Josef Weidinger

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Der Boxer Josef Weidinger (Juni 1948)
Daten zur Person
Personenname Weidinger, Josef
Abweichende Namensform Weidinger, Joschi; Weidin, Jo
Titel
Geschlecht männlich
PageID 29994
GND
Wikidata
Geburtsdatum 25. April 1923
Geburtsort Wien
Sterbedatum 26. Juni 2002
Sterbeort Wien
Beruf Boxer
Parteizugehörigkeit
Ereignis
Nachlass/Vorlass
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien, Gedenktage
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Letzte Änderung am 5.11.2022 durch DYN.krabina
Begräbnisdatum 4. Juli 2002
Friedhof Gersthofer Friedhof
Grabstelle Gruppe 1, Reihe 1, Nummer 39
Bildname Weidingerjosef1.jpg
Bildunterschrift Der Boxer Josef Weidinger (Juni 1948)

Es wurden noch keine Adressen zu dieser Person erfasst!

Familiäre Beziehung
Berufliche Beziehung
Beziehung, Bekanntschaft, Freundschaft
  • Goldener Rathausmann (Verleihung: 19. Juni 2000)
  • Europameister im Schwergewicht (Verleihung: 1950)
  • Goldenes Verdienstzeichen des Landes Wien (Verleihung: 14. Juli 1986)

Weidinger Josef ("Joschi"), * 25. April 1923 Wien, † 26. Juni 2002 Wien, Boxer, Europameister im Schwergewicht 1950.

Biografie

Josef Weidinger besiegt Francis Jacques durch KO (13. Juni 1948)
Josef Weidingers Grabstein auf dem Gersthofer Friedhof (22. September 2019)

Josef Weidinger begann seine Karriere als Boxer beim "Box Klub Schwarz-Weiß".[1] Bereits 1939 wurde Weidinger mit 16 Jahren "Ostmarkmeister“ im Schwergewicht. In der Zeit des Nationalsozialismus von 1938 bis 1945 war er Amateurboxer. Von 52 Kämpfen gewann er 42, davon 32 durch K.O.

Der berühmte Boxer Ernst Weiss erkannte das Potential des Athleten und wurde für mehrere Jahre sein Manager. Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde Weidinger auf sein Betreiben hin professioneller Boxer. Da in Wien als Boxer kaum Geld zu verdienen war, gingen beide 1946 für eine Weile nach Paris, doch auch dort konnte man von Preisgeldern kaum leben. Eine Rückkehr nach Wien, einige Preiskämpfe und danach ein neuer Versuch, in Paris durchzustarten, waren die Folge. Trotz antideutscher Ressentiments konnten die beiden mit "Wiener Schmäh" das Publikum für sich gewinnen. Auch die Umbenennung in "Jo Weidin" fiel in diese Zeit.

Nach einem Managerwechsel zu Gaston Charles Raymond erreichte Weidinger im Herbst 1947 als Außenseiter einen Sensationserfolg im europäischen Schwergewichtsturnier in Brüssel. Das Brüsseler Turnier galt als die beste Bühne für Boxer, Weidinger führte in den darauffolgenden Monaten die Ranglisten als "bester Europäer". Als neue "weiße Hoffnung" reiste er 1948 und 1949 durch die Vereinigten Staaten von Amerika, wo er vom berühmten Ex-Weltmeister Jack Dempsey gemanagt wurde.[2] Weidinger gewann vier von acht Kämpfen, bevor er aufgrund einer schweren Verletzung 1949 als Nummer 8 der Weltrangliste gegen den Weltranglisten-Dritten Lee Oma nach Punkten knapp verlor.

Zwischen 1945 und 1951 bestritt Weidinger 46 Kämpfe, von denen er 32 gewann. Zurück in Europa gewann er am 3. Juni 1950 vor 35.000 Zuschauern im ausverkauften Praterstadion einen Punktesieg über den Franzosen Stefan Olek nach 15 Runden. Er errang damit nicht nur den Europameistertitel im Schwergewicht, sondern auch den dritten Platz in der Weltrangliste. Der Boxkampf galt als erste Großveranstaltung in Wien nach dem Zweiten Weltkrieg. 1951 verlor Weidinger den Titel an den Briten Jack Gardner. Wenige Monate nach einer Niederlage gegen den deutschen Boxer Hein ten Hoff 1952 durch technisches KO in der dritten Runde beendete Weidinger seine Karriere aufgrund einer Augenverletzung. Weidinger wurde insgesamt viermal wegen Netzhautablösung nach Fremdeinwirkung operiert, auf dem rechten Auge erblindete er.[3]

Nach seiner Karriere als Boxer führte Weidinger von 1951 bis 1955 ein Textilgeschäft. Für einige Zeit war er Trainer des Sportklub Rapid, trennte sich jedoch bald wieder im Streit vom Verein, da er dessen Trainingsmethoden zur Steigerung der Fitness für veraltet hielt. Von 1956 bis 1975 arbeitete Weidinger als Croupier bei der Chip-Kasse im Spielcasino Baden.[4] Eine Verbindung zum Café Weidinger in Ottakring besteht nicht.

Weidinger war Präsident des Österreichischen Berufsboxverbandes und Vizepräsident des World Boxing Councils (WBC). Aufgrund massiver gesundheitlicher Probleme durch das Boxen distanzierte er sich in späteren Jahren von diesem Sport.

1986 wurde Josef Weidinger das Goldene Verdienstzeichen des Landes Wien verliehen.[5] Im Jahr 2009 wurde in Wien Donaustadt die Weidingergasse nach ihm benannt.

Literatur

  • Matthias Marschik: Vom Idealismus zur Identität. Der Beitrag des Sportes zum Nationsbewußtsein in Österreich (1945-1950). Wien 1999, S. 90-139
  • Matthias Marschik, Georg Spitaler [Hg.]: Helden und Idole. Sportstars in Österreich. Innsbruck 2006, S. 230-237
  • Ernst Bruckmüller [Hg.]: Personen Lexikon Österreich. Wien 2001

Einzelnachweise

  1. Der Verein "Box Klub Schwarz-Weiss" wurde 1934 gegründet. Ende 1939 wurde der Verein aufgelöst und in die Reichsbahn-Sportgemeinschaft eingegliedert (WStLA, M.Abt. 119, A32: 7696/1934).
  2. Weidinger gab sich damals als Jude aus, um als Kriegsgegner das Arbeitsverbot in den USA zu umgehen. Er behauptete sogar, sein Vater wäre im Konzentrationslager ermordet worden, während dieser tatsächlich als Kriminalbeamter dem NS-Regime nahe stand (Matthias Marschik, Georg Spitaler [Hg.]: Helden und Idole. Sportstars in Österreich. Innsbruck 2006, S.233).
  3. Matthias Marschik, Georg Spitaler [Hg.]: Helden und Idole. Sportstars in Österreich. Innsbruck 2006, S.232
  4. Matthias Marschik, Georg Spitaler [Hg.]: Helden und Idole. Sportstars in Österreich. Innsbruck 2006, S.236
  5. Handbuch der Stadt Wien. 1985/1986. Wien: Jugend und Volk 1986, S. 210