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Angehörige eines über die ganze Erde verbreiteten, in Landesgruppen (Großlogen, Großoriente) und örtliche Logen („Bauhütten"), jedoch ohne weltweite Dachorganisation gegliederten Männerbundes. Die Großloge von Österreich mit Sitz in Wien umfaßt (1993) über 50 als Vereine gemeldete, in den drei symbolischen Graden arbeitenden Logen mit fast 3.000 Mitgliedern (Logenbrüdern) in allen Bundesländern außer Vorarlberg. Die Freimaurer verstehen sich nicht als geheime, sondern als „geschlossene" Gesellschaft, die Verschwiegenheit über Gebräuche und Logenangehörige bewahrt. Die Freimaurerei leitet sich in der heutigen Form von den Dombauhütten des Mittelalters ab; manche ihrer Riten und Symbole gehen auf antike Mysterienbünde und alttestamentarische Inhalte zurück. Sie verbindet Ideen der Aufklärung mit esoterischen Elementen zu einem Gedankengebäude, dessen Prinzipien Humanität, Liberalität und Toleranz sind, symbolisiert im salomonischen „Tempel der allgemeinen Menschenliebe", an dem der Freimaurer arbeitet. Die meisten Großlogen, auch die von Österreich, orientieren sich an den 1723 von James Anderson für die Großloge von England formulierten „Alten Pflichten" („Old Charges"). Erster Bruder in Österreich soll [[Franz Stephan von Lothringen]] gewesen sein, der 1731 in Den Haag (damals österreichische Niederlande) von einer eigens aus London angereisten Delegation aufgenommen wurde (historisch ist seine Anwesenheit bei einer Wiener Logenarbeit allerdings nicht nachweisbar); der künftige Schwiegersohn Karls VI. galt als nächster Kaiser. Die erste Wiener Loge, „Aux Trois Canons" („Zu den drei Regeln") wurde am 17. 9. 1742 unter dem Protektorat der Breslauer Loge „Zu den 3 Totengerippen", deren Meister Bischof Philipp Gotthard Graf Schaffgotsch war, durch den nach Österreich entsandten Reichsgraf Ludwig von Hoditz gegründet. Mitglieder waren Hocharistokraten, geistliche Würdenträger und ausländische Diplomaten sowie der aus Genf stammende jüdische Juwelier Jacques Pallard. Die Aufnahme von (getauften) Juden (wie auch des hochgebildeten Negers Angelo Soliman) entsprach der freimaurerischen Toleranz, trug aber zur wachsenden Feindschaft gegen die Freimaurerei bei. Die Loge „Aux Trois Canons" wurde auf Befehl Maria Theresias durch einen Trupp der Sicherheitswache am 7. März 1743 aufgelöst, was damals europaweit Aufsehen erregte. Die Polizeiaktion hatte wohl das politische Motiv, daß die Logengründung von Breslau ausgegangen war, das Maria Theresia 1742, nach dem ersten Schlesischen Krieg, an Preußen hatte abtreten müssen; da der Logengründer Graf Hoditz ein Günstling des Preußenkönigs Friedrich der Große war, befürchtete Maria Theresia möglicherweise einen Stützpunkt preußischer Politik. Kirchliche Initiativen dürfen aber im Hinblick auf die Bulle Papst Klemens' XII. „In eminenti" (1738) nicht außer acht gelassen werden. Erst 1770 wurde in Wien die Loge „Zur Hoffnung" gegründet (die sich später „Zur gekrönten Hoffnung" nannte), 1771 folgte die Loge „Zum heiligen Joseph". Die am 12. März 1781 gegründete Loge „[[Zur wahren Eintracht]]" mit ihrem Meister vom Stuhl Hofrat [[Ignaz Born|Ignaz Freiherr von Born]] erreichte unter den Logengründungen jener Zeit aufklärerisch bahnbrechende Bedeutung. Mitglieder waren unter anderem [[Johann Baptist Alxinger]] (ab 1785, zuvor ab 1781 „Zum heiligen Joseph"), [[Johann Melchior von Birkenstock|Johann Melchior Edler von Birkenstock]], [[Alois Blumauer]], [[Johann Peter Frank]], [[Friedrich Heinrich Füger]] (zuvor 1780 „Zum Palmbaum"), [[Joseph Haydn]], [[Joseph von Sonnenfels]] und [[Gerhard van Swieten]]. Mozart gehörte (wie auch sein Vater Leopold) ab 14. Dezember 1784 der (1783 gegründeten) Loge „Zur Wohlthätigkeit" an, erhielt den Gesellengrad aber stellvertretend bei der Loge „Zur wahren Eintracht". 1784 erfolgte die Gründung der „Großen Landesloge" von Österreich, der fast alle Bauhütten der Monarchie angehörten. Erster Großmeister wurde J. B. K. Fürst Dietrichstein. Um die Unterwanderung der Freimaurer durch paramaurerische Gruppierungen einzudämmen, erließ Joseph II. unter dem Einfluß von Born und Dietrichstein 1785 ein „Freimaurerpatent", das allerdings über die Wünsche der Initiatoren weit hinausging; daß jedoch für die Freimaurer überhaupt ein eigenes Gesetz erlassen wurde, erweist ihre damalige öffentliche Bedeutung. Das Patent erzwang eine drastische Reduzierung der bestehenden acht Wiener Logen („Zur wahren Eintracht", „Zur Wohltätigkeit", „Zu den drei Adlern", „Zum Palmbaum", „Zur Beständigkeit", „Zur gekrönten Hoffnung", „Zum heiligen Joseph" und „Zu den drei Feuern") auf drei sogenannte Sammellogen (ab 1786 „Zur Wahrheit" [ab 1790 „Heiliger Joseph"] und „Zur [neu] gekrönten Hoffnung", ab 1791 auch „Zur Liebe und Wahrheit") und stellte die Freimaurer zugleich unter eine sie bevormundende Kontrolle. Das vorläufige Ende für die Freimaurerei kam 1793 mit der Schließung der Logen und dem 1795 abgehaltenen Geheimprozeß gegen die Wiener [[Jakobiner]] (einige der vermeintlichen Verschwörer waren Freimaurer, darunter [[Johann Hackel]] selbst, der 1784 in die Loge „Zu den drei Adlern" eingetreten war). Während der französischen Besetzung Wiens (1809) arbeiteten französische Logen unter Teilnahme von Wienern. Im Vormärz wurde mehrere Geheimlogen gegründet, doch stets sehr bald von der Geheimpolizei ausgehoben. Französische und italienische Freimaurer trafen einander 1817 zu Logenarbeiten im Dianabad. 