Büßerinnenkloster zu St. Hieronymus: Unterschied zwischen den Versionen

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Das Büßerinnenkloster war für Frauen bestimmt, „die sich aus iren offenn sunden aus dem gemainen frein leben der uncheusch bechert und in puess gesaczt habent", nahm also vor allem reuige Lustdirnen auf. Es soll 1383 von Wiener Bürgern gegründet worden sein.  
 
Das Büßerinnenkloster war für Frauen bestimmt, „die sich aus iren offenn sunden aus dem gemainen frein leben der uncheusch bechert und in puess gesaczt habent", nahm also vor allem reuige Lustdirnen auf. Es soll 1383 von Wiener Bürgern gegründet worden sein.  
 
 
Herzog Albrecht III. gewährte dem „Seelhaus" 1384 Steuer- und Zollfreiheit und unterstellte es der Aufsicht der Stadt; seither leiteten Wiener Bürger als „Verweser" die Verwaltung des Hauses.  
 
Herzog Albrecht III. gewährte dem „Seelhaus" 1384 Steuer- und Zollfreiheit und unterstellte es der Aufsicht der Stadt; seither leiteten Wiener Bürger als „Verweser" die Verwaltung des Hauses.  
 
 
Die Büßerinnen standen unter der Leitung einer „Meisterin", waren zu gemeinsamem Leben und zu Bußübung verpflichtet, konnten jedoch heiraten, ohne daß dies für den Bräutigam ehrenrührig gewesen wäre; rückfälligen Frauen drohte allerdings der Tod durch Ertränken.  
 
Die Büßerinnen standen unter der Leitung einer „Meisterin", waren zu gemeinsamem Leben und zu Bußübung verpflichtet, konnten jedoch heiraten, ohne daß dies für den Bräutigam ehrenrührig gewesen wäre; rückfälligen Frauen drohte allerdings der Tod durch Ertränken.  
  
 
1480 bestätigte Friedrich III. die Privilegien des Hauses. Nachdem die Büßerinnen in der Kumpfgasse untergebracht gewesen waren, widmete ihnen der Verweser Konrad Schneider 1384 ein Haus Heinrichs von Pottendorf in der Weihburggasse; bis 1387 wurde eine dem heiligen Hieronymus geweihte Kapelle erbaut und durch den Titularbischof Castoria geweiht (die Weihe der erweiterten Kapelle nahm 1467 Weihbischof Albert von Passau vor).  
 
1480 bestätigte Friedrich III. die Privilegien des Hauses. Nachdem die Büßerinnen in der Kumpfgasse untergebracht gewesen waren, widmete ihnen der Verweser Konrad Schneider 1384 ein Haus Heinrichs von Pottendorf in der Weihburggasse; bis 1387 wurde eine dem heiligen Hieronymus geweihte Kapelle erbaut und durch den Titularbischof Castoria geweiht (die Weihe der erweiterten Kapelle nahm 1467 Weihbischof Albert von Passau vor).  
 
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1411-1414 kauften die Büßerinnen von der Schreiberzeche ein Haus „im Gäßlein zwischen der Singerstraße und der Weihburg" als Wohnung für den Kaplan, der die Seelsorge in der Anstalt innehatte. Der Komplex vergrößerte sich 1440 (Haus in der Singerstraße), 1451 (Haus in der Weihburggasse) und 1487 (weiteres Haus in der Singerstraße). Einen wichtigen Vermögensbestandteil bildete 1387-1511 die Badstube „[[Bäder|Perliebin]]" (1, Rabensteig).  
1411-1414 kauften die Büßerinnen von der Schreiberzeche ein Haus „im Gäßlein zwischen der Singerstraße und der Weihburg" als Wohnung für den Kaplan, der die Seelsorge in der Anstalt innehatte. Der Komplex vergrößerte sich 1440 (Haus in der Singerstraße), 1451 (Haus in der Weihburggasse) und 1487 (weiteres Haus in der Singerstraße). Einen wichtigen Vermögensbestandteil bildete 1387-1511 die Badstube „[[Perliebin]]" (1, Rabensteig).  
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Unter den bürgerlichen Wohltätern ragt Bürgermeister [[Konrad Hölzler (der Jüngere)]] († 1478) hervor. Im 15. Jahrhundert wurde das Büßerinnenkloster umgebaut (1455 neues Dormitorium); Verwalter der Bauarbeiten war 1467 der Apotheker Ulrich Vogler.  
 
