Staatsbankrott 1811

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Daten zum Eintrag
Datum von 1811
Datum bis
Objektbezug Langes 19. Jahrhundert
Quelle
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Letzte Änderung am 18.12.2019 durch WIEN1.lanm09lue

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Staatsbankrott 1811. In Zusammenhang mit den Napoleonischen Kriegen, den Besetzungen Wiens sowie den 1809 im Frieden von Schönbrunn vereinbarten Gebietsabtretungen und Reparationszahlungen kam es zu einer enormen Staatsverschuldung. Um weiterhin zahlungsfähig zu bleiben, wurde von der Regierung im großen Stil Papiergeld, sogenannte Bancozettel, in Umlauf gebracht, was innerhalb weniger Jahre die Inflation in die Höhe trieb. Um die Papiergeldmenge zu stabilisieren, wurde zunächst versucht, den Papiergeldumlauf zu reduzieren. Dies geschah, indem mit dem sogenannten Silberpatent vom 26. Februar 1810 eine "Vereinigte Einlösungs- und Tilgungdeputation" geschaffen wurde, die den freiwilligen Umtausch der Bancozettel in ein neues Papiergeld, sogenannte "Einlösungsscheine" anbot. Nach der Veröffentlichung des Silberpatents erholte sich der Kurs der Bancozettel an der Börse kurzzeitig, ausbleibende Umsetzungsmaßnahmen sowie die weitere Ausgabe von Bancozetteln führten allerdings rasch zu einer neuerlichen Entwertung. Als es zudem nicht mehr gelang, Anleihen aus dem Ausland zu bekommen, mussten drastischere Maßnahmen ergriffen werden.

Am 15. März 1811 veröffentlichte Franz I. das auf den 20. Februar datierte kaiserliche Patent, das den Beinahmen "Bankrottpatent" erhalten sollte. Es sah eine Abwertung der Bancozettel auf 20 Prozent ihres Nennwertes und den Umtausch in die bereits erwähnten "Einlösungsscheine" vor. Die neue, auf den Einlösungsscheinen basierende Währung wurde als "Wiener Währung" (W.W.) bezeichnet und stellte ab 15. März 1811 das einzige gesetzliche Zahlungsmittel dar. Während einer Übergangphase bis Ende Jänner 1812 waren auch die abgewerteten Bancozettel noch als Zahlungsmittel der Wiener Währung verwendbar. Steuern und Abgaben konnten nur noch in Einlösungsscheinen bezahlt werden. Das Patent regelte zudem den Umrechnungskurs für in Bacozetteln zwischen 1799 und 1811 aufgenommene Obligationen. Das Patent führte zu einer Umverteilung zugunsten des Staates, zudem profitierten Gläubiger mit älteren Forderungen davon. Für das Gros der Bevölkerung bedeutete es einen enormen Vermögensverlust; gleichzeitig löste es in vielen Lebensbereichen eine massive Teuerung aus. So schnellten beispielsweise in Wien die Preise für Brot und Fleisch in die Höhe. Das Ziel des Patents, eine Währungsstabilisierung, wurde allerdings nur bedingt erreicht. Die weiterhin hohen Staatsschulden, neue Kriege und hohe Rüstungsausgaben führten zu einer neuerlichen Inflation. Bereits im Frühling 1813 wurde eine weitere Kategorie von Papiergeld geschaffen, die sogenannten "Antizipationsscheine", deren Grundgedanke es war – daher auch der Name – künftige Steuereinnahmen zu antizipieren, d. h. vorwegzunehmen. Erst nach dem Ende der Napoleonischen Kriege und dem Wiener Kongress (1814/1815) gelang die Sanierung des Finanzsystems. Dazu trug auch die Gründung der Österreichischen Nationalbank 1816 bei. Zu ihren ersten Aufgaben gehörte es, die in Misskredit geratene Wiener Währung gegen Conventionsmünze einzutauschen, ein Unterfangen, das bis 1835 weitestgehend abgeschlossen war.


Quellen

Literatur

  • Clemens Jobst / Hans Kernbauer: Die Bank. Das Geld. Der Staat. Nationalbank und Währungspolitik in Österreich 1816–2016. Frankfurt am Main: Campus 2016, S. 31–35.
  • Peter Csendes / Ferdinand Opll [Hg.]: Wien. Geschichte einer Stadt. Band 3: Von 1790 bis zur Gegenwart. Wien: Böhlau 2006, S. 78
  • Website der Österreichischen Nationalbank: Wiener Währung [Stand: 30.10.2019]