Robert Musil

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Daten zur Person
Personenname Musil, Robert
Abweichende Namensform
Titel Dipl.-Ing, Dr.phil., Edler
Geschlecht männlich
PageID 14923
GND 118585916
Wikidata
Geburtsdatum 6. November 1880
Geburtsort Klagenfurt
Sterbedatum 15. April 1942
Sterbeort Genf
Beruf Schriftsteller, Bibliothekar
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass Österreichische Nationalbibliothek
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
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Recherche
Letzte Änderung am 4.08.2016 durch WIEN1.lanm09pfo
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • 3., Ungargasse 17 (Wohnadresse)
  • 3., Rasumofskygasse 20 (Wohnadresse)
  • 3., Untere Weißgerberstraße 61 (Wohnadresse)
  • 8., Florianigasse 2 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Kleist-Preis (Verleihung: 1923)
  • Kunstpreis der Stadt Wien (Verleihung: 1924)

Robert (bis 1919 Edler von) Musil, * 6. November 1880 Klagenfurt, † 15. April 1942 Genf, Schriftsteller, Bibliothekar, Gattin (1911) Martha Heimann.

Biographie

Robert Musil wurde am 6. November 1880 in Klagenfurt geboren. Ein Jahr später zog die Familie nach Komotau in Böhmen um; ab 1882 lebten die Musils in Steyr, wo Robert Musil die Volksschule und die erste Klasse des Realgymnasiums besuchte. 1891 übersiedelte die Familie nach Brünn, wo der Vater an der Technischen Hochschule unterrichtete. Robert Musil besuchte zunächst die Realschule. Von seinem Vater für die Offizierslaufbahn bestimmt, wurde er Schüler in der Militär-Unterrealschule in Eisenstadt (1892 - 1894) und später in der Militär-Oberrealschule in Mährisch-Weißkirchen. Der nächste Schritt war die Ausbildung zum Artillerieoffizier an der k.u.k. Technischen Militärakademie in Wien, die er aber abbrach. 1898 inskribierte er an der Deutschen Technischen Hochschule in Brünn; 1901 beendete er das Studium mit dem Ingenieurstitel. Nach dem Wehrdienst in einem Brünner Infanterieregiment, arbeitete zwei Jahre als Assistent an der Technischen Hochschule Stuttgart, begann 1903 ein Stuidum der Philosophie und Psychologie an der Friedrich-Wilhelms-Universität in Berlin. An der Universität Wien schloss er sein Philosophie-Studium 1908 mit einer Dissertation "Beitrag zur Beurteilung der Lehren Machs" ab. Der Erfolg seines Erstlingromans "Die Verwirrungen des Zögling Törleß" (1906), in dem er seine Jahre an den Militärschule verarbeitete, veranlasste ihn, als freier Schriftsteller und Journalist zu arbeiten.

1911 (bis 1914) wurde er Bibliothekar an der Technischen Hochschule Wien. Am 15. April 1911 wurde Hochzeit mit Martha Marcovaldi (1874 - 1949), geborene Heimann, gefeiert. 1914 wurde er Redakteur bei der renommierten Zeitschrift des S. Fischer-Verlages "Neue Rundschau". Als Reserveoffizier wurde er in den Ersten Weltkrieg eingezogen, war zuerst an der Dolomitenfront, dann am Isonzo stationiert. 1916 - 1917 war er federführend an der Herausgabe der "Tiroler Soldatenzeitung" beteiligt, 1918 wurde unter seiner Leitung im Wiener Kriegspressequartier die Zeitung "Heimat" gegründet. Am 15. Januar 1919 wurde er im Archiv des Pressedienstes im Staatsamt für Äußeres angestellt, dessen vorrangige Agenda der Anschluss an Deutschland war. Im April 1920 schied Musil aus dem Außenministerium aus, am 2. September 1920 trat er eine neue Stelle im Staatsamt für Heereswesen an (bis 1922), bei der sich mit Aus- und Weiterbildung im republikanischen Heer beschäftigte. Musil etablierte sich sukzessive als freier Schriftsteller, zuerst als Theaterkritiker der "Prager Presse". Bis 1933 wechselten sich als Wohnort Wien und Berlin ab. In Wien wohnte Musil in der Ungargasse 17 (bis 1921) und Rasumofskygasse 20 (1921-1938; Gedenktafel, enthüllt 28. November 1960) im Dritten Bezirk. Er gehörte zu den Stammgästen der Cafés Herrenhof und Central. Das Drama "Die Schwärmer" (1921), für das Musil 1923 das Kleist-Preis bekam, kam nur, mit Protesten des Autors, in seiner Kurzversion 1929 auf eine Berliner Bühne. Der Komödie "Vinzenz und die Freundin bedeutender Männer" (1924) war erfolgreicher.

In seinem (unvollendet gebliebenen) Hauptwerk, dem Roman "Der Mann ohne Eigenschaften", schildert er in ironischer, fast schmerzhaft genauer Weise den Zerfall der Monarchie. Bei der jahrzehntelangen Arbeit standen im Zentrum von Musils kreisendem Interesse der Krieg und der ihm folgenden Zusammenbruch wie die Begeisterung, die ihm vorangegangen war. Robert Musil verschrieb sich mit der ihm eigenen „Tugend des kühnen Zweifels“ der Herkulesaufgabe, im „babylonische[n] Narrenhaus“ der Vorgeschichte des Krieges ein wenig Ordnung zu machen und Figuren für die verschiedenen Wirkkräfte und Ursachen zu erschaffen, die den Krieg herbeigeführt hatten. Eine der zentralen Leitlinien seines Denkens dabei war, eine gewisse Übersicht über das Ganze zumindest im Roman wieder herzustellen, wenn sie schon in der Wirklichkeit verloren ging. In Musils Konstruktion von „Kakanien“ kam der modernen Gesellschaft ein zentral gestaltender Wille abhanden, es regierte eine Leere , was den verschiedenen Spezialisten die Chance bot, - vom Ganzen losgelöst - das Gesetz des Handelns zu bestimmen.

