Adolf-Loos-Stadtführung (10. Jänner 1914)

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Burgtheater, um 1910
Daten zum Ereignis
Art des Ereignisses Stadtführung
Datum von 10. Jänner 1914
Datum bis 10. Jänner 1914
Thema Architektur
Veranstalter Adolf Loos
Teilnehmerzahl
Gewalt Nein
PageID 360480
GND
WikidataID
Objektbezug Adolf Loos, Adolf Loos (Portal)
Quelle
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Letzte Änderung am 20.09.2022 durch WIEN1.lanm09mur
Bildname Burgtheater Wien Museum Online Sammlung 197179.jpg
Bildunterschrift Burgtheater, um 1910

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Nordseitige Feststiege, vor 1905
Zugang zur Hofloge mit Onyxbrüstung, um 1888
Schnitt durch den Bühnentrakt mit der Unterbühnenkonstruktion, um 1873

Es handelt sich um die sechste von zehn Stadtführungen, die Adolf Loos im Rahmen seiner Bauschule zwischen November 1913 und März 1914 veranstaltete.

Transkription der Mitschrift

"Das Burgtheater besichtigt - die Bühne – eiserne Türen – ist eine dreiteilige Versenkbühne. Während oben zwei Teile auf einmal umgestellt werden können, kommt der dritte Teil mittels hydraulischem Druck der hydraulischen Presse nach unten, wo er auch umgestellt wird, sodass der ganze Bühnenwechsel in 3-4 Minuten bewerkstelligt sein kann. Alles Eisenkonstruktion.- Der Schnürboden, von wo die Versatzstücke heruntergelassen werden.-

Im linksseitigen Stiegenaufgang die Deckengemälde von Klimt und Matsch.- Die Entwicklung des Theaters von Hans Wurst an- mittelalterliches Mysterienspiel, moderne Bühne – im rechtsseitigen Stiegenaufgang der Thespiskarren, Antigone, Romeo und Julia – Im Foyer die Deckengemälde von Charlemont, Sommernachtstraum, Apollo mit den Musen. Iphigenie in Aulis.

Im Treppenaufgang zur Kaiserloge, Fresken von Eisenmenger.- Das Treppengeländer aus ägyptischem Onyx, wie Loos sagt : „Ganz wirkungslos“- vor dem 2. Satan wiederholte er dies dann-" Daneben der Dreck, alles falsch, dann ein echtes Stück, Türeinfassung dazwischen, das wirkt natürlich gar nicht.“- Im rechtsseitigen Stiegenaufgang Statuen von Beck."

Kommentar

Gegenstand der ersten Führung des Jahres 1914 war offenbar ausschließlich das Burgtheater (Gebäude). Das erste Drittel der Mitschrift nehmen stichwortartige Notizen zur Bühnentechnik ein, die inhaltlich dem 1910 bei Gerlach & Wiedling erschienenen "Technischen Führer durch Wien" (S. 455 f.) folgen und welchen Loos hier auch als Quelle für seine Ausführungen benützt haben könnte. Die von ihm hier recht genau referierte Bühnentechnik wurde nach dem System "Asphaleia" (griechisch: sicher, gefahrlos) konstruiert. Der gleichnamige Ingenieurverband hatte vor allem aus dem Ringtheaterbrand praktische Lehren zu ziehen versucht und die Holzkonstruktionen, wie auch von Loos angemerkt, durch Eisen ersetzt.

Neben einer Erörterung der Sujets einzelner Fresken des Foyers und der beiden Stiegenhäuser legte Adolf Loos besonderes Augenmerk auf die dort verwendeten Materialien, ihre Gestaltung und die damit erzielte Wirkung. Im konkreten Fall wurde sehr teures Material (Onyxmarmor) "verschwendet", weil es Loos zufolge völlig effektlos eingesetzt wurde. In Loos' Architekturlehre ist es die vorrangige Aufgabe des Gestalters, im Menschen Stimmungen durch den angemessenen Einsatz der Materialien hervorzurufen. Fehlt diese Stimmigkeit, sind der Stoff und die darauf verwendete Arbeitskraft vergeudet. In dem 1898 veröffentlichten Essay "Die Baumaterialien" stellt der Architekt sogar die Hypothese auf, dass es erst die richtige Verarbeitung ist, die ein Objekt wertvoll macht, ganz unabhängig vom eigentlichen Materialwert: "Der Künstler hat nur einen Ehrgeiz: das Material in einer Weise zu beherrschen, die seine Arbeit von dem Werte des Rohmaterials unabhängig macht. Unsere Baukünstler aber kennen diesen Ehrgeiz nicht: Für sie ist ein Quadratmeter Mauerfläche aus Granit wertvoller als einer aus Mörtel."

Für Loos, der selbst unrealisiert gebliebene Theaterentwürfe angefertigt hatte, war das Raumerlebnis im Theater maßgeblich an der nach und nach erfolgenden Entwicklung seines Raumplanes beteiligt. Die Reduktion der Raumhöhe auf die funktional notwendigen Ausmaße wäre unerträglich, gäbe es nicht ständig einen optischen Sichtkontakt mit einem größeren und höheren Hauptraum. Dieses Prinzip findet sich im Verhältnis der Logen eines Theaters zum gesamten Zuschauerraum ausgedrückt. Der Mitschrift zufolge ist Loos bei der Besichtigung des Burgtheaters auf diesen Aspekt nicht eingegangen.

Die opulente künstlerische Ausgestaltung durch Fresken und Plastiken reduzierte Loos auf einige wenige bedeutende Arbeiten: Neben Gustav Klimt, August Eisenmenger und Franz Matsch erscheint auch Eduard Charlemont, dessen von Loos angesprochenen Fresken "Opferung der Iphigenie" und "Sommernachtstraum" zu den Kriegsverlusten zählen. Bei der Autorschaft der Stiegenhausallegorien unterlief ein Schreib- oder Hörfehler: Die Plastiken stammen von Johannes Benk, nicht aber von einem Bildhauer namens Beck.

Zur siebten Führung

Quelle

  • Mitschrift zu Stadtführungen im Rahmen der Bauschule Adolf Loos. Wien, 1913-1914 / Wienbibliothek im Rathaus, ZPH 1442, schriftlicher Teilnachlass Adolf Loos, 1.4.20, Blatt 13

Literatur

  • Harald Stühlinger: Adolf Loos als Führer zu Architektur und Städtebau. In: Adolf Loos. Schriften, Briefe, Dokumente aus der Wienbibliothek im Rathaus. Hg. von Markus Kristan, Sylvia Mattl-Wurm und Gerhard Murauer. Wien: Metroverlag 2018, S. 223 f.
  • Burkhardt Rukschcio / Roland Schachel: Adolf Loos. Leben und Werk. Salzburg: Residenz Verlag 1982, S. 187 ff.
  • Adolf Loos, Die Baumaterialien. In: Franz Glück (Hg.), Adolf Loos. Sämtliche Schriften, Bd. 1. Wien: Herold 1962, S. 99
  • Ludwig Münz, Gustav Künstler: Der Architekt Adolf Loos. Wien – München: Schroll 1964, S. 130-131
  • Bundesdenkmalamt [Hg.]: Dehio-Handbuch. Die Kunstdenkmäler Österreichs. Wien. I. Bezirk - Innere Stadt. Wien 2007, S. 316

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