Verlagsanstalt Tyrolia

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Daten zur Organisation
Art der Organisation Verlag
Datum von 1888
Datum bis
Benannt nach
Prominente Personen
PageID 69258
GND 19433-5
WikidataID Q2463360
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Letzte Änderung am 7.11.2023 durch WIEN1.lanm09fri
  • 1., Stephansplatz 5

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48° 12' 29.72" N, 16° 22' 27.07" E  zur Karte im Wien Kulturgut

Die österreichische Verlagsszene der Ersten Republik war durch mehrere "katholische" Verlage geprägt, die ihre Wurzeln in kirchennahen Pressvereinen hatten. Die bekanntesten unter ihnen sind der Verlag Anton Pustet, der Styria-Verlag und die Verlagsanstalt Tyrolia. Die Ursprünge letzterer geht auf die Gründung einer Zeitung im Jahr 1888 zurück, als ein Kreis politisch und religiös interessierter Männern in Brixen um den Theologieprofessor und späteren Reichsratsmitglied bzw. Abgeordneten zum Nationalrat Aemilian Schoepfer begannen, eine Wochenschrift herauszugeben. Um diese "Brixener Chronik" finanzieren zu können, wurde eine eigene Druckerei gegründet. Die organisatorische Grundlage fanden diese Unternehmungen im Katholisch-Politischen Pressverein in Brixen, der zur Keimzelle der späteren Verlagsanstalt Twerden sollte. Ab 1892 erschien mit dem "Tiroler Volksboten" eine zweite Zeitung. Schoepfer schuf in Bozen nun den "Preßverein Tyrolia".

1907 entwickelte sich daraus die "Verlagsanstalt alt Tyrolia" mit Sitz in Brixen. Die neue Gesellschaft übernahm die Unternehmungen des Pressvereins, kaufte ein Geschäftshaus in Brixen für die Buchhandlung, übernahm den Pressverein in Bozen und den im Aufbau befindlichen Pressverein in Innsbruck. Das junge Unternehmen nahm einen raschen Aufschwung und trieb verschiedenste literarische und kulturelle Projekte voran. Im Zuge des Ausbruchs des Krieges mit Italien 1915 wurde die Leitung und des Verlags von Brixen nach Innsbruck verlegt. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts expandierte der Verlag nach Landeck, 1917 kamen Niederlassungen in Wien und München, später Buchhandlungen in Schwaz, Kufstein und Kitzbühel hinzu.

Der Zusammenbruch der Monarchie und die Bedingungen dees Vertrags von St. Germain hatten für Tyrolia schwerwiegende Folgen. Der Verlag musste 1925 in ein Nord- und ein separates Südtiroler Unternehmen (ab 1929 "Athesia") getrennt werden. Die Verlaganstalt Tyrolia wurde in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Der wirtschaftliche Aufstieg wurde erst durch den Nationalsozialismus unterbrochen. Vor allem in der Zeit des sogenannten Ständestaates setzte sich das Verlagsprogramm für die Erhaltung der Selbständigkeit Österreichsein und bekämpfte den Nationalsozialismus. Die Nationalsozialisten propagierten deshalb einen Boykott der Nazis gegen die Tyrolia-Unternehmungen und setzten Gewaltakte,, etwa einen Sprengstoffanschlag auf das Druckereigebäude.

Sämtliche Bereiche von Tyrolia wurden im Zuge des "Anschlusses" im März 1938 durch die SA gewaltsam besetzt und die Leitung des Unternehmens sofort einem kommissarischen Verwalter übertragen. Die vom Verlag herausgegebenen Zeitungen und Zeitschriften wurden sofort eingestellt und Tyrolia imNovember 1938 in die "Deutsche Alpenverlag Ges.m.b.H." übergeführt. Von 420 Mitarbeitern Anfang 1938 waren im Mai 1945 nur mehr 66 im Betrieb.

Im Herbst 1945 wurde die Verlagsanstalt Tyrolia reaktiviert, die Rückstellung der Häuser und Betriebsstellen sowie teilweise der Verlagsrechte zog sich bis 1957 hin. 1968 wurde ein neues Druckerei- und Verlagshauses in Innsbruck errichtet und das Unternehmen durch zahlreiche neue Buch- und Papiergeschäfte, die Gründung der Athesia-Tyrolia-Druck Ges.m.b.H. (1992) sowie eine Ausweitung des Verlagsprogrammes aausgebaut.

