Meldewesen: Unterschied zwischen den Versionen

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Meldewesen. Es wurzelt im Personenrecht und jenem Bereich der Verwaltung des Mittelalters, der fremden- und. sicherheitspolizeilichen Aufgaben umfasste. Während das Stadtrecht Leopolds VI. von 1221 noch zwischen Bürgern und Gästen unterschied, beschränkte sich die Stadtordnung Ferdinands I. von 1526 auf die Nennung von Bürgern, Inwohnern und Tagwerkern und ließ Fremde unberücksichtigt. Die Entscheidung über den Aufenthalt von Fremden lag im Mittelalter beim Bürgermeister und Rat. Die Meldung über die Anwesenheit eines Fremden bedeutete zugleich dessen Aufenthaltsgenehmigung; andernfalls erfolgte nach gerichtlicher Untersuchung die „Abschaffung" (Verweisung). Das Fehlen einer Meldepflicht für die ansässige Bevölkerung wurde durch Häuservisitationen ersetzt, die von Beschreibungs- und Visitationskommissären vorgenommen wurden, die nach der Einführung der Meldepflicht auch für Teile der ansässigen Bevölkerung (Anfang 18. Jahrhundert) für die Einhaltung der Meldevorschriften zu sorgen hatten. Ab 1624 lassen sich von den Hauseigentümern vorzunehmende „Beschreibungen" nachweisen, die von der Behörde angeordnet wurden. Die älteren melderechtlichen Vorschriften standen im Zusammenhang mit Gefahren, die der Stadt aus dem unkontrollierten Aufenthalt von Fremden drohen konnten (Brandstiftung, Epidemien [Pest], Vagabunden, Bettler, Spione); beispielsweise schreibt die Feuerordnung von 1458 ausdrücklich vor, dass niemand beherbergt werden dürfe, der nicht „ain policen von dem purgermaister" besitze, und die Infektionsordnung von 1551 wurde zur Grundlage späterer Sanitärkontrollen.  
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Meldewesen. Es wurzelt im Personenrecht und jenem Bereich der Verwaltung des Mittelalters, der fremden- und. sicherheitspolizeilichen Aufgaben umfasste. Während das [[Stadtrecht]] [[Leopold VI.|Leopolds VI.]] von 1221 noch zwischen Bürgern und Gästen unterschied, beschränkte sich die Stadtordnung [[Ferdinand I. (Heiliges Römisches Reich)|Ferdinands I.]] von 1526 auf die Nennung von Bürgern, Inwohnern und Tagwerkern und ließ Fremde unberücksichtigt. Die Entscheidung über den Aufenthalt von Fremden lag im Mittelalter beim [[Bürgermeister]] und Rat. Die Meldung über die Anwesenheit eines Fremden bedeutete zugleich dessen Aufenthaltsgenehmigung; andernfalls erfolgte nach gerichtlicher Untersuchung die "Abschaffung" (Verweisung). Das Fehlen einer Meldepflicht für die ansässige Bevölkerung wurde durch Häuservisitationen ersetzt, die von Beschreibungs- und Visitationskommissären vorgenommen wurden, die nach der Einführung der Meldepflicht auch für Teile der ansässigen Bevölkerung (Anfang 18. Jahrhundert) für die Einhaltung der Meldevorschriften zu sorgen hatten. Ab 1624 lassen sich von den Hauseigentümern vorzunehmende "Beschreibungen" nachweisen, die von der Behörde angeordnet wurden. Die älteren melderechtlichen Vorschriften standen im Zusammenhang mit Gefahren, die der Stadt aus dem unkontrollierten Aufenthalt von Fremden drohen konnten (Brandstiftung, Epidemien [Pest], Vagabunden, Bettler, Spione); beispielsweise schreibt die Feuerordnung von 1458 ausdrücklich vor, dass niemand beherbergt werden dürfe, der nicht ''"ain policen von dem purgermaister"'' besitze, und die Infektionsordnung von 1551 wurde zur Grundlage späterer Sanitärkontrollen.  
  
