Kurt Klagsbrunn
Kurt Klagsbrunn, * 6. Mai 1918 Wien, † 7. August 2005 Rio de Janeiro, Fotograf.
Biografie
Kurt Klagsbrunn kam als zweitgeborener Sohn von Friederike und Leopold Klagsbrunn in Wien zur Welt. Er absolvierte das Realgymnasium in Floridsdorf und inskribierte im Wintersemester 1936/37 Medizin an der Universität Wien. Er war zuletzt im Sommersemester 1938 an der Medizinischen Fakultät im 4. Studiensemester inskribiert.
Im August 1938 flüchtete Kurt Klagsbrunn gemeinsam mit seinen Eltern und seinem älteren Bruder Peter über die Niederlande und Portugal nach Brasilien, wo sich die Familie in Rio de Janeiro eine neue Existenz aufbaute. Die schwierige finanzielle Lage, sprachliche Hürden sowie strenge Zugangsbedingungen der Universitäten erlaubten es Kurt Klagsbrunn nicht, sein Medizinstudium fortzusetzen. Er arbeitete als selbständiger Berufsfotograf, konnte 1941 sein erstes Fotostudio eröffnen und wurde ein erfolgreicher Werbe-, Industrie- und Modefotograf. Er stand mit antifaschistischen studentischen Organisationen sowie der politischen Linken in Kontakt und dokumentierte fotografisch deren Engagement. Er lichtete zahlreiche Prominente der High Society Rio de Janeiros ab, hielt aber auch gewöhnliche Alltagsszenen fotografisch fest. Kurt Klagsbrunn arbeitete für Magazine wie "Times" und "Life" sowie für die brasilianische Illustrierte "O Cruzeiro". Bis an das Ende seiner Karriere, mehr als 40 Jahre lang, dokumentierte er durch die Linse die Entwicklung Brasiliens, insbesondere die Entstehung der neuen Hauptstadt Brasilia und die Veränderungen Rio de Janeiros. Im hohen Alter heiratete Kurt Klagsbrunn seine jahrzehntelange Lebensgefährtin, die Buchhändlerin Rosina (Rose) Walter.
Erich Hackl hat der Familie Klagsbrunn ein biografisch-literarisches Denkmal gesetzt und gezeigt, dass die Verfolgungsgeschichte mit der Flucht nach Brasilien nicht zu Ende war. Kurt Klagsbrunns Neffe, Victor Hugo Klagsbrunn, wurde als Studentenaktivist während der brasilianischen Militärdiktatur verschleppt, interniert und gefoltert. Nach seiner Freilassung und Flucht aus Brasilien gelangte er nach Europa, studierte und arbeitete an der Freien Universität Berlin. Nach dem Ende der Militärdiktatur kehrte er in den 1980er Jahren als Universitätsprofessor in seine Heimat zurück.
Victor Klagsbrunn, der seinen Onkel im Alter betreute und später auch seinen Nachlass verwaltete, schenkte dem Jüdischen Museum Wien 2017 einen Teilnachlass von Kurt Klagsbrunn bestehend aus Briefen, Notizen, Fotos und anderen Erinnerungen an das Leben der Familie Klagsbrunn in Floridsdorf und ihrer Flucht nach Rio. Diese Schenkung sowie eine Auswahl von Werken des Fotografen wurde in der Schau "Das Auge Brasiliens. Kurt Klagsbrunn" präsentiert.
Im April 2021 wurde der Klagsbrunnweg nach der aus Floridsdorf vertriebenen Familie benannt.
Literatur
- Erich Hackl: Drei tränenlose Geschichten. Zürich: Diogenes 2014
- Barbara Weidle / Ursula Seeber: Kurt Klagsbrunn. Fotograf im Land der Zukunft: Weidle Verlag 2013
- Gedenkbuch für die Opfer des Nationalsozialismus an der Universität Wien. Abfrage: Kurt Klagsbrunn [Stand: 14.05.2021]
- Jüdisches Museum Wien: Das Auge Brasiliens. Kurt Klagsbrunn. 05.12.2018 bis 19.05.2019 [Stand: 14.05.2021]
- Angela Heide: Fotograf des Aufbruchs. In: Wina. Das jüdische Stadtmagazin, Oktober 2013 [Stand: 14.05.2021]