Österreichische Postsparkasse (Finanzinstitut): Unterschied zwischen den Versionen

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Die 1883 erfolgte Gründung des k.k. Österreichischen Postsparkassenamtes geht auf dem aus Hessen stammenden Dr. [[Georg Coch]] zurück. Coch war zuvor von Handelsminister Felix Freiherr von Pino-Friedenthal mit einer Studie zur Gründung einer „Staatssparkasse beauftragt worden, welche schließlich zur Ausarbeitung einer Regierungsvorlage für ein Postsparkassengesetz durch Coch führte. Das Gesetz wurde am 28. Mai 1882 beschlossen. Die Konzeption sah die Gründung eines Postsparkassenamtes als Mutterinstitut vor, welche sich des dichten Netzes an Postämtern als Zahlstellen (also als „Filialen“ bediente) und damit auch Kleinstsparern und Personen in peripheren Zonen der österreichischen Reichshälfte die Möglichkeit bot, ersparte Beträge nicht unter das Kopfpolster sondern auf ein Konto eines Bankinstitutes zu legen und zu sparen. Gerade für Klein- und Kleinstsparer war das Angebot am Finanzmarkt bis dahin kaum vorhanden. Die Sparkassen hatten vor allem die bürgerliche Mittelschicht als Kunden und gaben sich mit Einlagen bis zu 50 Kreuzer, wie sie bei der Postsparkasse als Untergrenze definiert war, keineswegs ab. Das Gesetz sah jedoch auch eine Obergrenze der Einlagen mit 1000 Gulden vor. Das Amt war also nicht für die Einlagen wirklich vermögender Schichten konzipiert. Keine Person durfte mehrere Postsparkassenbücher besitzen die auch vor Exekution oder den Zugriff dritter Personen geschützt waren. Als Staatsparkasse war das Amt auch auf die ausschließliche Anlage der Aktiva in Form von Staatspapieren beschränkt.
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Die 1883 erfolgte Gründung des k.k. Österreichischen Postsparkassenamtes geht auf dem aus Hessen stammenden Dr. [[Georg Theodor Coch|Georg Coch]] zurück. Coch war zuvor von Handelsminister Felix Freiherr von Pino-Friedenthal mit einer Studie zur Gründung einer „Staatssparkasse beauftragt worden, welche schließlich zur Ausarbeitung einer Regierungsvorlage für ein Postsparkassengesetz durch Coch führte. Das Gesetz wurde am 28. Mai 1882 beschlossen. Die Konzeption sah die Gründung eines Postsparkassenamtes als Mutterinstitut vor, welche sich des dichten Netzes an Postämtern als Zahlstellen (also als „Filialen“ bediente) und damit auch Kleinstsparern und Personen in peripheren Zonen der österreichischen Reichshälfte die Möglichkeit bot, ersparte Beträge nicht unter das Kopfpolster sondern auf ein Konto eines Bankinstitutes zu legen und zu sparen. Gerade für Klein- und Kleinstsparer war das Angebot am Finanzmarkt bis dahin kaum vorhanden. Die Sparkassen hatten vor allem die bürgerliche Mittelschicht als Kunden und gaben sich mit Einlagen bis zu 50 Kreuzer, wie sie bei der Postsparkasse als Untergrenze definiert war, keineswegs ab. Das Gesetz sah jedoch auch eine Obergrenze der Einlagen mit 1000 Gulden vor. Das Amt war also nicht für die Einlagen wirklich vermögender Schichten konzipiert. Keine Person durfte mehrere Postsparkassenbücher besitzen die auch vor Exekution oder den Zugriff dritter Personen geschützt waren. Als Staatsparkasse war das Amt auch auf die ausschließliche Anlage der Aktiva in Form von Staatspapieren beschränkt.
  