Musils Werke wurde nach der Machtergreifung des Nationalsozialismus in Deutschland verboten. 1933 kehrte er nach Österreich zurück. Nach dem Einmarsch 1938 emigrierte er nach Zürich, dann nach Genf. 1936 erlitt er einen Schlaganfall, von dem er sich nie mehr richtig erholte. Am 15. April 1942 starb er an einem Hirninfarkt. Seine Asche wurde in einem Wald bei Genf verstreut.

1930 wurde das Erste Buch von "Der Mann ohne Eigenschaften" im Rowohlt-Verlag herausgebracht. Das unvollendete "Zweite Buch" wurde aus dem Nachlass in verschiedenen Ausgaben rekonstruiert. Seine umfangreichen "Tagebücher" wurden 1986 erstmals herausgegeben. 1979 fand der Meraner Antiquar Wolfgang Äußerer in Bozen Autographen aus der Zeit 1914-1916, als Musil dort die "Tiroler Soldatenzeitung" redigierte (heute Teil des literarischen Nachlasses in Wien).

Kleist-Preis (1923), Preis der Stadt Wien (1924), Hauptmann-Preis (1930). Robert-Musil-Gesellschaft (gegründet 11. Juni 1974 in Wien); Robert-Musil-Gedenkstätte (3, Rasumofskygasse 20; 1992 dem Bezirks Museum Landstraße angegliedert). Zeitschrift Musil-Forum (ab 1975). Nachlass Österreichische Nationalbibliothek und Fondation Martin Bodmer Genf (Bibliotheca Bodmeriana); Robert-Musil-Archiv Klagenfurt (Haus der Literatur).

Musilplatz.

Literatur

  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963
  • Das Jahrbuch der Wiener Gesellschaft. Biographische Beiträge zur Wiener Zeitgeschichte. Hg. von Franz Planer. Wien: F. Planer 1929
  • Österreichisches biographisches Lexikon 1815–1950. Hg. von der Österreichischen Akademie der Wissenschaften. Wien: Verlag der Österreichischen Akademie der Wissenschaften / Wien/Graz: Böhlau 1954-lfd.
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
  • Hermann A. Ludwig Degener: Wer ist wer. Unsere Zeitgenossen. Zeitgenossenlexikon enthaltend Biographien nebst Bibliographien. Angaben über Herkunft, Familie, Lebenslauf, Werke, Lieblingsbeschäftigungen, Parteiangehörigkeit, Mitgliedschaft bei Gesellschaften, Adresse. Andere Mitteilungen von allgemeinem Interesse. Berlin-Grunewald: Arani-Verlag 1905-1958
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Walter Pollak [Hg.]: Tausend Jahre Österreich. Eine biographische Chronik. Band 3. Wien / München: Jugend & Volk 1974, S. 332 ff.
  • Roger Willemsen: Robert Musil. Vom intellektuellen Eros. München [u.a.]: Piper 1985
  • Marie-Louise Roth: Robert Musil. Ethik und Ästhetik. Zum theoretischen Werk des Dichters. München [u.a.]: List 1972 (Bibliographie)
  • Karl Dinklage: Robert Musil. In: Tino Erben [Red.]: Traum und Wirklichkeit. Wien 1870 – 1930. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1985 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 93), S. 572 ff.
  • Musil-Studien. Hg. ... in Verbindung mit der Vereinigung Robert-Musil-Archiv Klagenfurt. München / Salzburg: Fink 1971 ff.
  • Karl Corino [Hg.]: Robert Musil. Leben und Werk in Bildern und Texten. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1988
  • Gabi Mejovsek: Gedanken zu Musil und Emerson. In: Tino Erben [Red.]: Traum und Wirklichkeit. Wien 1870 – 1930. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1985 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 93), S. 578 ff.
  • Robert Musil: Gesammelte Werke. Hg. von Adolf Frisé. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1978
  • Adolf Frisé: Plädoyer für Robert Musil. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt 1987
  • Hugo Pepper: Ein Mann mit bemerkenswerten Eigenschaften. Robert Musil. In: Bücherschau 115/1992, S. 3 ff.
  • Otto Wächter: Die Restaurierung und Erhaltung des Nachlasses von Robert Musil. In: Musil-Forum. Studien zur Literatur der klassischen Moderne 2 (1976), S. 203 ff.
  • Briefmarkenabhandlung der Postdirektion anläßlich des Erscheinens von österreichischen Briefmarken, 22.10.1980
  • Milan Dubrovic: Veruntreute Geschichte. Die Wiener Salons und Literatencafés. Wien [u.a.]: Zsolnay 1985, Register
  • Felix Czeike: III. Landstraße. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1984 (Wiener Bezirkskulturführer, 3), S. 49
  • Bühne 4/1992, S. 20 ff., S. 25 ff.
  • Die Zeit 47/1980, S. 72
  • Die Zeit 43/1986, S. 78
  • Zeit-Magazin, 23.09.1988, S. 64 ff.
  • Frankfurter Allgemeine Zeitung, 13.12.1980
  • Profil 45/1988, S. 98 ff.
  • Die Presse, 31.10.1980
  • Die Presse, 11.04.1992 (Beilage)
  • Standard, 20.03.1992

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