Ringstraßenwettbewerb Projekt Nr.19

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Wettbewerbsbeitrag von Peter Joseph Lenné zur Wiener Stadterweiterung Vergrößerbares Digitalisat
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Wettbewerb
Datum von 31. Jänner 1858
Datum bis 31. Juli 1858
Thema
Veranstalter
Teilnehmerzahl
Gewalt
PageID 43936
GND
WikidataID
Objektbezug Ringstraße, Glacis
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Letzte Änderung am 30.10.2015 durch DYN.elwu
Bildname Stadterweiterung_Peter_Joseph_Lenne.jpg
Bildunterschrift Wettbewerbsbeitrag von Peter Joseph Lenné zur Wiener Stadterweiterung Vergrößerbares Digitalisat

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Verfasser: Peter Joseph Lenné


Devise: Ein Kaisergedanke so gross und gewaltig, mit Freuden erfasst ihn der schaffende Künstler und prüft seine Kraft.


Das Projekt Nr. 19 wurde am 26. Juli 1858 im Ministerium des Innern abgelegt. [1] Aus den Unterlagen des Stadterweiterungsfonds entnehmen wir, dass Franz Kreuter, der zu jener Zeit in Wien ansässig war, die Ausschreibungsunterlagen für Josef Peter Lenné anforderte. Am 3. November 1858 überbrachte der kommissionelle Berichterstatter Rudolf Eitelberger das Urteil, dass das Projekt zu "…der engeren Wahl vorzubehalten…."[2] wäre.

Für den bekannten Gartenplaner und Direktor der königlich preußischen Gärten in Potsdam handelte es sich bei der Stadterweiterung der inneren Stadt Wien um "das großartigste Unternehmen neuerer Zeit". Der Leitgedanke in seinem Projekt war im Hinblick auf den Ärar, das Glacis so weit wie möglich in verwertbare Grundstücke zu verwandeln, die wichtigsten Verkehrsachsen klug anzulegen und dem öffentlichen Grünraum einen besonderen Stellenwert zuzuweisen. Letzteren benötigte er, um die architektonischen Einzelbausteine seines Entwurfs gebührend in Szene setzen zu können.
Der Autor verfügte über eine hervorragende Ortskenntnis, möglich ist aber auch, dass er durch Franz Kreuter oder andere über die wesentlichen Gegebenheiten in Kenntnis gesetzt worden war.


Städtebaulicher Entwurf

Lenné sah nur wenige Regulierungsarbeiten in der Innenstadt vor. Der lediglich als Reproduktion der k. k. Hof- und Staatsdruckerei vorhandene Situationsplan weicht zudem teilweise von den Beschreibungen in der Denkschrift ab, er ist darüber hinaus an den neuralgischen Stellen unpräzise. Auch die Terrassenumnutzung der Bastei im östlichen Bereich lässt sich als solche nicht in der Planreproduktion erkennen. Lenné wollte die Bastei zwischen Annagasse und Jakoberhof bestehen lassen und an beiden Enden eine Treppenanlage zur Überwindung des Höhenunterschieds anbringen. Vielleicht hat hier die Brühl'sche Terrasse in Dresden Pate dafür gestanden, um dem Wiener Publikum, das im Bereich des Wasserglacis' gerne promenierte, den Fortbestand seiner liebsten Wegstrecke zu sichern.
An einzelnen Stellen im Text ist die generelle architektonisch-städtebauliche Absicht seines Entwurfes erkennbar: "Die Quartiere für die Bebauung sind, wo es irgend die Räumlichkeit zuließ, so groß angelegt daß ansehnlich lange Facaden und geräumige Höfe hinter den Gebäuden möglich sind; es beträgt die Gesammtfläche für die Bebauung – ausschließlich der für Staatsbauten theils bestimmten theils reservierten Räume, 81,018 Klafter [Quadratklafter], die Länge der Facaden 7,021 Klftr." Dem Entwerfer war es eine Rechnung wert, wie lange die Fassaden seiner Wohnbauten wären, was für die Wichtigkeit dieser Größe spricht, denn die Fassaden versprachen ökonomischen Erfolg. Sein städtebaulicher Entwurfsgedanke wird aus seinen Aussagen zur Anlage der Verkehrswege deutlich: "Die Straßen sind den Anforderungen der Zweckmäßigkeit in Rücksicht auf die Bebauung, die Bequemlichkeit des Verkehrs und ihrer Entwässerung angeordnet worden. Sie bewegen sich daher bei angemessener Breite in möglichst geraden Linien; es ist auf thunlichst rechtwinklige Kreuzungen […] gerücksichtigt worden."
Lenné verwendete mancherorts entlang der Ringstraße Figurationen (etwa einer kurvigen Straße, eines Halbzirkels usw.), die er aus den Gegebenheiten ableitete, und fand, dass "die Wahl einer langen Curve, anstatt eines mehrmals gebrochenen geradlinigten Zuges" eher gerechtfertigt wäre. Lenné sah zwei Hauptelemente in seinem Stadterweiterungsentwurf, die "Architectur" sowie die "Promenaden", und rückte von einem starken städtebaulichen Rückgrat des Erweiterungsgebietes ab. Es ging ihm eindeutig darum, nicht den Ringcharakter des Straßenzuges, sondern die quer dazu liegenden Verkehrswege, die die innere Stadt mit den Vorstädten verbinden, stärker entwurfsbildend zu behandeln.
Er erläuterte die Art und Weise der Setzung seiner monumentalen Bauten, indem er beispielsweise der Votivkirche am Ende eines "Arrangements vor dem Franzensthor" einen "ähnlichen massigen architectonischen Gegenstand" gegenüberstellen wollte.
Lenné setzte im südlichen Stadterweiterungsgebiet zwei Ensembles ein, die auf einer symmetrischen Konzeption basierten. Beim Ensemble östlich der Kärntnerstraße platzierte er nah beieinander drei monumentale Bauten, beim westlichen Arrangement gruppierte er sie um eine monumentale Platzanlage mit halbkreisförmigem Abschluss – jedoch immer durch Grünanlagen aufgelockert. Die nur wenigen Areale, die er mit Wohnbauten besetzte, wurden rasterförmig angelegt. Entlang des Wienflusses und des Boulevards im nördlichen Teil der Stadterweiterung projektierte Lenné Wohnbauten mit Vorgärten.
Der Boulevard entwickelt sich aus einer Abfolge mehrerer Ensembles, die durch öffentliche Grünzüge verbunden sind. So entstand – wie er auch begründete – kein einheitlicher und klarer Boulevardzug, was besonders im östlichen Bereich deutlich wird.


