Peter Kubelka: Unterschied zwischen den Versionen

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Peter Kubelka wuchs in Taufkirchen an der Pram (Innviertel/Oberösterreich) auf. Nach seinem Umzug nach Wien war er von 1944 bis 1947 Wiener Sängerknabe und österreichischer Juniorenmeister im Diskuswerfen (1953). 1952 bis 1954 studierte Kubelka an der [[Hochschule für Musik und darstellende Kunst]] in Wien. Kubelka drehte in dieser Zeit eine Sportfilmdokumentation, die ihm ein Stipendium des Landes Oberösterreich einbrachte. Mit diesem konnte er an der römischen Filmhochschule "Centro Sperimentale di Cinematografia" von 1954 bis 1956 das Regie-Studium absolvieren.  
 
Peter Kubelka wuchs in Taufkirchen an der Pram (Innviertel/Oberösterreich) auf. Nach seinem Umzug nach Wien war er von 1944 bis 1947 Wiener Sängerknabe und österreichischer Juniorenmeister im Diskuswerfen (1953). 1952 bis 1954 studierte Kubelka an der [[Hochschule für Musik und darstellende Kunst]] in Wien. Kubelka drehte in dieser Zeit eine Sportfilmdokumentation, die ihm ein Stipendium des Landes Oberösterreich einbrachte. Mit diesem konnte er an der römischen Filmhochschule "Centro Sperimentale di Cinematografia" von 1954 bis 1956 das Regie-Studium absolvieren.  
  
Kubelkas Bestreben war es, den Film von der Knechtschaft des Geschichtenerzählens zu befreien. Vor diesem Hintergrund entwickelte er unter anderem die Technik des "metrischen Films" – ein Begriff, den er aus der Musik übernahm. Diese Technik bildete wiederum die Grundlage für den strukturellen Film der 1960er und 1970er Jahre. Kubelka knüpfte an die Avantgardefilme der 1920er und 1930er Jahre (Dziga Wertov, Man Ray) an und betonte stets, dass das Einfachste, das Essenzielle, das den Film ausmache, Ton und Schweigen, Licht und Dunkelheit seien.
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Kubelkas Bestreben war es, den Film von der Knechtschaft des Geschichtenerzählens zu befreien. Vor diesem Hintergrund entwickelte er unter anderem die Technik des "metrischen Films" – ein Begriff, den er aus der Musik übernahm: Wie in der Musik die Notenwerte das Metrum vorgeben, so werden bei Kubelkas metrischen Filmen die einzelnen Einstellungen als Zeiteinheiten verstanden. Diese Technik bildete wiederum die Grundlage für den strukturellen Film der 1960er und 1970er Jahre. Kubelka knüpfte an die Avantgardefilme der 1920er und 1930er Jahre (Dziga Wertov, Man Ray) an und betonte stets, dass das Einfachste, das Essenzielle, das den Film ausmache, Ton und Schweigen, Licht und Dunkelheit seien.
  
 
Der erste experimentelle Film "Mosaik im Vertrauen" entstand 1955 gemeinsam mit Ferry Radax. Kennengelernt hatten sich die beiden 1953 an der Wiener Filmakademie, die damals noch als Abendschule organisiert war. Die metrischen Filme "Adebar" (1957), "Schwechater" (1958) und "Arnulf Rainer" (1960) sind heute Klassiker der österreichischen Filmgeschichte. Im Mai 1960 schockte Peter Kubelka das Wiener Publikum mit sechseinhalb Minuten audiovisueller, scheinbarer Anarchie: Sein Experimentalfilm "Arnulf Rainer" erforscht die vier Elemente des Kinematografischen – Licht, Dunkelheit, Ton, Stille. "Unsere Afrika-Reise" (1966) setzte Maßstäbe für den Tonfilm. In seiner theoretischen Arbeit definierte er die Grundlagen des Films als autonomes künstlerisches Medium.  
 
