Hermann Neubacher: Unterschied zwischen den Versionen

Aus Wien Geschichte Wiki
Wechseln zu:Navigation, Suche
(Die Seite wurde neu angelegt: „{{Person |Personenname=Neubacher, Hermann |Titel=Forsting.-Dipl.; Dr. der Bodenkultur |Geschlecht=männlich |Geburtsdatum=24.06.1893 |Geburtsort=Pinsdorf bei W…“)
 
 
(33 dazwischenliegende Versionen von 14 Benutzern werden nicht angezeigt)
Zeile 1: Zeile 1:
 
{{Person
 
{{Person
 
|Personenname=Neubacher, Hermann
 
|Personenname=Neubacher, Hermann
|Titel=Forsting.-Dipl.; Dr. der Bodenkultur
+
|Titel=Dipl.-Ing; Dr.
 
|Geschlecht=männlich
 
|Geschlecht=männlich
|Geburtsdatum=24.06.1893
+
|Geburtsdatum=1893/06/24
|Geburtsort=Pinsdorf bei Wels, Oberösterreich
+
|Geburtsort=Wels
|Sterbedatum=02.12.1960
+
|Sterbedatum=1960/12/02
 +
|Sterbedatum unbekannt=Nein
 
|Sterbeort=Wien
 
|Sterbeort=Wien
|Beruf=Wirtschaftsfachmann
+
|Beruf=Politiker
 
|Parteizugehörigkeit=Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
 
|Parteizugehörigkeit=Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
|Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
+
|Objektbezug=Zwischenkriegszeit; Zweiter Weltkrieg; NS-Zeit
 +
|Quelle=Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien; Gedenktage-NG
 +
|Grabstelle aufgelassen=Nein
 +
|WikidataID=Q112462
 +
|GND=120150700
 +
|Familiäre Beziehung={{Familie
 +
|Verwandtschaftsgrad=ist verheiratet oder verpartnert mit
 +
|Name=Karoline Löschnig
 
}}
 
}}
Neubacher Hermann, * 24. Juni 1893 Pinsdorf bei Wels, Oberösterreich, † 2. Juli 1960 (laut Standesamt Penzing [heute HietzingJ, Sterbebuch 4922/60) Wien, Wirtschaftsfachmann, Gattin (1920) Karoline Löschnig ( * 21. Jänner 1898 Marburg). Studierte an der Hochschule für Bodenkultur (Forsting.-Dipl. 1919, Dr. der Bodenkultur 1920), trat in die Holzindustrie ein und brachte es bis zum Generaldirektor der GESIBA, die am kommunalen Wohnbau der 20er Jahre wesentlich beteiligt war; er wirkte auch als Berater des Österreichischen Werkbunds mit. Politisch dem deutschnationalen Lager nahestehend (Gründungsmitglied des Deutsch-österreichischen Volksbunds, ab 1933 illegales Mitglied der NSDAP, nach dem nationalsozialistischen Putschversuch 1934 ein Jahr in Haft), wurde er am 13. März 1938 zum Bürgermeister der Stadt Wien bestellt und übte diese Funktion bis 14. Dezmber 1940 aus; gleichzeitig wurde er SA-Obergruppenführer. 1940 wurde Neubacher Gesandter in Bukarest und Athen, 1943 Bevollmächtigter beim Militärbefehlshaber Serbiens in Belgrad. Nach erfolgter Aussage im Nürnberger Prozeß wurde er an Jugoslawien ausgeliefert, dort 1951 zu 20 Jahren Kerker verurteilt, jedoch aus Gesundheitsgründen bereits 1952 entlassen, worauf er sich eine neue Existenz schuf (ab 1954 Berater und Verwaltungskommissar des Negus für die Hauptstadt Addis Abeba, deren Ausbau er organisierte, ab 1956 Konsulent der Österreichischen Industrie-
+
|Funktion={{Funktion
und Bergbaugesellschaft in Wien).
+
|Funktion=Bürgermeister der Stadt Wien
 +
|Funktion von=13.03.1938
 +
|Funktion bis=14.12.1940
 +
}}{{Funktion
 +
|Funktion=Generaldirektor der GESIBA
 +
|Funktion von=1924
 +
}}
 +
|Bildname=HermannNeubacher.jpg
 +
|Bildunterschrift=Bürgermeister Hermann Neubacher
 +
|Bildquelle=AT-WStLA, Fotosammlung allgemein, FC - Positive C 135-2
 +
|Bildrechte=CC BY-NC-ND 4.0
 +
}}
 +
Hermann Neubacher, * 24. Juni 1893 Wels, † 2. Juli 1960 Wien, Wirtschaftsfachmann, Politiker.  
 +
 
