Brauerei Neuling: Unterschied zwischen den Versionen

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Neben der Brauerei St. Marx gab es in der Vorstadt [[Landstraße (Vorstadt)|Landstraße]] noch eine zweite Brauerei, die nach ihrem Gründer „Neuling Brauhaus“ genannt wurde. 1816 kaufte der aus Neuwied am Rhein stammende, damals bereits 73-jährige Wiener Bürger und Juwelier Bruno Neuling in der damaligen Grasgasse (die heute nach ihm und seinem Sohn [[Neulinggasse]] benannt ist) mehrere Realitäten, und zwar das Pruckberger’sche Haus (heute [[Ungargasse]] 52–54), den anschließenden Jakoberstadel des Klosters [[St. Jakob auf der Hülben (1)]] (heute Neulinggasse 21–25) und das dahinter gegen die heutige [[Strohgasse]] liegende Fux’sche Gartenhaus. Er profitierte als erster davon, dass durch das Regierungsdekret vom 21. November 1815 das Brauereigewerbe nicht mehr konzessioniert war und er nur das nötige Kapital nachweisen musste. Bruno Neuling starb 1817 noch im Jahr der Eröffnung der Brauerei und hinterließ den Besitz und ein Vermögen von fast 250.000 Gulden seinen Söhnen Vinzenz und Bruno. Der 22-jährige Vinzenz übernahm die Brauerei, fiel aber vorerst nur durch sein extravagantes Leben auf. Trotzdem gelang es ihm zur Überraschung aller, das väterliche Erbe sogar noch auszubauen. Er ließ auf dem Grundstück der [[Ungargasse]] den Gasthof vom Vormärzbaumeister [[Peter Gerl (Vater)|Peter Gerl]] umbauen, der mit dem ebenfalls umgebauten Wintersalon eines der beliebtesten Vergnügungslokale von Wien wurde.  
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Neben der Brauerei St. Marx gab es in der Vorstadt [[Landstraße (Vorstadt)|Landstraße]] noch eine zweite Brauerei, die nach ihrem Gründer „Neuling Brauhaus“ genannt wurde. 1816 kaufte der aus Neuwied am Rhein stammende, damals bereits 73-jährige Wiener Bürger und Juwelier [[Bruno Neuling]] in der damaligen Grasgasse (die heute nach ihm und seinem Sohn [[Neulinggasse]] benannt ist) mehrere Realitäten, und zwar das Pruckberger’sche Haus (heute [[Ungargasse]] 52–54), den anschließenden Jakoberstadel des Klosters [[St. Jakob auf der Hülben (1)]] (heute Neulinggasse 21–25) und das dahinter gegen die heutige [[Strohgasse]] liegende Fux’sche Gartenhaus. Er profitierte als erster davon, dass durch das Regierungsdekret vom 21. November 1815 das Brauereigewerbe nicht mehr konzessioniert war und er nur das nötige Kapital nachweisen musste. Bruno Neuling starb 1817 noch im Jahr der Eröffnung der Brauerei und hinterließ den Besitz und ein Vermögen von fast 250.000 Gulden seinen Söhnen Vinzenz und Bruno. Der 22-jährige Vinzenz übernahm die Brauerei, fiel aber vorerst nur durch sein extravagantes Leben auf. Trotzdem gelang es ihm zur Überraschung aller, das väterliche Erbe sogar noch auszubauen. Er ließ auf dem Grundstück der [[Ungargasse]] den Gasthof vom Vormärzbaumeister [[Peter Gerl (Vater)|Peter Gerl]] umbauen, der mit dem ebenfalls umgebauten Wintersalon eines der beliebtesten Vergnügungslokale von Wien wurde.  
  
 
Die Brauerei war für die damalige Zeit sehr modern ausgestattet und besaß beispielsweise eine niederländische Malzdarre und ein Sudhaus mit zwei kupfernen Braupfannen und zwei Brunnen, die durch Pferde oder Maschinen zu betätigen waren. In der Ungargasse befand sich das Gastzimmer mit neun Tischen und 26 Sprossensesseln. Dahinter lag in Richtung der heutigen [[Strohgasse]] ein schattiger Garten mit 45 Kastanien- und 100 Akazienbäume sowie einen großen Wintersalon mit achtzehn steinernen Figuren. Der rund 3.300 Quadratmeter große Garten fasste 700 bis 800 Personen, die meist aus den besseren Bevölkerungsschichten kamen.  
 
Die Brauerei war für die damalige Zeit sehr modern ausgestattet und besaß beispielsweise eine niederländische Malzdarre und ein Sudhaus mit zwei kupfernen Braupfannen und zwei Brunnen, die durch Pferde oder Maschinen zu betätigen waren. In der Ungargasse befand sich das Gastzimmer mit neun Tischen und 26 Sprossensesseln. Dahinter lag in Richtung der heutigen [[Strohgasse]] ein schattiger Garten mit 45 Kastanien- und 100 Akazienbäume sowie einen großen Wintersalon mit achtzehn steinernen Figuren. Der rund 3.300 Quadratmeter große Garten fasste 700 bis 800 Personen, die meist aus den besseren Bevölkerungsschichten kamen.  
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* Hans Pemmer: Schriften zur Heimatkunde Wiens – Festschrift zum 80. Geburtstag. Wien 1969, S.125-130
 
* Hans Pemmer: Schriften zur Heimatkunde Wiens – Festschrift zum 80. Geburtstag. Wien 1969, S.125-130
 
* Hans Pemmer: Das Neuling’sche Brauhaus. Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 17 vom 27.2.1960
 
* Hans Pemmer: Das Neuling’sche Brauhaus. Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 17 vom 27.2.1960
* Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar 2017; 55-60
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* Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2017, S. 55-60
 