Am 15. Juli 1564 erließ Ferdinand I. eine Instruktion für den Stadtanwalt zur Handhabung der polizeilichen Ordnung, die für die Entwicklung des Polizeiwesens von Wien von größter Bedeutung wurde; erstmals ist von einer schriftlichen Anmeldung von Fremden mittels „zetln" die Rede. Am 7. Juni 1597 wurde verordnet, dass jeder, der einen Fremden aufnehme, diesen auf je einem Zettel dem Oberst der Stadtguardia beziehungsweise dem Bürgermeister (in den Vorstädten dem  Grundrichter) zu melden habe; Verstöße sollten mit dem Entzug des Bürgerrechts geahndet werden. Mit Patent der Niederösterreichischen Regierung vom 18. März 1660 wurde eine Generalbeschreibung aller ansässigen Bewohner der Stadt und der Vorstädte angeordnet, ebenso 1663 von Leopold I. (zu erfassen waren neben Name und Adresse auch Beruf und Religion), der diese Anordnung mehrfach erneuerte (beispielsweise 1696). In die Meldepflicht wurden nun auch die Landkutscher eingebunden, die ihre Passagiere dem Bürgermeister zu melden hatten.  
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Am 15. Juli 1564 erließ Ferdinand I. eine Instruktion für den Stadtanwalt zur Handhabung der polizeilichen Ordnung, die für die Entwicklung des Polizeiwesens von Wien von größter Bedeutung wurde; erstmals ist von einer schriftlichen Anmeldung von Fremden mittels ''"zetln"'' die Rede. Am 7. Juni 1597 wurde verordnet, dass jeder, der einen Fremden aufnehme, diesen auf je einem Zettel dem Oberst der [[Stadtguardia]] beziehungsweise dem Bürgermeister (in den Vorstädten dem  Grundrichter) zu melden habe; Verstöße sollten mit dem Entzug des Bürgerrechts geahndet werden. Mit Patent der Niederösterreichischen Regierung vom 18. März 1660 wurde eine Generalbeschreibung aller ansässigen Bewohner der Stadt und der Vorstädte angeordnet, ebenso 1663 von [[Leopold I.|Leopold I.]] (zu erfassen waren neben Name und Adresse auch Beruf und Religion), der diese Anordnung mehrfach erneuerte (beispielsweise 1696). In die Meldepflicht wurden nun auch die Landkutscher eingebunden, die ihre Passagiere dem Bürgermeister zu melden hatten.  
  
Über Anordnung der Niederösterreichischen Regierung vom 9. Oktober 1703 richtete die Stadt im (alten) Rathaus und bei der Schranne am Hohen Markt geheime Anzeigestellen ein, während mit Regierungsdekret vom 26. Oktober 1703 eigene Viertel- und Gassenkommissäre aufgestellt wurden, die später einer Sicherheitskommission unterstellt wurden; da auch personelle Veränderungen bei Dienstboten, Kost- und Bettgehern zu melden waren, war die Meldepflicht auf die ansässige Bevölkerung ausgedehnt. Das Dekret Karls VI. vom 12. Februar 1722 weitete das Prinzip der Anzeige des Aufenthaltswechsels auf sämtliche Inleute aus. Mit Dekret vom 18. Juni 1751 führte die Niederösterreichische Regierung getrennte Meldeformulare für Standespersonen und „gemeine Leute" ein, getrennt nach bereits anwesenden und neu ankommenden Personen. Im Zuge der zentralistischen Verwaltungsreformen Maria Theresias, die auch das Polizei- und Meldewesen erfassten, wurden 1754 zugleich mit der Errichtung des Anzeigenamts (einem Vorläufer des Meldeamts) bürgerliche Unterkommissionäre eingesetzt, die die Einhaltung der Meldevorschriften überwachten; die Grundrichter hatten die bei ihnen einlaufenden Zettel zweimal pro Tag an die Repräsentation und Kammer einzusenden.  
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Über Anordnung der Niederösterreichischen Regierung vom 9. Oktober 1703 richtete die Stadt im (alten) [[Altes Rathaus|Rathaus]] und bei der [[Schranne]] am [[Hoher Markt|Hohen Markt]] geheime Anzeigestellen ein, während mit Regierungsdekret vom 26. Oktober 1703 eigene Viertel- und Gassenkommissäre aufgestellt wurden, die später einer Sicherheitskommission unterstellt wurden; da auch personelle Veränderungen bei Dienstboten, Kost- und Bettgehern zu melden waren, war die Meldepflicht auf die ansässige Bevölkerung ausgedehnt. Das Dekret [[Karl VI|Karls VI.]] vom 12. Februar 1722 weitete das Prinzip der Anzeige des Aufenthaltswechsels auf sämtliche Inleute aus. Mit Dekret vom 18. Juni 1751 führte die Niederösterreichische Regierung getrennte Meldeformulare für Standespersonen und "gemeine Leute" ein, getrennt nach bereits anwesenden und neu ankommenden Personen. Im Zuge der zentralistischen Verwaltungsreformen [[Maria Theresia]]s, die auch das Polizei- und Meldewesen erfassten, wurden 1754 zugleich mit der Errichtung des Anzeigenamts (einem Vorläufer des Meldeamts) bürgerliche Unterkommissionäre eingesetzt, die die Einhaltung der Meldevorschriften überwachten; die Grundrichter hatten die bei ihnen einlaufenden Zettel zweimal pro Tag an die Repräsentation und Kammer einzusenden.  
  
