Gestapoleitstelle Wien

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Daten zum Eintrag
Datum von 1938
Datum bis 1945
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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48° 12' 36.51" N, 16° 21' 54.83" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Gestapoleitstelle Wien. Am 15. März 1938 errichtete Reinhard Heydrich im Auftrag von Heinrich Himmler (Reichsführer SS und Chef der Deutschen Polizei) die Gestapoleitstelle Wien, die de facto sämtliche politisch-polizeilichen Aufgaben der österreichischen Generaldirektion für die öffentliche Sicherheit übernahm (Gestapo, Gebäude). Der Amtsbereich der Gestapoleitstelle Wien erstreckte sich 1938-1945 auf das Gebiet von „Groß-Wien" sowie das gesamte Territorium von Niederösterreich, auf Teile von Südmähren (mit Znaim) und das nördliche Burgenland (mit Eisenstadt); in diesem Amtsbereich bestanden drei Außendienststellen (St. Pölten, Wiener Neustadt, Znaim) sowie drei Grenzpolizeikommissariate (Eisenstadt, Gmünd, Wien).

Personal

Der Personalstand der Gestapo betrug 800-950 Personen, knapp die Hälfte der in der „Ostmark" stationierten Gestapoangehörigen (der Anteil der Österreicher am Personal der Wiener Dienststelle betrug 1938-1942 rund 95%, 1942-1944 rund 84% und 1944/1945 80,6%, der Anteil an den Führungskräften stieg von 68,3% [1938] auf 82,2% [1945]). Die Mehrzahl der Gestapoangehörigen (70-97%) versah vor 1938 Dienst bei der österreichischen Polizei (davon 50-60% als Kriminal- und 30-40% als Sicherheitswachebeamte), der Rest kam von der Bundesgendarmerie.

Aufgaben

Der Schwerpunkt der „politischen Gegnerbekämpfung" lag 1938-1945 nicht auf dem Gebiet der organisierten Opposition, sondern bei „Arbeitsdelikten" (Arbeitsvertragsbruch, Verstöße gegen Betriebs- und Arbeitsregelungen und dergleichen) sowie bei der Bekämpfung krimineller Delikte ausländischer Arbeiter. Zwischen September 1938 und Juni 1944 wurden 47.348 Festnahmen durchgeführt, darunter 30.881 wegen „Arbeitsvertragsbruchs" und ähnlichen Delikte (65,2%). Auf Festnahmen wegen „kommunistischer Aktivitäten" entfielen 3.571 (7,9%), auf solche wegen „reaktionärer", „legitimistischer" oder sonstiger oppositioneller Handlungen 2.945 (6,2%). „Judenangelegenheiten" spielten mit 1.902 Festnahmen (4%) deshalb eine geringere Rolle, weil bis März 1943 die „Zentralstelle für jüdische Auswanderung" einen Großteil der Amtshandlungen (einschließlich Festnahmen und Inhaftierungen) durchführte und die Gestapoleitstelle Wien diese Agenden erst zu diesem Zeitpunkt übernahm. Die Berliner Oberbehörde maß im Amtsbereich der Gestapoleitstelle Wien der Bekämpfung kommunistischer Aktivitäten und der Spionagebekämpfung die höchste Bedeutung bei. Im Gesamtkomplex der „politische Gegnerbekämpfung" zählte die Gestapoleitstelle Wien zu den zuverlässigsten und engagiertesten Gestapodienststellen im deutschen Herrschaftsbereich. Bei den Ermittlungen der Wiener Gestapo kamen jene Methoden und Mittel zum Einsatz, von denen die Gestapoangehörigen überzeugt waren, dass sie zu einer „zufriedenstellenden" Aufklärung der Tatbestände führen würden; viele Häftlinge trugen derart schwere Verletzungen davon, dass sie in der Gerichtshaft, in Strafanstalten oder Konzentrationslagern daran starben, zahlreiche andere trugen lebenslange physische oder psychische Schäden davon.

Literatur

  • Franz Weisz: Die geheime Staatspolizei Staatspolizeileitstelle Wien 1938 - 1945. Organisation, Arbeitsweise und personale Belange. Diss. Univ. Wien. Wien 1991
  • Franz Weisz: Die Gestapo in Wien. In: Archiv. Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Arbeiterbewegung 8 (1992), S. 210 ff.
  • Franz Weisz: Die Gestapoleitstelle Wien. In: Wiener Geschichtsblätter 47 (1992), 231 ff.
  • Thomas Mang: "Gestapo-Leitstelle Wien - Mein Name ist Huber". Wer trug die lokale Verantwortung für den Mord an den Juden Wiens? Münster: LIT-Verlag 2003 (Schriftenreihe des Dokumentationsarchivs des österreichischen Widerstandes zu Widerstand, NS-Verfolgung und Nachkriegsaspekten, 1)
  • Johanna Mertinz / Winfried R. Garscha [Hg.]: Mut, Mut - noch lebe ich. Die Kassiber der Elfriede Hartmann aus der Gestapo-Haft. Wien: Mandelbaum-Verlag 2013

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