1848/1849 waren Freimaurer wie die Italiener Garibaldi und Mazzini sowie der Ungar Kossuth Vorkämpfer nationaler Befreiung. Zu einem der zahlreichen freimaurerähnlichen Vereine, der „Wildensteiner Ritterschaft auf blauer Erde" (blau als Freimaurerfarbe), gehörte Erzherzog Johann, der dann 1848, in Frankfurt/Main zum Reichsverweser gewählt, mehrmals die dortige Loge „Sokrates" besuchte. Die kurzlebige Neugründung einer Wiener Loge, „Zum Heiligen Joseph", erfolgte durch den Sprachlehrer Dr. Ludwig Lewis am 5. Oktober 1848; die am nächsten Tag ausbrechenden Kämpfe um Wien machten der Loge wieder ein Ende. Das klerikale habsburgische Regime verfolgte die Freimaurerei gleichermaßen wegen ihrer politischen wie religiösen Toleranz; basierend auf zwei päpstlichen Bullen wird sie teilweise noch heute von der kath. Kirche abgelehnt. Andererseits stieß die freimaurerische Anerkennung eines „Allmächtigen Baumeisters aller Welten" als höhere Ordnungskraft vielfach auf freidenkerischen Widerspruch, sodaß beispielsweise der Grand Orient de France 1877 den Bruch mit der englischen Großloge auf sich nahm. In Österreich wurde 1867 im Rahmen der Dezemberverfassung das Vereinsrecht auf Drängen Franz Josephs I. so abgefaßt, daß sich keine Logen bilden konnten. Deshalb wurden, da der Kaiser als König von Ungarn den Magyaren ein liberaleres Vereinsgesetz bewilligen mußte, das die Freimaurerei zuließ, auf ungarischem Gebiet in Neudörfl, Preßburg und Ödenburg insgesamt 16 „Grenzlogen" gegründet („Humanitas", „Zukunft", „Lessing", „Pioniere" und andere). Diese Logen wiederum gründeten in Wien humanitäre Vereine, beispielsweise die „Freie Schule", Knabenhorte, Wöchnerinnen- und Findlingsheime. Zu den prominenten Mitgliedern, wie dem Wiener Bürgermeister [[Eduard Uhl]] und dem Friedensnobelpreisträger [[Alfred Fried]], gehörten auch so unterschiedliche Persönlichkeiten wie der Großindustrielle Philipp von Schoeller und der Ottakringer Sozialdemokrat [[Franz Schuhmeier]], die um die Jahrhundertwende in derselben Loge „Sokrates" in Preßburg arbeiteten. Zu den erbittertsten Feinden der Freimaurerei gehörte [[Karl Lueger]], der die Freimaurer mit Juden und den ihm verhaßten Magyaren gleichsetzte. Bis 1918 blieben mehrfache Vorstöße im Reichsrat und sogar eine Klage vor dem Reichsgericht um Zulassung der Freimaurerei erfolglos. Erst im November 1918 konnte durch die Repräsentanten der Grenzlogen in Wien wieder eine Großloge gegründet werden; bald folgten auch Logengründungen in den Bundesländern. Mitglieder waren unter anderem der Schöpfer der Österreichischen Sozialgesetzgebung [[Ferdinand Hanusch]] und der Organisator des Wiener Sozial- und Gesundheitswesens [[Julius Tandler]]. Unter dem katholisch-autoritären Dollfuß-Schuschnigg-Regime ([[Ständestaat]]) geriet die Österreichische Freimaurerei zunehmend unter Druck, der vor allem viele hohe Beamte zum Austritt zwang. Die Mitgliederzahl sank von 1934 bis 1938 von rund 2.000 auf etwa 1.200. Am 12. März 1938 wurde das Wiener Logenhaus 1, Dorotheergasse 12 (in dem schon Ignaz von Born gewohnt hatte) gestürmt und zahlreiche Brüder festgenommen. Der damalige Großmeister Dr. Richard Schlesinger starb in Gestapo-Haft. Erwähnenswert ist, daß der Oberösterreicher Adolf Eichmann in Berlin als Freimaurerspezialist galt, bevor er sich auf die „Endlösung" der Judenfrage konzentrierte. Bei der Wiedergründung der Großloge am 28. Juli 1945 fanden sich in Wien nur noch 67 Brüder zusammen. Zum ersten Großmeister nach dem Krieg wurde der Chirurg Dr. Karl Doppler gewählt. Heute hat die Großloge ihren Sitz in der Rauhensteingasse. Außer den „regulären" Logen der Großloge von Österreich, die im Anerkennungsverhältnis mit der Großloge von England stehen, den Hochgradsystemen des schottischen und des York-Ritus, sowie der historischen Forschungsloge „Quatour Coronati" gibt es in Wien noch einige sogenannte Winkellogen, die sich am Grand Orient de France orientieren, sowie „Mixed Lodges" mit weiblichen Mitgliedern. Der 250. Jahrestag der ersten Wiener Logengründung bot Anlaß für eine repräsentative Selbstdarstellung im Freimaurermuseum auf Schloß Rosenau (Waldviertel) und eine umfassende Schau im Historischen Museum der Stadt Wien. Beide Ausstellungen und die wissenschaftlichen Beiträge in den Katalogen trugen wesentlich zu einer objektiven Information der Öffentlichkeit über die immer noch geheimnisumwitterte und mit alten Vorurteilen belastete Freimaurerei bei.