War das Meldewesen bis zu diesem Zeitpunkt rein sicherheitspolizeilicher Natur, so wurde es mit dem Konskriptionsgesetz vom 27. Mai 1771 zur Grundlage der allgemeinen Verwaltung ausgeweitet (Evidenthaltung der Bevölkerung); die Registrierung von Personen erfolgte als Voraussetzung für die Aufgabenstellungen des modernen Verwaltungsstaats, zunächst insbesondere zwecks Neuorganisation des Rekrutierungswesens (ab 1771 [[Häusernumerierung]], ab 1804 Anlage der [[Konskriptionsbogen]]). 1776 wurde durch das Polizeiverfassungsgesetz für jeden der vier in der Stadt und der acht in den Vorstädten eingerichteten Polizeibezirke ein Bezirksaufseher (ab 1. Jänner 1791 ein Bezirksdirektor) bestellt, dem unter anderem die Leitung des Meldewesens übertragen wurde. Der in der damaligen Zeit oftmalige Wohnungswechsel erschwerte die Überwachung beträchtlich. Der Bezirksdirektor hatte ein nach Häusern, Stockwerken und Wohnungen unterteiltes „Hauptbezirksprotokoll" zu führen, in dem er alle Bewohner zu verzeichnen hatte. Im Strafgesetzbuch von 1803 wurden Verstöße gegen die Meldevorschriften als schwere Polizeiübertretungen geahndet. Am 16. Mai 1849 wurden die Vorschriften den geänderten Bevölkerungs- und Zeitverhältnissen angepasst, wobei nunmehr Untermietern und Bettgehern stärkeres Augenmerk gewidmet wurde; für Dienstboten blieb die Dienstbotenordnung vom 1. Mai 1810 gültig.  
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War das Meldewesen bis zu diesem Zeitpunkt rein sicherheitspolizeilicher Natur, so wurde es mit dem Konskriptionsgesetz vom 27. Mai 1771 zur Grundlage der allgemeinen Verwaltung ausgeweitet (Evidenthaltung der Bevölkerung); die Registrierung von Personen erfolgte als Voraussetzung für die Aufgabenstellungen des modernen Verwaltungsstaats, zunächst insbesondere zwecks Neuorganisation des Rekrutierungswesens (ab 1771 [[Häusernumerierung]], ab 1804 Anlage der [[Konskriptionsbogen]]). 1776 wurde durch das Polizeiverfassungsgesetz für jeden der vier in der Stadt und der acht in den Vorstädten eingerichteten Polizeibezirke ein Bezirksaufseher (ab 1. Jänner 1791 ein Bezirksdirektor) bestellt, dem unter anderem die Leitung des Meldewesens übertragen wurde. Der in der damaligen Zeit oftmalige Wohnungswechsel erschwerte die Überwachung beträchtlich. Der Bezirksdirektor hatte ein nach Häusern, Stockwerken und Wohnungen unterteiltes "Hauptbezirksprotokoll" zu führen, in dem er alle Bewohner zu verzeichnen hatte. Im Strafgesetzbuch von 1803 wurden Verstöße gegen die Meldevorschriften als schwere Polizeiübertretungen geahndet. Am 16. Mai 1849 wurden die Vorschriften den geänderten Bevölkerungs- und Zeitverhältnissen angepasst, wobei nunmehr Untermietern und Bettgehern stärkeres Augenmerk gewidmet wurde; für Dienstboten blieb die Dienstbotenordnung vom 1. Mai 1810 gültig.  
  
