Wiener Kongress (1814/1815)

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Daten zum Eintrag
Datum von 18. September 1814
Datum bis 9. Juni 1815
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Wiener Kongress (1814/1815). 18. September 1814 bis 9. Juni 1815.

Nach dem Sieg bei Paris am 30. März 1814, der Abdankung und Verbannung Napoleons auf die Insel Elba wurde die Abhaltung eines Kongresses in Wien beschlossen, auf dem die Rücknahme jenes Machtgefüge verhandelt werden sollte, das die Eroberungszüge Napoleons in den vorangegangenen Jahren bewirkt hatte. Ganz im Sinne des Legitimitätsprinzips sollten vorrevolutionäre politische und gesellschaftliche Verhältnisse wiederhergestellt werden.

Das Großereignis war wie geschaffen für die Belebung der Wirtschaft. Bereits im Vorfeld stiegen die Preise für Lebensmittel und Unterkünfte. Die Anwesenheit von rund 100.000 Gästen in einer Stadt von rund 233.000 Menschen bot der Wiener Bevölkerung in einer Zeit der Wirtschaftskrise die Gelegenheit zu Einkommen zu gelangen. Die Stadt wurde innerhalb weniger Monate für das Ereignis vorbereitet; öffentliche Gebäude wurden neu gestrichen, die Hof- und Staatsbeamten uniformiert. Für Empfänge und Wachdienste wurde die Bürgerwehr mobilisiert. Jeder Anschein des Elends sollte vermieden werden. So war es etwa Invaliden ausdrücklich verboten, in Soldatenuniformen zu betteln.

Im September 1814 trafen die Vertreter rund 200 europäischer Staaten, Herrschaften, Körperschaften und Städte in Wien ein, um ihre Interesse vertreten zu sehen. Unter der Leitung der Großmächte Russland, Großbritannien, Österreich, Preußen, das nun bourbonische Frankreich und der Vatikan setzten in einer Vielzahl von Verhandlungen unter der Leitung Metternichs neue Grenzen fest und besetzten Territorien mit neuen Herrschern. Die gemeinsam verabschiedete Schluss-Akte wurde am 9. Juni 1815 unterzeichnet. Die Flucht Napoleons aus Elba und die ungehinderte Rückkehr nach Frankreich führten zu neuen Kampfhandlungen. Erst die Schlacht bei Waterloo schuf am 18. Juni 1914 und die Abdankung Napoleons vier Tage später schufen endgültige Fakten.

Wien zeigte sich modern: Neben kulturellen Sehenswürdigkeiten bot besonders das in Europa vorbildhafte Anstaltenwesen eine besondere Attraktion und nicht nur Monarchen und ihr Gefolge besuchten Einrichtungen wie das Allgemeine Krankenhaus, das Spital der Barmherzigen Brüder, das Bürgerspital, die Taubstummen-, die Blinden- oder die Schutzpockenanstalt, private Wohltätigkeits- und Versorgungsanstalte, das Invalidenhaus, das bürgerliche Zeughaus, das Hauptmünzamt oder das "Fabriksproducten-Cabinet", eine Sammlung sämtlicher in Österreich produzierter "Fabriks- und Manufacturproducte".

Großzügige Kontigente an Freikarten ermöglichten auch Teilen der Bevölkerung die Teilnahme an den prunkvollen Festen mit bis zu 12.000 Besucherinnen und Besuchern. Glanzvolle Bälle boten die Mehlgrube, das Sperl oder der Apollosaal. In den Salons trafen sich Künstler und Gelehrte aus ganz Europa zum Gedankenaustausch. Erfinder präsentierten ihre technischen Novitäten. Händler boten ihre Waren aus aller Welt an. Wien wurde zum Umschlagplatz neuer Ideen und Produkte.

Wien wurde seinem Ruf als Welthauptstadt der Musik gerecht: Antonio Salieri leitete die musikalischen Veranstaltungen. Am 16. Oktober 1814 fand etwa eine Aufführung von Händels Oratorium "Samson" durch 700 Mitglieder der Gesellschaft der Musikfreunde statt. Unbestrittener Star der Musikszene aber war Ludwig van Beethoven, von dem vier Kompositionen in besonderem Maß mit dem Wiener Kongress verbunden sind: Die überarbeitete Fassung der Oper "Fidelio" (aufgeführt am 26. September 1814 im Kärntnertortheater), die 7. Symphonie (op. 92), "Wellingtons Sieg oder die Schlacht bei Vittoria" (op. 91) und die Kantate "Der glorreiche Augenblick" (op. 132).