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Angehörige eines über die ganze Erde verbreiteten, in Landesgruppen (Großlogen, Großoriente) und örtliche Logen („Bauhütten"), jedoch ohne weltweite Dachorganisation gegliederten Männerbundes. Die Großloge von Österreich mit Sitz in Wien umfaßt (1993) über 50 als Vereine gemeldete, in den drei symbolischen Graden arbeitenden Logen mit fast 3.000 Mitgliedern (Logenbrüdern) in allen Bundesländern außer Vorarlberg. Die Freimaurer verstehen sich nicht als geheime, sondern als „geschlossene" Gesellschaft, die Verschwiegenheit über Gebräuche und Logenangehörige bewahrt. Die Freimaurerei leitet sich in der heutigen Form von den Dombauhütten des Mittelalters ab; manche ihrer Riten und Symbole gehen auf antike Mysterienbünde und alttestamentarische Inhalte zurück. Sie verbindet Ideen der Aufklärung mit esoterischen Elementen zu einem Gedankengebäude, dessen Prinzipien Humanität, Liberalität und Toleranz sind, symbolisiert im salomonischen „Tempel der allgemeinen Menschenliebe", an dem der Freimaurer arbeitet. Die meisten Großlogen, auch die von Österreich, orientieren sich an den 1723 von James Anderson für die Großloge von England formulierten „Alten Pflichten" („Old Charges"). Erster Bruder in Österreich soll [[Franz I.|Franz Stephan von Lothringen]] gewesen sein, der 1731 in Den Haag (damals österreichische Niederlande) von einer eigens aus London angereisten Delegation aufgenommen wurde (historisch ist seine Anwesenheit bei einer Wiener Logenarbeit allerdings nicht nachweisbar); der künftige Schwiegersohn Karls VI. galt als nächster Kaiser. Die erste Wiener Loge, „Aux Trois Canons" („Zu den drei Regeln") wurde am 17. 9. 1742 unter dem Protektorat der Breslauer Loge „Zu den 3 Totengerippen", deren Meister Bischof Philipp Gotthard Graf Schaffgotsch war, durch den nach Österreich entsandten Reichsgraf Ludwig von Hoditz gegründet. Mitglieder waren Hocharistokraten, geistliche Würdenträger und ausländische Diplomaten sowie der aus Genf stammende jüdische Juwelier Jacques Pallard. Die Aufnahme von (getauften) Juden (wie auch des hochgebildeten Negers Angelo Soliman) entsprach der freimaurerischen Toleranz, trug aber zur wachsenden Feindschaft gegen die Freimaurerei bei. Die Loge „Aux Trois Canons" wurde auf Befehl Maria Theresias durch einen Trupp der Sicherheitswache am 7. März 1743 aufgelöst, was damals europaweit Aufsehen erregte. Die Polizeiaktion hatte wohl das politische Motiv, daß die Logengründung von Breslau ausgegangen war, das Maria Theresia 1742, nach dem ersten Schlesischen Krieg, an Preußen hatte abtreten müssen; da der Logengründer Graf Hoditz ein Günstling des Preußenkönigs Friedrich der Große war, befürchtete Maria Theresia möglicherweise einen Stützpunkt preußischer Politik. Kirchliche Initiativen dürfen aber im Hinblick auf die Bulle Papst Klemens' XII. „In eminenti" (1738) nicht außer acht gelassen werden. Erst 1770 wurde in Wien die Loge „Zur Hoffnung" gegründet (die sich später „Zur gekrönten Hoffnung" nannte), 1771 folgte die Loge „Zum heiligen Joseph". Die am 12. März 1781 gegründete Loge „[[Zur wahren Eintracht]]" mit ihrem Meister vom Stuhl Hofrat [[Ignaz Born|Ignaz Freiherr von Born]] erreichte unter den Logengründungen jener Zeit aufklärerisch bahnbrechende Bedeutung. Mitglieder waren unter anderem [[Johann Baptist Alxinger]] (ab 1785, zuvor ab 1781 „Zum heiligen Joseph"), [[Johann Melchior von Birkenstock|Johann Melchior Edler von Birkenstock]], [[Alois Blumauer]], [[Johann Peter Frank]], [[Friedrich Heinrich Füger]] (zuvor 1780 „Zum Palmbaum"), [[Joseph Haydn]], [[Joseph von Sonnenfels]] und [[Gerhard van Swieten]]. Mozart gehörte (wie auch sein Vater Leopold) ab 14. Dezember 1784 der (1783 gegründeten) Loge „Zur Wohlthätigkeit" an, erhielt den Gesellengrad aber stellvertretend bei der Loge „Zur wahren Eintracht". 