Stellenwert

Lennés städtebauliche stark von der Landschaftsplanung beeinflusste Konzeption rührt von seiner jahrelangen Beschäftigung mit Gartengestaltungen sowie von Stadterweiterungen und -regulierungen her. Besonders durch die Arbeiten, allen voran den Plan Projectirte Schmuck- u. Grenzzüge v. Berlin mit nächster Umgegend von 1840 werden die Setzungen der Bauten und der nicht polygonale, sondern in geschwungener Linie entworfene Boulevard verständlich. Der Entwurf Lennés sticht aus den anderen Planungen hervor und mag im Hinblick auf das Wettbewerbsprogramm als Verfehlung erscheinen, weil der Anteil an Grünflächen immens, hingegen die Ausnutzung des Geländes als Baufläche gering ist. Im Jahr des Wettbewerbes arbeitete er an zahlreichen Auftragsarbeiten, vornehmlich Schlossgartenanlagen – Prinzengarten, Schlosspark Ballenstedt; Schlosspark Karnin; Parkanlage Schloss Lindstedt, Potsdam; Schlosspark, Sinzig; Johannapark, Leipzig. Neben diesen sticht der Auftrag des bayrischen Königs hervor, einen städtebaulichen Plan für seine Hauptstadt zu erstellen. Lenné legte ihn unter dem Titel „Schmuck- und Grenzzüge der Residenz München“ vor, nahm aber eindeutig Bezug auf den wenige Jahre zuvor entworfenen Plan für Berlin. Ein geschlossener Ring von Alleen und Promenaden weit außerhalb des Weichbildes von München umschloss die Stadt, er wurde durch die Abfolge von verschiedenen Platzanlagen rhythmisiert. Aus einem ähnlichen Verständnis heraus entwarf Lenné seinen Vorschlag für die Bebauung des Wiener Glacis‘.
Die Prämierung – es bleibt im Dunkeln, ob man im Ministerium des Innern wusste, wer der einreichende Planer war – wird dadurch verständlich, dass Lenné als einziger der Gartengestaltung das Primat der Planung zusprach.[3]


Siehe auch:


Einzelnachweise

  1. Österreichisches Staatsarchiv, AVA, STEF, Karton 2, Faszikel Nr. 6602/M.I. 586-1858
  2. Österreichisches Staatsarchiv, AVA, Präsidialakte, Fasz. 119 ad11801/1858
  3. Zum Ringstraßenwettbewerb siehe: Harald R. Stühlinger, Der Wettbewerb zur Wiener Ringstraße, Birkhäuser, Wien 2015