 
Das Amt befand sich zunächst im Gebäude der ehemaligen Universitätsbliothek, heute Universitätsarchiv, Postgasse 9. Etwa zwei Jahrzhnte später wurde ein Neubau nötig, das von [[Otto Wagner]] konzipierte [[Postsparkassenamt]]. Die Notwendigkeit des Neubaus ergab sich auf Grund des Erfolgs. Allein von 1885 bis 1905 hatte sich die Zahl der Bediensteten auf rund 2100 vervierfacht, ein Zuwachs der auch durch Zubauten im alten Gebäude und Neuanmietungen nur sehr ungenügend kompensiert werden konnte. Vor allem die Gasbeleuchtung und die Sanitäranlagen wurden den Anforderungen kaum mehr gerecht, die Arbeitsbedingungen selbst nach Einschätzung des keineswegs zimperlichen staatlichen Sanitätsinspektorats gesundheitsgefährdend und höchst bedenklich. Hatte ein Bediensteter im Jahr 1885 noch pro Jahr durchschnittlich 6468 Gebarungen zu bewältigen gehabt waren es vor dem Bezug des Neubaus 20.549. Eine Folge waren gehäufte Überstunden, Sonntagsdienste, Bedienstete am Rande der physischen Erschöpfung die nun zum Mittel des Protests und der passiven Resistenz schritten. All diese arbeitsmedizinischen Probleme waren im Dezember 1906 mit dem Bezug des neues Gebäudes nahezu auf einen Schlag beseitigt. Ein modernes Belüftungs- und Heizungssystem, elektrische Beleuchtung, ausreichende Sanitäranlagen und schließlich auch der bis 1913 beziehbare Zubau schufen ein deutlich verbessertes Arbeitsklima.
 
Das Amt befand sich zunächst im Gebäude der ehemaligen Universitätsbliothek, heute Universitätsarchiv, Postgasse 9. Etwa zwei Jahrzhnte später wurde ein Neubau nötig, das von [[Otto Wagner]] konzipierte [[Postsparkassenamt]]. Die Notwendigkeit des Neubaus ergab sich auf Grund des Erfolgs. Allein von 1885 bis 1905 hatte sich die Zahl der Bediensteten auf rund 2100 vervierfacht, ein Zuwachs der auch durch Zubauten im alten Gebäude und Neuanmietungen nur sehr ungenügend kompensiert werden konnte. Vor allem die Gasbeleuchtung und die Sanitäranlagen wurden den Anforderungen kaum mehr gerecht, die Arbeitsbedingungen selbst nach Einschätzung des keineswegs zimperlichen staatlichen Sanitätsinspektorats gesundheitsgefährdend und höchst bedenklich. Hatte ein Bediensteter im Jahr 1885 noch pro Jahr durchschnittlich 6468 Gebarungen zu bewältigen gehabt waren es vor dem Bezug des Neubaus 20.549. Eine Folge waren gehäufte Überstunden, Sonntagsdienste, Bedienstete am Rande der physischen Erschöpfung die nun zum Mittel des Protests und der passiven Resistenz schritten. All diese arbeitsmedizinischen Probleme waren im Dezember 1906 mit dem Bezug des neues Gebäudes nahezu auf einen Schlag beseitigt. Ein modernes Belüftungs- und Heizungssystem, elektrische Beleuchtung, ausreichende Sanitäranlagen und schließlich auch der bis 1913 beziehbare Zubau schufen ein deutlich verbessertes Arbeitsklima.

Version vom 11. April 2017, 16:42 Uhr

Daten zur Organisation
Art der Organisation Firma
Datum von 1883
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 40842
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle
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Letzte Änderung am 11.04.2017 durch WIEN1.lanm09was
  • 1., Georg-Coch-Platz 2
  • K.k. österreichisches Postsparkassenamt