 
Unter den bürgerlichen Wohltätern ragt Bürgermeister [[Konrad Hölzler der Jüngere]] († 1478) hervor. Im 15. Jahrhundert wurde das Büßerinnenkloster umgebaut (1455 neues Dormitorium); Verwalter der Bauarbeiten war 1467 der Apotheker Ulrich Vogler.  
 
  
 
Die neu erbaute Anstaltskirche wurde 1476 geweiht; die heutige [[Franziskanerkirche]] dürfte aus diesem spätmittelalterlichen Bau hervorgegangen sein, sie war damals allerdings von der Weihburggasse aus zugänglich (vierjochiger Bau mit 5/8-Chorschluß, spätes Beispiel einer gotischen Einraumkirche; vergleiche [[Malteserkirche]]).  
 
Die neu erbaute Anstaltskirche wurde 1476 geweiht; die heutige [[Franziskanerkirche]] dürfte aus diesem spätmittelalterlichen Bau hervorgegangen sein, sie war damals allerdings von der Weihburggasse aus zugänglich (vierjochiger Bau mit 5/8-Chorschluß, spätes Beispiel einer gotischen Einraumkirche; vergleiche [[Malteserkirche]]).  
 
 
Noch um 1500 war das Büßerinnenkloster stark belegt (damals wurden zusätzliche Zellen erbaut). Der Stadtbrand von 1525 und die Türkenbelagerung von 1529 leiteten den Niedergang des Büßerinnenklosters ein.  
 
Noch um 1500 war das Büßerinnenkloster stark belegt (damals wurden zusätzliche Zellen erbaut). Der Stadtbrand von 1525 und die Türkenbelagerung von 1529 leiteten den Niedergang des Büßerinnenklosters ein.  
 
 
1543 wurden anläßlich einer Klostervisitation nur noch acht Bewohnerinnen festgestellt. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts ist ein Sittenverfall zu erkennen (die Meisterin Juliane Kleeberger wurde, da sie Orgien geduldet und mitveranstaltet hatte, in Untersuchung gezogen und starb 1553 im Bußhaus), 1571 war das Haus völlig verödet, 1572 richtete die Stadt Wien hier ein Waisenhaus für Mädchen ein.  
 
1543 wurden anläßlich einer Klostervisitation nur noch acht Bewohnerinnen festgestellt. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts ist ein Sittenverfall zu erkennen (die Meisterin Juliane Kleeberger wurde, da sie Orgien geduldet und mitveranstaltet hatte, in Untersuchung gezogen und starb 1553 im Bußhaus), 1571 war das Haus völlig verödet, 1572 richtete die Stadt Wien hier ein Waisenhaus für Mädchen ein.  
 
 
Als dieses 1589 nach St. Niklas in der Singerstraße übersiedelte, übergab man das Kloster den Franziskanern (siehe [[Franziskanerkirche]]).  
 
Als dieses 1589 nach St. Niklas in der Singerstraße übersiedelte, übergab man das Kloster den Franziskanern (siehe [[Franziskanerkirche]]).  
  

Version vom 28. Oktober 2013, 19:28 Uhr

Daten zum Bauwerk
Art des Bauwerks Sakralbau
Datum von
Datum bis
Andere Bezeichnung Franziskanerkloster
Frühere Bezeichnung
Benannt nach
Einlagezahl
Architekt
Prominente Bewohner
PageID 14501
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Recherche
Letzte Änderung am 28.10.2013 durch WIEN1.lanm08w15
  • 1., Franziskanerplatz 4
  • 1., Weihburggasse 19
  • 1., Singerstraße 26-26A
  • Nr.: 913 (Bezirk: Innere Stadt, 1821, bis: 1862)
  • Nr.: 945 (Bezirk: Innere Stadt, 1770, bis: 1795)
  • Nr.: 969 (Bezirk: Innere Stadt, 1795, bis: 1821)

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48° 12' 23.54" N, 16° 22' 28.60" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Büßerinnenkloster zu St. Hieronymus (1, Franziskanerplatz 4; seit 1589 Franziskanerkloster mit Franziskanerkirche).