 +
==Biografie==
 +
Neubacher studierte an der [[Universität für Bodenkultur|Hochschule für Bodenkultur]] (Diplom 1919, Dr. der Bodenkultur 1920) und trat in die Holzindustrie ein. 1921 wechselte er in die Geschäftsführung der [[Gesiba|GESIBA]], die am kommunalen Wohnbau der 1920er Jahre wesentlich beteiligt war. 1924 übernahm er als Generaldirektor die Leitung des Unternehmens; er wirkte auch als Berater des [[Österreichischer Werkbund|Österreichischen Werkbunds]] mit.  
 +
 
 +
Politisch stand Neubacher dem [[Deutschnationale Bewegung|deutschnationalen Lager]] nahe, war Gründungsmitglied des deutsch-österreichischen Volksbunds, ab 1933 illegales Mitglied der [[NSDAP]] und verlor nach dem [[Juliputsch|nationalsozialistischen Putschversuch]] 1934 die meisten seiner wirtschaftlichen Funktionen. 1935/1936 verbrachte er ein Jahr in Haft in Wien und Wöllersdorf, wofür er 1944 den "Blutorden" erhielt. In Folge arbeitete er in Berlin für die I.G.-Farben, zuständig für Südosteuropa und Österreich. Über all diese Jahre pflegte er engen Kontakt auch zu [[Christlichsoziale Partei|christlichsozialen]] und [[Sozialdemokratie|sozialdemokratischen]] Politikern.
 +
 
 +
Er wurde kurz nach dem "[[Anschluss]]" am 13. März 1938 zum [[Bürgermeister]] der Stadt Wien bestellt und übte diese Funktion bis 14. Dezember 1940 aus. Allerdings bedeutete diese Funktion ab Mai 1939 nur eine Gauleiter [[Josef Bürckel]] nachgeordnete Rolle, die er bis Dezember 1940 ausübte. Bereits im Jänner 1940 war er als "Sonderbeauftragter für Wirtschaftsfragen" an die Deutsche Gesandtschaft in Bukarest entsandt worden. 1941 wurde dieser "Sonderauftrag" auf ganz Südosteuropa ausgedehnt. Im Oktober 1942 avancierte Neubacher zum Bevollmächtigten des Deutschen Reiches für Griechenland, wo er sich unter anderem um die Eindämmung der Hyperinflation kümmerte. Er erlangte Einfluss auf die Besatzungspolitik in ganz Südosteuropa.
 +
 
 +
1945 geriet er in US-amerikanische Gefangenschaft und sagte im Nürnberger Prozess zum Fall [[Ernst Kaltenbrunner|Kaltenbrunner]] aus. Im Anschluss wurde er an Jugoslawien ausgeliefert und dort 1951 zu 20 Jahren Kerker verurteilt, jedoch aus Gesundheitsgründen bereits 1952 entlassen, worauf er sich eine neue Existenz aufbaute. Er wirkte zunächst als Bauunternehmer in Salzburg, ab 1954 als Berater und Verwaltungskommissar des Negus (Kaiser von Äthiopien) für die Hauptstadt Addis Abeba, deren Ausbau er organisierte. Nach seiner Rückkehr nach Österreich im Jahr 1956 fungierte er als Konsulent der Österreichischen Industrie-und Bergbaugesellschaft in Wien.
 +
 
 +
==Quellen==
 +
*[http://wais.wien.gv.at//archive.xhtml?id=Akt+++++8F8C068A-4B49-47AC-A869-D9883C0641F9lanm08ber#Akt_____8F8C068A-4B49-47AC-A869-D9883C0641F9lanm08ber Wiener Stadt- und Landesarchiv, Volksgericht Wien, A1: Vg 8c Vr 222/1953]
 +
*[https://search.wienbibliothek.at/permalink/f/1t3elt5/WBR_alma2154474810004516 Wienbibliothek, Tagblattarchiv: Neubacher, Hermann [Sign.: TP-035822<nowiki>]</nowiki>]
  
== Literatur ==
+
==Literatur==
* Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. Band 2: I-R. München: A. Francke 1974
+
* Gerhard Botz: Nationalsozialismus in Wien. Machtübernahme, Herrschaftssicherung, Radikalisierung 1938/39. Neuauflage. Wien: Mandelbaum 2008, S. 82 ff.  
* Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik, Wien: Ueberreuter 1992
+
* Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
* Handbuch der Stadt Wien. Band 98, Wien: Verlag für Jugend und Volk 1983/84, H/225
+
* Handbuch der Stadt Wien. Band 98 (1983/1984). Wien: Verlag für Jugend und Volk 1983, S. II/225
 
* Felix Czeike: Wien und seine Bürgermeister. Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1974, S. 443 f., S. 446
 
* Felix Czeike: Wien und seine Bürgermeister. Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1974, S. 443 f., S. 446
 +
* Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. Band 2: I−R. München: A. Francke 1974

