Städtische Gaswerke

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Daten zum Eintrag
Datum von 1899
Datum bis
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 26.08.2013 durch WIEN1.lanm08w10

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Gaswerke, Städtische. Als sich die Kritik an der privaten Imperial-Continental-Gas-Association (Private Gaswerke) wegen der offenkundigen Unzukömmlichkeiten (Versorgung, Preisgestaltung und so weiter) verstärkte, wurden 1872 im Zuge der Diskussionen um eine Vertragsverlängerung mit der englischen Gesellschaft erstmalig Pläne für eine städtische Gasversorgung ausgearbeitet (nicht realisierter Gemeinderats-Beschluß vom 4. Juni 1872 zur Errichtung eines städtische Gaswerks, für das dem Direktor der städtischen Gasanstalten in Triest, C. R. Kühneil, die Planung übertragen wurde), doch sprach sich die liberale Mehrheit im Gemeinderat letztlich aus grundsätzlichen Erwägungen gegen ein Engagement der Gemeinde aus. Der Vertrag wurde daraufhin am 22. Mai 1875 unter Bürgermeister Cajetan Felder gegen den Widerstand der Opposition verlängert (Gültigkeitsdauer 1. November 1877-31. Oktober 1899). In den folgenden Jahren engagierten sich die Christlichsozialen unter Karl Lueger in steigendem Maße für eine Kommunalisierung der Energieerzeugung (vergleiche Städtische Elektrizitätswerke) und des innerstädtische Verkehrs (vergleiche Straßenbahn). Unabhängig davon beauftragte der noch liberal dominierte Gemeinderat am 13. Jänner 1888 den Magistrat, Vorschläge betreffend die Übernahme der Gasbeleuchtung in eigene Regie zu erstatten; am 5. Juni 1892 genehmigte der Gemeinderat das Programm für den Bau städtischer Gasanstalten, am 4. Juli 1893 urteilte eine Jury der Gemeinde Wien über die beiden eingelangten Wettbewerbsprojekte zur Erbauung der städtischen Gaswerke (1. Preis G. Schimming), 1894 legte Theodor Herrmann ein neues Projekt für ein Zentralgaswerk in Simmering vor. 1893 wurde beim Stadtbauamt eine Abteilung für das Beleuchtungswesen geschaffen. Als die Christlichsozialen durch die Gemeinderats-Wahlen 1895 die Mehrheit im Gemeinderat erlangten, entschlossen sie sich, ihre in der Oppositionszeit artikulierten Forderungen möglichst rasch zu realisieren, wobei darauf Bedacht genommen wurde, die Versorgung nahtlos mit dem Auslaufen des städtische Vertrags mit der Imperial-Continental-Gas-Association (31. Oktober 1899) sicherzustellen. Am 21. und 27. Oktober 1896 faßte der Gemeinderat die erforderlichen Beschlüsse zum Bau des städtischen Gaswerks Simmering (erstes städtisches Gaswerk; errichtet 1896-1899). Die Gemeinde Wien schloß mit der Imperial-Continental-Gas-Association 1899 einen außergerichtlichen Vergleich, der die bestehenden Beleuchtungsverträge von unterschiedlicher Dauer für die Vororte annullierte und durch einen einheitlichen Vertrag mit einer Laufzeit bis 31. Dezember 1910 ersetzte; die Imperial-Continental-Gas-Association stellte 1899 den Betrieb der Werke Erdberg, Belvedere und Zwischenbrücken-Tabor ein. 1909 folgte (nach der Eingemeindung der Vororte 1890/1892 und der linksseitigen Donaugemeinden 1904/1905) der Bau des Gaswerks Leopoldau (zweites städtische Gaswerk; errichtet 1909-1911), das die Vororte versorgen sollte. Das Rohrnetz erreichte 1912 eine Länge von 1.000 km (am 1. Jänner war das gesamte Stadtgebiet mit geringen Ausnahmen angeschlossen), 1913 von 1.500 km. 1914 wurden die Gaswerke Simmering und Leopoldau durch eine Hochdruckleitung verbunden. Am 1. Februar 1914 lieferten die beiden Gaswerke erstmalig über 1 Millionen m³ Gas. Der Gaszählerstand überschritt 1913 200.000, 1924 300.000, 1927 400.000 und 1932 500.000 Stück. 1933 wurde der Gasbehälter Baumgarten in Betrieb genommen. 1934 erfolgte die Gründung der „Arbeitsgemeinschaft zur Förderung der Gaswirtschaft" (Gasgemeinschaft Wien; Aufnahme der Tätigkeit am 22. Oktober 1934 im Direktionsgebäude der Gaswerke). Am 1. Jänner 1940 kaufte die Gemeinde Wien das bis dahin noch im Besitz der „Österreichische Gasbeleuchtungs-AG" verbliebene Gaswerk auf dem Wienerberg. Am 20. Jänner 1942 überstieg die Stadtgasabgabe erstmalig 1,5 Millionen m³, am 1. August 1942 wurde das Gaswerk Mödling erworben, am 18. Jänner 1943 wurde im Werk Leopoldau (gemischt mit anderen Gasarten) erstmalig Erdgas verwendet. Die wegen Kohlenmangels nach dem Zweiten Weltkrieg verordneten „Gassperrzeiten" konnten im August 1948 aufgehoben werden; 1948 erfolgte auch die Neugründung der „Gasgemeinschaft Wien". Am 1. Jänner 1949 wurden die Gaswerke (nach Gemeinderats-Beschluss vom 23. 12. 1948) mit den E-Werken und Verkehrsbetrieben zu den „Wiener Stadtwerken" vereinigt. 1956 überstieg die tägliche Stadtgasabgabe erstmalig 2 Millionen m³, 1960 2,5 Millionen m³ und Ende 1961 3 Millionen m³, 1979 (ausschließlich Erdgasabgabe) 4 Millionen m³ und 1983 5 Millionen m³; 1987 war mit fast 7,6 Millionen m³ ein Rekordjahr, 1990 wurden 6,6 Millionen m³ erreicht. 1966 (Simmering) beziehungsweise 1969 (Leopoldau) wurde die klassische Gaserzeugung aus Steinkohle eingestellt; seither obliegt den Gaswerken lediglich die Übernahme, Messung und Verteilung des Erdgases. Seit 1967 ist das Stadtgas entgiftet. Am 17. Dezember 1968 wurde in Simmering der neue Schraubenbehälter mit einem Fassungsraum von 300.000 m³, der größte seiner Art in Europa, in Betrieb genommen. Die Umstellung auf Erdgas erfolgte in den Gaswerken nach Vorarbeiten im Jahr 1969 in den Jahren 1970-1978 (Abschluß 22. September 1978). 1969 wurden durchschnittlich, pro Tag 5,5 Millionen m³ Stadtgas abgegeben, 1975 bereits l Million m³ Erdgas; 1987 wurde mit 7,595.000 m³ die höchste Tagesabgabe erreicht. Gasrohrnetz.