1784 erfolgte die Gründung der „Großen Landesloge" von Österreich, der fast alle Bauhütten der Monarchie angehörten. Erster Großmeister wurde J. B. K. Fürst Dietrichstein. Um die Unterwanderung der Freimaurer durch paramaurerische Gruppierungen einzudämmen, erließ Joseph II. unter dem Einfluß von Born und Dietrichstein 1785 ein „Freimaurerpatent", das allerdings über die Wünsche der Initiatoren weit hinausging; daß jedoch für die Freimaurer überhaupt ein eigenes Gesetz erlassen wurde, erweist ihre damalige öffentliche Bedeutung. Das Patent erzwang eine drastische Reduzierung der bestehenden acht Wiener Logen („Zur wahren Eintracht", „Zur Wohltätigkeit", „Zu den drei Adlern", „Zum Palmbaum", „Zur Beständigkeit", „Zur gekrönten Hoffnung", „Zum heiligen Joseph" und „Zu den drei Feuern") auf drei sogenannte Sammellogen (ab 1786 „Zur Wahrheit" [ab 1790 „Heiliger Joseph"] und „Zur [neu] gekrönten Hoffnung", ab 1791 auch „Zur Liebe und Wahrheit") und stellte die Freimaurer zugleich unter eine sie bevormundende Kontrolle. Das vorläufige Ende für die Freimaurerei kam 1793 mit der Schließung der Logen und dem 1795 abgehaltenen Geheimprozeß gegen die Wiener [[Jakobiner]] (einige der vermeintlichen Verschwörer waren Freimaurer, darunter [[Johann Nikolaus Franz Xaver Bartholomäus Hackel|Johann Hackel]] selbst, der 1784 in die Loge „Zu den drei Adlern" eingetreten war). Während der französischen Besetzung Wiens (1809) arbeiteten französische Logen unter Teilnahme von Wienern. Im Vormärz wurde mehrere Geheimlogen gegründet, doch stets sehr bald von der Geheimpolizei ausgehoben. Französische und italienische Freimaurer trafen einander 1817 zu Logenarbeiten im Dianabad. 1848/1849 waren Freimaurer wie die Italiener Garibaldi und Mazzini sowie der Ungar Kossuth Vorkämpfer nationaler Befreiung. Zu einem der zahlreichen freimaurerähnlichen Vereine, der „Wildensteiner Ritterschaft auf blauer Erde" (blau als Freimaurerfarbe), gehörte Erzherzog Johann, der dann 1848, in Frankfurt/Main zum Reichsverweser gewählt, mehrmals die dortige Loge „Sokrates" besuchte. Die kurzlebige Neugründung einer Wiener Loge, „Zum Heiligen Joseph", erfolgte durch den Sprachlehrer Dr. Ludwig Lewis am 5. Oktober 1848; die am nächsten Tag ausbrechenden Kämpfe um Wien machten der Loge wieder ein Ende. Das klerikale habsburgische Regime verfolgte die Freimaurerei gleichermaßen wegen ihrer politischen wie religiösen Toleranz; basierend auf zwei päpstlichen Bullen wird sie teilweise noch heute von der kath. Kirche abgelehnt. Andererseits stieß die freimaurerische Anerkennung eines „Allmächtigen Baumeisters aller Welten" als höhere Ordnungskraft vielfach auf freidenkerischen Widerspruch, sodaß beispielsweise der Grand Orient de France 1877 den Bruch mit der englischen Großloge auf sich nahm. In Österreich wurde 1867 im Rahmen der Dezemberverfassung das Vereinsrecht auf Drängen Franz Josephs I. so abgefaßt, daß sich keine Logen bilden konnten. Deshalb wurden, da der Kaiser als König von Ungarn den Magyaren ein liberaleres Vereinsgesetz bewilligen mußte, das die Freimaurerei zuließ, auf ungarischem Gebiet in Neudörfl, Preßburg und Ödenburg insgesamt 16 „Grenzlogen" gegründet („Humanitas", „Zukunft", „Lessing", „Pioniere" und andere). Diese Logen wiederum gründeten in Wien humanitäre Vereine, beispielsweise die „Freie Schule", Knabenhorte, Wöchnerinnen- und Findlingsheime. Zu den prominenten Mitgliedern, wie dem Wiener Bürgermeister [[Eduard Uhl]] und dem Friedensnobelpreisträger [[Alfred Hermann Fried|Alfred Fried]], gehörten auch so unterschiedliche Persönlichkeiten wie der Großindustrielle Philipp von Schoeller und der Ottakringer Sozialdemokrat [[Franz Schuhmeier]], die um die Jahrhundertwende in derselben Loge „Sokrates" in Preßburg arbeiteten. Zu den erbittertsten Feinden der Freimaurerei gehörte [[Karl Lueger]], der die Freimaurer mit Juden und den ihm verhaßten Magyaren gleichsetzte. Bis 1918 blieben mehrfache Vorstöße im Reichsrat und sogar eine Klage vor dem Reichsgericht um Zulassung der Freimaurerei erfolglos. Erst im November 1918 konnte durch die Repräsentanten der Grenzlogen in Wien wieder eine Großloge gegründet werden; bald folgten auch Logengründungen in den Bundesländern. Mitglieder waren unter anderem der Schöpfer der Österreichischen Sozialgesetzgebung [[Ferdinand Hanusch]] und der Organisator des Wiener Sozial- und Gesundheitswesens [[Julius Tandler]]. Unter dem katholisch-autoritären