Der erste experimentelle Film "Mosaik im Vertrauen" entstand 1955 gemeinsam mit Ferry Radax. Kennengelernt hatten sich die beiden 1953 an der Wiener Filmakademie, die damals noch als Abendschule organisiert war. Die metrischen Filme "Adebar" (1957), "Schwechater" (1958) und "Arnulf Rainer" (1960) sind heute Klassiker der österreichischen Filmgeschichte. Im Mai 1960 schockte Peter Kubelka das Wiener Publikum mit sechseinhalb Minuten audiovisueller, scheinbarer Anarchie: Sein Experimentalfilm "Arnulf Rainer" erforscht die vier Elemente des Kinematografischen – Licht, Dunkelheit, Ton, Stille. "Unsere Afrika-Reise" (1966) setzte Maßstäbe für den Tonfilm. In seiner theoretischen Arbeit definierte er die Grundlagen des Films als autonomes künstlerisches Medium.  
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Bereits in den späten 1950er Jahren organisierte Kubelka Filmveranstaltungen für die Internationalen Kunstgespräche der Galerie nächst St. Stephan in Wien, 1964 gründete er mit [[Peter Konlechner]] das [[Österreichisches Filmmuseum|Österreichische Filmmuseum]].  
 
Bereits in den späten 1950er Jahren organisierte Kubelka Filmveranstaltungen für die Internationalen Kunstgespräche der Galerie nächst St. Stephan in Wien, 1964 gründete er mit [[Peter Konlechner]] das [[Österreichisches Filmmuseum|Österreichische Filmmuseum]].  
  
Seit Mitte der Sechzigerjahre hielt Kubelka kulturtheoretische Vorlesungen an zahlreichen europäischen und amerikanischen Universitäten, in denen das Kochen als kommunikatives künstlerisches Medium im Mittelpunkt stand. Legendär waren seine kunsttheoretischen Vorträge und Symposien wie beispielsweise "Ursprung und Zukunft des Designs am Beispiel Essen und Trinken" in Bremen. Das Kochen ist für Kubelka die älteste schöpferische Tätigkeit des Menschen. 1980 wurde er Professor für Film und war Inhaber des einzigen deutschen Lehrstuhls für "Film und Kochen als Kunstgattung" an der Kunsthochschule (Städelschule) in Frankfurt am Main, als deren Rektor er für einige Jahre fungierte. Als Anhänger des "historischen Kochens", das Kubelka analog der historischen Aufführungspraxis in der Musik sieht, besorgte er 2006 die Neuauflage von F. G. Zenkers Kochbuch "Nicht mehr als sechs Schüsseln" aus dem Jahr 1820.
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Seit Mitte der 1960er Jahre hielt Kubelka kulturtheoretische Vorlesungen an zahlreichen europäischen und amerikanischen Universitäten, in denen das Kochen als kommunikatives künstlerisches Medium im Mittelpunkt stand. Legendär waren seine kunsttheoretischen Vorträge und Symposien wie beispielsweise "Ursprung und Zukunft des Designs am Beispiel Essen und Trinken" in Bremen. Das Kochen ist für Kubelka die älteste schöpferische Tätigkeit des Menschen. 1980 wurde er Professor für Film und war Inhaber des einzigen deutschen Lehrstuhls für "Film und Kochen als Kunstgattung" an der Kunsthochschule (Städelschule) in Frankfurt am Main, als deren Rektor er für einige Jahre fungierte. Als Anhänger des "historischen Kochens", das Kubelka analog der historischen Aufführungspraxis in der Musik sieht, besorgte er 2006 die Neuauflage von F. G. Zenkers Kochbuch "Nicht mehr als sechs Schüsseln" aus dem Jahr 1820.
  
 
Anlässlich Kubelkas 80. Geburtstags zeigte das [[Österreichisches Filmmuseum|Filmmuseum]] 2014 eine Retrospektive seines Filmschaffens.
 
Anlässlich Kubelkas 80. Geburtstags zeigte das [[Österreichisches Filmmuseum|Filmmuseum]] 2014 eine Retrospektive seines Filmschaffens.
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==Literatur==
 
==Literatur==
  
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* [http://idiommag.com/2013/05/i-built-then-my-ecstasy-on-peter-kubelkas-cinema/ Michael Metzger: I Built Then My Ecstasy: On Peter Kubelka’s Cinema. In: Idiom, 03.05.2013] [Stand: 23.07.2018]
 
*Stefan Grissemann / Alexander Horwath / Regina Schlagnitweit: Was ist Film. Peter Kubelkas Zyklisches Programm im Österreichischen Filmmuseum. Wien: FilmmuseumSynemaPublikationen 2010
 
*Stefan Grissemann / Alexander Horwath / Regina Schlagnitweit: Was ist Film. Peter Kubelkas Zyklisches Programm im Österreichischen Filmmuseum. Wien: FilmmuseumSynemaPublikationen 2010
 
