Eisenbuch

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Das Eisenbuch mit seinen markanten Metallbeschlägen. Fotografie nach Abschluss der Restaurierung, 2010
Daten zum Eintrag
Datum von 1320 JL
Datum bis 1819
Objektbezug Mittelalter, Stadtverfassung, Quellen zu Wien
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 22.03.2024 durch WIEN1.lanm08trj
Bildname Eisenbuch Deckel.jpg
Bildunterschrift Das Eisenbuch mit seinen markanten Metallbeschlägen. Fotografie nach Abschluss der Restaurierung, 2010

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Das sogenannte Eisenbuch, ursprünglich als „Großes Stadtbuch" bezeichnet, gehört zur Gruppe der Stadtbücher und ist eine Pergament-Handschrift im Wiener Stadt- und Landesarchiv, in der für die Stadt wichtige Rechtstexte verzeichnet sind. Seinen Namen erhielt dieses Stadtrechtsbuch aufgrund der Messingbeschläge am Einband. Die 356 Pergamentblätter zählende Handschrift weist einen barocken Ledereinband auf. Der erste Eintrag erfolgte bald nach 1320, die letzten Texte stammen aus dem Jahr 1819.

Physische Beschreibung

Angelegt bald nach 1320, Großfolio (356 Blatt), Ledereinband des 16. Jahrhunderts mit Messingbeschlägen, von denen sich der Name ableitet und die die Einbanddeckel schützen sollen. Die Ornamente auf den acht Eckstücken zeigen geflügelte Drachen und wurden um 1300 angefertigt. Zusätzlich finden sich auf den Buchdeckeln Messingzierleisten mit Lilienformen. Die runden, nicht mehr zur Gänze erhaltenen Messingbuckel wurden erst Jahrhunderte später in der Barockzeit über den Eckstücken angebracht. Die ornamentalen Verzierungen wurden dadurch fast vollständig verdeckt, gleichzeitig aber vor Beschädigungen geschützt.

Kunstvoll gestaltete Initialen auf fol. 1r des Stadtrechtsbuchs
Das Eisenbuch.

Inhalt

Das Eisenbuch enthält landesfürstliche Privilegien und andere für die Stadt wichtige Urkunden (siehe Stadtverfassung). Als erste Urkunde ist (allerdings nachträglich) eine Verordnung Friedrichs des Schönen vom 21. Jänner 1320 eingetragen. Die Eintragungen reichen kontinuierlich bis 1819. Abgesehen vom Rechtsinhalt des Eisenbuchs verdient daher auch die Abfolge verschiedener Schriftarten (von der Gotik bis zur modernen Kanzleischrift) Beachtung.

Da die Eintragungen in offiziellem Auftrag erfolgten, besitzen sie eine Authenzität, die hinter den (teilweise verlorenen) Originalurkunden nicht zurücksteht. Das Eisenbuch hat Ergänzungen und beinhaltet einen vom Archivar Johann Jakob Henckel im 18. Jahrhundert angelegten Index (WStLA, Handschriften, A1/2). Aus dem 15. Jahrhundert sind außerdem sogenannte Kleine Stadtbücher erhalten, die Testamentenbücher.

Ergänzend zu den im Eisenbuch verzeichneten Stadtrechten wurde Ende des 13. Jahrhunderts das Stadtrechts- oder Weichbildbuch angelegt.

Im Eisenbuch sollten die Rechte und Freiheiten der Stadt Wien festgehalten werden. Die gesammelten Texte bieten dabei einen lebendigen Blick auf das Leben der Wiener Bevölkerung. So werden Zölle festgelegt und Preise reguliert, Streitigkeiten geregelt und kaiserliche Privilegien vermerkt. Besonders häufig findet man Regelungen zu Weinbau und Weinhandel, die in Wien besondere Bedeutung genossen. Auch Einfuhrverbote für ausländische Weine sind immer wieder im Eisenbuch vermerkt.

Die Wiener Juden gewähren den Wiener Bürgern günstigere Darlehenszinsen, 19. Juni 1338, fol. 58r

Ein halbes Jahrtausend Schriftentwicklung

Das Eisenbuch ist nicht nur wegen seines Inhalts interessant, es bietet auch einen Einblick in die Schriftentwicklung seit dem Mittelalter. Prächtig ausgeschmückte Buchstaben zieren einige Seiten und betonen damit die große Bedeutung des Geschriebenen. Die gotischen Schriften weichen bald den Kursiv- und Kurrentschriften der Neuzeit und vermitteln damit einen Eindruck von den vielfältigen Schrifttraditionen im Wiener Raum. 2009-2010 wurde das Eisenbuch einer Restaurierung unterzogen.

Quelle

Wiener Stadt- und Landesarchiv, Handschriften, A1/1: Eisenbuch

Literatur

  • Heinrich Demelius: Zur Entstehung des Wiener Eisenbuches. In: Jahrbuch des Vereins für Geschichte der Stadt Wien. Band 14. Wien: Verein für Geschichte der Stadt Wien 1958, S. 47 ff.
  • Otto H. Stowasser: Beiträge zu den Habsburger-Regesten. In: Mitteilungen des Instituts für Österreichische Geschichtsforschung. Ergänzungsband 10. Wien/München: Oldenbourg / Wien/Graz/Köln: Böhlau / Innsbruck: Wagner 1915, S. 19 ff.
  • Karl Uhlirz: Quellen zur Geschichte der Stadt Wien. Abteilung 2: Regesten aus dem Archive der Stadt Wien. Band 1: Verzeichnis der Originalurkunden des Städtischen Archives 1239 - 1411. Wien: Verlag des Vereines für Geschichte der Stadt Wien 1898, S. 93 ff.
  • Archivalien aus acht Jahrhunderten. Ausstellung des Archivs der Stadt Wien. Dezember 1964 - Februar 1965. Wien: Eigenverlag der Museen der Stadt Wien 1965 (Sonderausstellung des Historischen Museums der Stadt Wien, 15), S. 12 f.
  • Johann Adolf Tomaschek: Rechte und Freiheiten der Stadt Wien. 2 Bände. Wien: Hölder 1877-1879 (Geschichtsquellen der Stadt Wien, 1,1-1,2)(Inhaltsverzeichnis des Eisenbuchs)
  • Ferdinand Opll: Das große Wiener Stadtbuch, genannt "Eisenbuch". Inhaltliche Erschließung. Wien: Wiener Stadt- und Landesarchiv 1999 (Veröffentlichungen des Wiener Stadt- und Landesarchivs, Reihe A, Archivinventar, Serie 3, Sammlungen, 4)
  • Ferdinand Opll [Hg.]: ...daz si ein recht puech solten haben... Kodikologische, kunsthistorische, paläographische und restauratorische Analysen zum Wiener Eisenbuch (14. - 19. Jahrhundert). Innsbruck / Wien: Studien-Verlag 2010 (Forschungen und Beiträge zur Wiener Stadtgeschichte, 53)