Die neue Meldevorschrift von 1849 wurde am 23. Dezember 1859 durch eine Verordnung der Niederösterreichischen Statthalterei ergänzt, die An- und Abmeldungen bei Übersiedlungen genauer regelte. Zuständig für die Führung des Meldewesens war die Polizei, für die in den Jahren 1849 bis 1914 zahlreiche Erlässe und Verordnungen für die Durchführung erlassen wurden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die melderechtliche Erfassung der Bevölkerung so weit fortgeschritten und das Meldenetz so engmaschig geknüpft, dass am 5. August 1889 im Zentralmeldeamt der k. k. Polizeidirektion. ein Wohnungsauskunftsdienst eingerichtet werden konnte, der unentgeltlich Auskünfte erteilte. Zusammengefasst bildeten diese das Fundament der "Instruktion für Polizeiorgane. Vorschriften über das polizeiliche Meldewesen" aus dem Jahr 1920.
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Die neue Meldevorschrift von 1849 wurde am 23. Dezember 1859 durch eine Verordnung der Niederösterreichischen Statthalterei ergänzt, die An- und Abmeldungen bei Übersiedlungen genauer regelte. Zuständig für die Führung des Meldewesens war die Polizei, für die in den Jahren 1849 bis 1914 zahlreiche Erlässe und Verordnungen für die Durchführung erlassen wurden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die melderechtliche Erfassung der Bevölkerung so weit fortgeschritten und das Meldenetz so engmaschig geknüpft, dass am 5. August 1889 im Zentralmeldeamt der k. k. Polizeidirektion. ein Wohnungsauskunftsdienst eingerichtet werden konnte, der unentgeltlich Auskünfte erteilte. Zusammengefasst bildeten diese das Fundament der "Instruktion für Polizeiorgane. Vorschriften über das polizeiliche Meldewesen" aus dem Jahr 1920.</br>
Meldepflichtig waren die Eigentümer oder Hausverwalter für jede Hauptmieterpartei innerhalb von 24 Stunden, wobei verheiratete Frauen, wenn sie mit dem Gatten zusammen gewohnt haben, üblicherweise nicht mit einer eigenen Meldung registriert waren, sondern auf dem Meldezettel ihres Gatten als mitgemeldet aufgenommen wurden. Das galt auch für minderjährige Kinder unter 18 Jahren, wenn sie mit den Eltern zusammen wohnten. Hauptmieter hingegen waren meldepflichtig für Untermieter , Bettgeher, Lehrlinge, Dienstboten oder Verwandte, im Prinzip für alle, die entgeltlich oder unentgeltlich in der Wohnung wochen- oder monatsweise aufgenommen wurden, ebenso für Kinder, die das 18. Lebensjahr überschritten hatten und somit mit einem eigenen Meldezettel angemeldet werden mussten. Für Gastwirte, Pensions- und Hotelbetreiber galt die Vorschrift, ein eigenes Fremdenbuch zu führen und ihre Gäste mit eigenen Hotelmeldezettel zu melden. Vermieter von Geschäftslokalen hatten jene Firmeninhaber, welche nicht im selben Haus wohnten oder deren Firmenwortlaut nicht den vollen Namen des Geschäftsinhabers aufwies, mit einem "Meldezettel für Geschäftslokale" anzumelden. Diese Geschäftsregister wurden bis 1941 geführt.  
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Meldepflichtig waren die Eigentümer oder Hausverwalter für jede Hauptmieterpartei innerhalb von 24 Stunden, wobei verheiratete Frauen, wenn sie mit dem Gatten zusammen gewohnt haben, üblicherweise nicht mit einer eigenen Meldung registriert waren, sondern auf dem Meldezettel ihres Gatten als mitgemeldet aufgenommen wurden. Das galt auch für minderjährige Kinder unter 18 Jahren, wenn sie mit den Eltern zusammen wohnten. Hauptmieter hingegen waren meldepflichtig für Untermieter, Bettgeher, Lehrlinge, Dienstboten oder Verwandte, im Prinzip für alle, die entgeltlich oder unentgeltlich in der Wohnung wochen- oder monatsweise aufgenommen wurden, ebenso für Kinder, die das 18. Lebensjahr überschritten hatten und somit mit einem eigenen Meldezettel angemeldet werden mussten. Für Gastwirte, Pensions- und Hotelbetreiber galt die Vorschrift, ein eigenes Fremdenbuch zu führen und ihre Gäste mit eigenen Hotelmeldezettel zu melden. Vermieter von Geschäftslokalen hatten jene Firmeninhaber, welche nicht im selben Haus wohnten oder deren Firmenwortlaut nicht den vollen Namen des Geschäftsinhabers aufwies, mit einem "Meldezettel für Geschäftslokale" anzumelden. Diese Geschäftsregister wurden bis 1941 geführt.  
  
In den Polizeikommissariaten wurden die abgegebenen Meldezettel nach Geschlecht, nach Haupt- und Unterparteien geordnet und jeden Tag an das Zentralmeldeamt geschickt. Ein Exemplar jedes Meldezettels blieb im Kommissariat, eines kam im Zentralmeldeamt, eines wurde dem Zentral-Wahlkataster für die Wählerevidenz weitergegeben und ein Exemplar erhielt schließlich die Partei zurück. Ebenso oblag es der Polizei, täglich die Hotelzettel ("Meldezettel für Reisende") von den Betrieben einzusammeln und an das Zentralmeldungsamt weiter zu leiten. Ergänzungen erfuhren die Meldezettel durch die amtliche Verzeichnung von Geburten, Trauungen und Todesfälle sowie sonstige Veränderungen im Personenstand wie Scheidung, Namensänderungen, Legitimierungen, Adoptionen und so weiter. Von den matrikenführenden Stellen wurden dazu Verzeichnisse von Geburten und Trauungen an die Kommissariate gesandt, die auf Grund dieser Informationen "Geburtszettel" und "Trauzettel" anfertigten.  
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In den [[Polizeikommissariate]]n wurden die abgegebenen Meldezettel nach Geschlecht, nach Haupt- und Unterparteien geordnet und jeden Tag an das Zentralmeldeamt geschickt. Ein Exemplar jedes Meldezettels blieb im Kommissariat, eines kam im Zentralmeldeamt, eines wurde dem Zentral-Wahlkataster für die Wählerevidenz weitergegeben und ein Exemplar erhielt schließlich die Partei zurück. Ebenso oblag es der Polizei, täglich die Hotelzettel ("Meldezettel für Reisende") von den Betrieben einzusammeln und an das Zentralmeldungsamt weiter zu leiten. Ergänzungen erfuhren die Meldezettel durch die amtliche Verzeichnung von Geburten, Trauungen und Todesfälle sowie sonstige Veränderungen im Personenstand wie Scheidung, Namensänderungen, Legitimierungen, Adoptionen und so weiter. Von den matrikenführenden Stellen wurden dazu Verzeichnisse von Geburten und Trauungen an die Kommissariate gesandt, die auf Grund dieser Informationen "Geburtszettel" und "Trauzettel" anfertigten.  
  
