Wiener Allgemeine Poliklinik: Unterschied zwischen den Versionen

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Poliklinik, Wiener Allgemeine ([[9]]., [[Mariannengasse]] 10). 1871 bildete sich ein Komitee von zwölf Privatärzten zur Gründung einer Arbeitsgemeinschaft (AG), die ihren Sitz zunächst [[1]]., [[Wipplingerstraße 29]], hatte. Ziel war es, eine Idee des Chirurgen [[Theodor Billroth]] in die Tat umzusetzen: außerhalb der Universitäts-Kliniken Arbeitsbereiche für Medizinstudenten zu schaffen, wo diese sich möglichst vielseitig weiterbilden konnten. Die AG hieß bereits Poliklinik und verband mit dem rein medizinischen Zweck auch einen humanitären, indem sie nur mittellose Patienten ambulant und unentgeltlich behandelte. Sie nahm 1872 den Betrieb auf, blieb bis 1880 in der Wipplingerstraße und übersiedelte dann in die Schwarzspanierstraße 5. 1875 war die AG bereits als Verein organisiert, dem Erzherzog Rainer und Pauline Fürstin Metternich als Förderer angehörten. 1891 konnte der Verein einen Baugrund in der Mariannengasse erwerben und mit dem Bau des endgültigen Heims der Poliklinik beginnen (Pläne von [[Andreas Streit]], Fertigstellung 1892). An der Fassade des Gebäudes wurden Bronzemedaillons berühmter Ärzte angebracht. 1938 wurde die Poliklinik Eigentum der Stadt Wien und heißt seither „Allgemeine Poliklinik der Stadt Wien". In der Folge wurden die Herzstation und das Maria-Theresia-Frauen-Hospital einverleibt. 1969 wurde das Pathologisch-bakteriologische Institut eingerichtet. 1991 wurde die Klinik in ein Pflegezentrum umgewandelt.
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Poliklinik, Wiener Allgemeine ([[9]]., [[Mariannengasse]] 10).  
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Der Internist und Hydrotherapeut [[Wilhelm Winternitz]] und der Dermatologe [[Heinrich Auspitz]] nahmen 1871 die in anderen Ländern bereits umgesetzte Idee einer Poliklinik auf, deren Ziel es war mittellose Personen kostenlos ambulant zu behandeln. Sie erweiterten jedoch die ursprüngliche Funktion dieser Einrichtungen, die auf zumeist eine medizinische Fachrichtung spezialisiert waren, und boten aus zahlreichen Fächern der Medizin Behandlungen an. Daraus entstand auch die Bezeichnung „Allgemeine Poliklinik“.
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Ein Gremium von zwölf Fachärzten bildete das Gründungskomitee, das am 2. Jänner 1872 die Tätigkeit der in zwölf Sektionen gegliederten Poliklinik aufnahm. Neben den Ideengebern [[Wilhelm Winternitz]] und [[Heinrich Auspitz]] waren dies der Kinderarzt [[Friedrich Ludwig Fleischmann]], die Ophthalmologen [[Jakob Hock]] und [[August Leopold von Reuss]], der Chirurg [[Ignaz Neudörfer]], die Internisten [[Leopold Oser]] und [[Emil Rollet]], der Gynäkologe [[Carl von Rokitansky]], der Neurologe [[Mathias Schwanda]] sowie [[Robert Utzmann]], Chirurg und Urologe, und [[Johannes Schnitzler]], Internist und Larynologe.
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Neben dem Nutzen für die Bevölkerung, bot die Poliklinik eine gute Möglichkeit der Lehr- und Forschungstätigkeit für Dozenten, die an der Universitätsklinik kaum noch Platz fanden.  
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Die Kosten des Betriebes wurden zunächst von den Gründern selbst getragen, bis 1875 ein Verein für die Finanzierung eingerichtet wurde. Zu den wichtigsten UnterstützerInnen zählte Fürstin [[Pauline von Metternich]].
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Die Poliklinik hatte ihren Sitz zunächst in der [[1]]., [[Wipplingerstraße 29]], übersiedelte drei Jahre später in die [[1]]., [[Oppolzergasse]] 4 und 1880 in die [[9]]., [[Schwarzspanierstraße]] 12.
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1892 wurde an der Adresse [[9]]., [[Mariannengasse]] 10 ein neues Gebäude nach den Plänen des Architekten [[Andreas Streit]] errichtet. Die Klinik enthielt neben den Spitalsabteilungen und Ambulanzen auch einen eigenen Hörsaal und ab 1896 ein Röntgenkabinett aus dem 1904 ein Röntgeninstitut entstand.
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Bei der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden war die Poliklinik in vielen Fachbereichen führend. Unter einem der Gründer, [[Wilhelm Winternitz]], wurde die weltweit erste hydrotherapeutische Bettenstation eingerichtet, [[Johannes Bischko]] gründete 1958 eine Akupunkturambulanz und unter [[Mathias Dorcsi]], dem Begründer der Wiener Schule der Homöopathie, wurde an der Poliklinik 1975 das Ludwig-Boltzmann-Institut für Homoöpathie eröffnet.
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1998 wurde die Allgemeine Poliklinik geschlossen.
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==Quellen==
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*Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 209.18 - Poliklinik
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*Edwin Keibl: Zur Geschichte der Herzstation. In: Österreichische Ärztezeitung. Organ der Österreichischen Ärztekammer. Heft 27. Wien: Verlag Haus der Ärzte 1972, S. 701 ff.
 
