Städtische Luxussteuer

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"Seipel-Steuern oder Breitner-Steuern?", Wahlwerbung 1927
Daten zum Eintrag
Datum von
Datum bis
Objektbezug Zwischenkriegszeit
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 20.01.2020 durch WIEN1.lanm09mer
Bildname Seipel oder Breitner Steuern.jpg
Bildunterschrift "Seipel-Steuern oder Breitner-Steuern?", Wahlwerbung 1927

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Ein wesentlicher Grundgedanke der von Finanzstadtrat Hugo Breitner gestalteten Finanzpolitik im „Roten Wien“ war die Verlagerung der Einnahmen von Zuschlägen zu direkten staatlichen Steuern, besonders die Besteuerung des Mietzinses, auf ein System von Luxusabgaben die den Kauf von nicht unbedingt erforderliche Gütern und Dienstleistungen betrafen. Mit der Einführung dieser „Luxussteuern“ zog sich Breitner den tiefen Hass der christlichsozialen Opposition im Gemeinderat zu.[1] Zu diesen gehörte die Fürsorge-, die Nahrungs- oder Genußmittel-, die Fremdenzimmer-, die Wertzuwachs-, Anzeigen-, Kraftwagen-, Hauspersonal-, Konzessionsabgabe, die Gemeindeabgabe von öffentlichen Ankündigungen, die Abgabe von freiwilligen Feilbietungen, die Wasserkraftabgabe, die Beitragsleistung der Feuerversicherten zu den Kosten der Feuerwehr der Stadt Wien und die Wohnbausteuer. Dazu kam auch die bereits im Ersten Weltkrieg von der christlichsozialen Stadtregierung eingeführte Lustbarkeitsabgabe. Temporär wurde auch bis 1923 eine Luxuswarenabgabe eingehoben. Die mit Abstand höchsten Erträge brachten die Lustbarkeits-, die Nahrungs- und Genußmittelabgabe und die Wohnbausteuer.

Fürsorgeabgabe

Bei der Fürsorgeabgabe handelte es sich um eine 1919 eingeführte Lohnsummensteuer die auf alle Personen die andere zu Erwerbszwecken beschäftigen auf Löhne und Gehälter erhoben wurde. Für Bankiers und sonstige Personen die gewerbsmäßige Geld- oder Kreditgeschäfte betrieben (mit Ausnahme der Sparkassen) und für Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften die ausschließlich Darlehensgeschäfte betrieben galt ein erhöhter, rund doppelt so hoher Abgabensatz. Die Fürsorgeabgabe war keine „Luxussteuer“ im eigentlichen Sinn, erwies sich aber als ertragsreichste der neu eingeführten Abgaben. Im Jahr 1929 betrugen die Einnahmen 79,6 Millionen Schilling. Infolge der Weltwirtschaftskrise sanken diese jedoch auf 47,4 Millionen.[2]

Lustbarkeitsabgabe

Die bereits während des Ersten Weltkrieges eingeführte Abgabe wurde auf Theater-, Opern- und Operettenaufführungen, Konzertveranstaltungen, Kammermusikabende in Konzertsälen oder Theatern, Diavorträge, Sportveranstaltungen, Tanzkurse und sonstige Vorführungen und Wettbewerbe erhoben. Zuschläge galten für Abendveranstaltungen und Veranstaltungen bei den Speisen und Getränke verabreicht wurden. In der Praxis entfiel fast die Hälfte der Einnahmen auf Kinoaufführungen, je etwa ein Achtel auf Theater und Gastronomie. Die höchsten Einnahmen aus dieser Abgabe wurden im Jahr 1928 mit 17,2 Millionen Schilling erzielt.[3] Vor allem der hohe Anteil der Einnahmen aus Kinoaufführungen entsprach wohl nicht der ursprünglich intendierten Besteuerung von Luxus.

Nahrungs- und Genussmittelabgabe

Die 1920 eingeführte Abgabe wurde nach den Umsatz in Bars, Kabaretts, Konzertcafés, Heurigen- und Buschenschanken, Likör- und Frühstücksstuben und in allen Lokalen die nach Preisniveau, Lage und Komfort als Luxusbetrieb eingestuft wurden berechnet und eingehoben. Der höchste Ertrag der Abgabe wurde 1929 mit 17,1 Millionen Schilling erreicht. Auf Grund der allmählichen Erweiterung des Kreises der besteuerten Betriebe auf Basis des Umsatzes liefen vor allem Vertreter der Gastwirte Sturm gegen diese Abgabe.[4]

Fremdenzimmerabgabe

Die 1920 eingeführte Abgabe erfolgte auf die Einnahmen aus Vermietung von Zimmern im Gast- und Beherbergungsbetrieben mit Ausnahme von Sanatorien mit gemeinnützigen Betreibern. Sanatorien wurden mit einer leicht verminderten, Stundenhotels mit einem stark erhöhten Abgabensatz besteuert.

