Schneepalast

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Der Schneepalast im Winter 1927
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Bildname Schneepalast.jpg
Bildunterschrift Der Schneepalast im Winter 1927
  • Nordwestbahnstraße

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48° 13' 33.73" N, 16° 23' 2.04" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Der Schneepalast entstand 1927 im aufgelassenen Nordwestbahnhof (2. Bezirk, seit 1900: 20. Bezirk). Eröffnung: 26. November 1927; Genehmigung bis Mai 1928. Der Schneepalast galt als die größte Sehenswürdigkeit Wiens.[1]

Nordwestbahnhof, um 1873

Areal und Ausstattung

  • Fläche: 4000 Quadratmeter[2]
  • 20 Meter hohe Gerüste mit Kokosmatten und künstlichem Schnee
  • Rodelbahn (Die Rodeln wurden "mit Hilfe eines elektrischen Motors zur Höhe hinaufgezogen."[3])
  • Skiwiese
  • Sprungchance (Sprünge bis zu 20 Metern)
  • Neigungswinkel bis zu 34 Grad (Sprungbahn)[4]
  • Beleuchtungsanlagen: 25.000-Watt-Lampen

Der Wiener Schmäh regierte mit Hähme auf die Tatsache, dass im Gebäude des ehemaligen Nordwestbahnhofs eine Winterlandschaft eingerichtet wurde: "Vorläufig ist nur die Bahnhofshalle den Wintertouristen zur Betätigung eingeräumt. Es verlautet aber, daß man die gesamte ehemalige Nordwestbahnstrecke mit künstlichem Schnee zu bestreuen beabsichtige, so daß man auf angenehmste und billigste Art bis Znaim und darüber hinaus gelangen kann. Würde man auch noch die anderen heimischen Bahnlinien auf die gleiche Art ummodeln, so könnte sich tatsächlich der elektrische Betrieb erübrigen. Österreich könnte das Reiseland par excellence werden!"[5]

Öffnungszeiten und Kosten

  • Öffnungszeit: 10 bis 22 Uhr
  • Kosten: 1,50 Schilling für eine zweistündige Benützungsdauer[6]

Kunstschnee

"Künftighin wird die Natur im Winter überhaupt nichts mehr zu tun haben."[7] Wintersport ohne Schnee. "Das ist ungefähr so, als ob man beim Schwimmen auf das Wasser verzichten würde."[8]

Viel wurde über den Kunstschnee des Briten Ayscough diskutiert, mit dem die Wiener bis zur Errichtung des Schneepalastes kaum Kontakt hatten. Die zeitgenössischen Printmedien überschlugen sich vor der Eröffnung der Skihalle mit Lobpreisungen über das neue Wundermittel. "[...] gleichgültig, ob draußen die Sonne den wirklichen Schnee zu Lacken schmilzt oder der Regen ihn zu einer schmutzigen Masse verwandelt. Der himmliche Schnee vergeht, aber der künstliche besteht!". Insgesamt wurden 152 Tonnen Kunstschnee in einer chemischen Fabrik in Mossbirnbaum in Niederösterreich hergestellt, in Säcken abgefüllt und in den Schneepalast gebracht. Mit dieser Menge wurden die künstlichen Hänge der ehemaligen Nordwestbahnhofhalle mit einer 10 bis 15 Zentimeter hohen Schicht Schnee versehen und man hatte noch Reserven für den Notfall. Im Schneepalst wurde der Schnee schließlich gestampft, gesiebt, mit "allerlei Chemikalien gemischt und endlich mit einem noch geheimnisvolleren Wasser bespritzt. Und dieses Rätselhafte Wasser war es dann auch, welches das große Wunder vollbrachte. Es machte aus der Masse, die zu 65 Prozent aus neutralisierter Soda bestand, Schnee - blendend weiß und rutschig."[9]

Die übrigen 35 Prozent setzen sich auch verschiedenen Chemikalien zusammen. "Der künstlich hergestellte Schnee verursacht keine allzugroßen Kosten [...] und kann, wenn er schmutzig ist, gereinigt werden. [...] Regnet es, ist es umso besser: Der Schnee braucht nicht gewaschen zu werden".[10] Der Kunstschnee ist "so weiß, so weich und so gleitfähig wie der natürliche. [...] Es sieht vor allem tatsächlich wie Schnee aus. Erst wenn man mit dem Gesicht nach vorne stürzt, dann schmeckt es nicht nach Wasser, sondern nach Soda. Dafür wird man nicht naß, und der Nordwestbahnschnee [...] zergeht nicht auf der Haut. Man wird nicht naß. Aber es juckt ein bißchen. Man fällt weich".[11]