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48° 12' 35.90" N, 16° 22' 52.30" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die 1883 erfolgte Gründung des k.k. Österreichischen Postsparkassenamtes geht auf dem aus Hessen stammenden Dr. Georg Coch zurück. Coch war zuvor von Handelsminister Felix Freiherr von Pino-Friedenthal mit einer Studie zur Gründung einer „Staatssparkasse beauftragt worden, welche schließlich zur Ausarbeitung einer Regierungsvorlage für ein Postsparkassengesetz durch Coch führte. Das Gesetz wurde am 28. Mai 1882 beschlossen. Die Konzeption sah die Gründung eines Postsparkassenamtes als Mutterinstitut vor, welche sich des dichten Netzes an Postämtern als Zahlstellen (also als „Filialen“ bediente) und damit auch Kleinstsparern und Personen in peripheren Zonen der österreichischen Reichshälfte die Möglichkeit bot, ersparte Beträge nicht unter das Kopfpolster sondern auf ein Konto eines Bankinstitutes zu legen und zu sparen. Gerade für Klein- und Kleinstsparer war das Angebot am Finanzmarkt bis dahin kaum vorhanden. Die Sparkassen hatten vor allem die bürgerliche Mittelschicht als Kunden und gaben sich mit Einlagen bis zu 50 Kreuzer, wie sie bei der Postsparkasse als Untergrenze definiert war, keineswegs ab. Das Gesetz sah jedoch auch eine Obergrenze der Einlagen mit 1000 Gulden vor. Das Amt war also nicht für die Einlagen wirklich vermögender Schichten konzipiert. Keine Person durfte mehrere Postsparkassenbücher besitzen die auch vor Exekution oder den Zugriff dritter Personen geschützt waren. Als Staatsparkasse war das Amt auch auf die ausschließliche Anlage der Aktiva in Form von Staatspapieren beschränkt.

Das Amt befand sich zunächst im Gebäude der ehemaligen Universitätsbliothek, heute Universitätsarchiv, Postgasse 9. Etwa zwei Jahrzhnte später wurde ein Neubau nötig, das von Otto Wagner konzipierte Postsparkassenamt. Die Notwendigkeit des Neubaus ergab sich auf Grund des Erfolgs. Allein von 1885 bis 1905 hatte sich die Zahl der Bediensteten auf rund 2100 vervierfacht, ein Zuwachs der auch durch Zubauten im alten Gebäude und Neuanmietungen nur sehr ungenügend kompensiert werden konnte. Vor allem die Gasbeleuchtung und die Sanitäranlagen wurden den Anforderungen kaum mehr gerecht, die Arbeitsbedingungen selbst nach Einschätzung des keineswegs zimperlichen staatlichen Sanitätsinspektorats gesundheitsgefährdend und höchst bedenklich. Hatte ein Bediensteter im Jahr 1885 noch pro Jahr durchschnittlich 6468 Gebarungen zu bewältigen gehabt waren es vor dem Bezug des Neubaus 20.549. Eine Folge waren gehäufte Überstunden, Sonntagsdienste, Bedienstete am Rande der physischen Erschöpfung die nun zum Mittel des Protests und der passiven Resistenz schritten. All diese arbeitsmedizinischen Probleme waren im Dezember 1906 mit dem Bezug des neues Gebäudes nahezu auf einen Schlag beseitigt. Ein modernes Belüftungs- und Heizungssystem, elektrische Beleuchtung, ausreichende Sanitäranlagen und schließlich auch der bis 1913 beziehbare Zubau schufen ein deutlich verbessertes Arbeitsklima.

Abgezeichnet hatte sich der Erfolg des Postsparens bereits in den ersten Wochen des Bestandes des Instituts. Nach nur sieben Wochen verwaltete das Amt etwa 200.000 Konten, im letzten Vorkriegsjahr 1913 bereits 2,3 Millionen. Allerdings zeigte sich im Postsparen nach der Jahrhundertwende gewisse Sättigungsstendenzen. Die ab etwa 1907/08 festzustellende Stagnation hatte mehrere Gründe. Zum einen suchten die großen Geschäftsbanken und die neugegründete Zentralsparkasse der Gemeinde Wien nunmehr auch die Kleinstsparer zu gewinnen, zum anderen stieß die Expansion außerhalb des deutschsprachigen Raumes innerhalb der Monarchie an nationale Grenzen. Das Institut begegnete diesem Trend durch Einführung und Ausweitung des Postscheckverkehrs, der neue, finanzkräftige Kundenschichten erschloss. Im Jahr 1912 betrugen die gesamten Postsparguthaben 202,6 Millionen Kronen, die Guthaben auf den Scheckkonten jedoch mehr als das Doppelte (441,5 Millionen Kronen).

Der oder die klassische Postsparer war eine erhaltene Person für die gespart wurde. Das traf auf fast die Hälfte der Besitzer von Sparbüchern zu. Zum überwiegenden Teil waren es Schüler und Studenten, zum kleineren Teil kleinere Kinder. Namhafte Anteile unter den übrigen Sparergruppen hatten Bildungsbürger, Lohnarbeiter, darunter in erster Linie Gehilfen und Lehrlinge, nicht unbedingt Arbeiter, und Dienstboten.