* Karl Ziak: Landstraßer Heimatbuch. Wien 1975, S. 111
 
* Karl Ziak: Landstraßer Heimatbuch. Wien 1975, S. 111

Version vom 26. April 2022, 10:01 Uhr

Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks
Datum von
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Architekt
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Letzte Änderung am 26.04.2022 durch WIEN1.lanm08wei
  • 3., Ungargasse 52-54
  • 3., Neulinggasse 21-25
  • 3., Strohgasse

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48° 11' 55.32" N, 16° 23' 13.52" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Neben der Brauerei St. Marx gab es in der Vorstadt Landstraße noch eine zweite Brauerei, die nach ihrem Gründer „Neuling Brauhaus“ genannt wurde. 1816 kaufte der aus Neuwied am Rhein stammende, damals bereits 73-jährige Wiener Bürger und Juwelier Bruno Neuling in der damaligen Grasgasse (die heute nach ihm und seinem Sohn Neulinggasse benannt ist) mehrere Realitäten, und zwar das Pruckberger’sche Haus (heute Ungargasse 52–54), den anschließenden Jakoberstadel des Klosters St. Jakob auf der Hülben (1) (heute Neulinggasse 21–25) und das dahinter gegen die heutige Strohgasse liegende Fux’sche Gartenhaus. Er profitierte als erster davon, dass durch das Regierungsdekret vom 21. November 1815 das Brauereigewerbe nicht mehr konzessioniert war und er nur das nötige Kapital nachweisen musste. Bruno Neuling starb 1817 noch im Jahr der Eröffnung der Brauerei und hinterließ den Besitz und ein Vermögen von fast 250.000 Gulden seinen Söhnen Vinzenz und Bruno. Der 22-jährige Vinzenz übernahm die Brauerei, fiel aber vorerst nur durch sein extravagantes Leben auf. Trotzdem gelang es ihm zur Überraschung aller, das väterliche Erbe sogar noch auszubauen. Er ließ auf dem Grundstück der Ungargasse den Gasthof vom Vormärzbaumeister Peter Gerl umbauen, der mit dem ebenfalls umgebauten Wintersalon eines der beliebtesten Vergnügungslokale von Wien wurde.

Die Brauerei war für die damalige Zeit sehr modern ausgestattet und besaß beispielsweise eine niederländische Malzdarre und ein Sudhaus mit zwei kupfernen Braupfannen und zwei Brunnen, die durch Pferde oder Maschinen zu betätigen waren. In der Ungargasse befand sich das Gastzimmer mit neun Tischen und 26 Sprossensesseln. Dahinter lag in Richtung der heutigen Strohgasse ein schattiger Garten mit 45 Kastanien- und 100 Akazienbäume sowie einen großen Wintersalon mit achtzehn steinernen Figuren. Der rund 3.300 Quadratmeter große Garten fasste 700 bis 800 Personen, die meist aus den besseren Bevölkerungsschichten kamen.

Im »Neuling« spielten alle bekannten Musikkapellen Wiens wie die von Philipp Fahrbach der Ältere und Johann Drahanek, der hier 1836 erstmals auftrat. Auch Josef Lanner und Johann Strauss (Vater) konzertierten in der Ungargasse. Im Fasching gab es Maskenbälle, im Sommer Feuerwerke, als häufige Gäste erschienen auch Franz Schubert mit seinen Freunden. 1834 veranstaltete Neuling eine Lotterie, deren erster Preis die Brauerei selbst war. Dieser Preis konnte jedoch mit 300.000 Gulden abgelöst werden. Eine solche Lotterie war damals in Wien nicht etwas Einmaliges, auch das Theater an der Wien wurde wegen finanzieller Schwierigkeiten der Besitzer zweimal versteigert. Das Ganze endete aber immer damit, dass sich der Gewinner nur den Hauptpreis in Gulden auszahlen ließ. Neuling starb am 4. Oktober 1846, das Brauhaus samt Vergnügungspark wurde von August Wedl erworben, der das Brauhaus in den nächsten zwei Jahrzehnten konstant als eine der sieben größten Braustätten Wiens führte.

Auch unter ihm traten bedeutende Volkssänger im Brauhaus-Etablissement auf. Die Brauerei selbst konnte sich jedoch langfristig nicht gegen die neu entstehenden industriellen Bierfabriken durchsetzen. So musste Wedl im Juni 1866 den Ausgleich anmelden und ein Jahr später den Braubetrieb einstellen. In den Räumlichkeiten des Vergnügungslokals richtete die Schwechater Brauerei eine neue »Dreher’s Bierhalle« ein, die am 14. Dezember 1867 eröffnet wurde und 10 Jahre bestand. Später befanden sich hier ein Gasthaus und ein Kaffeehaus, bevor 1980 der Gebäudekomplex abgerissen und an seiner Stelle ein Miet- und Bürohauskomplex errichtet wurde. Die Produktionsgebäude wurden bereits am Ende des 19. Jahrhunderts abgerissen und mit Zinshäusern verbaut

Literatur

  • Hans Pemmer: Schriften zur Heimatkunde Wiens – Festschrift zum 80. Geburtstag. Wien 1969, S.125-130
  • Hans Pemmer: Das Neuling’sche Brauhaus. Amtsblatt der Stadt Wien Nr. 17 vom 27.2.1960
  • Christian Springer / Alfred Paleczny / Wolfgang Ladenbauer: Wiener Bier-Geschichte. Wien-Köln-Weimar: Böhlau 2017, S. 55-60
  • Karl Ziak: Landstraßer Heimatbuch. Wien 1975, S. 111