Dollfuß-Schuschnigg-Regime ([[Ständestaat]]) geriet die Österreichische Freimaurerei zunehmend unter Druck, der vor allem viele hohe Beamte zum Austritt zwang. Die Mitgliederzahl sank von 1934 bis 1938 von rund 2.000 auf etwa 1.200. Am 12. März 1938 wurde das Wiener Logenhaus 1, Dorotheergasse 12 (in dem schon Ignaz von Born gewohnt hatte) gestürmt und zahlreiche Brüder festgenommen. Der damalige Großmeister Dr. Richard Schlesinger starb in Gestapo-Haft. Erwähnenswert ist, daß der Oberösterreicher Adolf Eichmann in Berlin als Freimaurerspezialist galt, bevor er sich auf die „Endlösung" der Judenfrage konzentrierte. Bei der Wiedergründung der Großloge am 28. Juli 1945 fanden sich in Wien nur noch 67 Brüder zusammen. Zum ersten Großmeister nach dem Krieg wurde der Chirurg Dr. Karl Doppler gewählt. Heute hat die Großloge ihren Sitz in der Rauhensteingasse. Außer den „regulären" Logen der Großloge von Österreich, die im Anerkennungsverhältnis mit der Großloge von England stehen, den Hochgradsystemen des schottischen und des York-Ritus, sowie der historischen Forschungsloge „Quatour Coronati" gibt es in Wien noch einige sogenannte Winkellogen, die sich am Grand Orient de France orientieren, sowie „Mixed Lodges" mit weiblichen Mitgliedern. Der 250. Jahrestag der ersten Wiener Logengründung bot Anlaß für eine repräsentative Selbstdarstellung im Freimaurermuseum auf Schloß Rosenau (Waldviertel) und eine umfassende Schau im Historischen Museum der Stadt Wien. Beide Ausstellungen und die wissenschaftlichen Beiträge in den Katalogen trugen wesentlich zu einer objektiven Information der Öffentlichkeit über die immer noch geheimnisumwitterte und mit alten Vorurteilen belastete Freimaurerei bei.
  
 
==Literatur==
 
==Literatur==
*Eugen LennhofT, Oskar Posner, Internat. F.-Lex. (1932);
+
*Eugen Lennhoff, Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon. 1932
*Gustav Kuess, Bernhard Scheichelbauer, 200 J. F.ei in Österr. (1959); Dieter A. Binder, Die diskrete Gesellschaft. Gesch. u. Symbolik der F. (1988);
+
*Gustav Kuess, Bernhard Scheichelbauer: 200 Jahre Freimaurerei in Österreich. 1959
*Alexander Giese, Die F. (1991);
+
*Dieter A. Binder: Die diskrete Gesellschaft. Geschichte und Symbolik der Freimaurer. 1988  
*Ludwig Abafi, Gesch. der F.ei in Österr.-Ung. (5 Bde., Budapest 1890-98);
+
*Alexander Giese: Die Freimaurer 1991  
*Quatour Coronati-Berichte (W., seit 1974);
+
*Ludwig Abafi: Geschichte der Freimaurerei in Österreich-Ungarn. 5 Bände. Budapest: 1890-1998
*Österr. F.logen, Humanität u. Toleranz im 18. Jh. (Kat. Schloß Rosenau 1976);
+
*Quatour Coronati-Berichte. Wien, seit 1974  
*F.ei um Joseph II. (Kat. Schloß Rosenau 1980);
+
*Österreichische Freimaurerlogen, Humanität und Toleranz im 18. Jahrhundert. Katalog Schloß Rosenau. 1976  
*250 J. F.ei in Österr. (Kat. Schloß Rosenau, 1992);
+
*Freimaurerei um Joseph II. Katalog Schloß Rosenau. 1980  
*Gudrun Junaschek, Die publizist. Tätigkeit der F. zur Zeit Josephs II. in W., Diss. Univ. W. (1964);
+
*250 Jahre Freimaurerei in Österreich. Katalog Schloß Rosenau. 1992
*Kat. HM 86 (Zirkel u. Winkelmaß. 200 J. Große Landesloge der F.);
+
*Gudrun Junaschek: Die publizistische Tätigkeit der Freimaurer zur Zeit Josephs II. in Wien. Dissertation. Universität Wien. Wien: 1964
*96, 282fr. (Juristen als F.);
+
*Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 86. Wien 1959-2003, (Zirkel und Winkelmaß. 200 Jahre Große Landesloge der Freimauerer)  
*124, 88fT. (Josephiner u. F.);
+
*Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 96. Wien 1959-2003, S. 282 ff. (Juristen als Freimaurer)  
*165 (F. - Solange die Welt besteht; darin: Die F.ei in Österr.: 431 fT.): Robert Waissenberger, F.logen zur Zeit Ks. Josephs II., in: Joseph II., 2321T., 591 ff.;
+
*Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 124. Wien 1959-2003, S. 88 ff. (Josephiner und Freimaurer)  
*Die F.ei in Österr. u. Joseph Haydn, in: Joseph Haydn in seiner Zeit (Kat., Eisenstadt 1982), 433ff.;
+
*Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 165, Wien 1959-2003, (Freimaurer - Solange die Welt besteht; darin: Die Freimaurerei in Österreich: S. 431 ff.)  