Die Gründer des Verlags sahen in Tyrolia vor allem die Aufgabe einer publizistischen Verbreitung christlichen Gedankengutes. Dazu gehörte eine Reihe an Periodika wie "Das Neue Reich", das von Josef Eberle und später von Johannes Messner redigiert wurde. Diese Wochenschrift wollte im eigenen Anspruch ein "Berater in den allgemeinen Kulturfragen" und in den "aktuellsten Fragen des Christentums" sein. Weitere Zeitschriften waren "Der Seelsorger" oder die Jugendzeitschrift "Neuland".

In den 1920er Jahren fanden sich neben rein religiösen Schriften auch zahlreiche Werke zur Tiroler Geschichte und Volkskunde. Unter den belletristischen Werken gab es beispielsweise Titel von Joseph Georg Oberkofler, Hermann Bahr, Heinrich Suso Waldeck, Werner Bergengruen, Josef Friedrich Perkonig, Max Stock, Fanny Wibmer, Joseph Weingartner, Otto Rudl, Hans Steiger, Joseph Praxmarer oder Maria Domanig. Den größten Erfolg hatte der Verlag in jener Zeit mit den Erzählungen Sebastian Riegers ("Reimmichl"), die mit 62 Bänden eine Gesamtauflage von mehreren Millionen Exemplaren im In- und Ausland erreichten.

Die (auch) politischen Gründungsmotive von Tyrolia spiegelten sich in einschlägigen Publikationen wider; Beispiele dafür sind Alois Hudals "Der Katholizismus in Österreich", Otto Enders "Das neue Österreich" oder "Österreich - eine Deutung seiner Geschichte und Kultur und Österreichs Schicksalsweg" von Hugo Hantsch, "Was wird aus Österreich?" von Anton Klotz, "Otto von Habsburg im Bild" und "Dollfuß" von Johannes Messner.

Literatur

  • Karl Weingärtner: Die Verlagsanstalt Tyrolia. Geschichte / Profil / Auftrag. In: Der Volksbote 69 (1969), Nr. S. III-IV
  • Aemilian Schoepfer: Der Verlagsanstalt Tyrolia Werden und Wachsen. In: Das Neue Reich 10 (1928), Nr. 31, S. 638-640; Nr. 32, S. 661-663; Nr. 33, S. 678-680. Im
  • Josef Leeb: Österreichisches Verlagswesen. In: Die Zeit im Buch. Zeitschrift für Freunde des guten Buches 2 (1935), Heft 9/10, S. 129-133
  • Josef Leeb: Österreichisches Verlagswesen. In: Sturm über Österreich 3 (1935), Folge 16, S. 3
  • Hans Birnsting: Moderne katholische Verlagsarbeit in Österreich. In: Grazer Volksblatt 68 (1935), Nr. 66, 1-2
  • Albert Schiemer: Weit über Tirol hinaus: Tyrolia. Werden und Wirken der Innsbrucker Verlagsanstalt. In: Die Furche, 09.06.1956, S. 6-7
  • Anton Dörrer: Die Verlagsanstalten Tyrolia und Athesia in Bozen 1888–1950. In: Jahrbuch der Gutenberg-Gesellschaft 1950, S. 274–279
  • Hanns Humer: Tyrolia – Athesia. 100 Jahre erlebt, erlitten, gestaltet. Ein Tiroler Verlagshaus im Dienste des Wortes. Innsbruck: Tyrolia/Bozen: Athesia 1989
  • Moritz Windegger: 100 Jahre Tyrolia-Athesia: 1907–2007, ein Tiroler Verlagshaus. Geschichte und Zukunft. Bozen: Athesia 2007
  • Sandra Mayr: Die Profilierung der Tyrolia Verlagsanstalt als theologischer und regionaler Fachverlag in der Zwischenkriegszeit (1918–1938). Diplomarbeit, Univ. Wien 2013
  • Johann Hutter: Literatur und Buchhandel im Zeitalter autoritärer Regime – Die Verlagsanstalt Tyrolia. Eine wirtschaftliche und ideologische Geschichte am Beispiel der Heimatdichterin Fanny Wibmer-Pedit. Diss., Univ. Innsbruck 2018

Weblinks