Bevölkerung

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1) Zahl der Bewohner

Karl Schalk errechnete für 1462 (aufgrund eines erhaltenen Handwerkerverzeichnisses) eine Bevölkerungszahl von circa 25.000; Otto Brunner widerspricht ihm und beziffert die Bevölkerung Mitte 15. Jahrhundert mit maximal 20.000. Beide Historiker verweisen jedenfalls die von Aeneas Silvius für die Zeit um 1440 überlieferte Angabe (50.000) ins Reich der Fabel. Richard Perger (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte 18, S. 9) nimmt an, daß die Bevölkerung zwischen 1396 und 1526 ziemlich konstant 20.000-25.000 Einwohner betragen hat. Vergleichsweise hatten Mitte 15. Jahrhundert Nürnberg 26.000, Lübeck 24.000, Ulm 20.000 und Augsburg 18.000 Einwohner. Müller (Geschichte der Stadt Wien 4, S. 381) berechnet für Anfang 16. Jahrhundert 50.000 Einwohner und nimmt für Ende 16. Jahrhundert etwa 60.000 an. Mit der Errichtung des Linienwalls (1704) und der Verbauung des neu einbezogenen Gebiets stieg die Bevölkerungszahl rasch an. Bis Mitte 18. Jahrhundert beruhen die Zahlen auf Berechnungen oder Schätzungen. Die erste Volkszählung (aus Konskriptionsgründen) wurde 1754 unter Maria Theresia durchgeführt (Stadt und Vorstädte 175.403 Einwohner). Für die Folgezeit errechnen sich folgende Zahlen (laut Felix Olegnik): 1772: 192.971, 1783: 207.797, 1790: 207.014, 1800: 231.049 (zum Vergleich [gerundet]: London 959.000, Paris 548.000, Berlin 198.000), 1812: 224.548, 1820: 247.754, 1830: 303.885, 1840: 339.406, 1846: 410.947 (die beiden letzteren ohne Brigittenau und Zwischenbrücken), 1851 431.147. Die Ergebnisse von regelmäßig abgehaltenen Volkszählungen liegen seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts vor (seit 1869 mit Bezirksergebnissen): 1857: 476.222 (275.480 männlich, 240.625 weiblich; zum Vergleich [1860]: London 2,8, Paris 1,7, Berlin 0,8 Millionen). 1869: 632.127 (324.738, 307.389). 1875 (Polizeizählung): 673.865 (mit Vororten 1,020.770). 1880: 726.105 (352.949, 373.156). 1890 (nach Eingemeindung der Vororte): 1,364.548 (661.951, 702.597). 1900: 1,674.957 (809.097, 865.860; zum Vergleich [1901]: London 4,5, Paris 2,7, Berlin 1,9 Millionen). 1905 (Schätzung): 1,82 Mio. 1910 (höchster Stand): 2,031.498 (973.661, 1,057.837; zum Vergleich: London 7,25, Paris 2,85, Berlin 2,07 Mio). 1923: 1,865.780 (860.119, 1,005.661). 1934: 1,874.130 (846.422, 1,027.708). 1939 (Berechnung für „Groß-Wien"): 1,929.976 (872.943, 1,057.033). 1951: 1,766.102 (769.366, 996.736). 1955 (Berechnung): 1,617.615. 1961 (nach Rückgliederung von 80 niederösterreichischen Gemeinden): 1,627.566 (707.763, 919.803). 1971: 1,614.841 (712.579, 902.262); 1981: 1,531.346 (685.041, 846.305). 1991: siehe Nachtrag Band 5. Die Zahlen schwanken in den Publikationen, weil sofortige und sogenannte revidierte Ergebnisse (nach Berücksichtigung von Einsprüchen) veröffentlicht werden und außerdem (bei Bezirksgrenzenveränderungen) nicht selten bei Auflistungen (rückwirkend errechnete) Korrekturen vorgenommen werden.

Die Bevölkerung der Bezirke und Vorstadt- beziehungsweise Vorortgemeinden siehe (soweit eruierbar) unter diesen.