*Otto Erich Deutsch, Ks. Joseph u. die F, in: WGB11. 20 (1965), 488fT.;
+
*Robert Waissenberger: Freimaurerlogen zur Zeit Kaiser Josephs II. In: Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II. Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst. Katalog zur Niederösterreichischen Landesausstellung, Stift Melk, 29. März - 2. November 1980]. Wien: Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 1980 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, N.F. 95), S. 232 ff., S. 591 ff.  
*dsbe, Mozart u. die Wr. Logen (1932);
+
*Die Freimaurerei in Österreich und Joseph Haydn. In: Joseph Haydn in seiner Zeit. Katalog, Eisenstadt 1982, S. 433 ff.  
*Seliger-Ucakar l, 74ff.;
+
*Otto Erich Deutsch: Kaiser Joseph und die Freimaurer. In: Wiener Geschichtsblätter. Nummer 20. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1965, S. 488 ff.  
*Dolf Lindner, Ignaz v. Born, Meister der Wahren Eintracht. Wr. F.ei im 18. Jh. (1986);
+
*Otto Erich Deutsch: Mozart und die Wiener Logen. 1932  
*Geza Hajos, Romant. Gärten der Aufklärung (1989), 45 ff. (Die F.ei u. der engl. Garten in W.).
+
*Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 74 ff.  
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*Dolf Lindner, Ignaz von Born: Meister der Wahren Eintracht. Wiener Freimaurerei im 18. Jahrhundert. 1986  
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*Geza Hajos: Romantische Gärten der Aufklärung. 1989, S. 45 ff. (Die Freimaurerei und der englische Garten in Wien)

Version vom 30. September 2013, 20:44 Uhr

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Datum von 1742
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Angehörige eines über die ganze Erde verbreiteten, in Landesgruppen (Großlogen, Großoriente) und örtliche Logen („Bauhütten"), jedoch ohne weltweite Dachorganisation gegliederten Männerbundes. Die Großloge von Österreich mit Sitz in Wien umfaßt (1993) über 50 als Vereine gemeldete, in den drei symbolischen Graden arbeitenden Logen mit fast 3.000 Mitgliedern (Logenbrüdern) in allen Bundesländern außer Vorarlberg. Die Freimaurer verstehen sich nicht als geheime, sondern als „geschlossene" Gesellschaft, die Verschwiegenheit über Gebräuche und Logenangehörige bewahrt. Die Freimaurerei leitet sich in der heutigen Form von den Dombauhütten des Mittelalters ab; manche ihrer Riten und Symbole gehen auf antike Mysterienbünde und alttestamentarische Inhalte zurück. Sie verbindet Ideen der Aufklärung mit esoterischen Elementen zu einem Gedankengebäude, dessen Prinzipien Humanität, Liberalität und Toleranz sind, symbolisiert im salomonischen „Tempel der allgemeinen Menschenliebe", an dem der Freimaurer arbeitet. Die meisten Großlogen, auch die von Österreich, orientieren sich an den 1723 von James Anderson für die Großloge von England formulierten „Alten Pflichten" („Old Charges"). Erster Bruder in Österreich soll Franz Stephan von Lothringen gewesen sein, der 1731 in Den Haag (damals österreichische Niederlande) von einer eigens aus London angereisten Delegation aufgenommen wurde (historisch ist seine Anwesenheit bei einer Wiener Logenarbeit allerdings nicht nachweisbar); der künftige Schwiegersohn Karls VI. galt als nächster Kaiser. Die erste Wiener Loge, „Aux Trois Canons" („Zu den drei Regeln") wurde am 17. 9. 1742 unter dem Protektorat der Breslauer Loge „Zu den 3 Totengerippen", deren Meister Bischof Philipp Gotthard Graf Schaffgotsch war, durch den nach Österreich entsandten Reichsgraf Ludwig von Hoditz gegründet. Mitglieder waren Hocharistokraten, geistliche Würdenträger und ausländische Diplomaten sowie der aus Genf stammende jüdische Juwelier Jacques Pallard. Die Aufnahme von (getauften) Juden (wie auch des hochgebildeten Negers Angelo Soliman) entsprach der freimaurerischen Toleranz, trug aber zur wachsenden Feindschaft gegen die Freimaurerei bei. Die Loge „Aux Trois Canons" wurde auf Befehl Maria Theresias durch einen Trupp der Sicherheitswache am 7. März 1743 aufgelöst, was damals europaweit Aufsehen erregte. Die Polizeiaktion hatte wohl das politische Motiv, daß die Logengründung von Breslau ausgegangen war, das Maria Theresia 1742, nach dem ersten Schlesischen Krieg, an Preußen hatte abtreten müssen; da der Logengründer Graf Hoditz ein Günstling des Preußenkönigs Friedrich der Große war, befürchtete Maria Theresia möglicherweise einen Stützpunkt preußischer Politik. Kirchliche Initiativen dürfen aber im Hinblick auf die Bulle Papst Klemens' XII. „In eminenti" (1738) nicht außer acht gelassen werden. Erst 1770 wurde in Wien die Loge „Zur Hoffnung" gegründet (die sich später „Zur gekrönten Hoffnung" nannte), 1771 folgte