*Edwin Keibl: Zur Geschichte der Herzstation. In: Österreichische Ärztezeitung. Organ der Österreichischen Ärztekammer. Heft 27. Wien: Verlag Haus der Ärzte 1972, S. 701 ff.
 
*Konrad Weiss: Medizinischer Unterricht an der Allgemeinen Poliklinik. In: Österreichische Ärztezeitung. Organ der Österreichischen Ärztekammer. Heft 27. Wien: Verlag Haus der Ärzte 1972, S. 667 ff.  
 
*Konrad Weiss: Medizinischer Unterricht an der Allgemeinen Poliklinik. In: Österreichische Ärztezeitung. Organ der Österreichischen Ärztekammer. Heft 27. Wien: Verlag Haus der Ärzte 1972, S. 667 ff.  
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*Karl Heinz Tragl: Chronik der Wiener Krankenanstalten. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2007, S. 286-342
 
*Die Poliklinik. Eine Studie. 1886  
 
*Die Poliklinik. Eine Studie. 1886  
 
*Die Poliklinik, das Medicinische Professoren-Collegium und die Praktischen Ärzte Wiens. 1877  
 
*Die Poliklinik, das Medicinische Professoren-Collegium und die Praktischen Ärzte Wiens. 1877  

Version vom 19. April 2021, 16:29 Uhr

Daten zur Organisation
Art der Organisation Spital
Datum von 1872
Datum bis 1996
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 15996
GND
WikidataID Q2648842
Objektbezug
Quelle
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Letzte Änderung am 19.04.2021 durch WIEN1.lanm08fri
  • 9., Mariannengasse 10

Frühere Adressierung

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48° 12' 57.90" N, 16° 20' 57.15" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Poliklinik, Wiener Allgemeine (9., Mariannengasse 10).

Idee und Gründung

Der Internist und Hydrotherapeut Wilhelm Winternitz und der Dermatologe Heinrich Auspitz nahmen 1871 die in anderen Ländern bereits umgesetzte Idee einer Poliklinik auf, deren Ziel es war mittellose Personen kostenlos ambulant zu behandeln. Sie erweiterten jedoch die ursprüngliche Funktion dieser Einrichtungen, die auf zumeist eine medizinische Fachrichtung spezialisiert waren, und boten aus zahlreichen Fächern der Medizin Behandlungen an. Daraus entstand auch die Bezeichnung „Allgemeine Poliklinik“. Ein Gremium von zwölf Fachärzten bildete das Gründungskomitee, das am 2. Jänner 1872 die Tätigkeit der in zwölf Sektionen gegliederten Poliklinik aufnahm. Neben den Ideengebern Wilhelm Winternitz und Heinrich Auspitz waren dies der Kinderarzt Friedrich Ludwig Fleischmann, die Ophthalmologen Jakob Hock und August Leopold von Reuss, der Chirurg Ignaz Neudörfer, die Internisten Leopold Oser und Emil Rollet, der Gynäkologe Carl von Rokitansky, der Neurologe Mathias Schwanda sowie Robert Utzmann, Chirurg und Urologe, und Johannes Schnitzler, Internist und Larynologe. Neben dem Nutzen für die Bevölkerung, bot die Poliklinik eine gute Möglichkeit der Lehr- und Forschungstätigkeit für Dozenten, die an der Universitätsklinik kaum noch Platz fanden. Die Kosten des Betriebes wurden zunächst von den Gründern selbst getragen, bis 1875 ein Verein für die Finanzierung eingerichtet wurde. Zu den wichtigsten UnterstützerInnen zählte Fürstin Pauline von Metternich.