In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Meldevorschriften verschärft, um eine lückenlose Erfassung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dies sollte dem Zugriff auf alle Wehrpflichtigen garantieren, andererseits auch die Ausforschung und Vertreibung von "Nicht-Ariern" ermöglichen. Die Reichsmeldeverordnung (Gesetz über das Paß-, das Ausländerpolizei- und das Meldewesen sowie über das Ausweiswesen vom 11. Mai 1937 , RGBl. I. S. 589, Reichsmeldeverordnung vom 6. Jänner 1938, RGBl. S. 13) wurde am 1.1.1941 in den "Reichsgauen der Ostmark" in Kraft gesetzt, im Jahr 1941 wurden die bisher verwendeten Meldezettel auf die im Deutschen Reich vorgeschriebenen Formulare umgestellt. Jede Person erhielt eine eigene Karteikarte, wobei verheiratete Frauen und Kinder unter 15 Jahren weiterhin auf der Meldung des Gatten bzw. Elternteils eingetragen werden konnten. Auf dieser Kartei war auch die sonst nicht vorgesehene Angabe der Abstammung und der Eltern vorgesehen
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In der Zeit des [[Nationalsozialismus]] wurden die Meldevorschriften verschärft, um eine lückenlose Erfassung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dies sollte dem Zugriff auf alle Wehrpflichtigen garantieren, andererseits auch die Ausforschung und Vertreibung von "Nicht-Ariern" ermöglichen. Die Reichsmeldeverordnung (Gesetz über das Paß-, das Ausländerpolizei- und das Meldewesen sowie über das Ausweiswesen vom 11. Mai 1937 , RGBl. I. S. 589, Reichsmeldeverordnung vom 6. Jänner 1938, RGBl. S. 13) wurde am 1.1.1941 in den "Reichsgauen der Ostmark" in Kraft gesetzt, im Jahr 1941 wurden die bisher verwendeten Meldezettel auf die im Deutschen Reich vorgeschriebenen Formulare umgestellt. Jede Person erhielt eine eigene Karteikarte, wobei verheiratete Frauen und Kinder unter 15 Jahren weiterhin auf der Meldung des Gatten bzw. Elternteils eingetragen werden konnten. Auf dieser Kartei war auch die sonst nicht vorgesehene Angabe der Abstammung und der Eltern vorgesehen
  
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Melderecht ab 1945 mehrfach durch Bundesgesetze geregelt; die Meldegesetznovelle vom 26. September 1985 signalisierte den Übergang zur elektronischen Datenverarbeitung.
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Nach dem Ende des [[Zweiter Weltkrieg|Zweiten Weltkriegs]] wurde das Melderecht ab 1945 mehrfach durch Bundesgesetze geregelt; die Meldegesetznovelle vom 26. September 1985 signalisierte den Übergang zur elektronischen Datenverarbeitung.  
 
 
Die historischen Meldeunterlagen (ab etwa 1910) befinden sich seit 1977 (Einrichtung des Meldearchivs unter der Direktion von Felix Czeike) im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Sie werden vor allem für rechtliche Fragen im Rahmen der Amtshilfe und Rechtsangelegenheiten zur Klärung herangezogen: Ganz besonders ist dabei die Aufarbeitung des komplexen Themas Arisierung –Vertreibung – Vermögensentziehung in der Zeit des Nationalsozialismus mit allen Facetten und daraus abzuleitenden Ansprüchen zu nennen. In vielen Fällen sind die Meldezettel der einzige Nachweis von Flucht, Vertreibung oder Deportation, für Zwangsarbeit, erlittene Freiheitsbeschränkungen und Berufsschäden. Aberr auch der Anspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Anrechnebarkeit von Kindererziehungsjahren auf die Pension werden über Meldeunterlagen dokumentiert. Hauptmotive der Benützung der Meldeunterlagen  ist die familiengeschichtliche Forschung bzw. Forschung nach Einzelpersonen aus wissenschaftlichem oder auch privatem Interesse.
 