Direktoren

  • Dr. Franz Kapaun (1899-1909)
  • Heinrich Rossner (1899-1909)
  • Ing. Franz Menzel (1909-1935; Generaldir. der Gasund E-Werke 1935/1936)
  • Ing. Johann Güntner (1935-1940)
  • Dipl.-Ing. Ernst Schobert (1940-1944)
  • Dr. Karl Lesch (1.August 1944 - 25. April 1945)
  • Dr. Josef Dollinger (26. April 1945 - 15. Jänner 1951)
  • Dr. Wilhelm Horak (13. Februar 1951 - 23. Februar 1958)
  • Dipl.-Ing. Leopold Stauffer (11. März 1958 - 31. August 1962)
  • Dr. Walter Jorde (1. September 1962 - 31. Dezember 1971)
  • Dipl.-Ing. Dr. Josef Scholle (1. Jänner 1972 - 30. Juni 1982)
  • Dipl.-Ing. Rudolf Schlauer (10. August 1982 - 31. Dezember 1989)
  • Dipl.-Ing. Richard Pöltner (seit 1. Jänner 1990).
  • Siehe Nachtrag Bd. 5.

Literatur

  • Heinrich Strasser [Hg.]: Die Tätigkeit des Wiener Stadtbauamtes und der Städtische Unternehmungen technischer Richtung in der Zeit von 1935 bis 1965. Band 2. Wien: 1974, S. XXXI
  • Der Aufbau. Fachschrift der Stadtbaudirektion Wien. Wien: Compress / Jugend & Volk 1985, 242ff.
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 613 ff.
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1896 - 1934. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 2), S. 819 f., 888 ff. und Register
  • Robert Medek: 85 Jahre Städtisches Gaswerk Wien-Simmering. 1985
  • Robert Medek: 75 Jahre Städtisches Gaswerk Wien-Leopoldau. 1987
  • Rudolf Schlauer: Im milden Schein des Gaslichts. 1989
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 613 ff., 633 ff.