die Loge „Zum heiligen Joseph". Die am 12. März 1781 gegründete Loge „Zur wahren Eintracht" mit ihrem Meister vom Stuhl Hofrat Ignaz Freiherr von Born erreichte unter den Logengründungen jener Zeit aufklärerisch bahnbrechende Bedeutung. Mitglieder waren unter anderem Johann Baptist Alxinger (ab 1785, zuvor ab 1781 „Zum heiligen Joseph"), Johann Melchior Edler von Birkenstock, Alois Blumauer, Johann Peter Frank, Friedrich Heinrich Füger (zuvor 1780 „Zum Palmbaum"), Joseph Haydn, Joseph von Sonnenfels und Gerhard van Swieten. Mozart gehörte (wie auch sein Vater Leopold) ab 14. Dezember 1784 der (1783 gegründeten) Loge „Zur Wohlthätigkeit" an, erhielt den Gesellengrad aber stellvertretend bei der Loge „Zur wahren Eintracht". 1784 erfolgte die Gründung der „Großen Landesloge" von Österreich, der fast alle Bauhütten der Monarchie angehörten. Erster Großmeister wurde J. B. K. Fürst Dietrichstein. Um die Unterwanderung der Freimaurer durch paramaurerische Gruppierungen einzudämmen, erließ Joseph II. unter dem Einfluß von Born und Dietrichstein 1785 ein „Freimaurerpatent", das allerdings über die Wünsche der Initiatoren weit hinausging; daß jedoch für die Freimaurer überhaupt ein eigenes Gesetz erlassen wurde, erweist ihre damalige öffentliche Bedeutung. Das Patent erzwang eine drastische Reduzierung der bestehenden acht Wiener Logen („Zur wahren Eintracht", „Zur Wohltätigkeit", „Zu den drei Adlern", „Zum Palmbaum", „Zur Beständigkeit", „Zur gekrönten Hoffnung", „Zum heiligen Joseph" und „Zu den drei Feuern") auf drei sogenannte Sammellogen (ab 1786 „Zur Wahrheit" [ab 1790 „Heiliger Joseph"] und „Zur [neu] gekrönten Hoffnung", ab 1791 auch „Zur Liebe und Wahrheit") und stellte die Freimaurer zugleich unter eine sie bevormundende Kontrolle. Das vorläufige Ende für die Freimaurerei kam 1793 mit der Schließung der Logen und dem 1795 abgehaltenen Geheimprozeß gegen die Wiener Jakobiner (einige der vermeintlichen Verschwörer waren Freimaurer, darunter Johann Hackel selbst, der 1784 in die Loge „Zu den drei Adlern" eingetreten war). Während der französischen Besetzung Wiens (1809) arbeiteten französische Logen unter Teilnahme von Wienern. Im Vormärz wurde mehrere Geheimlogen gegründet, doch stets sehr bald von der Geheimpolizei ausgehoben. Französische und italienische Freimaurer trafen einander 1817 zu Logenarbeiten im Dianabad. 1848/1849 waren Freimaurer wie die Italiener Garibaldi und Mazzini sowie der Ungar Kossuth Vorkämpfer nationaler Befreiung. Zu einem der zahlreichen freimaurerähnlichen Vereine, der „Wildensteiner Ritterschaft auf blauer Erde" (blau als Freimaurerfarbe), gehörte Erzherzog Johann, der dann 1848, in Frankfurt/Main zum Reichsverweser gewählt, mehrmals die dortige Loge „Sokrates" besuchte. Die kurzlebige Neugründung einer Wiener Loge, „Zum Heiligen Joseph", erfolgte durch den Sprachlehrer Dr. Ludwig Lewis am 5. Oktober 1848; die am nächsten Tag ausbrechenden Kämpfe um Wien machten der Loge wieder ein Ende. Das klerikale habsburgische Regime verfolgte die Freimaurerei gleichermaßen wegen ihrer politischen wie religiösen Toleranz; basierend auf zwei päpstlichen Bullen wird sie teilweise noch heute von der kath. Kirche abgelehnt. Andererseits stieß die freimaurerische Anerkennung eines „Allmächtigen Baumeisters aller Welten" als höhere Ordnungskraft vielfach auf freidenkerischen Widerspruch, sodaß beispielsweise der Grand Orient de France 1877 den Bruch mit der englischen Großloge auf sich nahm. In Österreich wurde 1867 im Rahmen der Dezemberverfassung das Vereinsrecht auf Drängen Franz Josephs I. so abgefaßt, daß sich keine Logen bilden konnten. Deshalb wurden, da der Kaiser als König von Ungarn den Magyaren ein liberaleres Vereinsgesetz bewilligen mußte, das die Freimaurerei zuließ, auf ungarischem Gebiet in Neudörfl, Preßburg und Ödenburg insgesamt 16 „Grenzlogen" gegründet („Humanitas", „Zukunft", „Lessing", „Pioniere" und andere). Diese Logen wiederum gründeten in Wien humanitäre Vereine, beispielsweise die „Freie Schule", Knabenhorte, Wöchnerinnen- und Findlingsheime. Zu den prominenten Mitgliedern, wie dem Wiener Bürgermeister Eduard Uhl und dem Friedensnobelpreisträger Alfred Fried, gehörten auch so unterschiedliche Persönlichkeiten wie der Großindustrielle Philipp von Schoeller und der Ottakringer Sozialdemokrat Franz Schuhmeier, die um die Jahrhundertwende in derselben Loge „Sokrates" in Preßburg arbeiteten. Zu den erbittertsten Feinden der Freimaurerei gehörte Karl Lueger, der die Freimaurer mit Juden und den ihm verhaßten Magyaren gleichsetzte. Bis 1918 blieben mehrfache Vorstöße im Reichsrat und sogar eine Klage vor dem Reichsgericht um