  
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Die historischen Meldeunterlagen (ab etwa 1910) befinden sich seit 1977 (Einrichtung des Meldearchivs unter der Direktion von [[Felix Czeike]]) im [[Wiener Stadt- und Landesarchiv]]. Sie werden vor allem für rechtliche Fragen im Rahmen der Amtshilfe und Rechtsangelegenheiten zur Klärung herangezogen: Ganz besonders ist dabei die Aufarbeitung des komplexen Themas Arisierung –Vertreibung – Vermögensentziehung in der Zeit des Nationalsozialismus mit allen Facetten und daraus abzuleitenden Ansprüchen zu nennen. In vielen Fällen sind die Meldezettel der einzige Nachweis von Flucht, Vertreibung oder Deportation, für Zwangsarbeit, erlittene Freiheitsbeschränkungen und Berufsschäden. Aberr auch der Anspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Anrechnebarkeit von Kindererziehungsjahren auf die Pension werden über Meldeunterlagen dokumentiert. Hauptmotive der Benützung der Meldeunterlagen  ist die familiengeschichtliche Forschung bzw. Forschung nach Einzelpersonen aus wissenschaftlichem oder auch privatem Interesse.
  
  
 
== Literatur ==
 
== Literatur ==
 
* Herbert Koch: Wohnhaft in Wien. Geschichte und Bedeutung des Meldewesens. Kleinausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1986 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, 14)
 
* Herbert Koch: Wohnhaft in Wien. Geschichte und Bedeutung des Meldewesens. Kleinausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1986 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, 14)
*Michaela Laichmann: Die historischen Meldeunterlagen im Wiener Stadt- und Landesarchiv, in: Die Vermessung Wiens. Lehmanns Adressbücher 1859 - 1942, herausgegeben von Sylvia Mattl-Wurm und Alfred Pfoser. Wien 2011.
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*Michaela Laichmann: Die historischen Meldeunterlagen im Wiener Stadt- und Landesarchiv, in: Die Vermessung Wiens. Lehmanns Adressbücher 1859 - 1942, herausgegeben von Sylvia Mattl-Wurm und Alfred Pfoser. Wien 2011

Version vom 26. Mai 2015, 08:10 Uhr

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Meldewesen. Es wurzelt im Personenrecht und jenem Bereich der Verwaltung des Mittelalters, der fremden- und. sicherheitspolizeilichen Aufgaben umfasste. Während das Stadtrecht Leopolds VI. von 1221 noch zwischen Bürgern und Gästen unterschied, beschränkte sich die Stadtordnung Ferdinands I. von 1526 auf die Nennung von Bürgern, Inwohnern und Tagwerkern und ließ Fremde unberücksichtigt. Die Entscheidung über den Aufenthalt von Fremden lag im Mittelalter beim Bürgermeister und Rat. Die Meldung über die Anwesenheit eines Fremden bedeutete zugleich dessen Aufenthaltsgenehmigung; andernfalls erfolgte nach gerichtlicher Untersuchung die "Abschaffung" (Verweisung). Das Fehlen einer Meldepflicht für die ansässige Bevölkerung wurde durch Häuservisitationen ersetzt, die von Beschreibungs- und Visitationskommissären vorgenommen wurden, die nach der Einführung der Meldepflicht auch für Teile der ansässigen Bevölkerung (Anfang 18. Jahrhundert) für die Einhaltung der Meldevorschriften zu sorgen hatten. Ab 1624 lassen sich von den Hauseigentümern vorzunehmende "Beschreibungen" nachweisen, die von der Behörde angeordnet wurden. Die älteren melderechtlichen Vorschriften standen im Zusammenhang mit Gefahren, die der Stadt aus dem unkontrollierten Aufenthalt von Fremden drohen konnten (Brandstiftung, Epidemien [Pest], Vagabunden, Bettler, Spione); beispielsweise schreibt die Feuerordnung von 1458 ausdrücklich vor, dass niemand beherbergt werden dürfe, der nicht "ain policen von dem purgermaister" besitze, und die Infektionsordnung von 1551 wurde zur Grundlage späterer Sanitärkontrollen.

Am 15. Juli 1564 erließ Ferdinand I. eine Instruktion für den Stadtanwalt zur Handhabung der polizeilichen Ordnung, die für die Entwicklung des Polizeiwesens von Wien von größter Bedeutung wurde; erstmals ist von einer schriftlichen Anmeldung von Fremden mittels "zetln" die Rede. Am 7. Juni 1597 wurde verordnet, dass jeder, der einen Fremden aufnehme, diesen auf je einem Zettel dem Oberst der Stadtguardia beziehungsweise dem Bürgermeister (in den Vorstädten dem Grundrichter) zu melden habe; Verstöße sollten mit dem Entzug des Bürgerrechts geahndet werden. Mit Patent der Niederösterreichischen Regierung vom 18. März 1660 wurde eine Generalbeschreibung aller ansässigen Bewohner der Stadt und der Vorstädte angeordnet, ebenso 1663 von Leopold I. (zu erfassen waren neben Name und Adresse auch Beruf und Religion), der diese Anordnung mehrfach erneuerte (beispielsweise 1696). In die Meldepflicht wurden nun auch die Landkutscher eingebunden, die ihre Passagiere dem Bürgermeister zu melden hatten.