Trotz des großen Aufschwung den das Postsparen in den letzten drei Jahrzehnten der Habsburgermonarchie genommen hatte – auch in der ungarischen Reichshälfte wurde ein Postsparkassenamt gegründet – konnte es doch mit den vergleichbaren Instituten in Großbritannien und Frankreich hinsichtlich der Sparerdichte nicht mithalten. Im Jahr 1909 entfielen auf 100 Einwohner in Großbritannien 25, in Frankreich immerhin 14 Postsparbücher, in der österreichischen Reichshälfte waren es jedoch nur 8, in den Ländern der ungarischen Krone gar nur 3. Erwartungsgemäß wurde die größte Sparerdichte im Kronland Niederösterreich erreicht, während die übrigen Kronländer deutlich zurück lagen.

Das Auseinanderbrechen des gemeinsamen Wirtschaftsraumes in der Donaumonarchie und die Hyperinflation der Nachkriegsjahre sorgten für einen massiven Rückgang der Spareinlagen, die Flucht in spekulative Veranlagungen bei denen Siegfried Bosel, der Empfehlungen der Regierungspartei besaß. Bosels Spekulationen gingen jedoch ebenso wie die folgende Franc-Spekulation nicht auf. Die Postsparkasse mußte darauf hin mit dem Gesetz vom 28. Dezember 1926 saniert werden. Erst nach und nach gelang es in der Folge durch eine erfolgreiche Sanierungsstrategie die Anstalt auf gesunde Beine zu stellen. Die Weltwirtschaftskrise ließ den Sparverkehr jedoch stagnieren. Nach dem "Anschluss" expandierte die Postsparkasse in das gesamte "Deutsche Reich" und schließlich auch in die bestzten Gebiete, da Deutschland bis dahin keinen Postsparverkehr kannte. Die Zahl der Postsparbücher stieg von 400.000 1938 auf 8,5 Millionen Ende 1942. Nach Kriegsende versuchte das Institut sich vor allem über Gebühren zu sanieren. Ein Abbau der Altschulden gelang jedoch erst Ende der 1960er Jahre. Zu dieser Zeit setzte eine grundsätzlicher Reformprozess auf Basis des Postsparkassengesetzes von 1969 ein, welches dem Institut unter Beibehaltung gemeinwirtschaftlicher Aufgaben die Möglichkeit zu Ausweitung der Geschäftsbereiche bot. Die Automation des Scheckverkehrs, Ausdehnung des EDV-Einsatzes und die Erweiterung der Postsparkasse zu einer umfassenden Gruppe mit Vollbanken und Tochtergesellschaften verbesserten die Marktposition erheblich.

Im Zuge des Konzentrationsprozesses im österreichischen Bankensektor kaufte die BAWAG von der Republik Österreich 75 % der Anteile der Österreichischen Postsparkasse und fusionierte 2005 die BAWAG endgültig mit der P.S.K. und zur BAWAG P.S.K.

Literatur

  • Peter Tomanek, Michael Wagner, Bankiers und Beamte. 100 Jahre Österreichische Postsparkasse, Wien 1983
  • Roland Löffler, Michael Wagner (Hg.), Stillstand ist Rückschritt. Der erste Postsparkassen-Gouverneur 1910, Wien 1986
  • Bernhard Heiller, Michael Wagner (Hg.), Im kurzen Wege. Hundert Jahre Postscheckverkehr, Wien 1987
  • Roland Löffler, Michael Wagner (Hg.), Kalkuliertes Wagnis. Zum 100. Todestag Georg Cochs, Wien 1991
  • Peter Eigner, Andreas Weigl, Die Österreichische Postsparkasse als Modell? Möglichkeiten und Grenzen der Implementierung einer Finanzinnovation, in: Harald Wixforth (Hg.), Sparkassen in Mitteleuropa im 19. und 20. Jahrhundert (Geld und Kapital. Jahrbuch für mitteleuropäische Banken- und Sparkassengeschichte 1998), Böhlau Verlag, Wien 1998, 11-60.


HEILLER Bernhard, WAGNER Michael(Hrsg.) Im kurzen Wege. Hundert Jahre Postscheckverkehr Wien 1987