Wertzuwachsabgabe

Die im Jahr 1919 eingeführte Abgabe erfolgte auf Wertzuwächse von Häusern und Grundstücken bei entsprechenden Verkäufen. Sie war stark progressiv gestaffelt nach dem Erwerbsjahr, wobei vor dem 1.1.1920 erworbene Häuser und Grundstücke mit den niedrigsten Satz bewertet wurden. 1928 wurde sie mit einem Höchststeuersatz von 25% begrenzt. Der Ertrag der Abgabe schwankte nicht unerheblich. Er betrug in einzelnen Jahren bis zu 11,5 Millionen Schilling.[5]

Kraftwagenabgabe

Die Abgabe wurde auf Personenkraftwagen und Lastkraftwagen mit Benzinmotoren und Elektromobilen nach PS gestaffelt eingehoben, wobei das Verhältnis zwischen niedrigstem und höchstem Satz eins zu zehn betrug. Taxis wurden mit einem jährlichen Pauschalbetrag besteuert. Im Jahr 1929 betrugen die Einnahmen aus der Abgabe 5,4 Millionen Schilling. Die Kraftwagenabgabe wurde am 1. Mai 1931 der Gemeinde entzogen und in eine Bundessteuer umgewandelt.[6]

Hauspersonalabgabe

Die Abgabe wurde in Haushalten mit zwei und mehr Personen die in häuslichen Diensten beschäftigt waren eingehoben. Sie stieg progressiv von der zweiten bis zur vierten derartigen Person. Für männliches Hauspersonal (Kammerdiener, Butler) galt der doppelte Betrag als für weibliches Hauspersonal. Die Zahl der Abgabepflichtigen und die Einnahmen aus der Abgabe sanken ab 1930 beträchtlich.

Anzeigenabgabe

Diese Abgabe auf Inserateneinnahmen war progressiv bis zu einer monatlichen Inseratengebührsumme von 100.000 Schilling gestaffelt und für Stellengesuche reduziert.

Feuerversicherungsabgabe

Die mit einem Drittel der Gesamtleistung eines Feuerversicherungsnehmers für die Versicherungsperiode bemessene Abgabe war für den Betrieb der städtischen Feuerwehr zweckgebunden.

Besteuerung von Rennen, Regatten

Diese Abgabe wurde ab 1920 als Zuschlag auf die staatliche Totalisateureinsatzgebühr von Buchmachern eingehoben.

Wohnbausteuer

Die 1922 eingeführte Wohnbausteuer wurde nach den Mietzins in Goldkronen der 1914 für Wohnungen und Geschäftslokale bezahlt wurde bemessen. Sie war progressiv gestaffelt bei Wohnungen von 600 Goldkronen bis zu 10.000 Goldkronen. Für Geschäftslokale galt ebenfalls eine progressive Staffelung, doch war der Steuersatz niedriger, um Produktion und Handel nicht zu verteuern.

Wasserkraftabgabe

Die 1922 beschlossene Abgabe wurde auf den Verbrauch von elektrischen Strom und Gas eingehoben, wobei der Stromverbrauch einem höheren Steuersatz unterlag.[7]

Unter die weiteren Luxussteuern fallen die Bierabgabe, Hundeabgabe, Luxuswarenabgabe und Pferdeabgabe.

Ab 1966 werden staatliche Luxussteuern auf Güter des gehobenen Bedarfs eingehoben.

Literatur

  • Wolfgang Fritz, Der Kopf des Asiaten Breitner. Politik und Ökonomie im Roten Wien. Hugo Breitner Leben und Werk, Wien 2000
  • Felix Czeike, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der Ersten Republik (1919-1934). Tl. 1-2 (Wiener Schriften 6, 11), Wien: Jugend & Volk 1958-1959
  • Das Neue Wien. Städtewerk. Hrsgg. Unter offizieller Mitwirkung der Gemeinde Wien. Bd. 1, Wien: „Das Neue Wien“ 1926

Einzelnachweise

  1. Wolfgang Fritz, Der Kopf des Asiaten Breitner. Politik und Ökonomie im Roten Wien. Hugo Breitner Leben und Werk, Wien 2000, S. 154-157
  2. Felix Czeike, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der Ersten Republik (1919-1934). Tl. 1 (Wiener Schriften 6), Wien: Jugend & Volk 1958, S. 87.
  3. Felix Czeike, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der Ersten Republik (1919-1934). Tl. 1 (Wiener Schriften 6), Wien: Jugend & Volk 1958, S. 64 f.
  4. Felix Czeike, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der Ersten Republik (1919-1934). Tl. 1 (Wiener Schriften 6), Wien: Jugend & Volk 1958, S. 70-72.
  5. Felix Czeike, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der Ersten Republik (1919-1934). Tl. 1 (Wiener Schriften 6), Wien: Jugend & Volk 1958, S. 105.
  6. Felix Czeike, Wirtschafts- und Sozialpolitik der Gemeinde Wien in der Ersten Republik (1919-1934). Tl. 1 (Wiener Schriften 6), Wien: Jugend & Volk 1958, S. 77.
  7. Das Neue Wien. Städtewerk. Hrsgg. Unter offizieller Mitwirkung der Gemeinde Wien. Bd. 1, Wien: „Das Neue Wien“ 1926, S. 184-189.