Auch zeitgenössische Parodie hat nicht gefehlt: "Flecke in den Kleidern lassen sich im Schneepalast auf dei einfachste Art entfernen. Der sogenannte Schnee dort ist doch weiter nichts als Soda, und darauf rutscht man nun einige male hin und her, um in purer Reinlichkeit zu erstrahlen."[12]

Vorläufer

1926 entstand in London die erste Skihalle der Welt. In Berlin entstand im Winter 1926/27 am Kaiserdamm eine überdachte Sprungschanze und einige Rodelbahnen. Die Halle war 220 Meter land ung 20 Meter hoch. Die Schneeanlage teilte sich dei Halle zusammen mit einem Restaurant.[13]

Die Betreiber

Dagfins Carlsen

Carlsen wird als "schlank, sehnig und blond" beschrieben. Der Norweger war ein geschulter Kaufmann und erfolgreicher Skispringer. Carlsen war mit einer Wienerin verheiratet.[14]

Laurence Clarke Ayscough

Der Engländer Ayscough gilt als Erfinder des Kunstschnees. Der Diplomat und Schriftsteller war Vater einer passionierten Skifahrerin. Auf ihre Äußerung in einem Hotel in Kitzbühel, dass es das ganze Jahr Schnee geben sollte, meinte ihre Mutter: "Man müsste eben künstlichen Schnee erfinden". Der Legende nach begann der Amateurchemiker Ayscough mit Experimenten. "Ich hatte ein Gefühl, wie es die Alchimisten im Mittelalter gehabt haben müssen, wenn sie glaubten, den Stien der Weisen gefunden zu haben.", gab Mister Ayscough später einem Reporter bekannt. In einem Schlafzimmer im Palasthotel von Engelsberg war es schließlich so weit, die richtige Mischung war geglückt und Asycough hat den ersten künstlichen Schnee erfunden.[15]

Eröffnung und Attentat auf Bürgermeister Karl Seitz

Am Samstag, dem 26. November 1927, wurde der Schneepalast eröffnet. Bürgermeister Karl Seitz hielt eine sehr launige Ansprache über das Skifahren im trockenen Raume. Nach der Rede unterhielt sich der Bürgermeister noch länger mit anwesenden Sportlern und Künstlern. Gegen 17:30 Uhr verließ Karl Seitz den Schneepalst und wurde mit dem Auto zum Rathaus gefahren. Bereits nach wenigen Metern fiel ein Schuss auf der Taborstraße. Richard Strebinger, ein fanatischer Frontkämpfer, eröffnete mit einem großen Revolver das Feuer auf den abfahrenden Wagen des Bürgermeisters. Die ersten Schüsse ferfehlten ihr Ziel. Der Attentäter lief dem Wagen nach. Seitz ging in Deckung und konnte so einen weiterem Schuss entkommen, der direkt durch das Wagenfenster drang. Anschließend floh Strebinger, der bei der Tat keine keine Komplizen hatte, und wollte mit der Straßenbahnlinie O fliehen. In der Straßenbahn konnte er von Fahrer und Zugsführer überwältigt werden. Eine aufgebrachte Menge wollte Strebinger auf der Stelle lynchen und ließ sich nur von mittlerweile eingetroffenen Sicherheitsbeamten mit gezogenen Säbeln abhalten.

Karl Seitz traf um 18 Uhr im Rathaus ein und wurde zum überstandenen Attentat beglückwünscht. Hier wurde er auch einvernommen.

Die Schilderung des Attentats aus Sicht des Bürgermeisters ist überliefert: "Ich saß im Fond des Wagens auf der rechten Seite. Der Wagen hatte sich eben erst in Bewegung gesetzt, als ich eine Detonation hörte. Unwillkürlich drehte ich mich nach links um, um durch das Fenster der Rückwand zu sehen, was geschehen sei. Im selben Augenblick hörte ich eine zweite Detonation. Nun war mir klar, daß jemand mit einem Revolver schießt und daß der Anschlag mir gelten müsse. Es erschien mir darum als das Zweckmäßigste, mich sofort auf den Boden des Wagens zu legen. Von dort riß ich die Wagendecke vom Sitz und hielt sie mir mit erhobenen Armen gespannt nach hinten, um eventuell weitere Schüsse abzuwehren oder ihre Wirkung abzuschwächen. Das Ganze spielte sich in wenigen Augenblicken ab. Ein Schuß ging knapp über meinen Kopf hinweg."[16]

Links

Quellen

Literatur

  • Christian Brandstätter und Günter Treffer: StadtChronik WIEN. Wien: Verlag Christian Brandstätter 1986, Seite 417.
  • Wolfgang Kos und Günter Dinhobl: Großer Bahnhof. Wien und die weite Welt. Wien: Czernin Verlag 2006, Seite 283.

Einzelnachweise

<references>