Zulassung der Freimaurerei erfolglos. Erst im November 1918 konnte durch die Repräsentanten der Grenzlogen in Wien wieder eine Großloge gegründet werden; bald folgten auch Logengründungen in den Bundesländern. Mitglieder waren unter anderem der Schöpfer der Österreichischen Sozialgesetzgebung Ferdinand Hanusch und der Organisator des Wiener Sozial- und Gesundheitswesens Julius Tandler. Unter dem katholisch-autoritären Dollfuß-Schuschnigg-Regime (Ständestaat) geriet die Österreichische Freimaurerei zunehmend unter Druck, der vor allem viele hohe Beamte zum Austritt zwang. Die Mitgliederzahl sank von 1934 bis 1938 von rund 2.000 auf etwa 1.200. Am 12. März 1938 wurde das Wiener Logenhaus 1, Dorotheergasse 12 (in dem schon Ignaz von Born gewohnt hatte) gestürmt und zahlreiche Brüder festgenommen. Der damalige Großmeister Dr. Richard Schlesinger starb in Gestapo-Haft. Erwähnenswert ist, daß der Oberösterreicher Adolf Eichmann in Berlin als Freimaurerspezialist galt, bevor er sich auf die „Endlösung" der Judenfrage konzentrierte. Bei der Wiedergründung der Großloge am 28. Juli 1945 fanden sich in Wien nur noch 67 Brüder zusammen. Zum ersten Großmeister nach dem Krieg wurde der Chirurg Dr. Karl Doppler gewählt. Heute hat die Großloge ihren Sitz in der Rauhensteingasse. Außer den „regulären" Logen der Großloge von Österreich, die im Anerkennungsverhältnis mit der Großloge von England stehen, den Hochgradsystemen des schottischen und des York-Ritus, sowie der historischen Forschungsloge „Quatour Coronati" gibt es in Wien noch einige sogenannte Winkellogen, die sich am Grand Orient de France orientieren, sowie „Mixed Lodges" mit weiblichen Mitgliedern. Der 250. Jahrestag der ersten Wiener Logengründung bot Anlaß für eine repräsentative Selbstdarstellung im Freimaurermuseum auf Schloß Rosenau (Waldviertel) und eine umfassende Schau im Historischen Museum der Stadt Wien. Beide Ausstellungen und die wissenschaftlichen Beiträge in den Katalogen trugen wesentlich zu einer objektiven Information der Öffentlichkeit über die immer noch geheimnisumwitterte und mit alten Vorurteilen belastete Freimaurerei bei.

Literatur

  • Eugen Lennhoff, Oskar Posner: Internationales Freimaurer-Lexikon. 1932
  • Gustav Kuess, Bernhard Scheichelbauer: 200 Jahre Freimaurerei in Österreich. 1959
  • Dieter A. Binder: Die diskrete Gesellschaft. Geschichte und Symbolik der Freimaurer. 1988
  • Alexander Giese: Die Freimaurer 1991
  • Ludwig Abafi: Geschichte der Freimaurerei in Österreich-Ungarn. 5 Bände. Budapest: 1890-1998
  • Quatour Coronati-Berichte. Wien, seit 1974
  • Österreichische Freimaurerlogen, Humanität und Toleranz im 18. Jahrhundert. Katalog Schloß Rosenau. 1976
  • Freimaurerei um Joseph II. Katalog Schloß Rosenau. 1980
  • 250 Jahre Freimaurerei in Österreich. Katalog Schloß Rosenau. 1992
  • Gudrun Junaschek: Die publizistische Tätigkeit der Freimaurer zur Zeit Josephs II. in Wien. Dissertation. Universität Wien. Wien: 1964
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 86. Wien 1959-2003, (Zirkel und Winkelmaß. 200 Jahre Große Landesloge der Freimauerer)
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 96. Wien 1959-2003, S. 282 ff. (Juristen als Freimaurer)
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 124. Wien 1959-2003, S. 88 ff. (Josephiner und Freimaurer)
  • Katalog zur Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien. Nummer 165, Wien 1959-2003, (Freimaurer - Solange die Welt besteht; darin: Die Freimaurerei in Österreich: S. 431 ff.)
  • Robert Waissenberger: Freimaurerlogen zur Zeit Kaiser Josephs II. In: Österreich zur Zeit Kaiser Josephs II. Mitregent Kaiserin Maria Theresias, Kaiser und Landesfürst. Katalog zur Niederösterreichischen Landesausstellung, Stift Melk, 29. März - 2. November 1980]. Wien: Amt der Niederösterreichischen Landesregierung 1980 (Katalog des Niederösterreichischen Landesmuseums, N.F. 95), S. 232 ff., S. 591 ff.
  • Die Freimaurerei in Österreich und Joseph Haydn. In: Joseph Haydn in seiner Zeit. Katalog, Eisenstadt 1982, S. 433 ff.
  • Otto Erich Deutsch: Kaiser Joseph und die Freimaurer. In: Wiener Geschichtsblätter. Nummer 20. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1965, S. 488 ff.
  • Otto Erich Deutsch: Mozart und die Wiener Logen. 1932
  • Maren Seliger / Karl Ucakar: Wien. Politische Geschichte 1740 - 1895. Wien: Jugend & Volk 1985 (Geschichte der Stadt Wien, 1), S. 74 ff.
  • Dolf Lindner, Ignaz von Born: Meister der Wahren Eintracht. Wiener Freimaurerei im 18. Jahrhundert. 1986
  • Geza Hajos: Romantische Gärten der Aufklärung. 1989, S. 45 ff. (Die Freimaurerei und der englische Garten in Wien)