Zum Rathaus (Apotheke)

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Wohnhaus Stadiongasse 10 mit Apotheke "Zum Rathaus" (Zustand um 1900)
Daten zur Organisation
Art der Organisation Apotheke
Datum von 1884
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 26235
GND
WikidataID
Objektbezug
Quelle Felix Czeike: Historisches Lexikon Wien
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Letzte Änderung am 29.09.2023 durch WIEN1.lanm09mur
Bildname Rathausstraße Nr.3.jpg
Bildunterschrift Wohnhaus Stadiongasse 10 mit Apotheke "Zum Rathaus" (Zustand um 1900)
  • 1., Stadiongasse 10

Frühere Adressierung
  • Rathaus-Apotheke
  • Fa. Heinrich Steidens Nachf. Robert Kronstein (Inhaber) (16 Januar 1918, bis: 25 November 1927)
  • Zum Rathaus (25 November 1927)

Es wurden noch keine Personen erfasst.


Majolikawandbrunnen im Verkaufsraum, 2022
Inserat des k.k.-Hoftischlers Franz Michel, 1887

Die Rathaus-Apotheke (1., Stadiongasse 10) wurde mit Erlass der Niederösterreichischen Statthalterei vom 14. Jänner 1884 begründet. Als Standort wurden die Häuserkomplexe zwischen Stadiongasse, Lastenstraße (Landesgerichtsstraße beziehungsweise Friedrich-Schmidt-Platz), Grillparzerstraße und Franzensring (Dr.-Karl-Lueger-Ring) festgelegt. Die Anschrift der Apotheke war Stadiongasse 10, Ecke Rathausstraße 3.

Am 13. November 1884 verlieh der Stadtrat dem vom Apothekergremium vorgeschlagenen Mag. pharm. Karl Roedig die Konzession. Die Eröffnung erfolgte mit behördlicher Bewilligung vom 7. Oktober 1885.

Der zu ebener Erde gelegene Verkaufsraum im nach Plänen von Otto Wagner 1881/82 errichteten Haus Stadiongasse 10 befindet sich weitgehend im Originalzustand aus der Zeit der Etablierung der Apotheke. Das Mobiliar fertigte der k.k. Hoftischler Franz Michel (8., Bennogasse 1) an. Die Regale und Ablagen sind reich intarsiert und geschnitzt und gut erhalten. An der westseitigen Wand befindet sich ein Majolikatrinkbrunnen mit Pelikanmotiv. Wände und Decke sind mit Renaissancemotiven polychromiert. In einem umlaufenden Fries befinden sich die Namen antiker bzw. neuzeitlicher Mediziner und Pharmazeuten.

Am 21. November 1898 übernahm sein bereits am 10. Dezember 1886 bestellter und behördlich bestätigter Provisor Mag. pharm. Heinrich Steiden die von Roedig zurückgelegte Konzession. Steiden war viele Jahre Schriftführer und Kassier der Österreichischen Pharmazeutischen Gesellschaft, wurde 1902 Präses des Apotheker-Unterstützungsvereins "Hygea", 1905 Schriftführer im Ausschuss des Apotheker-Hauptgremiums und war 1910 bis 1917 Gremialvorsteher. 1919 warb Steiden in verstärktem Maße für Mineralwässer, bot die Abgabe von "medizinisch-reinem Sauerstoffgas für Inhalationen" an, offerierte die Durchführung chemischer und mikroskopischer Harnanalysen und verkaufte Fichtennadel-Extrakt zur Luftverbesserung in geschlossenen Räumen samt Zerstäubungsapparaten. Er wies darauf hin, dass er nicht nur das Hauptdepot des neutralen Eisen-Mangan-Peptons einer Leipziger Firma führe, sondern auch jenes "für alle bewährten medizinischen und kosmetischen Spezialitäten".

Nach Heinrich Steidens Tod am 27. Mai 1917 führte seine Witwe Auguste Steiden die Apotheke als Witwenbetrieb. Am 16. Jänner 1918 erwarb Mag. pharm. Robert Kronstein die Apotheke. Die Eintragung im Handelsregister lautete "Fa. Heinrich Steidens Nachf. Robert Kronstein (Inhaber)" und erfolgte am 16. März 1920. Am 25. November 1927 wurde sie in "Rathaus-Apotheke Mag. pharm. Robert Kronstein" abgeändert.