Institution

Die Poliklinik hatte ihren Sitz zunächst in der 1., Wipplingerstraße 29, übersiedelte drei Jahre später in die 1., Oppolzergasse 4 und 1880 in die 9., Schwarzspanierstraße 12. 1892 wurde an der Adresse 9., Mariannengasse 10 ein neues Gebäude nach den Plänen des Architekten Andreas Streit errichtet. Die Klinik enthielt neben den Spitalsabteilungen und Ambulanzen auch einen eigenen Hörsaal und ab 1896 ein Röntgenkabinett aus dem 1904 ein Röntgeninstitut entstand.

Bei der Entwicklung neuer Behandlungsmethoden war die Poliklinik in vielen Fachbereichen führend. Unter einem der Gründer, Wilhelm Winternitz, wurde die weltweit erste hydrotherapeutische Bettenstation eingerichtet, Johannes Bischko gründete 1958 eine Akupunkturambulanz und unter Mathias Dorcsi, dem Begründer der Wiener Schule der Homöopathie, wurde an der Poliklinik 1975 das Ludwig-Boltzmann-Institut für Homoöpathie eröffnet. 1998 wurde die Allgemeine Poliklinik geschlossen.

Quellen

  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, M.Abt. 209.18 - Poliklinik
  • Wiener Stadt- und Landesarchiv, Pläne der Plan- und Schriftenkammer, P3/1 - C:a- Schulen, Kindergärten: 112519

Literatur

  • Emmerich Deimer: Chronik der Allgemeinen Poliklinik in Wien im Spiegel der Medizin- und Sozialgeschichte. Wien: Göschl 1989
  • Hans Rubritius: 65 Jahre Allgemeine Poliklinik in Wien. In: Wiener medizinische Wochenschrift 87. Wien: Springer 1937, S. 29
  • Paul Grüneis, Otto Ludwig: Zur Geschichte der Allgemeinen Poliklinik in Wien. In: Österreichische Ärztezeitung. Organ der Österreichischen Ärztekammer. Heft 27. Wien: Verlag Haus der Ärzte 1972, S. 673 ff.
  • Edwin Keibl: Zur Geschichte der Herzstation. In: Österreichische Ärztezeitung. Organ der Österreichischen Ärztekammer. Heft 27. Wien: Verlag Haus der Ärzte 1972, S. 701 ff.
  • Konrad Weiss: Medizinischer Unterricht an der Allgemeinen Poliklinik. In: Österreichische Ärztezeitung. Organ der Österreichischen Ärztekammer. Heft 27. Wien: Verlag Haus der Ärzte 1972, S. 667 ff.
  • Karl Heinz Tragl: Chronik der Wiener Krankenanstalten. Wien/Köln/Weimar: Böhlau 2007, S. 286-342
  • Die Poliklinik. Eine Studie. 1886
  • Die Poliklinik, das Medicinische Professoren-Collegium und die Praktischen Ärzte Wiens. 1877
  • Jahresbericht der Allgemeinen Poliklinik in Wien 1873-1937
  • Erna Lesky: Die Wiener medizinische Schule im 19. Jahrhundert. Wien [u.a.]: Böhlau 1965 (Studien zur Geschichte der Universität Wien, 6), Register
  • Peter Csendes: Erinnerungen an Wiens Türkenjahre. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1983 (Wiener Bezirkskulturführer, 29), S. 29 f.
  • Friedrich Achleitner: Österreichische Architektur im 20. Jahrhundert. Ein Führer. Band 3/1: Wien. 1.-12. Bezirk. Salzburg: Residenz-Verlag 1990, S. 239