Franz Blei: Unterschied zwischen den Versionen

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1920 veröffentlichte Blei sein bekanntestes Werk, die Spottschrift "Das große Bestiarium der modernen Literatur", in der er zeitgenössische Autoren als Tiere karikiert. In den 1920er-Jahren arbeitete er auch für den Film – als Drehbuchautor, Regisseur und als Schauspieler. 1930 veröffentlichte er unter dem Titel "Erzählung eines Lebens" seine Memoiren.  
 
1920 veröffentlichte Blei sein bekanntestes Werk, die Spottschrift "Das große Bestiarium der modernen Literatur", in der er zeitgenössische Autoren als Tiere karikiert. In den 1920er-Jahren arbeitete er auch für den Film – als Drehbuchautor, Regisseur und als Schauspieler. 1930 veröffentlichte er unter dem Titel "Erzählung eines Lebens" seine Memoiren.  
 
Blei lebte in der Zwischenkriegszeit in München, Berlin und Wien, von 1932 bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs (1936) gemeinsam mit seiner Tochter Sibylla auf Mallorca. Seine Bücher wurden nach der Machtergreifung der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]]  in öffentlichen Bibliotheken verboten. 1938 emigrierte Franz Blei über Florenz, Lucca, Cagnes-sur-Mer, Marseille und Lissabon nach New York, wo er am 10. Juli 1942 wo er vereinsamt starb.
 
Blei lebte in der Zwischenkriegszeit in München, Berlin und Wien, von 1932 bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs (1936) gemeinsam mit seiner Tochter Sibylla auf Mallorca. Seine Bücher wurden nach der Machtergreifung der [[Nationalsozialismus|Nationalsozialisten]]  in öffentlichen Bibliotheken verboten. 1938 emigrierte Franz Blei über Florenz, Lucca, Cagnes-sur-Mer, Marseille und Lissabon nach New York, wo er am 10. Juli 1942 wo er vereinsamt starb.
 
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Blei veröffentlichte gelegentlich unter Pseudonymen wie Medardus und Doktor Peregrinus Steinhövel, vor allem die von ihm herausgegebenen Anthologien erotischer Texte, die ihm auch einen Gerichtsprozess einbrachten. Er förderte als Kulturkritiker und -vermittler zahlreiche alte und neue literarische Schätze zutage, u.a. sind in seiner Zeitschrift "Hyperion" die ersten gedruckten Texte Franz Kafkas zu finden. Außerdem setzte er sich für [[Hermann Broch]] und [[Robert Musil]] ein. Für [[Alexander von Zemlinsky]], [[Paul Hindemith]] und Friedrich Hollaender schrieb er Libretti. Er übersetzte literarische Werke aus dem Englischen und Französischem (unter anderem von Paul Claudel, Paul Claudel, Oscar Wilde) und verfasste zahlreiche biografische Porträts (z. B.: "Die göttliche Garbo", 1930; "Talleyrand oder der Zynismus", 1932).
Blei veröffentlichte gelegentlich unter Pseudonymen wie Medardus und Doktor Peregrinus Steinhövel, vor allem die von ihm herausgegebenen Anthologien erotischer Texte, die ihm auch einen Gerichtsprozess einbrachten. Er förderte als Kulturkritiker und -vermittler zahlreiche alte und neue literarische Schätze zutage, u.a. sind in seiner Zeitschrift "Hyperion" die ersten gedruckten Texte Franz Kafkas zu finden. Außerdem setzte er sich für [[Hermann Broch]] und [[Robert Musil]] ein. Für [[Alexander von Zemlinsky]], [[Paul Hindemith]] und Friedrich Hollaender schrieb er Libretti. Er übersetzte literarische Werke aus dem Englischen und Französischem (unter anderem von Paul Claudel, Paul Claudel, Oscar Wilde) und verfasste zahlreiche biografische Porträts (z. B.: "Die göttliche Garbo", 1930; "Talleyrand oder der Zynismus", 1932).  
 
 
 
Der promovierte Volkswirt Franz Blei hatte sich auf das Gebiet der Literatur verlegt, wo er in unzähligen Projekten mitmischte. Er war Essayist, Übersetzer, Theaterautor, Herausgeber von mehreren von ihm selbst gegründeten und meist kurzlebigen Zeitschriften mit aparten Titeln wie "Der Amethyst" oder "Die Opale". Teils verachtet als "talentverlassener Hochstapler" (Arthur Schnitzler), teils hochgeschätzt als geistreicher Kulturkritiker und -vermittler (Robert Musil), förderte Franz Blei unbeirrt alte und neue literarische Schätze zutage. In seiner Zeitschrift "Hyperion" sind beispielsweise die ersten gedruckten Texte Franz Kafkas zu finden.
 
