Herta Herzog

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Daten zur Person
Personenname Herzog, Herta
Abweichende Namensform Lazarsfeld, Herta; Herzog-Massing, Herta
Titel Dr.
Geschlecht weiblich
PageID 362758
GND 136481302
Wikidata Q88232
Geburtsdatum 14. August 1910
Geburtsort Wien 4066009-6
Sterbedatum 25. Februar 2010
Sterbeort Leutasch 4274016-2
Beruf Wissenschaftlerin, Sozialpsychologin
Parteizugehörigkeit Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP)
Ereignis Marktforschung
Nachlass/Vorlass Paul F. Lazarsfeld-Archiv
Objektbezug Exil
Quelle Gedenktage
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Letzte Änderung am 10.08.2023 durch WIEN1.lanm09p15
Begräbnisdatum
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Herta Herzog, * 14. August 1910 Wien, † 25. Februar 2010 Leutasch (Tirol), Wissenschaftlerin, Sozialpsychologin, Pionierin der Marktforschung.

Biografie

Herta Herzog wurde am 14. August 1910 in Wien als Tochter eines Anwalts geboren. Ihre Kindheit war von schwerer Arbeit geprägt, da sie ihre an Tuberkulose erkrankte Mutter mehrere Jahre lang pflegte. Schon in ihrer frühen Kindheit entwickelte sie eine Leidenschaft für Musik, die ihr in dieser schwierigen Zeit einen Ausgleich bot und sie stets begleitete. Das Geigenspiel musste sie jedoch aufgeben, da nach einer schweren Polio-Erkrankung einer ihrer Arme gelähmt blieb.

Die schulischen Leistungen Herzogs waren überdurchschnittlich und so bekam sie die Chance, bei Karl und Charlotte Bühler Psychologie an der Universität Wien zu studieren. In diesem Umfeld lernte sie ihren Mentor und späteren Ehemann Paul Felix Lazarsfeld kennen. Ab 1931 arbeitete sie an der "Österreichischen Wirtschaftspsychologischen Forschungsstelle", welche von Lazarsfeld im selben Jahr gegründet worden war. Im Rahmen ihrer Arbeit an dieser Forschungsstelle schrieb sie ihre Dissertation mit dem Titel "Stimme und Persönlichkeit".

Herta Herzogs Familie war bereits 1899 vom Judentum zum Katholizismus konvertiert, dennoch bekam Herta Herzog in Österreich den erstarkenden Antisemitismus zu spüren. 1935 folgte sie Paul Lazarsfeld, der bereits im Jahr davor emigriert war, in die USA. Die beiden heirateten 1936 im Exil. In den USA arbeitete Herta Herzog dann viele Jahre lang in dem von Lazarsfeld geleiteten "Office of Radio Research", welches später in "Bureau of Applied Social Research" umbenannt wurde. Aus dieser Zeit stammen die bekanntesten Projekte und Arbeiten Herzogs. Größere Bekanntheit erreichte Herta Herzog allerdings erst ab 1943, als sie bei einer renommierten Anzeigenagentur anfing.

Wissenschaftliche Karriere

Im Rahmen ihrer Dissertation führte Herzog eine Umfrage zu "Stimme und Persönlichkeit" durch, bei welcher über 2.500 Personen nach ihren Impressionen über Radio-Stimmen befragt wurden. Die Methoden, die sie für diese Arbeit anwandte, können als erste Ansätze für die Publikumsforschung gesehen werden. Auch in ihrer weiteren Forschungskarriere beschäftigte sich Herta Herzog mit Themen und Methoden, welche dem Bereich der Konsument*innenforschung zuzurechnen sind. Als ihr bekanntestes Werk gilt der Aufsatz "What do we really know about daytime serial listeners?", welcher 1944 erschien. In diesem Aufsatz setzte sie sich explizit mit der Befragung weiblicher Mediennutzung auseinander und markierte damit den Beginn der Gratifikationsforschung. Im Laufe ihrer Karriere nahm Herzog verschiedene Positionen ein: In den Jahren 1935 bis 1943 war sie als Sozialforscherin tätig. Anschließend hatte sie zweieinhalb Jahrzehnte lang Führungspositionen in der Werbe-, Markt- und Konsumentenverhaltensforschung inne. Besonders die Jahre ab 1943 dürften für ihren wissenschaftlichen Werdegang prägend gewesen sein. Sie trat in die Anzeigenagentur McCann-Erickson ein und galt ab diesem Zeitpunkt als Pionierin der Marktforschung. Auch nach der Eheschließung mit Paul Lazarsfeld, mit dem sie bis 1945 verheiratet war, publizierte die Wissenschaftlerin unter ihrem Geburtsnamen. Zwischen ihrer ersten Publikation 1933 und ihrer letzten 1994 liegt eine 61-jährige Berufserfahrung.

