Polizeipräsident

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Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Polizeipräsident.

Bis 1848

In der Monarchie standen an der Spitze der Polizei die Leiter des Polizeiministeriums (Präsident der Polizei-Hofstelle, "Polizeiminister"). Es waren dies:

  • Johann Anton Graf von Pergen (1793-1804 Staats- und Polizeiminister)
  • Joseph Thaddäus Vogt Freiherr von Sumeraw (1804-1808)
  • Franz Freiherr von Hager zu Alensteig (1808-1816)
  • Joseph Graf Sedlnitzky-Odrowas von Choltitz (1817-1848; Präsident der Obersten k. k. Polizei und Zensurhofstelle).

1848 - 1867

Nach der Revolution 1848 wurde das Sicherheitswesen (nicht in Wien, wo eine Militärpolizei amtierte) den Gemeinden übertragen, 1849 die Gendarmerie (als militärische Einheit) gegründet, 1850 wurden die "Grundzüge über die Organisation der landesfürstlichen Polizeibehörden" verlautbart, 1851 ging (nach der Trennung von Justiz und Verwaltung) die Strafgewalt der Polizei auf die staatlichen Gerichte über, 1852 wurde aus dem Ministerium des Inneren die "Oberste Polizeibehörde" ausgegliedert, die 1859 zu einem eigenen Polizeiministerium umgewandelt, jedoch 1867 aufgelöst wurde.

Polizeiminister:

  • Alexander Freiherr von Hübner (1859)
  • Karl Freiherr von Mecsery de Tsoor (1860-1865)
  • Richard Graf Belcredi (1865-1867)

Polizeidirektor:

  • Ignaz Czapka 1856

1869 - 1918

Mit der Neustrukturierung des Polizeiwesens (1869; Schaffung der Sicherheitswache, heute als uniformierte Polizei bezeichnet) beginnt auch für die Wiener Polizeidirektoren eine neue Ära. Es waren dies unter anderen:

  • Anton von Le Monnier (1870-1873); hat den Titel Polizeipräsident vom Kaiser unmittelbar vor seinem Tod erhalten, daher nicht mehr geführt.
  • Wilhelm Marx von Marxberg (1873-1882 [Rücktritt nach dem Ringtheaterbrand von 1881]; Marx war der Erste, der den Titel k.k. Polizeipräsident führte).

Erste Republik

In der Ersten Republik war die herausragende Persönlichkeit Johannes Schober. Er wurde zwar schon von Kaiser Karl I. mit der Leitung der Polizeidirektion Wien betraut, aber erst am 30. November 1918 vom deutschösterreichischen Staatsrat zum Polizeipräsidenten ernannt, dem er Anfang November 1918 den Eid geschworen hatte. Sein Name ist mit der Gründung der "Interpol" verbunden, die ihren Sitz in Wien nahm. In seine Amtszeit fallen allerdings auch die Ereignisse vom 15. Juli 1927 (Julidemonstration) mit dem Brand des Justizpalastes. Der von ihm angeordnete Einsatz von Schusswaffen richtete sich auch gegen längst flüchtende Demonstrantinnen und Demonstranten, von denen fast hundert erschossen wurden. Dies konfrontierte ihn mit einer Front von Ablehnung. Karl Kraus ließ auf eigene Kosten einen offenen Brief an Schober plakatieren, der nur aus einem Satz bestand: "Ich fordere Sie auf abzutreten!" Schober wandte sich zeitweise der Politik zu und bekleidete zweimal (1921/1922 und 1929/1930) das Amt des Bundeskanzlers, ohne der führenden Kraft der Regierung, der Christlichsozialen Partei, anzugehören.

Ständestaat

Im Ständestaat war Dr. Michael Skubl (1934-1938), zugleich Staatssekretär für die Angelegenheiten der öffentliche Sicherheit, Präsident der Bundespolizeidirektion Wien und Sicherheitsdirektor für die Bundesunmittelbare Stadt Wien (Vizepräsident Dr. Johann Presser).

Zweite Republik

Nach dem Zweiten Weltkrieg war der erste Polizeipräsident von Wien Ignaz Pamer (1945-1947), der seit 1923 Vizepräsident der Polizeidiektion gewesen war und dem während der Kanzlerzeiten Schobers die Leitung übertragen worden war; er übernahm die Struktur der Polizeidirektion und ihrer 22 Bezirkskommissariate als exekutive Dienststellen. Ihm folgte 1947-1972 der Sozialdemokrat Josef Holaubek, der zuvor der Wiener Feuerwehr vorgestanden war. Holaubek wurde mit zunehmendem Alter zu einer populären Figur.

