibiothek im Rathaus 2017, S. 28