Aktuelle Version vom 20. November 2023, 11:18 Uhr

Bürgermeister Hermann Neubacher
Daten zur Person
Personenname Neubacher, Hermann
Abweichende Namensform
Titel Dipl.-Ing, Dr.
Geschlecht männlich
PageID 16980
GND 120150700
Wikidata Q112462
Geburtsdatum 24. Juni 1893
Geburtsort Wels
Sterbedatum 2. Dezember 1960
Sterbeort Wien
Beruf Politiker
Parteizugehörigkeit Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug Zwischenkriegszeit, Zweiter Weltkrieg, NS-Zeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage-NG
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 20.11.2023 durch WIEN1.lanm09krs
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
Bildname HermannNeubacher.jpg
Bildunterschrift Bürgermeister Hermann Neubacher

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Bürgermeister der Stadt Wien (13.03.1938 bis 14.12.1940)
  • Generaldirektor der GESIBA (1924)

Hermann Neubacher, * 24. Juni 1893 Wels, † 2. Juli 1960 Wien, Wirtschaftsfachmann, Politiker.

Biografie

Neubacher studierte an der Hochschule für Bodenkultur (Diplom 1919, Dr. der Bodenkultur 1920) und trat in die Holzindustrie ein. 1921 wechselte er in die Geschäftsführung der GESIBA, die am kommunalen Wohnbau der 1920er Jahre wesentlich beteiligt war. 1924 übernahm er als Generaldirektor die Leitung des Unternehmens; er wirkte auch als Berater des Österreichischen Werkbunds mit.

Politisch stand Neubacher dem deutschnationalen Lager nahe, war Gründungsmitglied des deutsch-österreichischen Volksbunds, ab 1933 illegales Mitglied der NSDAP und verlor nach dem nationalsozialistischen Putschversuch 1934 die meisten seiner wirtschaftlichen Funktionen. 1935/1936 verbrachte er ein Jahr in Haft in Wien und Wöllersdorf, wofür er 1944 den "Blutorden" erhielt. In Folge arbeitete er in Berlin für die I.G.-Farben, zuständig für Südosteuropa und Österreich. Über all diese Jahre pflegte er engen Kontakt auch zu christlichsozialen und sozialdemokratischen Politikern.

Er wurde kurz nach dem "Anschluss" am 13. März 1938 zum Bürgermeister der Stadt Wien bestellt und übte diese Funktion bis 14. Dezember 1940 aus. Allerdings bedeutete diese Funktion ab Mai 1939 nur eine Gauleiter Josef Bürckel nachgeordnete Rolle, die er bis Dezember 1940 ausübte. Bereits im Jänner 1940 war er als "Sonderbeauftragter für Wirtschaftsfragen" an die Deutsche Gesandtschaft in Bukarest entsandt worden. 1941 wurde dieser "Sonderauftrag" auf ganz Südosteuropa ausgedehnt. Im Oktober 1942 avancierte Neubacher zum Bevollmächtigten des Deutschen Reiches für Griechenland, wo er sich unter anderem um die Eindämmung der Hyperinflation kümmerte. Er erlangte Einfluss auf die Besatzungspolitik in ganz Südosteuropa.

1945 geriet er in US-amerikanische Gefangenschaft und sagte im Nürnberger Prozess zum Fall Kaltenbrunner aus. Im Anschluss wurde er an Jugoslawien ausgeliefert und dort 1951 zu 20 Jahren Kerker verurteilt, jedoch aus Gesundheitsgründen bereits 1952 entlassen, worauf er sich eine neue Existenz aufbaute. Er wirkte zunächst als Bauunternehmer in Salzburg, ab 1954 als Berater und Verwaltungskommissar des Negus (Kaiser von Äthiopien) für die Hauptstadt Addis Abeba, deren Ausbau er organisierte. Nach seiner Rückkehr nach Österreich im Jahr 1956 fungierte er als Konsulent der Österreichischen Industrie-und Bergbaugesellschaft in Wien.

Quellen

Literatur

  • Gerhard Botz: Nationalsozialismus in Wien. Machtübernahme, Herrschaftssicherung, Radikalisierung 1938/39. Neuauflage. Wien: Mandelbaum 2008, S. 82 ff.
  • Isabella Ackerl / Friedrich Weissensteiner: Österreichisches Personenlexikon der Ersten und Zweiten Republik. Wien: Ueberreuter 1992
  • Handbuch der Stadt Wien. Band 98 (1983/1984). Wien: Verlag für Jugend und Volk 1983, S. II/225
  • Felix Czeike: Wien und seine Bürgermeister. Sieben Jahrhunderte Wiener Stadtgeschichte. Wien [u.a.]: Jugend & Volk 1974, S. 443 f., S. 446
  • Biographisches Wörterbuch zur deutschen Geschichte. Begründet von Hellmuth Rössler und Günther Franz, bearbeitet von Karl Bosl [u.a.]. Band 2: I−R. München: A. Francke 1974