Über Anordnung der Niederösterreichischen Regierung vom 9. Oktober 1703 richtete die Stadt im (alten) Rathaus und bei der Schranne am Hohen Markt geheime Anzeigestellen ein, während mit Regierungsdekret vom 26. Oktober 1703 eigene Viertel- und Gassenkommissäre aufgestellt wurden, die später einer Sicherheitskommission unterstellt wurden; da auch personelle Veränderungen bei Dienstboten, Kost- und Bettgehern zu melden waren, war die Meldepflicht auf die ansässige Bevölkerung ausgedehnt. Das Dekret Karls VI. vom 12. Februar 1722 weitete das Prinzip der Anzeige des Aufenthaltswechsels auf sämtliche Inleute aus. Mit Dekret vom 18. Juni 1751 führte die Niederösterreichische Regierung getrennte Meldeformulare für Standespersonen und "gemeine Leute" ein, getrennt nach bereits anwesenden und neu ankommenden Personen. Im Zuge der zentralistischen Verwaltungsreformen Maria Theresias, die auch das Polizei- und Meldewesen erfassten, wurden 1754 zugleich mit der Errichtung des Anzeigenamts (einem Vorläufer des Meldeamts) bürgerliche Unterkommissionäre eingesetzt, die die Einhaltung der Meldevorschriften überwachten; die Grundrichter hatten die bei ihnen einlaufenden Zettel zweimal pro Tag an die Repräsentation und Kammer einzusenden.

War das Meldewesen bis zu diesem Zeitpunkt rein sicherheitspolizeilicher Natur, so wurde es mit dem Konskriptionsgesetz vom 27. Mai 1771 zur Grundlage der allgemeinen Verwaltung ausgeweitet (Evidenthaltung der Bevölkerung); die Registrierung von Personen erfolgte als Voraussetzung für die Aufgabenstellungen des modernen Verwaltungsstaats, zunächst insbesondere zwecks Neuorganisation des Rekrutierungswesens (ab 1771 Häusernumerierung, ab 1804 Anlage der Konskriptionsbogen). 1776 wurde durch das Polizeiverfassungsgesetz für jeden der vier in der Stadt und der acht in den Vorstädten eingerichteten Polizeibezirke ein Bezirksaufseher (ab 1. Jänner 1791 ein Bezirksdirektor) bestellt, dem unter anderem die Leitung des Meldewesens übertragen wurde. Der in der damaligen Zeit oftmalige Wohnungswechsel erschwerte die Überwachung beträchtlich. Der Bezirksdirektor hatte ein nach Häusern, Stockwerken und Wohnungen unterteiltes "Hauptbezirksprotokoll" zu führen, in dem er alle Bewohner zu verzeichnen hatte. Im Strafgesetzbuch von 1803 wurden Verstöße gegen die Meldevorschriften als schwere Polizeiübertretungen geahndet. Am 16. Mai 1849 wurden die Vorschriften den geänderten Bevölkerungs- und Zeitverhältnissen angepasst, wobei nunmehr Untermietern und Bettgehern stärkeres Augenmerk gewidmet wurde; für Dienstboten blieb die Dienstbotenordnung vom 1. Mai 1810 gültig.

Die neue Meldevorschrift von 1849 wurde am 23. Dezember 1859 durch eine Verordnung der Niederösterreichischen Statthalterei ergänzt, die An- und Abmeldungen bei Übersiedlungen genauer regelte. Zuständig für die Führung des Meldewesens war die Polizei, für die in den Jahren 1849 bis 1914 zahlreiche Erlässe und Verordnungen für die Durchführung erlassen wurden. Gegen Ende des 19. Jahrhunderts war die melderechtliche Erfassung der Bevölkerung so weit fortgeschritten und das Meldenetz so engmaschig geknüpft, dass am 5. August 1889 im Zentralmeldeamt der k. k. Polizeidirektion. ein Wohnungsauskunftsdienst eingerichtet werden konnte, der unentgeltlich Auskünfte erteilte. Zusammengefasst bildeten diese das Fundament der "Instruktion für Polizeiorgane. Vorschriften über das polizeiliche Meldewesen" aus dem Jahr 1920.
Meldepflichtig waren die Eigentümer oder Hausverwalter für jede Hauptmieterpartei innerhalb von 24 Stunden, wobei verheiratete Frauen, wenn sie mit dem Gatten zusammen gewohnt haben, üblicherweise nicht mit einer eigenen Meldung registriert waren, sondern auf dem Meldezettel ihres Gatten als mitgemeldet aufgenommen wurden. Das galt auch für minderjährige Kinder unter 18 Jahren, wenn sie mit den Eltern zusammen wohnten. Hauptmieter hingegen waren meldepflichtig für Untermieter, Bettgeher, Lehrlinge, Dienstboten oder Verwandte, im Prinzip für alle, die entgeltlich oder unentgeltlich in der Wohnung wochen- oder monatsweise aufgenommen wurden, ebenso für Kinder, die das 18. Lebensjahr überschritten hatten und somit mit einem eigenen Meldezettel angemeldet werden mussten. Für Gastwirte, Pensions- und Hotelbetreiber galt die Vorschrift, ein eigenes Fremdenbuch zu führen und ihre Gäste mit eigenen Hotelmeldezettel zu melden. Vermieter von Geschäftslokalen hatten jene Firmeninhaber, welche nicht im selben Haus wohnten oder deren Firmenwortlaut nicht den vollen Namen des Geschäftsinhabers aufwies, mit einem "Meldezettel für Geschäftslokale" anzumelden. Diese Geschäftsregister wurden bis 1941 geführt.