*Michael Loebenstein: Kulturdiplomatie der anderen Art. In: Dziga Vertov. Die Vertov-Sammlung im Österreichischen Filmmuseum. Hg. von Thomas Tode / Barbara Wurm. Wien: FilmmuseumSynemaPublikationen 2006, S. 51-62
 
*Michael Loebenstein: Kulturdiplomatie der anderen Art. In: Dziga Vertov. Die Vertov-Sammlung im Österreichischen Filmmuseum. Hg. von Thomas Tode / Barbara Wurm. Wien: FilmmuseumSynemaPublikationen 2006, S. 51-62
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*[https://web.archive.org/web/20060622204601/http://www.offscreen.com/biblio/essays/interview_kubelka Andre Habib / Frederick Pelletier / Vincent Bouchard / Simon Galiero: An Interview with Peter Kubelka]. In: Offscreen Volume 9, Issue 11, 30.11.2005) [Stand: 23.07.2018]
 
*Gabriele Jutz / Peter Tscherkassky [Hg.]: Peter Kubelka. Wien: PVS 1995
 
*Gabriele Jutz / Peter Tscherkassky [Hg.]: Peter Kubelka. Wien: PVS 1995
 
*Christian Lebrat: Peter Kubelka. Paris: Paris Expérimental 1990
 
*Christian Lebrat: Peter Kubelka. Paris: Paris Expérimental 1990
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*Tanzquartier Wien: [http://tq000006.host.inode.at/Content.Node/de/buehne/spielplan/293.php?ver_id=296 ADEBAR / KUBELKA.] [Stand: 13.06.2018]
 
*Tanzquartier Wien: [http://tq000006.host.inode.at/Content.Node/de/buehne/spielplan/293.php?ver_id=296 ADEBAR / KUBELKA.] [Stand: 13.06.2018]
 
*Kunstaspekte: [https://web.archive.org/web/20060213025917/http://kunstaspekte.de/index.php?action=webpages&k=1895 Peter Kubelka.] [Stand: 13.06.2018]
 
*Kunstaspekte: [https://web.archive.org/web/20060213025917/http://kunstaspekte.de/index.php?action=webpages&k=1895 Peter Kubelka.] [Stand: 13.06.2018]
*Mekas Jonas: [https://web.archive.org/web/20060622204601/http://www.offscreen.com/biblio/essays/interview_kubelka An Interview with Peter Kubelka]. In: Film Culture 44 (1967), S. 43 [Stand: 12.06.2018]
 
  
 
== Links ==
 
== Links ==

Version vom 23. Juli 2018, 16:07 Uhr

Daten zur Person
Personenname Kubelka, Peter
Abweichende Namensform
Titel Prof.
Geschlecht männlich
PageID 37362
GND 119027569
Wikidata
Geburtsdatum 23. März 1934
Geburtsort Wien
Sterbedatum
Sterbeort
Beruf Experimentalfilmer, Publizist, Fotograf
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 23.07.2018 durch DYN.rabus


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Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Goldenes Verdienstzeichen des Landes Wien (Verleihung: 11. Dezember 2001, Übernahme: 17. Jänner 2002)
  • Ehrenzeichen für Wissenschaft und Kunst (Verleihung: 2005)
  • Internationaler Eckart Witzigmann Preis (Verleihung: 2012)
  • Großer Österreichischer Staatspreis (Verleihung: 1980)
  • Ehrenmitglied des FIAF (Féderation International des Archives du Film) (Verleihung: 2006)
  • Goldenes Ehrenzeichen für Verdienste um das Land Wien (Verleihung: 21. Oktober 2014, Übernahme: 6. Mai 2015)


  • Professor an der Städelschule in Frankfurt am Main (1978 bis 2000)
  • Rektor Städelschule/Frankfurt am Main (1985 bis 1988)
  • Direktor des Österreichischen Filmmuseums (1964 bis 2001)

Peter Kubelka, * 23. März 1934 Wien, Experimentalfilmer, Publizist, Fotograf, Mitbegründer und Ko-Direktor des Österreichischen Filmmuseums.

Biografie

Peter Kubelka wuchs in Taufkirchen an der Pram (Innviertel/Oberösterreich) auf. Nach seinem Umzug nach Wien war er von 1944 bis 1947 Wiener Sängerknabe und österreichischer Juniorenmeister im Diskuswerfen (1953). 1952 bis 1954 studierte Kubelka an der Hochschule für Musik und darstellende Kunst in Wien. Kubelka drehte in dieser Zeit eine Sportfilmdokumentation, die ihm ein Stipendium des Landes Oberösterreich einbrachte. Mit diesem konnte er an der römischen Filmhochschule "Centro Sperimentale di Cinematografia" von 1954 bis 1956 das Regie-Studium absolvieren.