Robert Kronstein wurde Opfer der von der nationalsozialistischen Stadtverwaltung getroffenen Arisierungsmaßnahmen. Nach dem "Anschluss" Österreichs wurde bereits am 25. Mai 1938 Mag. pharm. Gustav Hlas als verantwortlicher Leiter eingesetzt und am 16. November 1938 eine Eigentumsübertragung an Gustav Hlas und Mag. pharm. Rudolf Kretschmer (je zur Hälfte) veranlasst. Am 17. Jänner 1939 wurde Kretschmer schließlich die Konzession erteilt, nachdem Robert Kronstein gezwungen worden war, diese zurückzulegen. Kronstein gelang die Flucht ins Exil.

Nach Kriegsende kehrte Kronstein zurück und arbeitete zunächst als Angestellter in seiner ehemaligen Apotheke, bevor er am 12. Juli 1948 wieder in seine Eigentumsrechte eingesetzt wurde. Aufgrund rechtlicher Bestimmungen musste er zunächst eine Leiterin der Apotheke (Mra. pharm. Irene Pusch) bestellen. Erst als Kretschmer die Konzession zurücklegte, konnte Kronstein diese zurückgegeben werden, was am 7. Februar 1949 erfolgte. Am 30. Oktober 1950 verpachtete Kronstein die Apotheke an Irene Pusch und übersiedelte in der Folge nach Vaduz, wo er am 18. November 1952 verstarb.

Die Pacht Irene Puschs wurde auf die Dauer der Verlassenschaftsabwicklung verlängert. Als Kronsteins Witwe Gretl Kronstein am 13. Mai 1954 den Witwenfortbetrieb anmeldete, blieb Irene Pusch zunächst Pächterin.

Nachdem Gretl Kronstein die Konzession zurückgelegt hatte, übernahm Irene Pusch diese am 11. März 1955. Zu diesem Zeitpunkt war Dr. et Mag. pharm. Gerhard Launsky-Tieffenthal persönlich haftender Gesellschafter der Rathaus- Apotheken OHG. Die Eintragung im Handelsregister lautete auf "Rathaus-Apotheke Dr. Launsky-Tieffenthal u. Co.".

Am 9. November 1999 wurde die Konzession an Mag. pharm. Edith Rodinger verliehen.



Besitzerliste

  • 1884–1898 Karl Roedig
  • 1898–1917 Heinrich Steiden (Kauf), † 27. Mai 1917
  • 1917–1918 Auguste Steiden (Witwenbetrieb)
  • 1918–1938 Robert Kronstein
  • 1938 Arisierung durch die nationalsozialistische Stadtverwaltung (nach erzwungener Konzessionsrücklegung)
  • 1938–1939 Gustav Hlas und Rudolf Kretschmer
  • 1939–1948 Rudolf Kretschmer, * 2. Jänner 1900
  • 1948–1952 Robert Kronstein (nach Rückstellungsverfahren; Leiterin: Irene Pusch), * 15. Februar 1880 Wien, † 18. November 1952 Vaduz
  • 1950–1954 Irene Pusch (Pächterin)
  • 1954 Margarethe (Gretl) Kronstein (Witwenbetrieb)
  • ab 1955 Irene Pusch (Konzessionsinhaberin)
  • 1999–laufend Edith Rodinger

Standorte

Apothekenschild

  • seit 1885 "Zum Rathaus"


Literatur

  • Felix Czeike: Geschichte der Wiener Apotheken, Die Apotheken im heutigen ersten Wiener Gemeindebezirk. Innsbruck: Studienverlag. Band 50, 2010, S. 483-486
  • Leopold Hochberger / Joseph Noggler: Geschichte der Wiener Apotheken. Wien: Verlag des Wiener Apotheker-Hauptgremiums 1917-1919, S. 62 f.
  • Unterlagen der Gehaltskasse des Apothekergremiums