Das Büßerinnenkloster war für Frauen bestimmt, „die sich aus iren offenn sunden aus dem gemainen frein leben der uncheusch bechert und in puess gesaczt habent", nahm also vor allem reuige Lustdirnen auf. Es soll 1383 von Wiener Bürgern gegründet worden sein. Herzog Albrecht III. gewährte dem „Seelhaus" 1384 Steuer- und Zollfreiheit und unterstellte es der Aufsicht der Stadt; seither leiteten Wiener Bürger als „Verweser" die Verwaltung des Hauses. Die Büßerinnen standen unter der Leitung einer „Meisterin", waren zu gemeinsamem Leben und zu Bußübung verpflichtet, konnten jedoch heiraten, ohne daß dies für den Bräutigam ehrenrührig gewesen wäre; rückfälligen Frauen drohte allerdings der Tod durch Ertränken.

1480 bestätigte Friedrich III. die Privilegien des Hauses. Nachdem die Büßerinnen in der Kumpfgasse untergebracht gewesen waren, widmete ihnen der Verweser Konrad Schneider 1384 ein Haus Heinrichs von Pottendorf in der Weihburggasse; bis 1387 wurde eine dem heiligen Hieronymus geweihte Kapelle erbaut und durch den Titularbischof Castoria geweiht (die Weihe der erweiterten Kapelle nahm 1467 Weihbischof Albert von Passau vor). 1411-1414 kauften die Büßerinnen von der Schreiberzeche ein Haus „im Gäßlein zwischen der Singerstraße und der Weihburg" als Wohnung für den Kaplan, der die Seelsorge in der Anstalt innehatte. Der Komplex vergrößerte sich 1440 (Haus in der Singerstraße), 1451 (Haus in der Weihburggasse) und 1487 (weiteres Haus in der Singerstraße). Einen wichtigen Vermögensbestandteil bildete 1387-1511 die Badstube „Perliebin" (1, Rabensteig). Unter den bürgerlichen Wohltätern ragt Bürgermeister Konrad Hölzler (der Jüngere) († 1478) hervor. Im 15. Jahrhundert wurde das Büßerinnenkloster umgebaut (1455 neues Dormitorium); Verwalter der Bauarbeiten war 1467 der Apotheker Ulrich Vogler.

Die neu erbaute Anstaltskirche wurde 1476 geweiht; die heutige Franziskanerkirche dürfte aus diesem spätmittelalterlichen Bau hervorgegangen sein, sie war damals allerdings von der Weihburggasse aus zugänglich (vierjochiger Bau mit 5/8-Chorschluß, spätes Beispiel einer gotischen Einraumkirche; vergleiche Malteserkirche). Noch um 1500 war das Büßerinnenkloster stark belegt (damals wurden zusätzliche Zellen erbaut). Der Stadtbrand von 1525 und die Türkenbelagerung von 1529 leiteten den Niedergang des Büßerinnenklosters ein. 1543 wurden anläßlich einer Klostervisitation nur noch acht Bewohnerinnen festgestellt. Seit Mitte des 16. Jahrhunderts ist ein Sittenverfall zu erkennen (die Meisterin Juliane Kleeberger wurde, da sie Orgien geduldet und mitveranstaltet hatte, in Untersuchung gezogen und starb 1553 im Bußhaus), 1571 war das Haus völlig verödet, 1572 richtete die Stadt Wien hier ein Waisenhaus für Mädchen ein. Als dieses 1589 nach St. Niklas in der Singerstraße übersiedelte, übergab man das Kloster den Franziskanern (siehe Franziskanerkirche).

Literatur

  • Richard Perger / Walther Brauneis: Die mittelalterlichen Kirchen und Klöster Wiens. Wien [u.a.]: Zsolnay 1977 (Wiener Geschichtsbücher, 19/20), S. 230 ff.
  • Anneliese Stoklaska: Zur Entstehung der ältesten Wiener Frauenklöster. Diss. Univ. Wien 1984, S. 104 ff.
  • Ferdinand Just: Regesten zur Geschichte der Büßerinnenklöster in Wien. In: Wiener Diözesanblatt 1887, S. 209 ff., 219 ff.
  • J. E. Schlager: Wiener-Skizzen aus dem Mittelalter. Neue Folge 2, S. 279 ff.
  • Gustav Gugitz: Bibliographie zur Geschichte und Stadtkunde von Wien. Hg. vom Verein für Landeskunde von Niederösterreich und Wien. Band 3: Allgemeine und besondere Topographie von Wien. Wien: Jugend & Volk 1956, S. 144

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