Kubelkas Bestreben war es, den Film von der Knechtschaft des Geschichtenerzählens zu befreien. Vor diesem Hintergrund entwickelte er unter anderem die Technik des "metrischen Films" – ein Begriff, den er aus der Musik übernahm: Wie in der Musik die Notenwerte das Metrum vorgeben, so werden bei Kubelkas metrischen Filmen die einzelnen Einstellungen als Zeiteinheiten verstanden. Diese Technik bildete wiederum die Grundlage für den strukturellen Film der 1960er und 1970er Jahre. Kubelka knüpfte an die Avantgardefilme der 1920er und 1930er Jahre (Dziga Wertov, Man Ray) an und betonte stets, dass das Einfachste, das Essenzielle, das den Film ausmache, Ton und Schweigen, Licht und Dunkelheit seien.

Der erste experimentelle Film "Mosaik im Vertrauen" entstand 1955 gemeinsam mit Ferry Radax. Kennengelernt hatten sich die beiden 1953 an der Wiener Filmakademie, die damals noch als Abendschule organisiert war. Die metrischen Filme "Adebar" (1957), "Schwechater" (1958) und "Arnulf Rainer" (1960) sind heute Klassiker der österreichischen Filmgeschichte. Im Mai 1960 schockte Peter Kubelka das Wiener Publikum mit sechseinhalb Minuten audiovisueller, scheinbarer Anarchie: Sein Experimentalfilm "Arnulf Rainer" erforscht die vier Elemente des Kinematografischen – Licht, Dunkelheit, Ton, Stille. "Unsere Afrika-Reise" (1966) setzte Maßstäbe für den Tonfilm. In seiner theoretischen Arbeit definierte er die Grundlagen des Films als autonomes künstlerisches Medium.

Bereits in den späten 1950er Jahren organisierte Kubelka Filmveranstaltungen für die Internationalen Kunstgespräche der Galerie nächst St. Stephan in Wien, 1964 gründete er mit Peter Konlechner das Österreichische Filmmuseum.

Seit Mitte der 1960er Jahre hielt Kubelka kulturtheoretische Vorlesungen an zahlreichen europäischen und amerikanischen Universitäten, in denen das Kochen als kommunikatives künstlerisches Medium im Mittelpunkt stand. Legendär waren seine kunsttheoretischen Vorträge und Symposien wie beispielsweise "Ursprung und Zukunft des Designs am Beispiel Essen und Trinken" in Bremen. Das Kochen ist für Kubelka die älteste schöpferische Tätigkeit des Menschen. 1980 wurde er Professor für Film und war Inhaber des einzigen deutschen Lehrstuhls für "Film und Kochen als Kunstgattung" an der Kunsthochschule (Städelschule) in Frankfurt am Main, als deren Rektor er für einige Jahre fungierte. Als Anhänger des "historischen Kochens", das Kubelka analog der historischen Aufführungspraxis in der Musik sieht, besorgte er 2006 die Neuauflage von F. G. Zenkers Kochbuch "Nicht mehr als sechs Schüsseln" aus dem Jahr 1820.

Anlässlich Kubelkas 80. Geburtstags zeigte das Filmmuseum 2014 eine Retrospektive seines Filmschaffens.

Werke

  • Peter Kubelka: Petit Festival Georges Méliès. Wien: Österreichisches Filmmuseum 1964
  • Peter Konlechner / Peter Kubelka: Sergej Michailowitsch Eisenstein. Wien: Österreichisches Filmmuseum 1964
  • Peter Kubelka filmt Arnulf Rainer. Stuttgart / London / Reykjavik / Bolzano: H. Mayer 1974
  • F. G. Zenker: Nicht mehr als sechs Schüsseln. Peter Kubelka [Hg.]. Wien: Czernin 2006
  • Peter Kubelka / Elsbeth Wallnöfer: Von heiligen Orten und heiligen Seelen. Wien: Böhlau 2007
  • Bodo Hell / Peter Kubelka: Herbe Garbe, Weiberkittel. Wien: Marmelade 2008
  • Johann Kräftner / Peter Kubelka: Das Stadtpalais der Liechtenstein. Geschichte und Restaurierung des fürstlichen Palais in der Wiener Bankgasse. Wien: Brandstätter 2015

Literatur

Links