In den Polizeikommissariaten wurden die abgegebenen Meldezettel nach Geschlecht, nach Haupt- und Unterparteien geordnet und jeden Tag an das Zentralmeldeamt geschickt. Ein Exemplar jedes Meldezettels blieb im Kommissariat, eines kam im Zentralmeldeamt, eines wurde dem Zentral-Wahlkataster für die Wählerevidenz weitergegeben und ein Exemplar erhielt schließlich die Partei zurück. Ebenso oblag es der Polizei, täglich die Hotelzettel ("Meldezettel für Reisende") von den Betrieben einzusammeln und an das Zentralmeldungsamt weiter zu leiten. Ergänzungen erfuhren die Meldezettel durch die amtliche Verzeichnung von Geburten, Trauungen und Todesfälle sowie sonstige Veränderungen im Personenstand wie Scheidung, Namensänderungen, Legitimierungen, Adoptionen und so weiter. Von den matrikenführenden Stellen wurden dazu Verzeichnisse von Geburten und Trauungen an die Kommissariate gesandt, die auf Grund dieser Informationen "Geburtszettel" und "Trauzettel" anfertigten.

In der Zeit des Nationalsozialismus wurden die Meldevorschriften verschärft, um eine lückenlose Erfassung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dies sollte dem Zugriff auf alle Wehrpflichtigen garantieren, andererseits auch die Ausforschung und Vertreibung von "Nicht-Ariern" ermöglichen. Die Reichsmeldeverordnung (Gesetz über das Paß-, das Ausländerpolizei- und das Meldewesen sowie über das Ausweiswesen vom 11. Mai 1937 , RGBl. I. S. 589, Reichsmeldeverordnung vom 6. Jänner 1938, RGBl. S. 13) wurde am 1.1.1941 in den "Reichsgauen der Ostmark" in Kraft gesetzt, im Jahr 1941 wurden die bisher verwendeten Meldezettel auf die im Deutschen Reich vorgeschriebenen Formulare umgestellt. Jede Person erhielt eine eigene Karteikarte, wobei verheiratete Frauen und Kinder unter 15 Jahren weiterhin auf der Meldung des Gatten bzw. Elternteils eingetragen werden konnten. Auf dieser Kartei war auch die sonst nicht vorgesehene Angabe der Abstammung und der Eltern vorgesehen

Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs wurde das Melderecht ab 1945 mehrfach durch Bundesgesetze geregelt; die Meldegesetznovelle vom 26. September 1985 signalisierte den Übergang zur elektronischen Datenverarbeitung.

Die historischen Meldeunterlagen (ab etwa 1910) befinden sich seit 1977 (Einrichtung des Meldearchivs unter der Direktion von Felix Czeike) im Wiener Stadt- und Landesarchiv. Sie werden vor allem für rechtliche Fragen im Rahmen der Amtshilfe und Rechtsangelegenheiten zur Klärung herangezogen: Ganz besonders ist dabei die Aufarbeitung des komplexen Themas Arisierung –Vertreibung – Vermögensentziehung in der Zeit des Nationalsozialismus mit allen Facetten und daraus abzuleitenden Ansprüchen zu nennen. In vielen Fällen sind die Meldezettel der einzige Nachweis von Flucht, Vertreibung oder Deportation, für Zwangsarbeit, erlittene Freiheitsbeschränkungen und Berufsschäden. Aberr auch der Anspruch auf die österreichische Staatsbürgerschaft oder die Anrechnebarkeit von Kindererziehungsjahren auf die Pension werden über Meldeunterlagen dokumentiert. Hauptmotive der Benützung der Meldeunterlagen ist die familiengeschichtliche Forschung bzw. Forschung nach Einzelpersonen aus wissenschaftlichem oder auch privatem Interesse.


Literatur

  • Herbert Koch: Wohnhaft in Wien. Geschichte und Bedeutung des Meldewesens. Kleinausstellung des Wiener Stadt- und Landesarchivs. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1986 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe B: Ausstellungskataloge, 14)
  • Michaela Laichmann: Die historischen Meldeunterlagen im Wiener Stadt- und Landesarchiv, in: Die Vermessung Wiens. Lehmanns Adressbücher 1859 - 1942, herausgegeben von Sylvia Mattl-Wurm und Alfred Pfoser. Wien 2011