 
 
 
Die von ihm herausgegebenen oder mitredigierten Zeitschriften  haben auf die Entwicklung der österreichischen und deutschen Literatur jahrzehntelang bestimmenden Einfluss ausgeübt. Zu nennen wären etwa:
 
Die von ihm herausgegebenen oder mitredigierten Zeitschriften  haben auf die Entwicklung der österreichischen und deutschen Literatur jahrzehntelang bestimmenden Einfluss ausgeübt. Zu nennen wären etwa:
 
"Amethyst" (seine erste als Pornographie verschriene Zeitschrift, 1906), "Opale" (1907), "Hyperion" (mit Carl Sternheim, 1908), "Der Zwiebelfisch" (1909), "Der Lose Vogel"(1912 bis 1913), "Summa" (mit Max Scheler, 1917) und "Die Rettung" (Albert Paris Gütersloh, 1918).  
 
"Amethyst" (seine erste als Pornographie verschriene Zeitschrift, 1906), "Opale" (1907), "Hyperion" (mit Carl Sternheim, 1908), "Der Zwiebelfisch" (1909), "Der Lose Vogel"(1912 bis 1913), "Summa" (mit Max Scheler, 1917) und "Die Rettung" (Albert Paris Gütersloh, 1918).  

Version vom 4. September 2020, 11:39 Uhr

Daten zur Person
Personenname Blei, Franz
Abweichende Namensform
Titel Dr. phil.
Geschlecht männlich
PageID 12895
GND 118511653
Wikidata
Geburtsdatum 18. Jänner 1871
Geburtsort Wien
Sterbedatum 10. Juli 1942
Sterbeort Westbury, New York
Beruf Schriftsteller
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage, Gedenktage-GW
Export RDF-Export (Resource Description Framework) RDF
Recherche
Letzte Änderung am 4.09.2020 durch WIEN1.lanm09hug
Begräbnisdatum
Friedhof
Grabstelle
  • 8., Neudeggergasse 5 (Wohnadresse)
  • 7., Breite Gasse 17 (Wohnadresse)
  • 7., Gardegasse 3 (Wohnadresse)
Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft

Franz Blei, * 18. Jänner 1871 Wien, † 10. Juli 1942 Westbury, New York, Schriftsteller.

Biografie

Franz Bleis Vater war ursprünglich ein Schuhmacher, dem es gelungen war, durch Immobiliengeschäfte wohlhabend zu werden. Eine französische Gouvernante brachte dem Kind schon früh die französische Sprache und Kultur näher. Nachdem er sowohl das Stiftsgymnasium Melk als auch ein Wiener Gymnasium verlassen musste, legte er 1888 die Externistenmatura ab. 1887 trat Franz Blei aus der katholischen Kirche aus, 1919 wieder ein. Schon früh fand er Anschluss an sozialistische Kreise und machte die Bekanntschaft Viktor Adlers und während seines Schweiz-Aufenthalts lernte er Lenin kennen.

1890 ging Franz Blei nach Zürich, um an der ETH Nationalökonomie zu studieren, besuchte aber auch Lehrveranstaltungen aus Geschichte und Literatur. Hier lernte er die Medizinstudentin Maria Lehmann kennen, die er 1894 heiratete. 1897 kam die gemeinsame Tochter Maria Eva Sibylla (genannt Billy) zur Welt, 1905 der Sohn Peter.

Ab 1892 setzte Franz Blei sein Literaturstudium in Genf fort. 1894 promovierte er schließlich in Bern mit der Dissertation "Dialoge des Abbé Galiani", die ein Jahr später publiziert wurde.

Bereits während seiner Studienzeit war Blei literarisch tätig. Die Jahre 1898 bis 1900 verbrachte der Autor zu einem großen Teil in Amerika, wo seine Frau ein Studium der Zahnmedizin absolvierte, während Blei durchs Land reiste und in verschiedenen Bibliotheken Recherchen nachging. Nach seiner Rückkehr nach Europa ließ sich Franz Blei mit seiner Familie in München nieder, um als Redakteur der Zeitschrift "Die Insel" sowie als Erzähler, Dramatiker, Essayist und Übersetzer zu arbeiten. 1907 war Blei an der Gründung der "Gesellschaft der Münchner Bibliophilen" beteiligt. 1911 übersiedelte er nach Berlin.