1954 ging sie mit dem aus Deutschland stammenden Soziologen Paul Wilhelm Massing eine zweite Ehe ein. Beruflich wandte sie sich wieder der Kommunikationswissenschaft zu. 1976 kehrte das Paar nach Europa zurück. Nach dem Tod des Ehemannes 1979 widmete sich Herzog erneut der Wissenschaft und hielt Vorlesungen an Universitäten in Tübingen und Wien. Herta Herzog starb wenige Monate vor ihrem 100. Geburtstag in Leutasch in Tirol.

Rezeption

Wie viele andere Wissenschaftlerinnen erfuhr auch Herta Herzog während ihrer akademischen Laufbahn mangelnde Anerkennung und Diskriminierung aufgrund ihres Geschlechts. Als Beispiel hierfür dient die bekannte, 1940 erschienene Studie "The Invasion from Mars", bei welcher Herzog als Initiatorin und Autorin fungierte, aber als solche nicht vermerkt wurde. Das Werk wies Hadley Cantril als den alleinigen Herausgeber auf und reduzierte ihren Anteil auf den Beisatz "mit der Unterstützung von Herta Herzog und Hazel Gaudet" (Thiele 2015, S. 105 f.). Von der "erstaunlichen Ignoranz" (Klaus 2008, S. 228) gegenüber Herzogs wissenschaftlichen Leistungen zeugt zudem die Tatsache, dass zu ihren Lebzeiten auch in Fachartikeln mehrfach fälschlicherweise behauptet wurde, sie sei bereits verstorben.


Literatur

  • Christian Fleck: Lazarsfeld's wives, or: what happened to women sociologists in the twentieth century. In: International review of sociology, Vol. 31,1 (2021), S. 49–71
  • Ilse Korotin (Hg.): biografiA. Lexikon österreichischer Frauen. Band 1: A-H. Wien / Köln / Weimar: Böhlau 2016, S. 1288
  • Martina Thiele / Susanne Kirchhoff / Ricarda Drüeke / Thomas Steinmaurer: Eine Pionierin, aber keine Feministin. Herta Herzogs Leben und Werk aus Sicht der kommunikationswissenschaftlichen Geschlechterforschung. In: Medien, Öffentlichkeit und Geschlecht, Vol.15 (2015), S. 103–116
  • Martina Thiele: Gesehen werden. Lebenswege und Karrieren von Kommunikationswissenschaftlerinnen der Aufbaugeneration. Ein Beitrag zur feministischen Fachgeschichtsschreibung. In: Feministische Studien, Vol. 33,1 (2015), S. 75–89
  • Elisabeth Klaus: What do we really know about Herta Herzog? A search for clues. In: Medien & Kommunikationswissenschaft, Vol. 56,2 (2008), S. 227–252
  • Elizabeth M. Perse: Herta Herzog (1910– ). In: Women in Communication. A Biographical Sourcebook. Hg. von Nancy Signorelli. Westport / London: Greenwood Press 1996, S. 202–211
  • Herta Herzog: Stimme und Persönlichkeit. In: Zeitschrift für Psychologie, Bd. 130 (1933), Heft 3–5, S. 300–369