Verlauf

  • 18. September 1814: Eröffnung der Verhandlungen der bevollmächtigten Minister Österrsichs, Preußens, Russlands und Englands; diese Staaten nahmen das alleinige Entscheidungsrecht in Territorialfragen für sich in Anspruch (der Kreis wurde im Jänner 1815 um Frankreich erweitert);
  • 25. September 1814: Feierlicher Einzug von Zar Alexander von Russland, König Wilhelm von Preußen und Kaiser Franz I.;
  • 1. November 1914: formelle Eröffnung des Kongresses;
  • 1. März 1815: Napoleon verlässt Elba und landet im Golf von Saint Juan an der französischen Riviera;
  • 13. März 1815: Verhängung der Acht über Napoleon ("Wiener Deklaration");
  • 9. Juni 1815: Einziges Zusammentreten im Plenum zur Unterzeichnung der Schlussakte;
  • 18. Juni 1815: Schlacht bei Waterloo (endgültiger Sieg über Napoleon).

Rahmenprogramm (Auswahl)

  • 5. Oktober, 10. November 1814: Jagd im Lainzer Tiergarten;
  • 6. Oktober 1814: Großes Volksfest im Augarten;
  • 16. Oktober 1814: Aufführung von Händels Oratorium „Samson“ in der Winterreitschule;
  • 18. Oktober 1914: Gedenkfeier des ersten Jahrestags der Völkerschlag bei Leipzig im Prater;
  • 23. November 1814: „Carroussel“ in der Winterreitschule;
  • 29. November, 2. Und 25. Dezember 1814: Konzerte mit Werken Beethovens; die Einnahmen vom 25. Dezember spendete der Komponist dem Bürgerspital;
  • 31. Dezember 1814: Brand des Gartentrakts des Palais Rasumovsky während der Vorbereitungen für einen Sylvesterball;
  • 21. Jänner 1815: Seelenamt für Ludwig XVI. im Stephansdom;
  • 22. Jänner 1815: Benefiz-Gala zum Freikauf christlicher Sklaven im Augarten;
  • 5. März 1815: Aufführung des Oratoriums „Christus am Ölberg“ im Saal „Zum römischen Kaiser“ in der Renngasse.

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Literatur

  • K. Griewank: Der Wiener Kongreß und die europäische Restauration. Leipzig ²1954
  • H. Nicolson: Der Wiener Kongreß oder Über die Einigkeit unter den Verbündeten. Zürich 1946
  • Jean de Bourgoing: Vom Wiener Kongreß. ²1964
  • P. Burg: Der Wiener Kongreß. 1984
  • A. G. Haas: Metternich, Reorganization and Nationality 1813-1818. Wiesbaden 1963
  • J. K. Mayr: Die Arbeitsweise des Wiener Kongresses. In: Archivalische Zeitschrift 45 (1939), S. 64 ff.
  • K. Müller [Hg.]: Quellen zur Geschichte des Wiener Kongresses. 1986
  • Epi Schlüsselberger: 150 Jahre Wiener Kongreß: Ausstellung in den Schauräumen der Wiener Hofburg (Kaiserappartements) ; 1. Juni bis 15. Oktober 1965. Wien: Rosenbaum 1965
  • Peter Csendes [Hg.]: Österreich 1790-1848. Kriege gegen Frankreich, Wiener Kongreß, Ära Metternich, Zeit des Biedermeier, Revolution von 1848. Das Tagebuch einer Epoche. Wien: Brandstätter 1987, S. 127 ff. * Franz Patzer: Wiener Kongreßtagebuch 1814/1815. In: Wiener Schriften. Hg. vom Amt für Kultur, Schulverwaltung der Stadt Wien. Band 50, Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1981
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 1: Geschichte, historische Hilfswissenschaften, Festungswerke und Kriegswesen, Rechtswesen, Kulturgeschichte, Sittengeschichte. Wien: Touristik-Verlag 1947, S. 80 ff.