2) Herkunft

Die Zusammensetzung der Wiener Bevölkerung war zu allen Zeiten durch starken Zuzug geprägt, wobei die Dominanz der Nationen wechselte. Beispielsweise kamen im 16. Jahrhundert mit dem Hofstaat Ferdinands Spanier, in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts mit der Ausdehnung des Frühbarock Italiener (besonders Architekten und Künstler), in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts im Gefolge von Franz Stephan von Lothringen (der viele hohe Positionen mit Landsleuten besetzte) Franzosen, infolge des Orienthandels auch Griechen und Armenier nach Wien; der Zustrom von Italienern und Franzosen wirkte sich auch auf die Kultur (Sprache, Theater, Oper, Ballett und so weiter) aus; auch bestimmte Berufszweige waren etwa von Italienern dominiert (beispielsweise Rauchfangkehrer, Bauarbeiter, Eisverkäufer). Im Zuge der Industrialisierung des 19. Jahrhunderts kamen (als billige Arbeitskräfte) überwiegend Tschechen und Mährer nach Wien; daraus ergaben sich nicht selten soziale Probleme (auf die Verhältnisse, unter denen die „Ziegelböhm" am Wienerberg leben mußten, wies besonders Viktor Adler hin). Während der Ringstraßenära der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts strömten neben ausländischen Architekten auch Industrielle, Künstler und Schauspieler aus verschiedenen Teilen Europas in die Stadt. Daneben gab es seit dem Mittelalter einen bedeutsamen jüdischen Bevölkerungsanteil, der zeitweise bestimmte Berufsgruppen (beispielsweise Mediziner, Bankiers) dominierte, vor allem jedoch einen wichtiger kulturellen Faktor darstellte (Dichter, Schriftsteller, Journalisten). Nach dem Ersten Weltkrieg stellte die (freiwillige und unfreiwillige) Zuwanderung aus den selbständig gewordenen Nachbarstaaten ein Problem dar. Verluste erlitt die Bevölkerung durch die Gefallenen des Ersten und Zweiten Weltkriegs, durch freiwillige, jedoch meist erzwungene Emigration (Ständestaat, vor allem jedoch Nationalsozialismus) sowie nationalsozialistische Konzentrations- und Vernichtungslager. Nach dem Zweiten Weltkrieg ergab sich ein beachtlicher Zuzug infolge der gewaltsamen Vertreibung von Österreichern aus der Tschechoslowakischen Republik, danach durch Flucht aus den östlichen Volksdemokratien (insbesondere nach der Niederschlagung der Volksaufstände in Ungarn 1956 und in der Tschechoslowakischen Sozialistischen Republik 1968 sowie nach Ausrufung des Ausnahmezustands in Polen 1980); ein Teil der Zuwanderer begab sich in andere europäische oder überseeische Länder; die Auswanderung von Juden aus Sowjetrußland nach Israel wurde zum Teil über Österreich abgewickelt. Die Entwicklung Österreichs zu einem Asylland führte besonders seit den 80er Jahren zu einer anfangs ungeregelten (teils illegalen) Einwanderung (insbesondere aus Osteuropa [Polen, Rumänen]), die man erst seit 1990 in geregelte Bahnen zu bringen versucht. Im „Wienerischen" sind zahlreiche Wörter und Begriffe aus fremden Sprachen enthalten (teilweise verballhornt und nur schwer erkennbar).

Literatur

  • Statistisches Jahrbuch der Stadt Wien
  • Volkszählungsergebnisse
  • Ferdinand Lettmayer [Hg.]: Wien um die Mitte des XX. Jahrhunderts - ein Querschnitt durch Landschaft, Geschichte, soziale und technische Einrichtungen, wirtschaftliche und politische Stellung und durch das kulturelle Leben. Wien: 1958, S. 419 ff.
  • Gustav Otruba / L. S. Rutschka: Die Herkunft der Wiener Bevölkerung in den letzten 150 Jahren. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien 13. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1957, S. 227 ff.
  • Peter Wehle: Sprechen Sie Ausländisch?. 1982