Als Polizeipräsident von Wien folgte ihm 1972-1987 Dr. Karl Reidinger (* 7. Juni 1922 Wiener Neustadt), in dessen Amtszeit der Überfall auf die Opec-Zentrale, die Palmers-Entführung, die Ermordung von Stadtrat Nittel (1981) und der Anschlag auf die Wiener Synagoge fielen, der aber auch den Bankenüberwachungsdienst und den kriminalpolizeilichen Beratungsdienst einführte sowie 1977 den Altbestand an Meldezetteln (die laut Bundesentscheidung als unaktuell hätten vernichtet werden dürfen) auf Initiative des damaligen Archivdirektors Felix Czeike in die Obhut des Wiener Stadt- und Landesarchivs übergab.

Der nächste Polizeipräsident war 1988-1995 Dr. Günther Bögl (* 29. August 1932 Wien); sein Nachfolger wurde 1995 Dr. Peter Stiedl (* 3. Juni 1945 Wien), der seit der 2012 erfolgten Strukturänderung der österreichischen Sicherheitsdienststellen nicht mehr der Bundespolizeidirektion, sondern der Landespolizeidirektion Wien vorsteht.

Der organisatorische Aufbau der Wiener Polizeidirektion sah nach dem Stand von 2003 bis 2012 einen Polizeipräsidenten (der zugleich Sicherheitsdirektor von Wien ist) und einen Polizeivizepräsidenten vor, denen eine Präsidialabteilung unterstand, deren Aufgaben sich auf ein Dutzend Bereiche verteilt (darunter das Büro für Organisation, Rechtsfragen und Fachaufsicht, die Präsidialkanzlei, die Amtsbibliothek, die Amtsdruckerei, den Polizeichefarzt, das Polizeigefangenenhaus und verschiedene administrative Dienststellen). Die zentralen polizeilichen Aufgaben wurden von fünf Fachabteilungen erfüllt (I: Abteilung für Staats-, Personen- und Objektschutz, II: Kriminalpolizeiliche Abteilung, III: Verwaltungspolizeiliche Abteilung, IV: Abteilung für sonstige Sicherheitsverwaltung, V: Kommissariatsabteilung). Das Generalinspektorat der Wiener Sicherheitswache leitete die Sicherheitswache-Sonderabteilungen sowie die Sicherheitswacheabteilungenen bei den Bezirkspolizeikommissariaten, das Kriminalbeamteninspektorat die Kriminalbeamtenabteilungen und Gruppen bei den Zentralstellen sowie die Kriminalbeamtenabteilungen bei den Bezirkspolizeikommissariaten. Die heutige Landespolizeidirektion Wien ist mit etwa 9.000 Bediensteten die größte Sicherheitsbehörde Österreichs; etwa 6.000 uniformierte Polizistinnen und Polizisten sind für den Streifendienst und Überwachungstätigkeiten vorgesehen.

2003 kam es im Zuge bundespolitischer Entscheidungen, die sich eine Strukturreform (Vereinigung von Polizei und Gendarmerie) und Einsparungen als Ziele setzten, auch zu Personalkürzungen, über die es auf politischer Ebene (zwischen dem Bundesministerium für Inneres und dem Bürgermeister von Wien) zu schweren Differenzen kam. Bei den Strukturänderungen 2012 kam es neuerlich zur Forderung des Wiener Bürgermeisters, auf den Straßen Wiens wesentlich mehr Polizistinnen und Polizisten einzusetzen.

Literatur

  • Karl Springer: Die österreichische Polizei. Eine theoretische Untersuchung. Hamburg: Kriminalistik Verlag 1961
  • Wolfgang Blum: Die Sicherheitspolizei und ihre Handlungsformen. Wien [u.a.]: Springer 1987
  • Andreas Hauer / Rudolf Keplinger: Handbuch zum Sicherheitspolizeigesetz. Das Sicherheitspolizeigesetz mit Erläuterungen unter Berücksichtigung der Rechtsprechung der Höchstgerichte sowie mit Verordnungen zum Sicherheitspolizeigesetz und Auszügen aus Nebengesetzen und -bestimmungen. Eisenstadt: Prugg 1993