1916 wurde er zum Kriegsdienst einberufen und diente aufgrund eines Herzleidens ab Mai 1917 im Kriegspressequartier. In dieser Zeit schloss Blei Freundschaft mit Albert Paris Gütersloh, mit dem er Ende 1918 das zeitkritische Periodikum "Die Rettung" gründete. In Franz Werfels Schlüsselroman "Barbara oder die Frömmigkeit" (1929) wird Blei in den Kapiteln, die die chaotische Frühzeit der Ersten Republik behandeln, in der Figur des Dr. Basil porträtiert. 1920 veröffentlichte Blei sein bekanntestes Werk, die Spottschrift "Das große Bestiarium der modernen Literatur", in der er zeitgenössische Autoren als Tiere karikiert. In den 1920er-Jahren arbeitete er auch für den Film – als Drehbuchautor, Regisseur und als Schauspieler. 1930 veröffentlichte er unter dem Titel "Erzählung eines Lebens" seine Memoiren. Blei lebte in der Zwischenkriegszeit in München, Berlin und Wien, von 1932 bis zum Ausbruch des spanischen Bürgerkriegs (1936) gemeinsam mit seiner Tochter Sibylla auf Mallorca. Seine Bücher wurden nach der Machtergreifung der Nationalsozialisten in öffentlichen Bibliotheken verboten. 1938 emigrierte Franz Blei über Florenz, Lucca, Cagnes-sur-Mer, Marseille und Lissabon nach New York, wo er am 10. Juli 1942 wo er vereinsamt starb. Blei veröffentlichte gelegentlich unter Pseudonymen wie Medardus und Doktor Peregrinus Steinhövel, vor allem die von ihm herausgegebenen Anthologien erotischer Texte, die ihm auch einen Gerichtsprozess einbrachten. Er förderte als Kulturkritiker und -vermittler zahlreiche alte und neue literarische Schätze zutage, u.a. sind in seiner Zeitschrift "Hyperion" die ersten gedruckten Texte Franz Kafkas zu finden. Außerdem setzte er sich für Hermann Broch und Robert Musil ein. Für Alexander von Zemlinsky, Paul Hindemith und Friedrich Hollaender schrieb er Libretti. Er übersetzte literarische Werke aus dem Englischen und Französischem (unter anderem von Paul Claudel, Paul Claudel, Oscar Wilde) und verfasste zahlreiche biografische Porträts (z. B.: "Die göttliche Garbo", 1930; "Talleyrand oder der Zynismus", 1932). Die von ihm herausgegebenen oder mitredigierten Zeitschriften haben auf die Entwicklung der österreichischen und deutschen Literatur jahrzehntelang bestimmenden Einfluss ausgeübt. Zu nennen wären etwa: "Amethyst" (seine erste als Pornographie verschriene Zeitschrift, 1906), "Opale" (1907), "Hyperion" (mit Carl Sternheim, 1908), "Der Zwiebelfisch" (1909), "Der Lose Vogel"(1912 bis 1913), "Summa" (mit Max Scheler, 1917) und "Die Rettung" (Albert Paris Gütersloh, 1918).

1959 wurde die Bleigasse nach dem Autor benannt.

Quellen

Literatur

  • Hartmut Walravens / Angela Reinthal: Franz Blei als Berater des Verlages Georg Müller. Franz Bleis Briefe an Georg Müller. Wien: Verlag der österreichischen Akademie der Wissenschaften 2015
  • Franz Blei: Erzählung eines Lebens. Mit einem Nachwort von Ursula Pia Jauch. Wien: Zsolnay 2004
  • Helga Mitterbauer: Die Netzwerke des Franz Blei. Kulturvermittlung im frühen 20. Jahrhundert. Tübingen / Basel: A. Francke 2003
  • Dietrich Harth [Hrsg.]: Franz Blei. Mittler der Literaturen. Hamburg: Europäische Verlagsanstalt 1997
  • Murray G. Hall / Gerhard Renner: Handbuch der Nachlässe und Sammlungen österreichischer Autoren. Wien [ u.a.]: Böhlau 1992 (Literatur in der Geschichte, Geschichte in der Literatur, 23)
  • Peter Ernst: Wiener Literaturgedenkstätten. Hg. von Felix Czeike. Wien: J & V-Edition Wien-Verlag 1990
  • Franz Blei: Porträts. Hg. von Anne Gabrisch. Wien [u.a.]: Böhlau 1987 (Österreichische Bibliothek, 6)
  • Die Vertreibung des Geistigen aus Österreich. Zur Kulturpolitik des Nationalsozialismus. [Zusammenstellung der Ausstellung: Hochschule für Angewandte Kunst in Wien. Katalog: Gabriele Koller ... Für den Inhalt verantwortlich: Oswald Oberhuber]. Wien: Zentralsparkasse 1982, S. 22
  • Egon Schiele. Zeichnungen und Aquarelle aus den Beständen des Historischen Museums der Stadt Wien und aus amerikanischem Privatbesitz ausgewählt von Serge Sabarsky. Wien 1981 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 74), S. 85
  • Adalbert Schmidt: Dichtung und Dichter Österreichs im 19. und 20. Jahrhundert. Band 1. Salzburg: Bergland-Buch 1964, S. 393 f.
  • Hans Giebisch / Gustav Gugitz: Bio-Bibliographisches Literaturlexikon Österreichs von den Anfängen bis zur Gegenwart. Wien: Hollinek 1963

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